So spricht der Herr: Wahrt das Recht und sorgt für Gerechtigkeit; denn bald kommt von mir das Heil, meine Gerechtigkeit wird sich bald offenbaren. Wohl dem Mann, der so handelt, wohl dem Menschen, der daran fest hält, den Sabbat zu halten und nie zu entweihen und seine Hand vor jeder bösen Tat zu bewahren. (Jes 56,1-2)
Im dritten Teil des Jesajabuches, das die Kapitel 55 bis 66 umfasst, sind unter dem Namen des Propheten Jesaja Sprüche verschiedener Propheten aus der Zeit nach dem Babylonischen Exil gesammelt. Das Volk Israel lebt wieder im gelobten Land. Nun ist es die Aufgabe der Propheten, das Volk zu einem Leben gemäß dem Willen Gottes aufzurufen, damit sich Gottes Heilswirken vollenden kann. Israel ist sich seiner Erwählung bewusst geworden und weiß um seine Berufung als Gottes auserwähltes Volk. Israel wir zum Zeichen Gottes in der Welt.
Gott hat Israel seine Gesetze anvertraut. Sie sind die Quelle der Weisheit und Gerechtigkeit. Israel bleibt seiner Berufung treu, wenn es sich immer wieder an diesem Wort Gottes orientiert und dadurch für Gerechtigkeit sorgt. Wenn Israel die Weisung Gottes treu befolgt, wird es zum Licht unter den Völkern und die Völker werden kommen, um in Israel Gottes Weisung zu lernen. So kann sich Gottes Plan vollenden, alle Völker zu retten und seine Gerechtigkeit der Welt zu offenbaren. Gottes Wort richtet sich nun nicht mehr nur an Israel, sondern an alle, die bereit sind, die Weisung des Gottes Israels anzunehmen.
Der Fremde, der sich dem Herrn angeschlossen hat, soll nicht sagen: Sicher wird der Herr mich ausschließen aus seinem Volk. Der Verschnittene soll nicht sagen: Ich bin nur ein dürrer Baum. Denn so spricht der Herr: Den Verschnittenen, die meine Sabbate halten, die gerne tun, was mir gefällt, und an meinem Bund fest halten, ihnen allen errichte ich in meinem Haus und in meinen Mauern ein Denkmal, ich gebe ihnen einen Namen, der mehr wert ist als Söhne und Töchter: Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, der niemals ausgetilgt wird.
Die Fremden, die sich dem Herrn angeschlossen haben, die ihm dienen und seinen Namen lieben, um seine Knechte zu sein, alle, die den Sabbat halten und ihn nicht entweihen, die an meinem Bund fest halten, sie bringe ich zu meinem heiligen Berg und erfülle sie in meinem Bethaus mit Freude. Ihre Brandopfer und Schlachtopfer finden Gefallen auf meinem Altar, denn mein Haus wird ein Haus des Gebets für alle Völker genannt. Spruch Gottes, des Herrn, der die verstoßenen Israeliten sammelt: Noch mehr, als ich schon von ihnen gesammelt habe, will ich dort versammeln. (Jes 56,3-8)
Israel war schon immer nur ein kleines Volk, politisch unbedeutend im Kreis mächtiger Nachbarn. Und doch trägt dieses kleine Volk einen ungeheuren Schatz in sich. Es ist das auserwählte Volk, dem sich der eine Gott offenbart hat und dem dieser eine Gott seine Gebote mitgeteilt hat.
Israel als das auserwählte Volk hat somit einen Auftrag für die ganze Welt. Es soll Zeichen sein für den einen Gott, indem es seine Gebote bewahrt und lebt.
Die Gebote Gottes sind eine Rechtsordnung, die mehr als alle anderen Rechtsordnungen die Gerechtigkeit widerspiegelt, eine Richtschnur, die zeigt, wie ein Mensch "gerecht und gerade" leben kann.
Immer wieder gibt es in allen Völkern Menschen, die nach diesem Weg der Gerechtigkeit suchen. Bekannte Beispiele sind die griechischen Philosophen oder Religionsgründer wie Buddha oder Konfuzius.
