Jesaja 9,7-10,34

Gottes Gericht

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Der Herr hat ein Wort gegen Jakob geschleudert, es fiel in Israel nieder. (Jes 9,7)

Nach der hoffnungsvollen Verheißung der Geburt eines Retters zeigt Jesaja die vorher bereits angekündigte Notzeit auf. Sie wird so schlimm, weil die Menschen uneinsichtig sind. Sie wiegen sich in falscher Sicherheit und kehren nicht um von ihren bösen Taten. Darum werden sie immer heftiger geschlagen bis zum vollkommenen Untergang.

Das ganze Volk sollte zur Einsicht kommen, Efraim und wer in Samaria wohnt, alle, die hochmütig prahlten: Die Ziegelmauern sind gefallen, jetzt bauen wir mit Quadern; die Maulbeerbäume hat man gefällt, jetzt pflanzen wir Zedern. Da stachelte der Herr Jakobs Gegner auf und hetzte seine Feinde gegen ihn, Aram im Osten, die Philister im Westen, und sie fraßen Israel mit gierigem Maul. Doch bei all dem lässt sein Zorn nicht nach, seine Hand bleibt ausgestreckt.
Aber das Volk kehrte nicht um zu dem, der es schlug; sie suchten den Herrn der Heere nicht. Da schnitt der Herr dem Volk Israel den Kopf und den Schwanz ab, Palmzweig und Binse am selben Tag: Die Ältesten und Vornehmen, sie sind der Kopf; der Schwanz sind die Propheten, die Lügen verkünden. Die Führer dieses Volks sind Verführer; wer sich von ihnen führen lässt, wird in die Irre geleitet. Deshalb verschont der Herr weder die Männer, noch hat er mit den Witwen und Waisen Erbarmen. Denn alle sind ruchlos und böse; aus jedem Mund kommt verruchtes Geschwätz. Doch bei all dem lässt sein Zorn nicht nach, seine Hand bleibt ausgestreckt.
Denn ihre Bosheit loderte auf wie ein Feuer, das Dornen und Disteln verzehrt. Es entzündete das Dickicht des Waldes, sodass es in Rauchschwaden aufging. Der Zorn des Herrn der Heere versengte das Land; das Volk wurde ein Raub der Flammen. Keiner verschonte den andern: Man fraß rechts und blieb hungrig, man fraß links und wurde nicht satt. Jeder fraß seinen Nachbarn. Manasse fraß Efraim und Efraim Manasse und beide zusammen fraßen Juda. Doch bei all dem lässt sein Zorn nicht nach, seine Hand bleibt ausgestreckt.
Weh denen, die unheilvolle Gesetze erlassen und unerträgliche Vorschriften machen, um die Schwachen vom Gericht fern zu halten und den Armen meines Volkes ihr Recht zu rauben, um die Witwen auszubeuten und die Waisen auszuplündern. Was wollt ihr tun, wenn die Strafe naht, wenn das Unwetter von fern heraufzieht? Zu wem wollt ihr flüchten, um Hilfe zu finden, wo euren Reichtum verstecken? Ihr werdet euch unter Gefangenen (am Boden) krümmen und werdet unter Erschlagenen liegen. Doch bei all dem lässt sein Zorn nicht nach, seine Hand bleibt ausgestreckt. (Jes 9,8-10,4)

Das assyrische Reich wird zum Instrument Gottes, um sein Strafgericht über das abtrünnige Volk Israels zu vollstrecken. Doch Assur hat seine Macht nicht aus sich selbst, sondern nur, weil Gott sie ihm verliehen hat. Das vergessen die Assyrer. Weil sie sich selbst für mächtig halten, weil sie sich nicht nur als Werkzeug sehen, sondern als Werkmeister, daher wird Gott sie in Schranken weisen, werden sie selbst vernichtet werden.

