Ijob 9-10

Von Gott geschlagen

Ijob

Ijob gibt seinen Freunden recht, kein Mensch kann sich selbst vor Gott als gerecht bezeichnen. Gott bleibt der Allmächtige, mit dem der Mensch nicht rechten kann. Die ganze Schöpfung ist in Gottes Hand. Selbst wenn der Mensch sich gerecht achtet, vor Gott würde ihn sein eigener Mund schuldig sprechen. Und doch fühlt sich Ijob als Gerechter. Er kann nicht begreifen, was mit ihm geschieht. Er ist gerecht und doch von Gott schuldig gesprochen. Kann man dann von Gott überhaupt noch Gerechtigkeit erwarten? Nein, meint Ijob, den Schuldigen und den Schuldlosen trifft das gleiche Urteil Gottes. Er versteigt sich sogar zu der Ansicht, dass dann Gott selbst ein Frevler sein muss, wenn Gerechtigkeit bei ihm nichts mehr zählt. Die Erde ist in der Hand der Frevler, das Gesicht ihrer Richter deckt er zu. Denn ist Gott es nicht, wer ist es denn? (9,1-24) Wer ist es denn der all das Unrecht gutheißt? Für Ijob ist Gott eben der, der alles bewirkt. Welche Antwort können wir an dieser Stelle geben? Muss alles Leid zwangsläufig auf Gott zurückgeführt werden? Woher kommt es denn?
Bis hierher hat Ijob Gott nur in der dritten Person ("Er") angeredet, nun beginnt langsam der Umschwung. Er kann manchmal "Du" sagen. Dennoch weiß er keinen Rat. Alle Gerechtigkeit erscheint umsonst. Hält er sich rein, so taucht ihn Gott in die Grube, dass er voll ist von Schmutz. Es gibt keinen Schiedsrichter zwischen Gott und dem Menschen. Wie gern würde Ijob mit Gott ins Gericht gehen, er ist dieses Lebens überdrüssig. (9,25-10,1)
Den Rest der Rede wendet sich Ijob nun an Gott, indem er ihn mit "Du" anspricht. Was nützt es Gott denn, wenn er ihn so quält. Er ist doch das Werk seiner Hände, Gott hat Ijob gebildet. Wenn er gesündigt hätte, könnte er den Zorn Gottes verstehen, so aber ist ihm Gottes Verhalten rätselhaft. Warum wurde er dann überhaupt geboren, nur für das Leid? Wenigstens einige schöne Tage möge Gott ihm noch gönnen, bevor er diese Erde verlassen muss, in die Unterwelt. (10,2-22)

Ist das nicht erstaunlich, in seinem größten Zorn gegen Gott wendet Ijob sich ihm plötzlich ganz neu zu. Er wird nicht irre an Gott. Er schreit ihm sein Leid ins Gesicht, er nimmt kein Blatt vor den Mund, aber doch ist Gott für ihn Gott, der über den Menschen steht. Er muss sich Gott zuwenden, selbst wenn er sich noch so missverstanden und zu Unrecht von ihm gestraft fühlt. Selbst einem Gott, der ihm so viele Schmerzen zuzufügen scheint, vertraut Ijob. Der Zorn ist herausgelassen, nun appelliert er an Gottes Mitleid mit dem armen Menschen. Gott hat doch den Menschen geschaffen, er will doch das Gute für uns, warum bleibt es manchmal aus? In seiner nächsten Rede, die ich hier nicht mehr behandeln möchte, wird Ijob es so formulieren: Auch wenn Gott mich töten würde, werde ich auf ihn hoffen, doch meine Wege verteidige ich vor ihm. Und er selbst wird mein Retter sein. (13,15 f.) Ijob hat dieses Grundvertrauen auf Gott, das nichts erschüttern kann. Wenn ihm etwas nicht passt, so scheut er sich nicht, Gott das vorzuhalten. Aber auch im größten Leid wird er sich nicht von ihm abwenden. Denn was auch geschieht, nur Gott kann ihn retten, niemand sonst.