Hosea 1,2-3,5

Gott der Treue

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Hosea
So begann der Herr durch Hosea zu reden: Der Herr sagte zu Hosea: Geh, nimm dir eine unzüchtige Frau und Kinder der Unzucht! Denn das Land treibt Unzucht und hat den Herrn verlassen. (Hos 1,2)

Gottes Beziehung zu seinem Volk gleicht einer Liebesbeziehung. Das kommt im ersten Teil des Buches Hosea durch die hier verwendete Ehemetaphorik besonders zum Ausdruck. Zunächst wird der Prophet aufgefordert, eine Zeichenhandlung vorzunehmen. Er soll eine unzüchtige Frau zur Ehefrau nehmen und so zeigen, wie Gott seinem treulosen und unzüchtigen Volk die Treue hält. Israel ist die treulose Frau, die es verdient hat, verstoßen zu werden. Doch Gott ist stets bereit, sie in Liebe wieder anzunehmen. Zeichenhaft lebt der Prophet selbst diese Beziehung in seiner von Gott angeordneten Ehe mit der Dirne Gomer, der Tochter Diblajims. Wie Gott unter der Untreue seines Volkes, so leidet der Prophet unter die Untreue seiner Frau.

Da ging er und nahm Gomer, die Tochter Diblajims; sie wurde schwanger und gebar ihm einen Sohn. Der Herr sagte zu ihm: Gib ihm den Namen Jesreel! Denn es dauert nicht mehr lange, dann werde ich das Haus Jehu für die Blutschuld von Jesreel heimsuchen und dem Königtum des Hauses Israel ein Ende machen. An jenem Tag werde ich den Bogen Israels in der Ebene Jesreel zerbrechen.
Sie wurde wieder schwanger und gebar eine Tochter. Da sagte er zu ihm: Gib ihr den Namen Lo-Ruhama - Kein Erbarmen - ! Denn kein Erbarmen werde ich mehr mit dem Haus Israel haben, nein, ich entziehe es ihnen. Mit dem Haus Juda jedoch werde ich Erbarmen haben. Ich werde sie retten als der Herr, ihr Gott - aber nicht werde ich sie retten mit Bogen, Schwert, Krieg, Rossen und Reitern.
Sie entwöhnte Lo-Ruhama und wurde wieder schwanger und gebar einen Sohn. Da sagte er: Gib ihm den Namen Lo-Ammi - Nicht-mein-Volk - , denn ihr seid nicht mein Volk und ich bin nicht der Ich-bin-da für euch. (Hos 1,3-9)

Drei Kinder zeugt Hosea mit Gomer. Die Namen der "Dirnenkinder" weisen auf die zerrüttete Beziehung Gottes zu seinem Volk hin. Der Name "Jesreel" des ersten Kindes weist auf die Niederlage Israels in der Ebene Jesreel hin, in der Gott die militärische Macht Israels zerbrochen hat. Gott hat kein Erbarmen ("Lo-Ruhama", Name des zweiten Kindes) mehr mit Israel, das nicht mehr sein Volk ("Lo-Ammi", Name des dritten Kindes) ist. Und doch spricht der Prophet immer wieder von der unvergänglichen Liebe Gottes zu seinem Volk. Gott klagt an, aber es besteht Hoffnung, dass Gott sich seinem Volk wieder zuwendet, wenn die Menschen ihr Verhalten ändern.
Die Rede von der zeichenhaften Ehe des Propheten und ihre Deutung auf die Beziehung Gottes zu seinem Volk verbindet die einzelnen Kapitel des Buches. Auch das Wortspiel mit den Namen der Kinder (Jesreel als Synonym für Israel, kein Erbarmen - Erbarmen, nicht mein Volk - mein Volk) taucht als Ankündigung von Unheil und Heil im Verlauf des Buches wieder auf. Bereits in den folgenden Versen kommt zum Ausdruck, dass Gott sein Volk wieder annehmen und ihm Erbarmen schenken wird.

Einst werden die Söhne Israels so zahlreich sein wie der Sand am Meer, der nicht zu messen und nicht zu zählen ist. Und dort, wo man zu ihnen sagt: Ihr seid nicht mein Volk, wird man zu ihnen sagen: Söhne des lebendigen Gottes seid ihr. Die Söhne Judas werden sich gemeinsam mit den Söhnen Israels versammeln, für sich ein einziges Oberhaupt bestimmen und aus dem Land heraufziehen. Ja, groß wird der Tag Jesreels sein. Sagt zu euren Brüdern: Ammi - mein Volk - und zu euren Schwestern: Ruhama - Erbarmen - . (Hos 2,1-3)

Die Kinder werden Erbarmen finden, die treulose Mutter aber wird verstoßen - am Ende aber wird sie doch wieder neu angenommen.

