Johannes 14,15-31

Trostworte

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Heilige Schrift
15Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.

Jesus knüpft hier an seine Aufforderung zur Liebe an, die er unmittelbar nach dem Abschiedsmahl an die Jünger gerichtet hat, denn das Liebesgebot ist im Johannesevangelium das einzige Gebot, das Jesus konkret erteilt. Die Liebe zu Jesus ist kein reines Gefühl, sie zeigt sich vielmehr in einem Leben aus dieser Liebe heraus.
Liebe ist absichtslos und verlässt sich ganz auf den Geliebten. Wer Jesus liebt, wird das tun, was er gesagt hat. Nicht aus Zwang, sondern aus einem inneren Antrieb heraus. Wenn wir lieben, bekommen wir ungeahnte Kräfte, die uns Dinge tun lassen, von denen wir vorher nur geträumt haben. Was uns vorher unerreichbar schien, fällt uns nun unwahrscheinlich leicht.
Aber diese Zeit, in der die Kraft der Liebe wirksam ist, kann vergehen, Die Liebe könnte verblassen im Alltag und dann könnte es wieder sein wie zuvor. Damit das bei den Jüngern nicht geschieht, sendet Jesus ihnen den Geist als Beistand. Er soll das Feuer der Liebe in den Herzen der Gläubigen stets brennen lassen.

16Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. 17Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. (Joh 14,15-17)

Hat Jesus zu Beginn der Abschiedsreden vom Vater gesprochen, zu dem er nun gehen wird und der auch für jeden Gläubigen einen Platz vorbereitet hat, so spricht Jesus nun vom Geist. Er ist der Beistand, den der Sohn uns vom Vater sendet. Wer den Sohn kennt, der kennt auch den Vater und wer Vater und Sohn kennt, der wird auch mit dem Heiligen Geist vertraut werden. In ihm ist die Liebe des Vaters und des Sohnes in der Welt bleibend gegenwärtig. Doch wer den Vater und den Sohn nicht kennt, die Welt, die gegenüber Gott feindlich eingestellt ist, wird den Heiligen Geist nicht empfangen.
Das deutsche Wort "Beistand" versucht das griechische Parakletos wiederzugeben, einen im Neuen Testament nur bei Johannes belegten Begriff. Im klassischen und späten Griechisch bedeutet Parakletos "der Herbeigerufene", und meint dabei insbesondere den Beistand vor Gericht (vgl. auch advocatus im Lateinischen). Der semitische Sprachraum hat dieses Lehnwort aufgenommen und bezeichnet damit allgemein Fürsprecher vor Gott (wie z.B. Engel, Erzväter und Propheten).
Es ist davon auszugehen, dass Johannes die Bezeichnung des von Christus verheißenen Beistandes als Paraklet bereits in der frühchristlichen Überlieferung vorgefunden hat. Die frühen Christen waren davon überzeugt, vom Geist erfüllt und geleitet zu sein. Dies zeigt sich in Brüderlichkeit und nicht in schwärmerischem Enthusiasmus.
Die Aufgabe des Geist-Parakleten wird hier noch nicht näher bestimmt. Dies erfolgt einige Verse später und wird im weiteren Fortgang der Abschiedsreden immer wieder aufgegriffen. Hier ist Jesus zunächst wichtig, dass die Jünger wissen, dass sie nicht allein sein werden, wenn Jesus von ihnen geht. Sie haben einen Beistand, der für immer bei ihnen bleiben wird.

Der Heilige Geist entflammt jeden, den er erfüllt hat, zum Verlangen nach den unsichtbaren Gütern. Und weil die weltlichen Herzen nur die sichtbaren Dinge lieben, daher kann die Welt ihn nicht empfangen.

Diese Worte Gregors des Großen zeigen deutlich, dass das Nicht-Empfangen-Können des Geistes nicht deshalb geschieht, weil der Geist den einen gewährt, anderen aber verwehrt wird, sondern weil es Menschen gibt, die ihn nicht empfangen wollen. Jeder kann selbst entscheiden, ob er den Geist empfangen möchte oder nicht. Wer ihn aber empfangen will, der muss bereit sein, Jesus zu lieben und nach seinem Wort zu leben.
Es ist ein gegenseitiges Wachsen. Wer die Bereitschaft hat, Jesus zu lieben, und sei sie noch so klein - als schwache Menschen sind wir nicht zu vollkommener Liebe fähig - dem wir Jesus den Geist schenken und der Geist macht aus der kleinen Flamme im Innern eines Menschen ein immer größeres Feuer. Ja der Geist kommt selbst wie Feuer vom Himmel herab, um jeden zu entzünden, der sich danach seht.

18Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch. 19Nur noch kurze Zeit, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und auch ihr leben werdet.

Oft geschieht es, dass Menschen, wenn sie einen lieben Mensch verloren haben, die Hoffnung aufgeben. Sie wollen dann selbst nicht mehr leben, meinen, ihr Leben sei sinnlos geworden. Sie kommen nicht über den Verlust des geliebten Menschen hinweg. Jesus kennt diese Angst der Menschen vor dem Verlust eines lieben Menschen. So wusste er auch, dass seine Jünger bekümmert sein werden, wenn er von ihnen geht. Daher bereitet er sie in den langen Abschiedsreden des Johannesevangeliums auf die Situation vor, wenn er bald nicht mehr unter ihnen sein wird.
Drei Jahre waren sie nun eine Glaubens- und Lebensgemeinschaft. Die Jünger haben so viele Stunden in der Nähe Jesu verbracht und konnten sich wärmen am Glanz des göttlichen Lichtes. Nun kommt etwas Neues. Jesus geht zum Vater zurück. Die Jünger müssen allein zurechtkommen. Doch sie werden nicht allein sein, Jesus lässt sie nicht als Waisen zurück. Zwar wird die Welt Jesus nicht mehr sehen. Jesus ist nicht mehr in der Welt, wie er in ihr als Mensch gelebt hat. Doch er lebt weiterhin beim Vater sein göttliches Leben und so ist Jesus allen Menschen immer und überall nahe, allen, die ihn lieben und seine Gebote halten.
Jesus verheißt den Jüngern sein eigenes (Wieder-)Kommen. Damit will er ihnen Trost und Hilfe vermitteln angesichts seines bevorstehenden Abschieds. Wenn es heißt, Jesus werde die Seinen nicht als Waisen zurücklassen, zeigt sich darin ein väterlicher Zug, der auch sonst in den Abschiedsreden (z.B. in der Anrede "meine Kinder") begegnet. Wie ein scheidendes Sippenhaupt die zurückbleibenden Kinder und Enkel, so unterweist und tröstet Jesus seine Jünger.
Was meint nun aber Jesus mit seinem erneuten Kommen? Das Johannesevangelium überliefert uns nicht wie die Synoptiker eine Rede Jesu über die Endzeit, die seine Wiederkunft am Ende der Zeiten schildert. Für Johannes gibt es keinen Unterschied zwischen dem österlichen Kommen Jesu als Auferstandener und seinem endzeitlichen Kommen am Ende der Zeit. Jesus wird den Jüngern nur kurz genommen für die Stunden zwischen seinem Tod am Karfreitag und der Auferstehung am Ostermorgen. Dann ist er für alle, die an ihn glauben, für immer gegenwärtig.
Doch die Welt wird Jesus nicht mehr sehen. Es gibt kein objektives Kriterium, das die Auferstehung Jesu für alle zweifelsfrei belegen kann. Allein der Glaube ist Garant für seine Gegenwart. Dabei meint Glaube jedoch nicht das subjektive Fürwahrhalten bestimmter Dinge durch einen einzelnen, sondern die Teilhabe an einer objektiven, das Irdische übersteigenden Wirklichkeit, die als solche real existiert und daher auch intersubjektiv vermittelbar ist.
Jesus wird sich für die Glaubenden als Lebender erweisen, und auch die Jünger werden auf der Seite der Lebenden sein. Wenn wir glauben, dass Jesus lebt, so ist das nicht nur ein persönlicher Trost für uns, sondern wir haben Teil an einer Wirklichkeit, die genauso real ist wie die Welt um uns herum. Wenn Jesus lebt und wir mit ihm leben, so ist unser Leben mehr als das, was sich auf Erden ereignet. Wir haben jetzt schon Anteil am ewigen Leben. Schon hier auf dieser Erde ist Jesus uns nahe und wenn wir einst in jene Welt gelangen, deren reale Existenz unseren irdischen Sinnen verborgen, dem Glauben aber offenbar ist, dann werden wir die Wirklichkeit in ihrer ganzen Fülle erfassen.

20An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. 21Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.

