Johannesevangelium

Übersicht

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In der folgenden Tabelle sind die Stellen aus dem Johannesevangelium angegeben, zu denen Sie eine Auslegung auf bibleworld.de finden. Die blau hinterlegten Felder geben wichtige Gliederungspunkte an, durch anklicken eines der grau hinterlegten Felder gelangen Sie zu der jeweiligen Textstelle.

1,1-18 Der Prolog
Joh 1,1-18 Der Prolog
1,19-12,50 Öffentliches Wirken Jesu
1,19-4,54 Die Anfänge
Joh 1,19-28 Johannes der Täufer
Joh 1,29-34 Taufe Jesu
Joh 1,35-51 Die ersten Jünger
Joh 2,11-12 Die Hochzeit zu Kana
Joh 2,13-25 Die Tempelreinigung
Joh 3,1-21 Jesus und Nikodemus
Joh 3,22-36 Jesus und der Täufer
Joh 4,1-42 Am Jakobsbrunnen
Joh 4,43-54 Heilung in Galiläa
5,1-12,50 Jesu Selbstoffenbarung
Joh 5,1-47 Heilung in Betesda
Joh 6,1-21 Wunderbare Speisung
Joh 6,22-71 Das Himmelsbrot
Joh 7,1-52 Lebendiges Wasser
Joh 8,1-11 Die Ehebrecherin
Joh 8,12-59 Streitgespräche
Joh 9,1-41 Heilung eines Blinden
Joh 10,1-42 Der Gute Hirte
Joh 11,1-57 Lazarus
Joh 12,1-11 Salbung in Betanien
Joh 12,12-19 Einzug in Jerusalem
Joh 12,20-33 Rede vom Weizenkorn
13,1-17,26 Jesu Abschied
Joh 13,1-15 Die Fußwaschung
Joh 13,16-30 Der Verräter
Joh 13,31-38 Liebt einander!
Joh 14,1-14 Der Weg zum Vater
Joh 14,15-31 Trostworte
Joh 15,1-8 Weinstock und Reben
Joh 15,9-17 Ihr seid meine Freunde
15,18-16,33 Abschied und Beistand
Joh 17,1-26 Abschiedsgebet Jesu
18,1-20,31 Die Erhöhung Jesu
18,1-19,42 Das Leiden Jesu
Joh 20,1-18 Das leere Grab
Joh 20,19-31 Erscheinungen
21,1-25 Nachtrag
Joh 21,1-25 Erscheinung am See

