Matthäus 22,1-14

Vom Hochzeitsmahl

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Mt 22
Jesus erzählte ihnen noch ein anderes Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der die Hochzeit seines Sohnes vorbereitete. (Mt 22,1-2)

Das Himmelreich ist wie ... So beginnen viele Gleichnisse Jesu. Da die Wirklichkeit des Reiches Gottes alle menschliche Anschauungskraft übersteigt, will Jesus uns eine Hilfe geben, wie wir es uns mit Bildern aus der Alltagswelt vorstellen können.
Womit würde ich das Reich Gottes vergleichen? Welche Bilder kommen mir ganz spontan, wenn ich an das Reich Gottes denke? Sind es Bilder von verstaubten Kirchenbänken, von Langeweile und Enge? Sind es Bilder von einem fröhlichen Fest, von Leben und Weite?
Jesus sagt hier: Das Himmelreich gleicht einem König, der die Hochzeit seines Sohnes ausrichtete.
Moment mal. Wenn wir die Bibel zur Hand nehmen, dann finden wir durchweg eine Überschrift wie "Das Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl" über dem Text. Doch Jesus sagt nicht: "Das Himmelreich ist wie ein königliches Hochzeitsmahl". Jesus sagt vielmehr: "Das Himmelreich gleicht einem König, der die Hochzeit seines Sohnes ausrichtete." Nicht das Mahl an sich steht im Mittelpunkt des Gleichnisses, sondern der König, der zu diesem Mahl einlädt.
Freilich dürfen wir uns zunächst einmal ein solches Hochzeitsmahl vorstellen. Zur Zeit Jesu wie auch heute gibt es in den Häusern der Vornehmen große Feiern, zu denen nur ein auserwählter Kreis geladen ist. Damals wie heute gibt es viele Menschen, die solche Feiern und besonders auch die dazu Eingeladenen mit Interesse und Staunen betrachten. Was trägt diese Persönlichkeit für ein ausgefallenes Kleid, wie galant ist doch dieser Herr ... Was würden manche Menschen dafür geben, auch einmal bei einem solchen Fest dabei zu sein.
Das Himmelreich gleicht einem König, der die Hochzeit seines Sohnes ausrichtete.
Wenn wir die Worte Jesu genau betrachten, müssen wir noch einen Schritt über unsere Vorstellungen hinausgehen. Das himmlische Hochzeitsmahl ist mehr als eine außerordentliche Feier. Es ist die Begegnung mit dem, der diese Feier ausrichtet, die Begegnung mit Gott, der unsere Freude dadurch vollkommen macht, dass wir ihn bei diesem Fest sehen dürfen, so wie er ist, und uns ewig an seiner Herrlichkeit freuen dürfen.
Hier können wir uns wieder fragen: Welche Bilder kommen mir, wenn ich daran denke, Gott zu schauen - ewig? Wer ist Gott für mich? Ist Gott für mich ein langweiliger alter Mann, der streng in die Runde blickt und jeden Fehltritt mit Grimm ahndet, bei dem es also keine Freude macht, eingeladen zu sein? Oder ist Gott für mich jemand, bei dem ich gerne bin, auf dessen Antlitz eine unbeschreibliche Freude liegt, die sich auf alle in seiner Nähe ausbreitet? Möchte ich diesem Gott begegnen?

Er schickte seine Diener, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit rufen zu lassen. Sie aber wollten nicht kommen. Da schickte er noch einmal Diener und trug ihnen auf: Sagt den Eingeladenen: Mein Mahl ist fertig, die Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit! Sie aber kümmerten sich nicht darum, sondern der eine ging auf seinen Acker, der andere in seinen Laden, wieder andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um. (Mt 22,3-6)