Verklagt eure Mutter, verklagt sie! Denn sie ist nicht meine Frau und ich bin nicht ihr Mann. Sie soll von ihrem Gesicht die Zeichen ihrer Unzucht beseitigen und zwischen ihren Brüsten die Zeichen ihres Ehebruchs. Sonst ziehe ich sie nackt aus und stelle sie hin wie am Tag ihrer Geburt, ich mache sie wie die Wüste und lasse sie werden wie verdorrtes Land, ich lasse sie sterben vor Durst.
Auch mit ihren Kindern habe ich kein Erbarmen; denn Kinder der Unzucht sind sie. Ja, ihre Mutter hat Unzucht getrieben; die mit ihnen schwanger war, hat Schändliches getan. Denn sie hat gesagt: Ich will meinen Liebhabern hinterhergehen. Sie geben mir Brot und Wasser, Wolle und Leinen, Öl und Getränke.
Darum versperre ich dir den Weg mit Dornengestrüpp und verbaue ihn mit einer Mauer, sodass sie ihre Pfade nicht mehr findet. Dann wird sie ihren Liebhabern nachrennen, aber sie nicht einholen. Sie wird sie suchen, aber nicht finden. Dann wird sie sagen: Ich will gehen und zu meinem ersten Mann zurückkehren; denn damals ging es mir besser als jetzt.
Aber sie hat nicht erkannt, dass ich es war, der ihr das Korn und den Most und das Öl gab, der sie mit Silber überhäufte und mit Gold, das man dann für den Baal verbrauchte. Darum werde ich mir mein Korn zurückholen zu seiner Zeit und meinen Most zu seiner Jahreszeit; ich werde ihr meine Wolle und mein Leinen entreißen, die ihre Blöße verhüllen sollten.
Dann werde ich ihre Scham vor den Augen ihrer Liebhaber aufdecken. Niemand kann sie meiner Hand entreißen. Ich werde all ihrer Freude ein Ende machen: ihrem Feiertag, ihrem Neumondfest, ihrem Sabbat, all ihren festlichen Tagen. Und ich werde ihren Weinstock und ihren Feigenbaum verwüsten. Das, wovon sie gesagt hat: Das ist mein Lohn, den meine Liebhaber mir gegeben haben, das alles werde ich zur Wildnis machen; die Tiere des Feldes fressen es kahl. Ich werde sie heimsuchen wegen der Tage, an denen sie den Baalen Räucheropfer dargebracht hat; sie hat ihren Ring und ihren Schmuck angelegt und ist ihren Liebhabern hinterhergegangen, mich aber hat sie vergessen - Spruch des Herrn.
Darum will ich selbst sie verlocken. Ich werde sie in die Wüste gehen lassen und ihr zu Herzen reden. Von dort aus werde ich ihr ihre Weinberge wiedergeben. Das Achor-Tal werde ich für sie zum Tor der Hoffnung machen. Dort wird sie mir antworten wie in den Tagen ihrer Jugend, wie am Tag, als sie aus dem Land Ägypten heraufzog. (Hos 2,4-17)

Wahre Liebe ist eines der größten Geschenke im Leben. Es ist ein großes Glück, wirklich dem Menschen zu begegnen, mit dem es möglich ist, gemeinsam in guten und in schlechten Tagen zu leben. Diese Liebe ist das Bild, das der Prophet Hosea für die Beziehung Gottes mit seinem Volk zeichnet. Gott schmerzt die Untreue seines Volkes, aber seine Liebe wird niemals enden. Gott findet immer wieder neue Wege, die Liebe zu seinem Volk zu erneuern.
Gott kann nicht anders als lieben. Er lässt nichts unversucht, um sein Volk von neuem für sich zu gewinnen. Er führt sein Volk in die Wüste, um ihm seine Liebe neu zu zeigen. Die Wüste ist seit jeher ein besonderer Ort der Gottesbegegnung. Beim Auszug aus Ägypten hat Gott sein Volk durch die Wüste geführt, ihm seine Liebe gezeigt, indem er dort den Bund mit seinem Volk geschlossen hat. An diesen Bund will er das Volk erinnern und hofft, dass die Menschen nun seine Liebe erwidern werden und sich abwenden von den falschen Götzen, deren Dienst die Menschen in Abhängigkeit und Sklaverei führt. Gott will seinem Volk die Freiheit schenken und es neu beschenken mit einem blühenden Land.