Die Quelle des Lebens Jesu liegt in seiner Einheit mit dem lebendigen Gott. Wie aber Jesus in seinem Vater ist, so sind die Jünger in Jesus und Jesus in ihnen. So entsteht eine unzertrennliche Gemeinschaft zwischen dem Vater, Jesus und den Jüngern im Heiligen Geist, quasi eine große Familie der Glaubenden, die durch diesen engen inneren Zusammenhalt keine Furcht zu haben bracht vor der Welt.
Diese Gemeinschaft ist nur in der Liebe möglich. Noch einmal weist Jesus daher auf den Zusammenhang zwischen der Liebe und dem Halten der Gebote hin. Wer eintritt in diese Gemeinschaft des Glaubens und der Liebe, der wird Jesus erkennen, weil er sich ihm zeigen, sich ihm offenbaren wird. Was die Welt nicht sehen kann, dass Jesus lebt, dass der Beistand da ist, das wird dem offenbar, der zu den Jüngern Jesu gehört. Diese Jüngerschaft ist nicht auf die Zeit des irdischen Lebens Jesu begrenzt, sondern die Menschen aller Zeiten können die Gegenwart Jesu Christi erfahren.

Wenn Sie jemand nach dem spezifisch Christlichen fragt, was antworten sie? Nun, die Frage mag auf den ersten Blick schwierig erscheinen, aber sie ist in Wirklichkeit ganz einfach. Das Besondere am Christentum ist Jesus Christus. Er ist das Zentrum unseres Glaubens und von ihm her müssen wir alles denken.
Im Christentum gilt der Primat des Logos vor dem Ethos. Es geht nicht vorrangig um Gebote und ethische Normen, um eine Sache Jesu, die getan werden muss, sondern es geht zuerst um Jesus Christus selbst. Alles andere ergibt sich von ihm her. Wenn Jesus Christus nicht das Zentrum unseres Glaubens ist, können wir nicht als Christen leben und können auch nicht die Probleme in der Kirche heute lösen. Es ist wie bei einer Mathematikaufgabe. Wenn man nicht die richtige Formel findet, kommt man nicht zum richtigen Ergebnis. Die Formel für unseren Glauben lautet Jesus Christus. Wenn unser Denken und Tun nicht von ihm ausgeht, werden wir als Christen versagen. An erster Stelle steht die Begegnung mit Jesus Christus und aus dieser Begegnung erwächst christliches Leben. Daher ist es von größter Bedeutung, dass unsere Gottesdienste so gefeiert werden, dass sie für die Menschen einen Ort bilden, an dem diese Begegnung mit Jesus Christus möglich wird.
Seit der Frühzeit des Christentums wird der befreiende Sinn des Evangeliums nicht darin gesehen, dass Jesus eine neue Lehre über das menschliche Zueinander bringt, vielmehr ist eine ganz neue Beziehung zwischen Mensch und Menschensohn aufgerichtet, die alle Vorstellungen und Wünsche der Sehnsucht nach Liebe und Nähe übersteigt. Es ist ein neuer Sinn von Freundschaft, den Jesus eröffnet, einer Freundschaft zwischen ihm und jedem einzelnen von uns.
Viele Menschen glauben, dass das, was sie tun, sie zu jemandem macht. Sie glauben, dass vom Handeln das Sein kommt, weil sie sich durch ihre Aktivitäten definieren. Jesus Christus hat uns eine andere Art zu leben gezeigt, eine Art, die in die entgegengesetzte Richtung geht. Zuerst einmal muss ich sein. Dann wird das Handeln aus meinem Sein kommen. Christus sagt es wieder und wieder: Ich bin der Sohn meines Vaters. Also werde ich auch so handeln. Als Moses Gott im brennenden Dornbusch fragte, wer er sei, antwortete er: "Ich BIN der "Ich BIN"."
Wer bin ich? Was mich definiert, ist meine Beziehung zu Gott. Stellen wir uns das vor: Ich habe das Privileg, Freund Gottes, ja Kind Gottes zu sein! Gott hat mich so sehr geliebt, dass er mich als sein Kind angenommen hat! Dies ist aller Mühe wert. Das ist es, was ich wirklich bin, und ich sollte entsprechend handeln, wie Christus mich gelehrt hat. Wenn ich mich dann aufmache, Jesus zu lieben, mache ich die Erfahrung, dass ich längst schon geliebt bin. Ich antworte auf Jesu Liebe, der mich zuerst geliebt hat.
Wenn ich Gottes Wort betrachte, entdecke ich, dass ich Gottes Geschöpf bin. Plötzlich finde ich die Stärke, mich der Wirklichkeit zu stellen. Meine Würde kommt von dieser grundlegenden Wahrheit: Ich bin nach Gottes Bild geschaffen. Ich komme von Gott, und er lädt mich ein, zu ihm zurückzukommen und mit ihm in alle Ewigkeit glücklich zu sein.
Herr Jesus, oft geschieht es, dass ich mich allein auf mein Handeln konzentriere. Deshalb bin ich immer besorgt. Ich möchte sein wie du, Herr, und zunächst sehen, wer ich bin und mein Tun daraus folgen lassen. Dies wird mir Frieden bringen. Doch ich brauche deine Gnade. Hilf mir, als ein wahrer Sohn oder eine wahre Tochter Gottes zu leben.

