Psalm 121 (120)

Hüter Israels

1Ein Lied für die Wallfahrt.
Ich erhebe meine Augen zu den Bergen: Woher kommt mir Hilfe?
2Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat.
3Er lässt deinen Fuß nicht wanken; dein Hüter schlummert nicht ein.
4Siehe, er schlummert nicht ein und schläft nicht, der Hüter Israels.
5Der Herr ist dein Hüter, der Herr gibt dir Schatten zu deiner Rechten.
6Bei Tag wird dir die Sonne nicht schaden noch der Mond in der Nacht.
7Der Herr behütet dich vor allem Bösen, er behütet dein Leben.
8Der Herr behütet dein Gehen und dein Kommen von nun an bis in Ewigkeit.

1[Canticum graduum]
Levavi oculos meos in montes, * unde veniet auxilium mihi.
2Auxilium meum a Domino, * qui fecit caelum et terram.
3Non det in commotionem pedem tuum: * neque dormitet qui custodit te.
4Ecce non dormitabit neque dormiet, * qui custodit Israel.
5Dominus custodit te Dominus protectio tua, * super manum dexteram tuam.
6Per diem sol non uret te: * neque luna per noctem.
7Dominus custodit te ab omni malo: * custodiat animam tuam Dominus.
8Dominus custodiat introitum tuum et exitum tuum: * ex hoc nunc et usque in saeculum.
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Ein Lied für die Wallfahrt. Ich erhebe meine Augen zu den Bergen: Woher kommt mir Hilfe? (Ps 121,1)

Psalm 121 ist der zweite Psalm des Wallfahrtspsalters. Im vorangegangenen Psalm hat der Beter seine leidvolle Erfahrung in der Fremde beschrieben. Hier nun zeigt sich Gott als Helfer. Er behütet sein Volk Israel, im Heiligen Land und auch in der Fremde.
Dennoch geht der Blick des Beters in die Ferne, hin zu den Bergen und im Stillen schwingt hier schon der Berg mit, der das Ziel der Sehnsucht und der in Kürze anbrechenden Wallfahrt sein wird: der Berg Zion in Jerusalem. Alle anderen Berge, auch wenn sie viel größer und schöner sein mögen als der doch relativ kleine Zionsberg in Jerusalem, können dem Beter nicht das geben, was ihm dieser Berg verspricht: die Nähe Gottes und seinen Segen.
Berge sind seit alters her Orte der besonderen Gottesbegegnung, man denke nur an den Bundesschluss am Sinai. Für Israel Glauben aber bedeuteten die Berge auch Gefahr: auf vielen Höhen wurden fremden Göttern Opfer dargebracht, was dazu führte, dass Israel von seinem Gott abfiel und von ihm bestraft wurde. Können diese Kulthöhen Hilfe bringen? Für den Beter ist eines klar: Niemals. Voller Zuversicht betet er:

Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat. Er lässt deinen Fuß nicht wanken; dein Hüter schlummert nicht ein. Siehe, er schlummert nicht ein und schläft nicht, der Hüter Israels.
Der Herr ist dein Hüter, der Herr gibt dir Schatten zu deiner Rechten. Bei Tag wird dir die Sonne nicht schaden noch der Mond in der Nacht.
Der Herr behütet dich vor allem Bösen, er behütet dein Leben. Der Herr behütet dein Gehen und dein Kommen von nun an bis in Ewigkeit. (Ps 121,2-8)

Gott Schutz ist immer da, das beschreibt der Beter in ansprechenden Bildern. Gott schlummert nicht, er ist nicht gebunden an den Wechsel von Tag und Nacht. Er gibt Kraft auf dem Weg - auch auf der Wallfahrt wenn die Füße schmerzen. Gottes Liebe wacht über uns, er ist bei uns alle Zeit und behütet unser Kommen und Gehen.
Gott ist allzeit nahe mit seiner Hilfe. Er wird die Hoffnung des Beters nicht enttäuschen. Der Psalm schließt mit einem Anklang an den "aaronitische Segen" (vgl. Dtn 28,6). Dieser Segen ist eine Zusage, die als Antwort auf die (rhetorisch) zweifelnde Eingangsfrage gesehen werden kann. Gottes Segen ist immer mit dem Menschen.

Gesegnet bist du, wenn du heimkehrst, gesegnet bist du, wenn du ausziehst. (Dtn 28,6)

Es ist zugleich der Segen über die Wallfahrer. Unter Gottes Schutz nehmen sie den weiten und gefährlichen Weg nach Jerusalem auf sich und werden sicher wieder nach Hause kehren.