Einführung

Das vierte Evangelium wird seit alters her von der Tradition der Kirche dem Apostel Johannes zugeschrieben. Dies geht auf den Bericht über den "Jünger den Jesus liebte" in Joh 21 zurück. Dieser Jünger, in dem die Tradition den Apostel Johannes sieht, der beim letzten Abendmahl an der Seite Jesu lag und mit dem Herrn in ganz besonderer Weise vertraut war, soll nach Joh 21,24 dies alles aufgeschrieben haben. Die Tradition geht auch davon aus, dass Johannes als junger Mann von Jesus berufen wurde und dann in hohem Alter sein Evangelium niedergeschrieben hat.
Die moderne Exegese ist sich in der Infragestellung der Verfasserschaft durch den Zebedäussohn Johannes einig, jedoch gehen die Meinungen weit auseinander, wer stattdessen das vierte Evangelium aufgeschrieben hat. Auch über die Entstehungszeit gibt es keine Einigkeit. Gehen einige von einer späten Abfassung des Evangeliums gegen Ende des 1. Jahrhunderts oder noch später aus, halten andere eine frühe Entstehungszeit, möglicherweise noch vor den synoptischen Evangelien, für denkbar.
Ich finde es wichtig, sich immer vor Augen zu halten, dass die Entstehung der biblischen Texte komplizierter ist, als es die fromme Überlieferung darlegt. Jedoch mindert dies nicht den Wert dieser Texte. Egal wer dieses Evangelium zu welcher Zeit genau geschrieben hat, es wurde von der Kirche als verlässlich angesehen und ist so, wie es uns bis heute überliefert ist, für uns und zu unserem Heil geschrieben. Es kommt also darauf an, den Text, so wie wir ihn heute kennen, zu lesen, zu meditieren und betend immer tiefer zu verstehen, um so zu einer lebendigen Begegnung mit Jesus Christus zu gelangen, von dem uns dieses Evangelium zusammen mit den anderen Schriften des Neuen Testaments Zeugnis gibt.
Das Johannesevangelium unterscheidet sich stark von den drei anderen Evangelien, die wegen ihrer Gemeinsamkeiten auch die synoptischen Evangelien genannt werden. Diese zeigen große Ähnlichkeiten im Aufbau, berichten übereinstimmend viele Worte und Ereignisse aus dem Leben Jesu und unterscheiden sich oft nur durch ergänzende Hinweise und eine unterschiedliche theologische Gewichtung. Das Johannesevangelium aber hat eine gänzlich andere Struktur. Hier wird das Wirken Jesu nicht in Form eines Reiseberichtes beschrieben, sondern es werden einige Ereignisse herausgegriffen, die dann aber intensiv gedeutet und durch lange Reden Jesu tiefer ausgelegt werden. Das Johannesevangelium geht also mehr in die Tiefe als in die Breite, es will nicht möglichst viel aus dem Leben Jesu berichten, sondern zeigen, worauf es Jesus angekommen ist.
Es gibt aber auch fundamentale Unterschiede zu den Synoptikern. Während nach deren Überlieferung der Schwerpunkt von Jesu Wirken in Galiläa lag und Jesus erst am Ende seines Lebens nach Jerusalem gezogen ist, wechselt bei Johannes der Schauplatz mehrmals zwischen Galiläa und Jerusalem. Mehrere Wunder und große Reden finden nach Johannes in Jerusalem statt. Die Tempelreinigung, die bei den Synoptikern im Zusammenhang mit der Passion steht, findet nach Johannes gleich zu Beginn von Jesu Wirken statt. Auch ist das letzte Abendmahl bei Johannes nicht wie bei den Synoptikern das Paschamahl, sondern findet einen Tag früher statt. Jesus stirbt am Tag vor dem Paschafest zu der Zeit, als die Pascha-Lämmer im Tempel geschlachtet werden, während bei den Synoptikern die Kreuzigung Jesu am Paschatag selbst stattfindet. Johannes zeigt Jesus so als das "Lamm Gottes", als das Jesus gleich zu Beginn des Evangeliums durch das Zeugnis Johannes des Täufers eingeführt wird (Joh 1,29).
Überhaupt ist das Johannesevangelium gekennzeichnet durch die Verwendung von Schlüsselwörtern, die im Text eine zentrale Rolle spielen. Eines davon ist "die Stunde Jesu", auf die erstmals in Joh 2,4 hingewiesen wird und die mit der Passion Jesu gekommen ist (Joh 17,1). Wenn wir die Texte genau betrachten, so erkennen wir, dass oft auf ein Ereignis aus dem Leben Jesu eine tiefergehende Reflexion in Form einer Rede folgt. Die Gedanken kreisen stets um einen Mittelpunkt. Uns fällt es vielleicht deshalb so schwer, dieses Evangelium zu verstehen, weil es uns immer weiter drängt, weil es uns schwer fällt, zu verweilen, weil wir in jedem Satz einen neuen Aspekt suchen, aber nicht finden. Wenn wir den Kern der jeweiligen Botschaft erkannt haben und die weiteren Sätze als Kreise um diesen Kern verstehen, wenn wir verweilen und erst nach dem Abschluss einer Szene weiter gehen, dann entdecken wir, dass das Evangelium gar nicht so kompliziert ist, wie es auf den ersten Blick erscheint.
Im Johannesevangelium ist zudem eine starke Christozentrik zu erkennen. Alles läuft auf die Person Jesu zu, immer wieder spricht Jesus von sich. In ihm ist die Liebe Gottes sichtbar erschienen. In immer neuen Worten und Bildern deutet uns Jesus Christus diese Liebe, die in seiner Person sichtbar geworden ist und er fordert uns auf zur Entscheidung, zur eindeutigen Entscheidung für oder gegen ihn, zu einer Entscheidung für oder gegen die Liebe. Wer sich für die Liebe entscheidet, der hat das ewige Leben. Wir stehen wie Johannes mit Maria unter dem Kreuz Jesu und blicken in Jesu geöffnete Seite, aus der sich über uns der Strom der Liebe ergießt. Von diesem Strom, der in den Sakramenten der Kirche weiterfließt, wollen wir uns durch Taufe und Buße reinigen lassen und uns einlassen für eine immer tiefere Vereinigung mit Jesus Christus in der Eucharistie.
Der Evangelist Johannes gibt Zeugnis von diesem Jesus, dem er begegnet ist, in dem er die Liebe erkannt hat und der für ihn Sinn und Ziel des Lebens ist. Er tut das nicht, indem er uns einen Ablauf des Lebens Jesu schildert, sondern indem er uns von Szene zu Szene führt. Wie bei der Führung durch eine Bildergalerie kommt es Johannes nicht darauf an, dass wir in einem Durchgang alle Bilder gesehen haben, sondern er zeigt uns einige wenige besonders herausragende Bilder und eröffnet mit ihnen Details, die im Schnelldurchlauf übersehen werden. Halten wir also inne und lassen wir uns von Johannes Schritt für Schritt zeigen, wer dieser Jesus ist und welche Bedeutung er für die Welt, für die Menschheit und ganz konkret auch für mein Leben hat.
Wenn wir nun das Johannesevangelium betrachten, dann betrachten wir vor allem Jesus Christus, der Ziel und Angelpunkt der Geschichte und des Lebens jedes Menschen ist. Ihn wollen wir immer tiefer erkennen, uns von ihm durchdringen lassen und so immer tiefer eintauchen in den Strom der Liebe.