22Judas - nicht der Judas Iskariot - fragte ihn: Herr, warum willst du dich nur uns offenbaren und nicht der Welt?

Judas, nicht der Judas Iskariot, wie Johannes präzisiert, tritt mit einer Frage an Jesus heran. Er kann nicht verstehen, warum Jesus sich nicht machtvoll aller Welt offenbaren will. Auch uns quält oft diese Frage. Warum ist Jesus so verborgen? Warum geht es den Gläubigen scheinbar oft nicht besser als den Ungläubigen? Warum müssen die Gläubigen die Angriffe der Welt über sich ergehen lassen, leben in Bedrängnis bis hin zur Gefahr um ihr Leben?
Als Glaubender kann ich all das nur ertragen, wenn ich mir der tiefen Einheit bewusst bin, die zwischen mir und Jesus Christus besteht, dass ich hinein genommen bin in die Liebe zwischen Vater und Sohn, dass mich nichts von dieser Liebe trennen kann. Dieses Einssein mit dem Vater und dem Sohn im Heiligen Geist gibt den Glaubenden die Kraft und den Mut, in der Welt zu bestehen. Dass aber der Gläubige sich darauf verlassen darf, dass Jesus immer bei ihm ist, das ist die unumstößliche Verheißung dieses Wortes Jesu.

Christus, göttlicher Herr,
dich liebt, wer nur Kraft hat zu lieben:
unbewusst, wer dich nicht kennt,
sehnsuchtsvoll, wer um dich weiß.
Christus, du bist meine Hoffnung,
mein Friede, mein Glück, all mein Leben:
Christus, dir neigt sich mein Geist;
Christus, dich bete ich an.
Christus, an dir halt’ ich fest
mit der ganzen Kraft meiner Seele:
dich, Herr, lieb’ ich allein -
suche dich, folge dir nach.
Alphanus von Salerno (gest. 1085)
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Heilige Schrift
23Jesus antwortete ihm: Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.

Die Liebe zu Jesus lässt uns an seinem Wort und seinen Geboten festhalten. Das betont Jesus immer wieder. Wenn wir seine Gebote halten, wird er den Vater bitten, und er wird uns den Geist als Beistand senden, so hat Jesus einige Sätze vorher gesagt. Nun verheißt er noch mehr: Er selbst wird mit dem Vater kommen und in dem Menschen wohnen, der liebt. Die Liebe ist das Band zwischen Gott und Mensch, sie vereinigt den Himmel mit der Erde. Wer nicht liebt, der ist nur Welt, gedacht als Gottferne und Raum der Mühsal und Bedrängnis. Wer aber liebt, in dem ist Gottes Reich gegenwärtig.

Der Geliebte Sohn zu werden, das bedeutet, die Wahrheit Fleisch werden lassen, dass wir geliebt werden, und zwar in restlos allem, was wir denken, sagen oder tun. Das setzt einen langen und mühsamen Prozess der Aneignung oder besser: der Fleischwerdung voraus.

Diese Worte von Henry Nouwen, dem großen Schriftsteller, der immer wieder von diesem Einswerden als Geliebter mit dem liebenden Gott schreibt, zeigen, dass eine rein äußerliche Aufnahme dieser Worte Jesu noch nichts bringt. Wir müssen und von diesen Worten Jesu ganz durchdringen lassen, sie leben und in uns lebendig werden lassen. Das geht nur durch das Feuer des Heiligen Geistes. Er kommt zuerst und bereitet den Boden für das Kommen des Vaters und des Sohnes. Er gewöhnt uns an das Feuer, dass Gottes Liebe uns nicht verbrennt.

