Johannes 10,1-42

Der gute Hirte

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Guter Hirte

Wer an die Texte des Johannesevangeliums allein mit geradlinigem rationalen Denken herangeht, wird ihren Sinn nicht erfassen. Johannes verwendet Bildworte, die er dann aus verschiedenen Sichtweisen betrachtet. Die einzelnen Betrachtungen ergänzen einander und lassen so das Bild umso deutlicher erscheinen. So ist es auch mit dem Bild vom Guten Hirten. Wer nur einseitig denkt, wird sich schnell verwirren lassen davon, dass sich Jesus beispielsweise einerseits mit dem Guten Hirten identifiziert, dann aber auch die Tür ist, durch die die Schafe ein- und ausgehen.
Indem Jesus sich als der Gute Hirte bezeichnet, stellt er sich in die Tradition der Gottesbilder des Alten Testaments. Bereits dort wurde Gott als der Hirte seines Volkes gesehen. Besonders deutlich wird dies bei den Propheten Ezechiel (Ez 34-37) und Sacharia (Sach 13) und im bekannten Psalm 23. Hirte sein, das war im Orient auch das Bild für den Herrscher. In der alten lateinischen Fassung beginnt der Psalm 23 mit den Worten: Dominus regit me. Regere - herrschen, leiten - ist verwandt mit rex - König. Der Herr ist mein Hirte, er führt mich, er leitet mich, er sorgt für mich.
Das Bild von Jesus als dem guten Hirten erfreut sich seit frühesten Zeiten größter Beliebtheit und ist vielleicht eine der ältesten Darstellungen, die sich Christen von Jesus gemacht haben. In den Katakomben von Rom finden wir über 140 mal dieses Bild. Was fasziniert die Christen bis heute daran? Die folgenden Texte und Betrachtungen sollen helfen, das Bild vom Guten Hirten in verschiedenen Facetten aufscheinen zu lassen und besser zu verstehen.

Amen, amen, das sage ich euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber. (Joh 10,1)

Die Rede Jesu vom guten Hirten beginnt nicht mit einem melancholischen Bild verklärter Hirtenromantik. Sie zeigt vielmehr zunächst die Gefahr durch falsche Hirten auf. Diebe und Räuber brechen in den Schafstall ein, falsche Hirten suchen nur den schnellen eigenen Gewinn, indem sie die Herde schlachten und verschachern. Die Herde ist ständig in Gefahr, und der Schaden, der von innen, von falschen Hirten droht, scheint größer als die Gefahr von außen.
Johannes hat hier sicher die Situation der Gemeinden seiner Zeit vor Augen. Spaltungen und schlechte Vorsteher bedrohten ihren Bestand. Auch in den Johannesbriefen hören wir von diesen Gefahren. Der gute Hirte aber ist mit seinen Schafen vertraut. Er braucht nicht heimlich in den Schafstall einzudringen, sondern kann offen durch die Türe gehen. Diese Tür zu den Schafen ist Jesus Christus. Ihm gehört die Herde und jeder Hirte muss sie in seinem Namen führen.

Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. (Joh 10,2)

Der Blick auf die Gefahren, die durch falsche Hirten entstehen, die negativen Erfahrungen mit Hirten, lassen bei vielen die Frage aufkommen, ob es denn überhaupt einen Hirten für die Herde braucht. Die Vollmacht des Hirten ist mit Macht verbunden. Macht aber hat für viele einen negativen Beigeschmack, weil sie auf der anderen Seite den Gehorsam fordert. Zudem erscheint eine Herde als eine gleichförmige Masse, die blind ihrem Hirten folgt. Die Herde, das sind doch die, die selber nicht nachdenken und einfach hinterher laufen. Das widerspricht dem Verlangen vieler Menschen nach Unabhängigkeit und Freiheit. Doch ist es wirklich das, was Jesus meint, wenn er vom guten Hirten spricht?
Uns Menschen heute ist ein Hirt mit seiner Herde bei weitem nicht mehr so vertraut, wie den Menschen zur Zeit Jesu. Würde man einen guten Hirten - und von solch einem spricht Jesus ja - fragen, was er von seinen Tieren hält, so wird er sie sicher nicht als eine dumme, blökende Masse bezeichnen. Der gute Hirt kennt jedes einzelne Tier aus seiner Herde. Er weiß, wieviel er jedem einzelnen zumuten kann. Er darf die Herde nie schneller und weiter führen, als es das schwächste Tier verkraftet. Er merkt sofort, wenn einem Tier etwas fehlt, er sucht das Verirrte.

Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus, und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme. (Joh 10,4)

Was könnte besser die Vertrautheit des Hirten mit den Schafen zum Ausdruck bringen als dieses Bild. Die Schafe kennen die Stimme des Hirten, und daher folgen sie ihm. Sie folgen nicht blind jedem Hirten, sie kennen genau seine Stimme. Sie mussten sich erst an ihn gewöhnen. Nun, da sie ihn kennen, folgen sie ihm, weil sie wissen, dass er sie stets den richtigen Weg zu grünen Weiden und frischem Wasser führt. Der Hirte aber kennt jedes einzelne Tier seiner Herde. Er weiß, dass jedes Tier anders ist und schon allein deshalb ist die Herde für ihn mehr als eine gleichförmige Masse.
Hirten im übertragenen Sinn sind alle Menschen, die Verantwortung für andere tragen, die andere Menschen führen und leiten. Um ein guter Hirte zu sein, ist dieses vertraute Verhältnis zu den anvertrauten Menschen unerlässlich. Wer andere Menschen führt, muss diese kennen, ihre Stärken und Schwächen, er muss wissen, wieviel er jedem einzelnen zutrauen kann, wen er besonders fördern muss.
Ein guter Hirte muss aber auch seine Herde zusammenhalten können und dazu gehört Autorität. Wenn sich die Herde zerstreut, kann der Hirte nicht mehr für sie sorgen. Nur, wenn die Herde zusammen bleibt, hat er die Möglichkeit, sich auch um jeden einzelnen zu kümmern. Menschen, die andere führen, müssen um diese Gabe der liebevollen Strenge bitten und um die Vertrautheit mit den Menschen.

Der Herr ist mein Hirte,
nichts wird mir fehlen.
Er lässt mich lagern
auf grünen Auen und führt mich
zum Ruheplatz am Wasser.
Er stillt mein Verlangen;
er leitet mich auf rechten Pfaden,
treu seinem Namen.
Muss ich auch wandern
in finsterer Schlucht,
ich fürchte kein Unheil;
du bist ja bei mir,
dein Stock und dein Stab
geben mir Zuversicht.
Du deckst mir den Tisch
vor den Augen meiner Feinde.
Du salbst mein Haupt mit Öl,
du füllst mir reichlich den Becher.
Lauter Güte und Huld werden
mir folgen mein Leben lang
und im Haus des Herrn
darf ich wohnen für lange Zeit.
(Psalm 23)
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Guter Hirte
Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. (Joh 10,7)

"Ich bin die Tür" - dieses Wort Jesu hat mich lange beschäftigt. Wie kann Jesus etwas so lebloses wie eine Tür sein? Der gute Hirte, die Wahrheit, all dies kann man sich vorstellen, entweder konkret oder abstrakt, aber eine Tür? Was ist an einer Tür so besonderes, dass sie göttlich sein könnte, wie es Gottes Sohn ist?
Mir kam dann der Gedanke an den einen oder anderen Science-Fiction-Film, in dem es mysteriöse Tore in eine andere Galaxie, in eine andere Welt gibt, man geht hindurch und ist plötzlich an einem unzählige Lichtjahre weit entfernten anderen Ort. Aber so ein "Star-Gate", nein, auch damit würde ich Jesus nicht vergleichen wollen.
Wenn wir aber einmal näher über Türen nachdenken, so ist es doch so, dass hinter jeder Tür eine andere Welt wartet. Besonders deutlich spüren wir das, wenn wir eine Kirche betreten, vielleicht sogar einen gotischen Dom, dann öffnet sich die Tür in einen Raum, in dem Licht und Dunkel, Stille und Mystik eine ganz eigene Verbindung eingehen, deren Atmosphäre sich gänzlich von dem bunten Treiben auf den Straßen der Stadt vor dieser Tür unterscheidet.
Aber auch, wenn jemand uns privat in seine Wohnung einlädt, öffnet sich uns eine andere Welt. Wenn wir die Wohnung eines anderen Menschen betreten, werden wir so manches entdecken, was die ganz eigene Persönlichkeit dieses Menschen widerspiegelt, es entsteht eine Vertrautheit, wie sie bei Treffen an öffentlichen Orten so tief nicht entstehen kann.
Jede Tür hat die Funktion zu trennen und zu verbinden. Wer nicht dazu eingeladen wird, durch eine Tür einzutreten, der muss draußen bleiben und gehört nicht dazu. Wem sich aber die Tür öffnet, der ist Gast und Freund, der tritt ein in einen Raum des Vertrauens und der Gemeinschaft.
Dieses Vertrauen und diese Gemeinschaft eröffnet uns Christus mit Gott und untereinander. Er hat eine neue Vertrautheit des Menschen mit Gott geschaffen und zugleich erwächst aus dieser Vertrautheit mit Gott eine neue Gemeinschaft der Menschen als Volk Gottes. Der gemeinsame Blick auf Christus bildet das einende Band dieser Gemeinschaft. Wenn wir durch Christus, die Tür, eintreten, so sind wir in einer neuen Welt, eine Welt, in der Leben in Fülle möglich ist.

Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden. (Joh 10,8-9)

Jesus ist die Tür zu den Schafen und die guten Hirten gehen durch diese Tür mit ihren Herden ein und aus. Wenn wir auf die Kirche blicken, so ist Jesus der oberste Hirte und die Menschen, die in der Kirche Verantwortung tragen, haben Teil an diesem Hirtenamt Jesu Christi. Wenn Menschen im Namen Jesu andere Menschen führen, dann ist es sehr wichtig, dass sie selbst mit Jesus vertraut sind. Wer in den Dienst Jesu tritt, muss seinen Meister kennen. Er soll ja die Menschen nicht in seinem eigenen Namen führen, sondern im Namen Jesu. Nur wer Jesus kennt weiß auch, was sein Wille ist und wohin er die Menschen führen möchte.

Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten. Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. (Joh 10,10)

Nicht alle Hirten sind gut, manchmal erkennt man das erst auf den zweiten Blick. Es gibt Diebe, die durch die Hintertür in den Stall kommen, nicht durch die Tür, die Jesus Christus ist. Sie wollen die Schafe nur in ihrem eigenen Namen führen, auf einem Weg, der den Tod bedeutet, sei es durch materielle oder seelische Ausbeutung. Wir erleben es ja leider viel zu oft, dass Menschen sich von falschen Hirten verführen lassen, und dann verzweifelt zurück bleiben.
Jesus will, dass die Menschen das Leben haben und es in Fülle haben. Daher müssen die Hirten immer wieder prüfen, wie vertraut sie selbst mit Jesus sind, ob sie wirklich in seinem Namen zu den Menschen gehen, oder doch, wenn auch versteckt, in ihrem eigenen Namen. Menschen zu Jesus führen, das ist die größte Aufgabe eines Menschen.
Leben in Fülle, das beginnt dort, wo Menschen erkennen, dass Leben mehr ist als materieller Reichtum und gesundheitliches Wohlergehen, es beginnt dort, wo ein Mensch Gott entdeckt und dadurch zu sich selbst findet, wo er beginnt, seinen Weg in der Freude des Herzens zu gehen, in der Freude darüber, ein Kind Gottes zu sein. Leben in Fülle beginnt dort, wo Menschen sich für andere einsetzen, die in Not sind.

Herr Jesus, du hast uns Leben in Fülle verheißen.
Dieses Leben kommt nicht, wenn wir warten und die Hände in den Schoß legen.
Rüttle du uns auf, dass wir aufstehen, und dem Leben entgegen gehen, dass du uns verheißen hast. Gib dass wir uns führen lassen von dir, dem guten Hirten, denn du kennst den Weg zum Leben, du weißt wo die Orte der Freude sind.
Schenke uns Menschen, die uns zu dir führen und lass auch uns Menschen sein, die andere führen, durch die Tür, die du selbst bist.