Gliederung

Das Johannesevangelium lässt sich in zwei große Abschnitte unterteilen:

1. Hauptteil: Das Buch der Zeichen

Joh 1,1–2,11: Der Anfang Jesu und die ersten Augenzeugen

Joh 2,12–12,50: Sechs Zeichen Jesu

Joh 2,1-11 Die Wandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit zu Kana
Joh 4,46-53 Die Heilung des Sohnes eines königlichen Hofbeamten
Joh 5,1-47 Die Heilung des Gelähmten am Sabbat in Jerusalem
Joh 6,1-59 Die Speisung der Volksmenge
Joh 9,1-41 Die Heilung eines Blinden
Joh 11,1-44 Die Auferweckung des Lazarus

2. Hauptteil: Das Buch der Herrlichkeit

Joh 13,1–17,26: Die Abschiedsreden Jesu

Joh 18,1–20,31: Das letzte Zeichen: Jesu Tod und Auferstehung

Joh 21,1–25: Ausblick

Im ersten Hauptteil zeigt sich Jesus der Welt. Seine Zeichen sind allen Menschen in seiner Umgebung sichtbar. Da vieles davon - ganz im Unterschied zu den synoptischen Evangelien, bei denen Galiläa das Zentrum des Wirkens Jesu ist - in Jerusalem und noch dazu anlässlich der großen Feste der Juden geschieht, hat Jesus ein enorm großes "Publikum". Doch das Ende dieses Hauptteils zieht eine nüchterne Bilanz: Es sind nur wenige, die zum Glauben an ihn gekommen sind. Nach der großen Brotrede (Joh 6) sind es allein die Zwölf, die bei ihm bleiben. Dennoch ist die Situation nicht hoffnungslos. Selbst einige führende Männer unter den Juden sind - wenn auch nur heimlich - zum Glauben an Jesus gekommen.
Im zweiten Hauptteil richtet sich Jesus vor allem an seine Jünger. In langen Reden bereitet er sie vor auf die Zeit, in der er nicht mehr als Mensch unter ihnen sein wird. Dann wird der Heilige Geist als Beistand bei ihnen sein. Die Jünger bleiben in der Welt, aber sie sind nicht mehr von der Welt. Anfechtungen von außen und Streit im Innern bleiben unvermeidlich. Aber dennoch, die Jünger haben Anteil am Sieg Christi über das Böse und brauchen sich nicht zu fürchten.
Das ganze Evangelium durchzieht das Wort von der "Stunde Jesu". Diese Stunde Jesu erfüllt sich in seinem Tod am Kreuz. In scheinbar vollkommener Machtlosigkeit erweist sich Gottes Macht über diese Welt, zeigt sich der Sieg der Liebe über die Macht des Bösen. Als Sieger ersteht der Herr aus Tod und Grab.