Johannes 13,31-38

Liebt einander!

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Heilige Schrift
Als Judas hinausgegangen war, sagte Jesus: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht und Gott ist in ihm verherrlicht. Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, wird auch Gott ihn in sich verherrlichen, und er wird ihn bald verherrlichen. (Joh 13,31-32)

Der Hinweis Jesu auf den Verrat des Judas wir gerahmt von zwei tiefen Liebesworten. Das eine ist der Erweis der Liebe bei der Fußwaschung, das andere nachdem der Verräter die Gemeinschaft verlassen hat die Aufforderung Jesu: Liebt einander! Was geschehen wird, ist schrecklich, aber es dient der Verherrlichung des Menschensohnes. Die scheinbare Machtlosigkeit Gottes angesichts des Todes wird zur Offenbarung von Gottes Macht in der Auferstehung.
Wenn Gott selbst diesen Weg gegangen ist, so dürfen auch wir hoffen, dass Gott uns aus jeder Not befreien wird. Der Weg Jesu ist Garant dafür, dass das Leben stärker ist als der Tod und das Licht machtvoller als die Finsternis. Die Jünger sollen angesichts des Leids nicht verzweifeln und auch keine primitiven Rachegelüste hegen. Allzu schnell neigt der Mensch in Schicksalsstunden dazu, die Schuld auf andere zu schieben und diese zu bedrängen. Der Weg zum Heil ist aber allein die demütige Liebe.

Meine Kinder, ich bin nur noch kurze Zeit bei euch. Ihr werdet mich suchen, und was ich den Juden gesagt habe, sage ich jetzt auch euch: Wohin ich gehe, dorthin könnt ihr nicht gelangen. (Joh 13,33)

Jesus versucht seinen Jüngern zu erklären, was nun geschehen wird. Sie können es aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht fassen. Erst die Erfahrungen nach Ostern, wenn sie dem Auferstandenen begegnen, werden ihnen den Blick für die neue Gegenwart Jesu unter ihnen öffnen.

Jesus will ihnen sagen: Ich werde zwar bald durch die Auferstehung verherrlicht sein, werde aber nicht gleich in den Himmel auffahren. Denn so steht es in der Apostelgeschichte geschrieben: Nach der Auferstehung war er vierzig Tage mit ihnen. (Augustinus)

Die Jünger werden Jesus nun bald nicht mehr leiblich vor Augen haben, aber umso stärker werden sie ihn in ihren Herzen haben. Sie werden die Worte bewahren, die er ihnen gesagt hat, als er noch lebte. Sie richten sich nach Jesu Wort aus, an seiner Person. Jesus wird unter ihnen bleiben. Nicht nur als ein Idol, das man verehrt, nicht nur in der Erinnerung wird Jesus bei seinen Jüngern lebendig bleiben. Seine Gegenwart ist eine bleibende Wirklichkeit. Immer wenn sich die Jünger zum Gebet versammeln und zum Brechen des Brotes, zur Eucharistie, ist Jesus die lebendige Mitte dieser Gemeinschaft.

Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt. (Joh 13,34-35)