Man möchte meinen, dass die Ehre, bei einem König am Hochzeitsmahl seines Sohnes teilnehmen zu dürfen, jeden Menschen freut und für alle höchste Priorität hat. Doch die geladenen Gäste haben für sich entschieden: zu dieser Hochzeit wollen wir nicht gehen. Sie brüskieren ihren Gastgeber und drücken offen ihre Geringschätzung für ihn aus. Wenn wir sehen, was sie stattdessen lieber tun, wird das Bild noch schlimmer. Sie arbeiten lieber, als ein Fest zu feiern. Der eine geht auf seinen Acker, der andere in seinen Laden. Wenn dann gar noch einige Eingeladenen über die Boten des Königs herfallen, zeigt das mit größter Deutlichkeit, wie wenig Interesse sie an ihm und seinem Fest haben.
Ich muss arbeiten, ich kann nicht kommen. Wie oft haben auch wir diese Entschuldigung. Für ein Fest, zu dem wir nicht gehen wollen, gibt es viele Ausreden. Auch in meinem Alltag mache ich die Erfahrung: Für manche Einladungen halte ich mir den Termin frei oder setze alles daran, frei zu bekommen, weil ich einfach gerne dort sein möchte, weil mir die Menschen dort lieb und wichtig sind und weil ich weiß, dass es mir Freude machen wird, dort zu sein. Um andere Einladungen kümmere ich mich nur mäßig. Wenn ich nichts anderes vorhabe, komme ich vielleicht ... Aber manchmal geschieht es, dass ich irgendwo nur halbherzig hingehe, dann aber positiv überrascht bin und mir sagen muss, dass ich es bereut hätte, wenn ich nicht dort gewesen wäre.
Es geht hier um die Frage, was mir wirklich wichtig ist, was mir wirklich etwas bedeutet. Wir alle haben unsere Beschäftigungen, die uns in Anspruch nehmen. Ob Schule, Beruf oder Familie, wir sind überall gefordert und es ist gut, wenn wir im Einsatz dafür unser Bestes geben. Aber wir geraten auch immer wieder in die Gefahr, uns mit unseren alltäglichen Beschäftigungen zu übernehmen. Immer mehr leisten - aber wofür? Um sich selbst zu bestätigen, um immer mehr Geld zu verdienen? Was ist der Lohn für unseren Einsatz?
Es wird einem im Leben nichts geschenkt, so heißt es. Aber stimmt das wirklich? Da kommt plötzlich und unerwartet die Einladung zu einem Fest - aber kann ich da hingehen? Ich habe doch so viel zu tun. Was mache ich? Ist in meinem Leben noch Raum dafür, mich von etwas Unerwartetem und Schönem überraschen zu lassen? Habe ich den Mut, meine Alltagsgeschäfte mal hinten an zu stellen für eine Begegnung, die wirklich wichtig ist?
Schaffen wir in unserem Leben den Raum für dieses Neue. Oft kommt die Einladung dazu gerade dann, wenn wir sie am wenigsten erwarten und am wenigsten dafür Zeit zu haben meinen. Der Hl. Franz von Sales hat gesagt:

Nimm dir jeden Tag eine halbe Stunde Zeit für Gott. Wenn du aber keine Zeit hast, dann nimm dir eine Stunde Zeit.

Das erscheint paradox, aber dieser Spruch will uns darauf hinweisen, darüber nachzudenken, was für uns im Leben wirklich wichtig ist. Versuchen wir es einmal. Es funktioniert. Zeit ist nur ein Instrument, das unsere Tage strukturiert und nicht eine Ordnung, an die wir sklavenhaft gebunden wären. Zeit ist ein Geschenk Gottes. Warum sollten wir dieses Geschenkt nicht dazu nutzen, um dem zu danken, der uns dies und vieles mehr schenkt und um den Menschen zu begegnen, die er uns schickt?

Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen. Dann sagte er zu seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren es nicht wert, eingeladen zu werden. Geht also hinaus auf die Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein. Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen. (Mt 22,7-10)

Der König wird zunächst zornig über die Absage der Geladenen. Er durchkreuzt ihre Pläne, lässt ihre Stadt zerstören. Ihr Geschäft ist dahin, ihr Acker verwüstet, all ihre Arbeit, die sie dem Fest vorgezogen haben, wird nun sinnlos. Die eingeladenen Gäste sind endgültig von der Gästeliste gelöscht, doch dann findet der König einen Weg, damit die Feier doch noch stattfinden kann. Er schickt seine Diener hinaus auf die Straßen des Landes. Sie sollen alle, die sie dort antreffen, zur Hochzeit einladen. So wird der Festsaal schnell voll.

Als sie sich gesetzt hatten und der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Mann, der kein Hochzeitsgewand anhatte. Er sagte zu ihm: Mein Freund, wie konntest du hier ohne Hochzeitsgewand erscheinen? Darauf wusste der Mann nichts zu sagen. Da befahl der König seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße, und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen. Denn viele sind gerufen, aber nur wenige auserwählt. (Mt 22,11-14)

