Ijob 2,11-13

Ijobs Freunde

Ijob
Die drei Freunde Ijobs hörten von all dem Bösen, das über ihn gekommen war. Und sie kamen, jeder aus seiner Heimat: Elifas aus Teman, Bildad aus Schuach und Zofar aus Naama. Sie vereinbarten hinzugehen, um ihm ihre Teilnahme zu bezeigen und um ihn zu trösten. Als sie von fern aufblickten, erkannten sie ihn nicht; sie schrien auf und weinten. Jeder zerriss sein Gewand; sie streuten Asche über ihr Haupt gegen den Himmel. Sie saßen bei ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte und keiner sprach ein Wort zu ihm. Denn sie sahen, dass der Schmerz sehr groß war. (Ijob 2,11-13)

Als Ijob schließlich mittellos, krank und verstört im Dreck sitzt, kommen drei Freunde, um ihm in seinem Schicksal Trost zu spenden. Sie sind erschüttert, als sie sein Elend sehen. Aber sie können ihm keine Antwort geben auf seine Frage, warum dieses Unheil über ihn gekommen ist. Während Ijob von seiner Gerechtigkeit überzeugt ist und Gott nicht verstehen kann, wie er einen Gerechten so schlagen kann, versuchen die Freunde Ijob klar zu machen, dass es bei ihm eine - wenn auch versteckte - Schuld geben muss, deren er sich gewahr werden muss. Sie ist die Ursache dafür, dass Gott ihn straft.
Sowohl Ijob als auch seine Freunde sind im Schema des Tun-Ergehens-Zusammenhangs gefangen. Dem Gerechten geht es gut, dem Sünder schlecht. Der Gerechte empfängt Lohn von Gott, der Sünder Strafe. Ijob, der sich als Gerechten sieht - und laut Ausweis des Autors des Buches auch wahrhaft ein Gerechter ist - erwartet daher seinen gerechten Lohn von Gott. Die Freunde aber sehen im Schicksal des Ijob die gerechte Strafe Gottes für Ijobs Ungerechtigkeit.
Die Abfolge der Reden - dreimal redet jeder der Freunde nacheinander und Ijob erwidert jeweils deren Rede - erinnert an einen Gerichtsprozess. Ijob plädiert auf unschuldig - und spricht damit indirekt Gott schuldig. Die Freunde plädieren auf schuldig, weil sie nur so Gottes Gerechtigkeit verteidigen können. Am Ende schweigen sie und Ijob hat das letzte Wort, was nichts anderes bedeutet, dass den Freunden die Argumente ausgegangen sind und Ijob die erste Runde des Prozesses gewonnen hat. Doch dann tritt ein vierter Kläger auf, um Ijobs Schuld zu beweisen.

Nun hörten jene drei Männer auf, Ijob zu entgegnen, weil er gerecht war in seinen eigenen Augen. Da entbrannte der Zorn Elihus, des Sohnes Barachels, des Busiters aus dem Geschlecht Ram. Gegen Ijob entbrannte sein Zorn, weil er sich für gerechter hielt als Gott. Auch gegen seine drei Freunde entbrannte sein Zorn, weil sie keine Antwort mehr gefunden und Ijob schuldig gesprochen hatten. Elihu aber hatte Ijob gegenüber mit Worten gezögert, weil jene älter waren als er. Doch als Elihu sah, dass die drei Männer keine Antwort mehr wussten, entbrannte sein Zorn. (Ijob 32,1-5)

Weil er jünger war als die anderen, hatte er bisher geschwiegen. Doch seine Lehre, von ihm selbst als neu und erprobt gepriesen, bringt dennoch nicht die erhoffte Wende in der festgefahrenen Argumentation. Er erklärt das Leid als Mahnung Gottes zur Umkehr. Auch er sieht Ijob vom Pfad der Gerechtigkeit abweichen und sieht das Leid als Züchtigung, dass Ijob sein Unrecht versteht und umkehrt. Auch er klagt Ijob als ungerecht an und so wundert es nicht, dass Ijob auf die Reden Elihus nichts erwidert. Er hat ja bereits alles gesagt. Ist Ijob also nun doch schuldig gesprochen?
Am Ende redet Gott selbst und zeigt, dass weder Ijob noch seine Freunde genug Weisheit besitzen, um Gott zu verstehen. Gott zeigt seine Allmacht, die dem Menschen letztlich unverständlich bleibt und sein Allwissen, demgegenüber Menschenweisheit nur Stückwerk ist. Weder Ijob noch seine Freunde haben recht von Gott geredet. Gott ist stets der Größere, dessen Willen der Mensch sich fügen muss. Das erkennt Ijob im letzten Satz, den er spricht:

Da antwortete Ijob dem Herrn und sprach: Ich habe erkannt, dass du alles vermagst. Kein Vorhaben ist dir verwehrt. Wer ist es, der ohne Einsicht den Rat verdunkelt? - Fürwahr, ich habe geredet, ohne zu verstehen, über Dinge, die zu wunderbar für mich und unbegreiflich sind. Hör doch, ich will nun reden, ich will dich fragen, du belehre mich! Vom Hörensagen nur hatte ich von dir gehört, jetzt aber hat mein Auge dich geschaut. Darum widerrufe ich. Ich bereue in Staub und Asche. (Ijob 42,1-6)