Weh Assur, dem Stock meines Zorns! Es ist der Knüppel in meiner wütenden Hand. Gegen ein ruchloses Volk schicke ich ihn, auf die Nation, der ich zürne, lasse ich ihn los, damit er Beute erbeutet und raubt wie ein Räuber, sie zertritt wie den Staub auf den Straßen. Doch Assur stellt es sich nicht so vor, sein Herz plant es anders, es hat nur Vernichtung im Sinn, die Ausrottung nicht weniger Völker. Denn es sagt: Ist nicht jeder meiner Fürsten ein König? Ging es nicht Kalne genauso wie Karkemisch, Hamat wie Arpad, Samaria wie Damaskus? Wie meine Hand die Königreiche der Götter erobert hat, deren Götterbilder die von Jerusalem und Samaria übertrafen, wie ich es mit Samaria und seinen Göttern gemacht habe, so mache ich es auch mit Jerusalem und seinen Göttern.
Wenn der Herr sein Werk auf dem Berg Zion und in Jerusalem vollendet hat, dann straft er das hochmütige Gebaren und die dreiste Überheblichkeit des Königs von Assur; denn er hat gesagt: Das alles habe ich mit meiner starken Hand und mit meiner Weisheit vollbracht; denn ich bin klug. Die Grenzen zwischen den Völkern habe ich aufgehoben, ihre Schätze geplündert, wie ein Held habe ich die Könige vom Thron gestoßen. Wie man in ein Nest greift, so griff meine Hand nach dem Reichtum der Völker. Wie man verlassene Eier sammelt, so habe ich alle Länder der Erde gesammelt. Da war keiner, der mit den Flügeln schlug, keiner, der den Schnabel aufriss und piepste.
Prahlt denn die Axt gegenüber dem, der mit ihr hackt, oder brüstet die Säge sich vor dem, der mit ihr sägt? Das wäre, wie wenn der Stock den Mann schwingt, der ihn hochhebt, oder wie wenn der Knüppel den hochhebt, der nicht aus Holz ist. Darum schickt Gott, der Herr der Heere, den feisten Männern (von Assur) die Schwindsucht. Er entfacht ein Feuer unter Assurs Pracht, ein loderndes Feuer. Israels Licht wird zum Feuer, sein Heiliger wird zur Flamme. Sie brennt und verzehrt die Dornen und Disteln von Assur an einem einzigen Tag. Seinen herrlichen Wald, seinen fruchtbaren Garten, mit Stumpf und Stiel vernichtet er ihn; es ist, wie wenn ein Kranker dahinsiecht. Von den Bäumen in seinem Wald bleiben nur wenige übrig, selbst ein Kind kann sie zählen. (Jes 10,5-19)

Es besteht Hoffnung für Israel. Auch Assurs Macht ist begrenzt. Wenn es Gottes Strafgericht vollzogen hat, wird es selbst vernichtet werden. Jene aber, die diese grauenvolle Zeit überstanden haben werden zum Rest Israels, aus dem Gott sein neues Volk hervorgehen lässt. Werden zum Reis, der aus dem Baumstumpf emporwächst, wie es dann in Jes 11,1 heißt.
Gott bewahrt Jerusalem vor dem Untergang und dort sammeln sich die Überlebenden aus dem Norden. So war es tatsächlich. Nach der Eroberung des Nordreiches Israel sind viele Juden von dort in den Süden geflohen. Bisher war Juda immer im Schatten des mächtigeren Nordreichs Israel gestanden. Nun kommt es Jerusalem zu, die Hauptstadt aller Juden zu sein. Nun erst erlangt Jerusalem seine Bedeutung als Davidstadt und der Tempel wird zum alleinigen Heiligtum des Gottes Israels. Die aus dem Norden Geflohenen erhöhen die Einwohnerzahl des kleinen Bergstaats Judäa und vergrößern seine politische Macht.

An jenem Tag wird Israels Rest - und wer vom Haus Jakob entkommen ist - sich nicht mehr auf den stützen, der ihn schlägt, sondern er stützt sich in beständiger Treue auf den Herrn, auf den Heiligen Israels. Ein Rest kehrt um zum starken Gott, ein Rest von Jakob. Israel, wenn auch dein Volk so zahlreich ist wie der Sand am Meer - nur ein Rest von ihnen kehrt um. Die Vernichtung ist beschlossen, die Gerechtigkeit flutet heran. Ja, Gott, der Herr der Heere, vollstreckt auf der ganzen Erde die Vernichtung, die er beschlossen hat.
Darum - so spricht Gott, der Herr der Heere: Fürchte dich nicht, mein Volk, das auf dem Berg Zion wohnt, vor Assur, das dich mit dem Stock schlägt und das seinen Knüppel gegen dich erhebt wie einst die Ägypter. Nur noch ganz kurze Zeit, dann wird mein grimmiger Zorn sie völlig vernichten, dann schwingt der Herr der Heere über sie die Peitsche, wie einst, als er Midian am Rabenfels schlug. Er erhebt seinen Stab über das Meer wie einst in Ägypten. An jenem Tag fällt Assurs Last von deiner Schulter, sein Joch wird von deinem Nacken genommen. Assur zieht von Rimmon herauf, rückt gegen Aja vor, marschiert durch Migron und lässt seinen Tross in Michmas zurück. Sie passieren den Pass und übernachten in Geba. Rama erschrickt und es flieht Gibea-Saul.
Lass deine Stimme gellen, Tochter Gallim! Lausche, Lajescha! Anatot, antworte ihr! Madmena flüchtet, die Bewohner von Gebim ergreifen die Flucht. Heute noch wird er in Nob Stellung beziehen und seine Hand drohend gegen den Berg der Tochter Zion erheben, gegen Jerusalems Hügel. Seht, Gott, der Herr der Heere, schlägt mit schrecklicher Gewalt die Zweige ab. Die mächtigen Bäume werden gefällt und alles, was hoch ist, wird niedrig. Das Dickicht des Waldes wird mit dem Eisen gerodet, der Libanon fällt durch die Hand eines Mächtigen. (Jes 10,20-34)