Die Einladung zur Hochzeit wird zu einem Geschenk, das nun nicht mehr nur besonders verdienten Persönlichkeiten vorbehalten ist, sondern das der König allen gewährt. Damit will uns Jesus sagen, dass die Feier mit Gott nicht ein Privileg weniger Auserwählter ist, sondern ein Geschenk, das Gott allen macht. Nur vor diesem Hintergrund können wir den Zwischenfall verstehen, der sich auf der Hochzeit im Gleichnis ereignet. Da ist einer ohne Hochzeitsgewand unter den Gästen. Auf brutalste Weise lässt der König ihn hinauswerfen. Wir fragen uns, wie der König, der sich so freigebig gezeigt hat, nun so überaus streng sein kann.
Bei großen Festmählern wie dem geschilderten war es üblich, an die Eingeladenen Festgewänder zu verteilen. Jeder hatte also die Möglichkeit, ein solches Gewand zu tragen. Es wurde zur Einladung hinzugeschenkt. Doch da gibt es einen, der dieses Geschenk nicht annehmen möchte. Er meint, er sei von sich aus schon gut genug, um an der Feier teilzunehmen. Doch wenn wir meinen, wir müssten von uns aus vollkommen sein, so bedeutet das nichts anderes, als dass wir Gottes Geschenk ausschlagen. Gott will uns die Vollkommenheit schenken. Aber wir können sie nur erreichen, wenn wir unsere Begrenztheit akzeptieren und uns das, was uns fehlt, von Gott schenken lassen.

Sicher spricht hier Jesus auch von der Taufe. Früher war es üblich, dass die Täuflinge ein weißes Kleid angezogen bekamen als Zeichen der Reinheit, die ihnen im Bad der Taufe geschenkt wurde. In der Taufe wäscht Gott den Menschen von allen Sünden rein. Das geschieht nicht aus der eigenen Vollkommenheit des Täuflings heraus, sondern ist allein Geschenk der Gnade Gottes. Dieses Geschenk macht Gott allen, die bereit sind, die Taufe zu empfangen. Die Taufe ist also die Eintrittskarte zum Festmahl Gottes. Gott lädt alle dazu ein. Jesus hat die Apostel und Jünger hinausgesandt, um allen Menschen auf der Erde das Evangelium zu verkünden und sie zur Taufe zu rufen.
Die Taufe ist das erste Geschenk Gottes an uns. Doch sie ist erst der Beginn des Weges mit Gott. Die Begegnung mit ihm will vertieft werden. Auch nach der Taufe müssen wir immer wieder an uns selbst arbeiten, müssen wir uns immer wieder fragen, wie wir unseren Mitmenschen begegnen. Es gibt ein Wachstum in der Liebe und diese immer größere Liebe ist ein ständiges Geschenk, das wir unser Leben lang von Gott notwendig haben.

Wenn wir vom himmlischen Hochzeitsmahl reden, müssen wir auch an die Feier der Heiligen Messe denken. Sie ist Quelle und Höhepunkt unseres Lebens, irdisches Abbild des himmlischen Hochzeitsmahles. In ihr geht es nicht so sehr um das Äußerliche, um Gestaltung, Texte und Musik. Wir werden die Bedeutung der Heiligen Messe nie ergründen, wenn wir in ihr so etwas wie einen Event sehen, von dem wir immer wieder erwarten, besonders angesprochen zu werden. So wichtig Reden und Handeln des Priesters auch sind, wir müssen letztlich durch seine Person hindurch auf Christus blicken.
Die Heilige Messe ist die höchste Form der Begegnung mit Gott, die uns auf Erden geschenkt ist. Diese Begegnung geschieht durch das Reden und Tun des Priesters, durch die Gemeinschaft der Gläubigen, aber ganz besonders auch durch das innere Gebet im Herzen jedes Menschen. Wir müssen unsere Gedanken, unser Herz, ganz auf Gott richten. Wir dürfen ihn loben, wir dürfen sein Wort hören, ja wir dürfen ihn selbst sehen und empfangen im Geheimnis der Eucharistie. Wenn wir anfangen, uns in dieses Geheimnis zu vertiefen, wenn wir anfangen, mit Gott eins zu werden, dann wird jede Heilige Messe für uns zur Quelle und zum Höhepunkt unseres Lebens. Sie führt uns zur Mitte unseres Lebens und gibt uns neue Kraft für unseren Alltag, so dass wir das, was zu tun ist, noch besser tun können.
Ist die Heilige Messe am Sonntag für mich so etwas wie das Festmahl eines Königs? Kann ich mir vorstellen, dass die Gnade, an der Heiligen Messe teilnehmen zu dürfen, eine größere Ehre ist als jede andere Einladung, die ich mir denken kann? Wäre es angesichts der Tatsache, dass sich heute so viele vom Festmahl des Herrn entschuldigen, nicht an der Zeit, neue Menschen einzuladen, die sich bisher nicht dazugehörig fühlen? Wie schön wäre es zu erleben, dass sich unsere Kirchen wieder mit Menschen füllen. Bitten wir den Herrn darum und tun wir das unsere dazu. Gehen wir auf die Straßen hinaus und holen wir alle zusammen, die wir treffen.