Warum neu? Und warum Gebot? Sollte es nicht etwas Selbstverständliches für Menschen aller Zeiten sein, dass sie einander lieben und ist nicht das Leben viel schöner, wenn man liebt und Liebe erfährt? Warum fällt es den Menschen so schwer, einander zu lieben? Warum neigen Menschen eher dazu, aus Neid und um des eigenen Vorteils willen böse und schlecht zu anderen zu sein?
Vielleicht meinen wir, selbst etwas zu verlieren, wenn wir gut zu anderen sind und unsere Liebe schenken. Das Geschenk der Liebe kann auf den ersten Blick ein Geschenk sein, das nicht erwidert, sondern vielmehr ausgenutzt wird. Auf den zweiten Blick aber werden wir erkennen, dass wir vielleicht nicht unbedingt von den Menschen, denen wir unsere Liebe schenken, aber doch von irgendwo her auch selbst überreich beschenkt werden.
Liebt einander, wie ich euch geliebt habe! Jesus hat seine Liebe an uns Menschen verschwendet, ist aus Liebe zu uns Menschen am Kreuz gestorben, damit wir das Leben haben. Viele haben seine Liebe nicht erwidert. Aber doch ist die Botschaft von der Liebe Gottes zu uns Menschen bis heute lebendig geblieben.
Wenn wir uns selbst als von Gott geliebt und überreich beschenkt mit den Gaben seiner Liebe erfahren, kann uns das helfen, dass nicht Neid und Eifersucht über uns kommen, sondern dass wir immer mehr fähig werden, selbstlos unsere Liebe zu schenken. Wo Menschen dazu bereit sind, wird Gottes Liebe in dieser Welt sichtbar und keimt inmitten des grauen Betons unserer oft so egoistischen Konsumgesellschaft das zarte Grün der Hoffnung auf.
Ist nicht auch unser Leben Gottesdienst? Wir leben inmitten so vieler Menschen, von denen heute ein Großteil nicht mehr an Jesus Christus glaubt. Wir können ihnen Jesus zeigen, wenn wir die Liebe leben. So vieles hält uns gefangen und wir kreisen allzu oft um uns selbst. Bitten wir den Herrn, dass er uns hilft, unsere Enge aufzubrechen und uns Offenheit schenkt für die Menschen um uns herum, dass wir ihre Nöte sehen und da sind, wo wir gebraucht werden. Bitten wir den Herrn, dass er uns allezeit den Mut für das richtige Wort und die richtige Tat schenkt, wo wir gebraucht werden, damit wir Zeugen seiner Liebe sind.
Das Leben Jesu war ein einziges Tun der Liebe. Allen, die seine Hilfe brauchten, hat er sich zugewandt. Er war frei von Vorurteilen. Jesus nahm sich der Menschen an, ohne Ansehen der Person. Diese Liebe, die Jesus gelebt hat, sollen auch seine Jünger leben.
Doch kein Mensch ist fähig, diese Liebe ganz nachzuahmen. Wir werden immer hinter dieser Forderung Jesu zurückbleiben. Warum hat Jesus uns dann diese Liebe aufgetragen? Weil er uns Menschen etwas zutraut. Weil er in uns seine Hoffnung setzt.
Wie viele winken da resigniert ab. Solche Liebe funktioniert nie. Wir müssen Macht und Stärke zeigen, wenn wir es zu etwas bringen wollen. Wer liebt, der zeigt Schwäche und der rutscht auf den letzten Platz. Der letzte Platz, das war der Ort, an dem Charles de Foucauld Jesus suchte. Jesus hat tatsächlich den letzten Platz eingenommen. Ja, er kam als König, doch nicht um sich seinen Thron zu erkämpfen. Sein Liebesthron war das Kreuz. Hier hat sich seine Liebe am stärksten offenbart.
Und doch hat die Liebe eine Macht, die ihr nicht genommen werden kann. Gerade weil sie nicht auf irdischer Stärke beruht. Die Mächtigen können zwar die Liebenden töten, die Liebe aber werden sie dadurch nicht auslöschen. Ihr Feuer brennt durch alle Zeiten und wo man meint, seiner Asche jede Glut geraubt zu haben, bricht es ganz neu hervor.
Wir sind Zweifler und glauben nicht an diese Macht der Liebe. Wir wollen mit unserer Kraft nachhelfen, um der Liebe zum Sieg zu verhelfen. Doch gerade so verstoßen wir gegen die Liebe und weisen sie von uns. Jesus Liebe folgen, heißt Jesus in seiner Schwachheit folgen, an den letzten Platz, an dem es keine Macht und Gewalt mehr gibt, sondern allein nur noch die Liebe.

Vater, in deine Hände lege ich mein Leben. Umfange mich mit deiner Liebe. Lass mich ganz deiner Liebe hingeben. Lass mich vertrauen, dass du mich in deiner Liebe trägst. So will ich zu den Menschen gehen. Getragen von deiner Liebe.
Simon Petrus sagte zu ihm: Herr, wohin willst du gehen? Jesus antwortete: Wohin ich gehe, dorthin kannst du mir jetzt nicht folgen. Du wirst mir aber später folgen. Petrus sagte zu ihm: Herr, warum kann ich dir jetzt nicht folgen? Mein Leben will ich für dich hingeben. Jesus entgegnete: Du willst für mich dein Leben hingeben? Amen, amen, das sage ich dir: Noch bevor der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. (Joh 13,36-38)

Simon Petrus will es ganz genau wissen. Warum können die Jünger Jesus nicht folgen? Was hindert sie daran? Sie stehen noch nicht fest genug in der Liebe. Simon meint, gefestigt zu sein, doch Jesus kündigt ihm an, dass er ihn dreimal verleugnen wird. Petrus muss noch viel lernen, ebenso die anderen Jünger. Sie werden Fehler machen, aber sie werden gestärkt daraus hervor gehen. In den nächsten vier Kapiteln spricht Jesus zu seinen Jüngern und bereitet sie auf das vor, was kommen wird.