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Guter Hirte
Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe.
Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, lässt die Schafe im Stich und flieht, wenn er den Wolf kommen sieht; und der Wolf reißt sie und jagt sie auseinander. Er flieht, weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt.
Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich, wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe.
Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen, und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten.
Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen. Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin. Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen. Diesen Auftrag habe ich von meinem Vater empfangen.
Wegen dieser Rede kam es unter den Juden erneut zu einer Spaltung. Viele von ihnen sagten: Er ist von einem Dämon besessen und redet im Wahn. Warum hört ihr ihm zu? Andere sagten: So redet kein Besessener. Kann ein Dämon die Augen von Blinden öffnen? (Joh 10,11-21)

Jesus sagt: "Ich bin der gute Hirt. Ich gebe mein Leben hin für die Schafe. Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen."
Was ist das für eine Macht, von der Jesus spricht? Vollmacht, das meint doch zunächst, die Macht etwas zu erreichen, über andere zu bestimmen, die Macht über die Schafe der Herde zu herrschen. Jesu Macht aber scheint gerade das Gegenteil zu bedeuten, die Vollmacht dazu, etwas zu erleiden, das Leben hinzugeben. Braucht man dazu eine Vollmacht? Ist das Erleiden nicht vielmehr eine Schwäche?
In der Realität wäre es fatal, wenn ein Hirte für die Schafe stirbt. Wenn er sich selbst vom Wolf fressen lässt, wie kann er dann die Schafe schützen? Sicher wird den Hörern der Worte Jesu dieser Widerspruch bewusst gewesen sein.
Bei Jesus erkennen wir die Umkehrung aller menschlichen Vorstellungen. Für ihn ist nicht der groß, der herrschen kann, sondern der, der fähig ist zu dienen. Sicher braucht man, um Macht auszuüben auch Fähigkeiten und es ist ein harter Weg, um an die Spitze zu kommen. Aber braucht es nicht noch viel mehr Disziplin, um bereit sein zu dienen? Wer kann schon von sich sagen, dass er sich ganz hingeben kann. Immer wieder wollen wir selbst über uns bestimmen und sind wie störrische Schafe, die blökend durch die Gegend laufen. Wir mühen uns ab, verausgaben uns und erreichen dennoch nichts.
Wer sich hingibt, der empfängt. Das ist die Weisheit, die Jesus uns lehren will. Jesus gibt sein Leben hin, aber nicht, um es zu verlieren, sondern um es neu vom Vater geschenkt zu bekommen. Das ist der Weg, den Jesus uns zeigt und auf dem wir ihm nachfolgen sollen. Was wir Gott und unserem Nächsten schenken, ist nicht verloren. Es wird verwandelt und uns selbst wieder überreich zurückgegeben.
Der gute Hirte gibt sein Leben hin für die Schafe. Im Licht des Osterereignisses offenbart dieses Wort seine tiefste Wahrheit: Jesus hat aus Liebe zu uns Menschen sein Leben hingegeben. Er hat als der gute Hirt gesehen, wie das Leben seiner Schafe, wie das Leben jedes Menschen, immer wieder bedroht wird vom Wolf, von der Macht der Sünde und des Todes. Um das Leben der Schafe zu retten, sah er keinen anderen Weg, als sich selbst dem Wolf auszuliefern.
Durch seine Hingabe aber ist Jesus als der gute Hirte dem Wolf überlegen. Wenn Jesus am Kreuz stirbt, dann heißt das eben nicht, dass er verloren hat, dass seine Gegner stärker waren als er, dass der Wolf gesiegt hätte und nun über die Herde herfallen kann. Gottes Macht ist stärker als der Tod und daher bedeutet Jesu Tod gerade den Sieg des Lebens.
In manchen Bildworten wird beschrieben, wie Jesus nach seinem Tod in das Reich des Todes eindringt, um dem Tod die Gefangenen zu rauben. Er begibt sich in die Höhle des Feindes, um ihn dort mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Der Tod konnte Jesus nicht beherrschen wie die Menschen bisher. Jesus hebt vielmehr die Tore des Totenreichs aus den Angeln und führt die Toten heraus zum Leben. Die Macht des Todes ist gebrochen - ein für alle mal. So hat Jesus das Leben seiner Schafe durch seine Hingabe für immer gerettet. Nun kann ihnen nichts und niemand mehr schaden.

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Guter Hirte
Um diese Zeit fand in Jerusalem das Tempelweihfest statt. Es war Winter, und Jesus ging im Tempel in der Halle Salomos auf und ab. Da umringten ihn die Juden und fragten ihn: Wie lange noch willst du uns hinhalten? Wenn du der Messias bist, sag es uns offen!
Jesus antwortete ihnen: Ich habe es euch gesagt, aber ihr glaubt nicht. Die Werke, die ich im Namen meines Vaters vollbringe, legen Zeugnis für mich ab; ihr aber glaubt nicht, weil ihr nicht zu meinen Schafen gehört. Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir. Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen und niemand wird sie meiner Hand entreißen. Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen. Ich und der Vater sind eins. (Joh 10,22-30)