24Wer mich nicht liebt, hält an meinen Worten nicht fest. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat. 25Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin. 26Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

Noch einmal betont Jesus, wie wichtig die Liebe ist, wie wichtig es ist, zu verstehen, dass seine Worte die des Vaters sind, wie wichtig der Geist ist, ohne den wir Gottes Worte nicht verstehen können. Gregor der Große sagt:

Wenn aber dem Herzen des Hörers dieser Geist fehlt, dann ist jedes Wort des Lehrers umsonst. Wenn das, was aus dem Mund des Lehrers kommt, verstanden wird, so ist das nicht das Verdienst des Menschen, der lehrt - wenn nämlich der, der eigentlich lehrt, nicht im Inneren sitzt, dann müht sich der äußere Lehrer mit seinen Worten umsonst. Und nicht einmal der Schöpfer selbst kann dem Menschen durch sein Wort etwas beibringen, wenn er zu ihm nicht durch die Salbung des Geistes spricht.
27Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht. (Joh 14,26-27)

Jesus verheißt seinen Jüngern den Frieden. Als der Auferstandene wird zuerst den Jüngern den Frieden zusprechen. In jeder Messe wird dieses Wort Jesu lebendig. Wir wünschen einander Frieden. Aber wo ist der Frieden in unserer Welt?
Aller Unfriede auf Erden, ob es Streitigkeiten in der Familie oder Kriege zwischen den Völkern sind, hat seinen tiefsten Ursprung in dem gestörten Verhältnis des Menschen zu seinem Schöpfer, in der Sünde. Der Mensch, der nicht Geschöpf, sondern selber Schöpfer sein will, lehnt sich nicht nur gegen seinen Schöpfer auf, er schafft zugleich Spaltung in der Menschheit, wird zum Anstifter des Unfriedens und damit verantwortlich für unsagbares Leid.
Wir erkennen die Wahrheit dieser Worte, wenn wir auf unsere Welt blicken. Ist es nicht eine falsche und krankhafte Form der Selbstverwirklichung des Menschen, die so viel Leid über die Erde bringt? Ist es nicht die Undankbarkeit dem Schöpfer gegenüber und die Gier nach Reichtum, die unsere Erde immer mehr an den Rand des Untergangs bringt? Ist es nicht die Machtgier einiger weniger, die ganze Völker in den Abgrund reißt?
Herr, gib und deinen Frieden! Gib der Welt deinen Frieden! Mach uns zu Werkzeugen deines Friedens, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens. Lass mich Frieden bringen in meiner Umgebung. Lass mich stets freundlich und hilfsbereit sein, schenke mir Geduld, dass ich nicht zornig werde wegen Kleinigkeiten.
Wir können nicht als einzelner die großen Krisen der Welt lösen. Aber wir können kleine Zeichen des Friedens in unserer Umgebung setzen. Wir können so leben, dass unter unserem Tun möglichst wenige leiden müssen. Wir können so einkaufen, dass wir nicht die Ärmsten ausbeuten. Wir können mit einem Lächeln die Welt verzaubern. Den Frieden mit Gott aber, der die Voraussetzung jeglichen irdischen Friedens ist, erreichen wir nur, wenn wir ihn bescheiden erbitten und demütig als Geschenk annehmen.

Wenn der Friede ein Gottesgeschenk ist, und von ihm ausgeht, wo anders könnte man ihn dann suchen und erbauen, wenn nicht durch eine innige Beziehung zu Ihm? Das aber heißt offen sein, zuhören, im Dialog stehen und bleibend mit Gott verbunden sein, dem Urquell des wahren Friedens. (Papst Johannes Paul II.)

Friede kommt von Gott. Das lehrt uns auch der große Friedensheilige, Bruder Klaus von der Flüe. Das Bild vom Rad wird für ihn ein Bild des göttlichen Friedens. Bei einem Rad gibt es die Nabe mit einem Punkt in der Mitte, den Reifen und sechs Speichen, die Nabe und Reifen verbinden. Dazu erklärt Bruder Klaus:

In dieser Figur sehe ich das Wesen Gottes, seine unendliche Lebensfülle. Im Mittelpunkt ist die ungeteilte Gottheit, umgeben von der Gemeinschaft der Heiligen. Von diesem Mittelpunkt gehen drei Personen aus, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Sie umgreifen Himmel und Erde, Dinge und Menschen, durchdringen das All und halten es in ihrer Hand. Und wie sie vom innersten Geheimnis ausgehen, so kehren sie wieder dorthin zurück - in die 'unteilbare Macht.'

