Psalm 120 (119)

In der Fremde

1Ein Wallfahrtslied. Ich rief zum Herrn in meiner Bedrängnis und er hat mich erhört.
2Herr, rette doch mein Leben vor lügnerischen Lippen und vor der falschen Zunge!
3Was soll er dir geben und was dir noch antun, du falsche Zunge?
4Scharfe Pfeile eines Kriegers und glühende Kohlen vom Ginsterstrauch.
5Weh mir, dass ich als Fremder leben muss in Meschech, dass ich wohnen muss bei den Zelten von Kedar!
6Ich muss schon allzu lange wohnen bei denen, die den Frieden hassen.
7Ich bin Frieden; doch ich brauche nur zu reden, sind sie für Krieg.
1Canticum graduum.
Ad Dominum cum tribularer clamavi, * et exaudivit me.
2Domine, libera animam meam a labiis iniquis * et a lingua dolosa.
3Quid detur tibi, aut quid apponatur tibi * ad linguam dolosam?
4Sagittae potentis acutae, * cum carbonibus desolatoriis.
5Heu mihi, quia incolatus meus prolongatus est: / habitavi cum habitantibus Cedar; * 6multum incola fuit anima mea.
7Cum his qui oderunt pacem eram pacificus; * cum loquebar illis, impugnabant me gratis.
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Ein Wallfahrtslied. (Ps 120,1a)

Die Psalmen 120-134 bilden den Wallfahrtspsalter. Die einzelnen Psalmen sind sehr kurz und somit passten sie auf eine kleine Buchrolle, die sicher auch von den Pilgergruppen mitgeführt werden konnte. Jüdische Wallfahrt hat stets Jerusalem als Ziel, wofür oft der Begriff Zion, Zionsberg gebraucht wird.

Ich rief zum Herrn in meiner Bedrängnis und er hat mich erhört. Herr, rette doch mein Leben vor lügnerischen Lippen und vor der falschen Zunge!
Was soll er dir geben und was dir noch antun, du falsche Zunge? Scharfe Pfeile eines Kriegers und glühende Kohlen vom Ginsterstrauch.
Weh mir, dass ich als Fremder leben muss in Meschech, dass ich wohnen muss bei den Zelten von Kedar!
Ich muss schon allzu lange wohnen bei denen, die den Frieden hassen. Ich bin Frieden; doch ich brauche nur zu reden, sind sie für Krieg. (Ps 120,1b-7)

Der erste Psalm des Wallfahrtspsalters setzt ein mit der Erfahrung des Pilgers in der Fremde. Schon immer lebten die Juden in der Zerstreuung unter den Völkern, nur wenigen kam das Privileg zu, im Heiligen Land zu wohnen. Ebenso wie das Wort Gottes vereint das Ziel der Wallfahrt die jüdische Welt. Jerusalem war ist und bleibt die Gottesstadt und der einende Sehnsuchtsort aller Juden.
Das Leben außerhalb des Heiligen Landes aber wird als Bedrängnis erfahren. Schon immer lebten die Juden ausgegrenzt unter den anderen Völkern und waren immer wieder Opfer von Hass und Verfolgung. Der Psalmist betet um Rettung aus dieser Verfolgung.