Eigentlich ist es nicht besonders erstrebenswert, ein Schaf zu sein. Schafe gehören zu den schutzlosesten Tieren überhaupt. Sie haben keine scharfen Zähne oder Klauen, sind weder besonders schnell, noch besonders stark. Daher können sie sich bei einer Bedrohung weder verteidigen noch weglaufen. Sie brauchen den Schutz eines Hirten, um überleben zu können.
Auch wir Menschen erfahren uns oft hilflos in dieser Welt, gerade wenn es darum geht, sich dem Bösen und dem Leid zu widersetzen. Auch dem Tod ist der Mensch hilflos ausgeliefert. Er braucht einen Erlöser, der ihn vor dem Bösen und dem Tod bewahrt.
Dieser Erlöser ist Jesus Christus. Er kam als Mensch zu uns auf die Erde. Er hat sich selbst ganz in die Hände des Bösen und des Todes übergeben, er nahm unsägliches Leid auf sich, als er am Kreuz starb. Jesus hat sein Leben hingegeben für die Schafe, hat den Tod auf sich genommen, damit wir das Leben haben.
Im Tod hat Christus den Tod besiegt. Weil Gott Jesus Christus von den Toten auferweckt hat, haben auch wir die Hoffnung, dass wir mit Christus durch den Tod zum Leben hinübergehen. Wir glauben Jesu Wort, das uns ewiges Leben verheißt.
Von uns selbst aus können wir dieses ewige Leben nicht erlangen. Dem Tod gegenüber sind wir hilflos wie die Schafe. Doch unser Hirte führt uns auf dem Weg zum Leben. Er ist uns voran gegangen. Wenn wir auf seine Stimme hören und ihm folgen, finden wir den Weg zum ewigen Leben.
Wie der gute Hirte kümmert sich Jesus um uns, dass wir auf dem Weg nicht verloren gehen. Gott kennt jeden einzelnen von uns. Für den guten Hirten ist nicht ein Schaf wie das andere. Er erkennt das Besondere eines jeden Schafes, jedes hat seinen ganz persönlichen Namen. Unter den Milliarden der Menschheit weiß Gott um jeden einzelnen. Jedem schenkt er ganz persönlich seine Zuwendung. Sein Herz sehnt sich danach, dass jeder Mensch auf die Stimme des guten Hirten hört. Gott will, dass alle eingehen zum ewigen Leben in seinem Reich.
Ist es dieser Glaube an Gottes liebende Sorge um uns, seine Verheißung von Leben in Fülle, die das Bild von Jesus als dem guten Hirten zu allen Zeiten so bedeutsam machen?

Da hoben die Juden wiederum Steine auf, um ihn zu steinigen. Jesus hielt ihnen entgegen: Viele gute Werke habe ich im Auftrag des Vaters vor euren Augen getan. Für welches dieser Werke wollt ihr mich steinigen? Die Juden antworteten ihm: Wir steinigen dich nicht wegen eines guten Werkes, sondern wegen Gotteslästerung; denn du bist nur ein Mensch und machst dich selbst zu Gott. Jesus erwiderte ihnen: Heißt es nicht in eurem Gesetz: Ich habe gesagt: Ihr seid Götter? Wenn er jene Menschen Götter genannt hat, an die das Wort Gottes ergangen ist, und wenn die Schrift nicht aufgehoben werden kann, dürft ihr dann von dem, den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt hat, sagen: Du lästerst Gott - weil ich gesagt habe: Ich bin Gottes Sohn? Wenn ich nicht die Werke meines Vaters vollbringe, dann glaubt mir nicht. Aber wenn ich sie vollbringe, dann glaubt wenigstens den Werken, wenn ihr mir nicht glaubt. Dann werdet ihr erkennen und einsehen, dass in mir der Vater ist und ich im Vater bin. Wieder wollten sie ihn festnehmen; er aber entzog sich ihrem Zugriff.

Dann ging Jesus wieder weg auf die andere Seite des Jordan, an den Ort, wo Johannes zuerst getauft hatte; und dort blieb er. Viele kamen zu ihm. Sie sagten: Johannes hat kein Zeichen getan; aber alles, was Johannes über diesen Mann gesagt hat, ist wahr. Und viele kamen dort zum Glauben an ihn. (Joh 10,31-42)