1 Korinther 1,10-17

Ruf zur Einheit

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Ich ermahne euch aber, Brüder und Schwestern, im Namen unseres Herrn Jesus Christus: Seid alle einmütig und duldet keine Spaltungen unter euch; seid vielmehr eines Sinnes und einer Meinung! (1Kor 1,10)

Großzügig hat Paulus in der Eröffnung des Briefes die Korinther mit Lob überhäuft. Sie sind Heilige, sind reich an Weisheit und Erkenntnis. Doch nun kommt ein großes "aber". Nicht alles glänzt in der Gemeinde der Korinther. Besondere Sorgen machen Paulus Spaltungen, die in der Gemeinde herrschen. Die Einheit in Christus droht verloren zu gehen, indem sich einzelne Gruppen bilden. Paulus wird dieses Thema im folgenden Abschnitt ausführlich behandeln.

Es wurde mir nämlich, meine Brüder und Schwestern, von den Leuten der Chloë berichtet, dass es Streitigkeiten unter euch gibt. (1Kor 1,11)

Hier wird deutlich, dass Paulus ständig mit seinen Gemeinden in Kontakt stand. Obwohl er viel unterwegs war, wussten seine Vertrauten stets über seinen jeweiligen Aufenthaltsort ziemlich genau Bescheid. Zugleich wird die Mobilität zur Zeit des Römischen Reiches deutlich. Es war problemlos möglich, im gesamten Mittelmeerraum zu reisen. Wer genau diese Chloë gewesen ist, deren Leute Paulus von der Situation in Korinth berichtet haben, wissen wir nicht. Sie hat sich aber offensichtlich Sorgen gemacht über den Zustand der Gemeinde und hielt es für nötig, Paulus darüber zu informieren und ihn zum Handeln aufzufordern.

Ich meine damit, dass jeder von euch etwas anderes sagt: Ich halte zu Paulus - ich zu Apollos - ich zu Kephas - ich zu Christus. (1Kor 1,12)

Paulus präzisiert, was er mit den genannten Spaltungen meint, und benennt vier Gruppierungen, die miteinander im Streit liegen. Die einen berufen sich auf Paulus selbst und dessen Rolle als Gemeindegründer. Doch eine lebendige Gemeinde muss auch den Mut haben, über ihre Anfänge hinaus zu wachsen. Die andere Gruppierung beruft sich auf Apollos. Er war ein gebildeter und talentierter Prediger aus dem hellenistischen Diasporajudentum Alexandriens. Er hatte bei seinem Auftreten in Korinth viele Anhänger gefunden, wollte aber nie mit Paulus in Konkurrenz treten. Auf Petrus berufen sich wahrscheinlich die stark dem Judenchristentum verbundenen Kreise. Die vierte Partei, die sich auf Christus beruft, ist entweder aus einer überspitzten Formulierung des Paulus entstanden oder meint eine Gruppe, die sich direkt auf Christus beruft und daher meint, ohne die Vermittlung von Predigern und Aposteln auskommen zu können.

Ist denn Christus zerteilt? Wurde etwa Paulus für euch gekreuzigt? Oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft worden? Ich danke Gott, dass ich niemanden von euch getauft habe, außer Krispus und Gaius, sodass keiner sagen kann, ihr seiet auf meinen Namen getauft worden. Ich habe allerdings auch das Haus des Stephanas getauft. Ob ich sonst noch jemanden getauft habe, weiß ich nicht mehr. Denn Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern das Evangelium zu verkünden, aber nicht mit gewandten und klugen Worten, damit das Kreuz Christi nicht um seine Kraft gebracht wird. (1Kor 1,13-17)

Die Spaltung in einzelne Parteien zerteilt letztendlich Christus selbst und das ist ja ein Widersinn. Die Spaltung geht eher von Leuten aus, die sich wichtigmachen wollen, denn offensichtlich besteht zwischen den Symbolfiguren der einzelnen Gruppierungen keine Konkurrenz. Paulus, Apollos und Petrus verkünden das Evangelium von Jesus Christus auf ihre je eigene Weise, ihrem besonderen Charisma folgend. Ihre Lehren stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern ergänzen sich gegenseitig. Daher ist es unsinnig, wenn sich verschiedene Gruppierungen auf einzelne Prediger berufen. Wichtiger ist es, die Einheit in der Vielfalt zu wahren und die einzelnen Verkündigungen als verschiedene Formen des einen Evangeliums zu sehen.
Auch die Taufe schafft keine Gruppierungen. Wer tauft, tut es im Namen Jesu Christi, und es ist egal, ob einer von Paulus oder sonst jemand getauft wurde. Im Sakrament wirkt der eine Gott unabhängig von der Größe oder Heiligkeit des Spenders. Wahrscheinlich tut sich Paulus bewusst schwer damit, sich daran zu erinnern, wen er nun genau getauft hat, und beschämt damit diejenigen, die sich damit brüsten, von Paulus getauft worden zu sein. Für ihn ist das nichts Besonderes und begründet keine Vorrangstellung. Er wischt die ganze Diskussion mit der Bemerkung weg, dass er kein Täufer ist, sondern ein Prediger, das ist ihm wichtig und an seine Worte soll man sich halten, die nicht klug ausgedacht sind, sondern das Geheimnis Christi in aller Einfachheit schildern.