Ijob 1-2

Rahmenerzählung

Ijob
Sieben Söhne und drei Töchter wurden ihm geboren. Er besaß siebentausend Stück Kleinvieh, dreitausend Kamele, fünfhundert Joch Rinder und fünfhundert Eselinnen, dazu zahlreiches Gesinde. An Ansehen übertraf dieser Mann alle Bewohner des Ostens. Seine Söhne aber pflegten Gastmähler zu halten, ein jeder an seinem Tag in seinem Haus. Sie schickten hin und luden ihre drei Schwestern ein, mit ihnen zu essen und zu trinken. Wenn die Tage des Gastmahls vorbei waren, schickte Ijob hin und entsühnte sie. Früh am Morgen stand er auf und brachte so viele Brandopfer dar, wie er Kinder hatte. Denn Ijob sagte sich: Vielleicht haben meine Kinder gesündigt und Gott gesegnet in ihrem Herzen. So tat Ijob alle Tage. (Ijob 1,2-5)

Das Buch Ijob wird von einem Prosateil gerahmt. Zu Beginn wird Ijobs großer Besitz ausführlich geschildert. Das alles wird er verlieren, aber am Ende (Ijob 42) wird ihm das alles wieder neu von Gott geschenkt. Wie kommt es aber, das Ijob alles verliert? Hier schildert die Rahmenerzählung einen mysteriösen Besuch der Gottessöhne bei Gott. Auch der Satan ist unter ihnen und stachelt Gott gegen Ijob auf.

Nun geschah es eines Tages, da kamen die Gottessöhne, um vor den Herrn hinzutreten; unter ihnen kam auch der Satan. Der Herr sprach zum Satan: Woher kommst du? Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Die Erde habe ich durchstreift, hin und her. Der Herr sprach zum Satan: Hast du auf meinen Knecht Ijob geachtet? Seinesgleichen gibt es nicht auf der Erde: ein Mann untadelig und rechtschaffen, er fürchtet Gott und meidet das Böse. Der Satan antwortete dem Herrn und sagte: Geschieht es ohne Grund, dass Ijob Gott fürchtet? Bist du es nicht, der ihn, sein Haus und all das Seine ringsum beschützt? Das Tun seiner Hände hast du gesegnet; sein Besitz hat sich weit ausgebreitet im Land. Aber streck nur deine Hand gegen ihn aus und rühr an all das, was sein ist; wahrhaftig, er wird dich ins Angesicht segnen. (Ijob 1,6-11)

Das Buch Ijob zeigt uns hier ein ungewohntes Gottesbild. Wir fühlen uns eher in den griechischen Götterhimmel versetzt und an die griechische Mythologie erinnert, in der die Götter miteinander streiten und dieser Streit auch auf der Erde unter den Menschen weitergeführt wird. Der Satan (Diabolos, Teufel) begegnet uns bereits am Beginn der Bibel als Schlange, die Eva im Paradies verführt. Er wird zum Gegenspieler Gottes und Ankläger des Menschen. Hier hat er noch vertrauten Umgang mit Gott, darf noch zusammen mit den anderen Gottessöhnen vor Gott hintreten. Wir sehen, dass sich das Bild vom himmlischen Hofstaat in der Geschichte verändert hat. Aus den Gottessöhnen wurden die Engel und Satan zum Anführer der gefallenen Engel, die Gott schließlich aus dem Himmel verstoßen hat.
Satan durchstreift die Erde - wohl mit der Absicht, Menschen vom rechten Weg abzubringen. Und da weist Gott ihn auf Ijob hin. Einen Gerechten wie ihn gibt es sonst nicht auf Erden. An ihm kann sich der Satan die Zähne ausbeißen und mit all seiner List wird er ihn nicht verführen können. Doch Satan wäre nicht Satan, wenn er nicht doch eine Chance erkennen würde, wie man Ijob von Gott weg und auf seine Seite bringen könnte.
Es ist doch kein Wunder, dass Ijob so fromm und gerecht ist, genießt er doch den gerechten Lohn dafür. Aber wenn man ihm das alles nähme, wäre er dann auch noch fromm? Hier steht letztlich die gewaltige Frage im Raum, ob Gerechtigkeit nur dazu dient, Lohn zu empfangen, oder ab es auch selbstlose Gerechtigkeit gibt, ob es einen Menschen gibt, der Gott ehrt, nicht wegen des verheißenen Lohn, sondern allein deshalb, weil Gott eben Gott ist, weil Gott der Gute und Gerechte ist und ihm deshalb Ehre gebührt. Wird der Gerechte Gott auch im Leid die Ehre geben, oder wird er ihn verfluchen?
Gott erlaubt dem Satan, Ijob zu prüfen. In allen Einzelheiten erfahren wir, wie Ijob Stück um Stück alles verliert, was er hat. Doch selbst nachdem er seinen ganzen Besitz, seine Familie und schließlich auch noch seine Gesundheit verloren hat "sündigte Ijob nicht" (Ijob 1,22 und 2,10).

Der Herr sprach zum Satan: Gut, all sein Besitz ist in deiner Hand, nur gegen ihn selbst streck deine Hand nicht aus! Darauf ging der Satan weg vom Angesicht des Herrn. Nun geschah es eines Tages, dass seine Söhne und Töchter im Haus ihres erstgeborenen Bruders aßen und Wein tranken. Da kam ein Bote zu Ijob und meldete: Die Rinder waren beim Pflügen und die Eselinnen weideten daneben. Da fielen Sabäer ein, nahmen sie weg und erschlugen die Knechte mit scharfem Schwert. Ich ganz allein bin entronnen, um es dir zu berichten. Noch ist dieser am Reden, da kommt schon ein anderer und sagt: Feuer Gottes fiel vom Himmel, schlug brennend ein in die Schafe und Knechte und verzehrte sie. Ich ganz allein bin entronnen, um es dir zu berichten. Noch ist dieser am Reden, da kommt schon ein anderer und sagt: Die Chaldäer stellten drei Rotten auf, fielen über die Kamele her, nahmen sie weg und erschlugen die Knechte mit scharfem Schwert. Ich ganz allein bin entronnen, um es dir zu berichten. Noch ist dieser am Reden, da kommt schon ein anderer und sagt: Deine Söhne und Töchter aßen und tranken Wein im Haus ihres erstgeborenen Bruders. Da kam ein gewaltiger Wind über die Wüste und packte das Haus an allen vier Ecken; es stürzte über die jungen Leute und sie starben. Ich ganz allein bin entronnen, um es dir zu berichten.
Da stand Ijob auf, zerriss sein Gewand, schor sich das Haupt, fiel auf die Erde, betete an und sprach: Nackt kam ich hervor aus dem Schoß meiner Mutter; nackt kehre ich dahin zurück. Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen; gelobt sei der Name des Herrn. Bei alldem sündigte Ijob nicht und gab Gott keinen Anstoß. (Ijob 1,12-22)