An jenem Tag - Spruch des Herrn - wirst du zu mir sagen: Mein Mann! Und du wirst nicht mehr zu mir sagen: Mein Baal. Ich werde die Namen der Baale in ihrem Mund beseitigen, sodass niemand mehr ihre Namen anruft.
Ich schließe zu ihren Gunsten an jenem Tag einen Bund mit den Tieren des Feldes und den Vögeln des Himmels und den Kriechtieren des Erdbodens. Bogen, Schwert und Krieg werde ich zerbrechen und aus dem Land verbannen und sie in Sicherheit schlafen lassen.
Ich verlobe dich mir auf ewig; ich verlobe dich mir um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, von Liebe und Erbarmen, ich verlobe dich mir um den Brautpreis der Treue: Dann wirst du den Herrn erkennen. (Hos 2,18-22)

Gott vermählt sich mit seinem Volk. Gerechtigkeit und Recht, Liebe und Erbarmen und vor allem Treue ist das was Gott schenkt und von den Menschen erwartet. So wird der Weg frei zur Erkenntnis des Herrn, zur innigen Begegnung mit Gott, die dem Menschen Glück und Leben bringt.
Es ist etwas Großes um die Liebe und es lohnt, über die Liebe Gottes zu meditieren. Gott ist Liebe. Er hat die Welt aus Liebe erschaffen. Seine ist so groß, dass er keinen abweist, der zu ihm kommt. Er nimmt sein Volk auch dann wieder als Braut an, wenn es ihn verlassen hat. Das Volk Gottes, das von ihm aus Ägypten befreit wurde, hat sich fremden Göttern zugewandt, ist zur Hure geworden. Und doch liebt Gott es immer noch. Er will es weiterhin umwerben und wenn es die fremden Götter lässt und zu ihm umkehrt, wird er es wieder zur Braut nehmen. Versuchen wir uns vorzustellen, wie groß diese Liebe Gottes ist. Wir werden es nie ermessen können.
Jeder einzelne ist zu einer solchen innigen Beziehung mit Gott berufen. Gott umwirbt jeden einzelnen immer wieder. Lassen wir uns von ihm führen in die Stille und Einsamkeit, werden wir still im Trubel des Alltags. Versuchen wir so, seine Stimme zu hören. Es ist eine sanfte Stimme, die wir leicht überhören.

Gott,
verführe mich mit deiner Liebe.
Umfange mich mit den Armen deiner Treue.
Führe mich hin zum Ort deiner Liebe.
Lass mich deine Nähe genießen
und aus diesem Glück heraus mich leben.
Der Tag, an dem ich mich so von dir finden lasse,
wird mein vollkommener Glückstag sein.
An jenem Tag - Spruch des Herrn - will ich antworten: Ich will dem Himmel antworten und der Himmel wird der Erde antworten, die Erde wird dem Korn, dem Wein und dem Öl antworten und diese werden Jesreel antworten.
Ich werde sie für mich im Land aussäen, mich über Lo-Ruhama - Kein Erbarmen - erbarmen und zu Lo-Ammi - Nicht-mein-Volk - werde ich sagen: Du bist mein Volk! und er wird sagen: Du bist mein Gott! (Hos 2,23-25)

Am Ende dieses Abschnitts kommt der Prophet selbst wieder in den Blick und erneut fordert ihn Gott zu einer symbolischen Handlung auf. Er kauft die Frau aus der Prostitution frei, zahlt für sie den Brautpreis und nimmt sie nun ganz zur Frau. Sie hat nun von ihrem unzüchtigen Handeln gelassen und wird ihm zu einer treuen Ehefrau, so wie Israel von neuem zum treuen Bundesvolk wird.

Der Herr sagte zu mir: Geh noch einmal hin und liebe eine Frau, die von einem anderen geliebt wird und dennoch Ehebruch treibt - so wie der Herr die Söhne Israels liebt, obwohl sie sich anderen Göttern zuwenden und Opferkuchen aus Rosinen lieben! Da kaufte ich sie für fünfzehn Silberstücke und anderthalb Homer Gerste.
Ich sagte zu ihr: Du wirst jetzt viele Tage bei mir bleiben, ohne Hurerei zu treiben und ohne einem Mann zu gehören. Und so mache auch ich es mit dir. Denn viele Tage bleiben Israels Söhne ohne König und ohne Regierende, ohne Schlachtopfer und ohne Steinmal, ohne Efod und ohne Terafim.
Danach werden die Söhne Israels umkehren und den Herrn, ihren Gott, suchen und David, ihren König. Zitternd werden sie zum Herrn kommen und seine Güte suchen an einem fernen Tag. (Hos 3,1-5)