Die Worte von Bruder Klaus sind kurz und bündig. Und doch lassen sie die Ergriffenheit durchscheinen, mit der er beim Geheimnis des Dreifaltigen Gottes verweilt. In der Zeichnung sieht er kein trockenes Schema, sondern erlebt die unfassbare Lebensfülle Gottes.

Friede ist allweg in Gott, denn Gott ist der Friede.

Bruder Klaus weiß um die Liebe Gottes, die aus dem innersten Geheimnis heraus bricht und die ganze Welt erfüllt. Er kennt das Wort „Gott ist die Liebe“. Aber Bruder Klaus macht noch eine weitere, persönliche Erfahrung: Der in drei Personen auseinandergefaltete Gott kehrt wieder zurück in die unteilbare Einheit. Wenn aber der ‚Dreifaltige’ Gott zum ‚Drei-einigen’ Gott wird, dann hat das mit Frieden zu tun. Bruder Klaus erlebt diese Wirklichkeit Gottes, den Gott des Friedens, ganz tief. Der Mystiker tut gewissermaßen einen Blick in den Himmel und sieht Gott als Urgrund des Friedens. Diesem Gott ist er begegnet.

Eine alte Legende erzählt:
Die Großen dieser Welt sollten vor dem Throne Gottes erscheinen: Zuerst kam Moses. Gott fragte ihn: Was hast du dem Volke gegeben? Moses antwortete: Das Gesetz. - Was hat das Volk daraus gemacht? - Die Sünde.
Dann kam Karl der Große. Die Frage: Was hast du dem Volke gegeben? Die Antwort: Den Altar. - Was hat das Volk daraus gemacht? - Den Scheiterhaufen.
Schließlich kam Christus. Die Frage: Was hast du dem Volke gegeben? Die Antwort: Den Frieden. - Was hat das Volk daraus gemacht? - Da verhüllte Christus sein Antlitz und weinte.

28Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch zurück. Wenn ihr mich lieb hättet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich. 29Jetzt schon habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, zum Glauben kommt. 30Ich werde nicht mehr viel zu euch sagen; denn es kommt der Herrscher der Welt. Über mich hat er keine Macht, 31aber die Welt soll erkennen, dass ich den Vater liebe und so handle, wie es mir der Vater aufgetragen hat.
Steht auf, wir wollen weggehen von hier.

Wir erinnern uns: Als Judas Iskariot beim Mahl hinausgegangen war in die Dunkelheit der Nacht, fuhr der Satan in ihn. Er bedient sich seiner, um Jesus auszuschalten. Um die Liebe zu zerstören und den Frieden zu vernichten. Das ist sein Bestreben bis heute und wir sehen, wie erfolgreich er dabei ist.
Wenn wir ohne das Licht des Glaubens die nun folgenden Ereignisse betrachten, könnten wir meinen, dass er tatsächlich Erfolg hatte. Doch Jesus sagt den Jüngern deutlich, dass es sein Weg ist, in den Tod zu gehen, damit das Leben siegreich bleibt. Das Wüten der Gewalten der Finsternis hat keine Macht über den Gott des Lichtes.
Auch heute dürfen wir diese Zuversicht haben. Das Licht bleibt siegreich. Die Jünger sollten sich eigentlich darüber freuen, dass Jesus zum Vater geht. Ja, wenn der Weg nicht so leidvoll wäre. Doch das ist wohl das Schicksal der Gerechten. Der Sieg der Wahrheit wird nicht mühelos gewonnen, sondern muss durch schweres Leid errungen werden. Warum das so ist, wird uns auf Erden wohl für immer ein Geheimnis bleiben.
Es scheint, als hätte die Abschiedsrede Jesu zunächst mit Kapitel 14 geendet. Diese Vermutung legt auch die Aufforderung Jesu, aufzubrechen, am Ende des Kapitels nahe. Jesus hat alles gesagt, was er den Jüngern sagen wollte. Die folgenden beiden Kapitel führen das Gesagte noch einmal tiefer aus. Zudem wird der Beistand, den er vom Vater her senden wird, die Jünger auch weiterhin lehren.