Jesaja 2,1-5

Frieden vom Zion

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Jesaja
Das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, über Juda und Jerusalem geschaut hat. Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg des Hauses des Herrn steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen alle Nationen. Viele Völker gehen und sagen: Auf, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes Jakobs. Er unterweise uns in seinen Wegen, auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn vom Zion zieht Weisung aus und das Wort des Herrn von Jerusalem. (Jes 2,1-3)

Das Buch Jesaja beginnt im 1. Kapitel mit einer langen Aufzählung der Sünden Israels. Der Prophet macht deutlich, dass es nicht Gottes Wille ist, wie das Volk jetzt lebt. Aber so wie es jetzt ist, wird es nicht immer bleiben, denn Gott aber hat einen Plan mit seinem Volk. Diesen Plan, das Ziel der Wege Gottes, wird Gott durchsetzen. Wie dieses Ziel aussieht, schildert der Prophet nun direkt im Anschluss an seine Mahnworte.
Der Berg Zion, auf dem der Tempel errichtet wurde, ist zwar mit 765 Metern Höhe kein sehr hoher Berg, auch wenn er eine markante Anhöhe ist. Ähnlich wie die sieben Hügel Roms hat er wohl eher eine symbolische Bedeutung. Er wird aber einmal alle anderen Berge überragen, vielleicht nicht in seiner tatsächlich messbaren Höhe, wohl aber mit seiner spirituellen Bedeutung.
Im Altertum wurden Kultstätten oft auf Bergen errichtet und in Israel war zur Zeit des Jesaja die Erinnerung an die Kulthöhen für Baal und andere Götter noch sehr lebendig. Auch der Gott Israels wurde nicht immer nur auf dem Zion verehrt, sondern es gab mehrere Heiligtümer, von denen das der Samaritaner auf dem Berg Garizim, der immerhin 881 Meter hoch ist, dasjenige war, das neben Jerusalem am längsten Bestand hatte.
In Israel hat sich aber spätestens im 7. Jahrhundert v. Chr. die Überzeugung durchgesetzt, dass der EINE Gott nur an EINEM Ort, nämlich dem Tempel auf dem Berg Zion, verehrt werden darf. Hier konzentriert sich alle Weisheit der Heiligen Schriften und hier werden die Gebote des einen Gottes bewahrt und gelehrt. Diese Weisung Gottes, die auf dem Berg Zion von den Priestern des Tempels gelebt und gelehrt wird, ist nicht nur das Licht für das Volk Israel, sondern für die ganze Welt. Darum werden alle Völker dorthin kommen, um Gottes Weisung zu lernen.

Er wird Recht schaffen zwischen den Nationen und viele Völker zurechtweisen. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Lanzen zu Winzermessern. Sie erheben nicht das Schwert, Nation gegen Nation, und sie erlernen nicht mehr den Krieg. (Jes 2,4)

Gottes Weisung lehrt vor allem den Frieden. Von diesem Frieden war das Volk Israel zur Zeit des Jesaja weit entfernt. Immer wieder muss der Prophet die inneren Missstände im Volk anprangern und zeigt auf, dass die Diener Gottes seine Weisung nicht treu bewahren. Damit verhindern sie, dass Gottes Friedensreich Wirklichkeit werden kann und bringen mit ihrer Gier nach Macht und Besitz Krieg und Unfrieden über das Land.
Die Vision eines Friedensreiches, die Jesaja hier schildert, findet sich mit nahezu identischen Worten auch beim Propheten Micha (Mi 4,1-5). Besonders das Wort von den Schwertern, die zu Pflugscharen geschmiedet werden, hat dabei eine große Wirkungsgeschichte entfaltet und wurde für viele zum Symbol eines gewaltfreien Widerstandes. Wir erleben immer wieder Zeiten, in denen dieser Friede lebendig zu werden scheint, aber er ist stets bedroht von Gewalt, die an vielen Orten der Welt herrscht. Werden die Menschen lernen, ihr Streben nach Macht und Besitz zurückzustellen mit Rücksicht auf eine Weltordnung, in der alle Menschen in Frieden und Freiheit leben können?
Welche Rolle wird Gott in einer solchen Weltordnung spielen? Wird der Glaube an einen Gott weiterhin Motivation zu Kriegen gegen vermeintliche Ungläubige sein? Oder werden die Anhänger der verschiedenen Religionen einen Weg finden, in Frieden miteinander zu leben? Wird der Glaube an den einen Gott weiterhin ein Garant für Weisheit sein, und die Suche nach diesen Gott auch für Ungläubige attraktiv bleiben? Was tun wir als Gläubige, um Gottes Weisheit lebendig zu verkünden?
Schauen wir noch einmal auf Jerusalem und den Zionsberg. Den Juden ist vom einst so stolzen Tempel nur die Klagemauer geblieben, den Berg krönt eine Moschee. Die Christen verehren nicht weit vom Zion entfernt den Ort, an dem Jesus Christus nach seinem Tod am Kreuz auferstanden ist. Jerusalem ist wirklich zu einer Pilgerstätte für Menschen aus der ganzen Welt geworden. Doch der Friede scheint heute von dieser Stadt weiter entfernt als eh und je. Beten wir für diesen Frieden mit dem Friedensgebet der Benediktiner der Abtei Dormitio in Jerusalem:

Schenke, o Gott, deiner heiligen Stadt Jerusalem und der ganzen Welt deinen Frieden! Verankere ihn in den Herzen aller Menschen, denn dein göttlicher Friede ist der Friede, den die Welt nicht geben kann.
Dein Frieden befreit alle, die in den Netzen der körperlichen oder psychischen Gewalt als Täter oder Opfer gefangen sind.
Hilflos sehen wir die vielen Formen der Gewalt und des Unrechts - von der großen Politik bis hin zum alltäglichen Miteinander.
Schaffe, o Gott, unseren großen und kleinen Grenzen Frieden!
Erfülle die Mächtigen mit deinem Geist der Liebe!
Hilf auch uns, an deinem Reich des Friedens mitzuwirken, indem wir erkennen und tun, was in unserer Umgebung den Menschen und der Schöpfung zum Frieden und Wohlergehen dient!
Darum bitten wir dich, du Gott der Liebe und Treue! Wir loben dich und danken dir in Ewigkeit.
Amen.
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Jesaja
Haus Jakob, auf, wir wollen gehen im Licht des Herrn. (Jes 2,5)

Wie kann für uns heute ein Weg des Friedens im Licht des Herrn aussehen? Wir sind alle unterwegs auf dem Weg des Lebens, sind alle unterwegs zu einem Ziel - oder irren manchmal einfach nur ziellos umher. Es gibt viele Straßen, auf denen die Menschen gehen. Breite Straßen wie die Einkaufsmeilen unserer Städte, voller Lichter und Reklamen, voll mit Menschen. Wo führen sie hin? Haben sie ein Ziel? Oder halten sie die Menschen, die auf ihnen gehen, nur davon ab, vorwärtszukommen, weil sie feststecken im Gedränge, von einem Geschäft zum nächsten gehen, aber ohne Richtung und Ziel sind?
Dann gibt es dunkle Gassen, in die niemand gehen möchte. Sie sind oft gleich hinter den hell erleuchteten Einkaufsmeilen, aber niemand will sie sehen. Dort ducken sich Menschen nieder, die gezeichnet sind vom Leben und die nicht hineinpassen in diese Welt des Glitzers und des Konsums. Einsam stehen sie da, eingehüllt in dicke Mäntel, die sie etwas vor der Kälte des Winters schützen, aber nicht vor der Kälte der Herzen, die ihnen entgegenschlägt. Biegen wir manchmal ab in diese dunklen Gassen, um dort ein kleines Licht anzuzünden?
Es gibt auch kleine, verborgene Wege, die man so leicht nicht findet. Man muss etwas die Augen zusammenkneifen, um nicht zu sehr geblendet zu werden vom Licht der hellen Schaufenster an den breiten Straßen. Dann entdeckt man zwischen all den Glitzerfassaden vielleicht einen kleinen unscheinbaren Durchlass. Und dann tut sich ein geheimnisvoller Weg auf, an dem es Vieles zu entdecken gibt. Hier können uns Menschen begegnen, die nicht in Hetze sind, sondern Zeit haben für ein Gespräch. Hier gibt es einen Ort der Stille, an dem wir zu uns selbst finden können, einen Ort, an dem wir unsere Gedanken ordnen können, um neu die Richtung für unser Leben zu bestimmen. Und dann werden wir merken, dass auch wir den Menschen ganz anders begegnen, die wir auf diesem Weg antreffen. Unser Herz wird weit. Wir merken, dass wir selbst ein Licht sind, das immer heller leuchtet.
Und dann entdecken wir am Ende dieser Straße ein schwaches Leuchten, und wenn wir näher kommen und genauer hinsehen, dann erkennen wir den Stall von Betlehem und das Kind in der Krippe. Dann erleben wir Gottes Nähe in dieser Welt ganz neu. Wir erfahren, dass Weihnachten nicht ein Geschehen ist, das längst vergangen ist und um uns herum geschieht, sondern dass wir mitten drin sind in diesem Fest des Lebens, wenn ein Mensch zum Licht wird und Gottes Licht in die Welt trägt.