Diese Suche nach Gerechtigkeit und Wahrheit findet ihr Ziel in der Erkenntnis des einen Gottes. Dass dieser eine Gott der Gott Israels ist, können die Völker erkennen, wenn Israel nach der Weisung Gottes lebt.
Das Alte Testament berichtet uns aber auch davon, dass Israel immer wieder vom Weg der Gebote abirrt. Es übt seine Zeugenfunktion nur ungenügend aus. Darum hat Gott immer wieder Propheten gesandt, die das Volk auf den rechten Weg führen sollten. Israel sträubt sich dagegen. Viele Texte aus den Prophetenbüchern geben Zeugnis von diesem Ringen, Israel auf den Weg des Glaubens zu führen.
Wegen der unvollkommenen Zeugenschaft Israels bleibt auch die in der heutigen Lesung geschilderte Wallfahrt aller Völker zum Haus der Herrn - gemeint ist der Tempel in Jerusalem - eine Vision des Propheten.
Und doch wird hier deutlich, was der Wille Gottes ist: Er will der Gott aller Menschen sein, er bietet allen seinen Bund an und will allen Menschen Leben und Segen schenken.
Mit Jesus Christus hat Gott das Bundesangebot an die Menschen erneuert. Mit der christlichen Mission öffnet sich nun die Verkündigung bewusst für alle Völker. Nun ist nicht mehr der Tempel das Zentrum des Glaubens, zu dem die Menschen pilgern, sondern in Jesus Christus vereint Gott selbst alle Menschen in sich im wahren Glauben.
Aber doch sehen wir - heute wieder mehr denn je - die Welt uneins im Glauben. Viele Religionen streiten - mitunter sehr aggressiv - darum, welcher Gott der wahre Gott ist. Andere Menschen wenden sich ganz ab vom Glauben. Besonders in der westlichen Welt sind viele der Überzeugung, dass es den einen wahren Glauben nicht gibt, sondern dass alle Glaubensansichten mehr oder weniger gleich wahr oder falsch sind. Ist die Vision des Propheten Jesaja als unmöglich widerlegt?
Zur Zeit des Jesaja wie auch heute gilt die Aufforderung, dass der glaubende Mensch nach Gottes Weisung leben soll. Die persönliche Überzeugung muss sich in einem gerechten Lebenswandel zeigen, wenn sie echt ist. Ein solches Leben ist dann auch ein Zeugnis für den Gott des Lebens.
Ein solches Leben beinhaltet auch den Respekt vor den religiösen Überzeugungen des anderen. Nur wer selbst fest im Glauben steht kann andere Glaubensüberzeugungen respektieren und mit andersgläubigen Menschen in Dialog treten.
Im Laufe der Geschichte hat sich oft gezeigt, dass gerade in blühenden Kulturen verschiedene Religionen friedlich nebeneinander existieren können. Glaubenskämpfe sind eher das Zeichen für eine Schwäche der Kultur oder für kulturelle Umbrüche. Meist werden dann materielle Konflikte religiös unterfüttert.
Wir erleben heute bei uns einen unvergleichlichen Niedergang des christlichen Glaubens in der westlichen Welt. Viele fühlen sich bedroht von einem Erstarken des Islam. Als Christen müssen wir uns dafür einsetzen, dass es nicht zu einem Kampf zwischen den Kulturen kommt. Wer von einer christlichen Leitkultur redet, muss diese auch überzeugend leben. Andere Kulturen und Religionen als Feindbilder hinzustellen ist oft ein Zeichen davon, dass die eigene Kultur im Niedergang begriffen ist und feindselige Handlungen verstärken nur diesen Niedergang, weil sie der Gerechtigkeit, die dem Glauben innewohnt, widersprechen.
Mein Haus wird ein Haus des Gebetes sein ... Nur im Gebet werden wir den Willen Gottes erkennen und nur im Gebet werden wir den Weg finden, wie Gottes Wille zu leben ist. Unser Leben soll ganz vom Gebet bestimmt sein, das Gebet soll vor all unserem Tun und Reden stehen. Dieses Gebet möge uns helfen, die Nöte der Zeit zu erkennen und in rechter Weise darauf zu reagieren.