Der Herr rief Mose, redete ihn vom Offenbarungszelt aus an und sprach: Rede zu den Israeliten und sag zu ihnen: Wenn einer von euch dem Herrn von den Haustieren eine Opfergabe darbringt, könnt ihr das mit Rind und Kleinvieh tun. (Lev 1,1-2)
Levitikus ist das dritte Buch des Pentateuch, auch Drittes Buch Mose genannt. Im hebräischen Alten Testament trägt es gemäß den Anfangsworten den Namen "Er rief". Die Bezeichnung Levitikus stammt aus der griechischen Übersetzung, wodurch auch zum Ausdruck kommt, dass ein wichtiger Inhalt des Buches Vorschriften für den Gottesdienst und das Priestertums sind.
Die Kapitel 1 bis 7 enthalten Vorschriften über den Vollzug von verschiedenen Opfern (Lev 1 Brandopfer, Lev 2 Speisopfer, Lev 3 Heilsopfer, Lev 4-5 Sündopfer und Schuldopfer, Lev 6-7 weitere Bestimmungen zu den Opfern). In den Kapiteln 8-10 folgen die Priestergesetze, in den Kapiteln 11-15 die Reinheitsgesetze, in denen die Frage nach rein oder Unrein und die Bestimmung von Aussatz geregelt wird. In Lev 16 ist finden sich die Bestimmungen für den Versöhnungstag (Jom Kippur).
Das Heiligkeitsgesetz (Lev 17-26) regelt das Leben des Volkes. Themen sind unter anderem die Festlegung von Kultort und rechtem Gottesdienst (Lev 17), sexuelle Vorschriften (Lev 18), kultische und soziale Gebote (Lev 19), die Definition todeswürdiger Verbrechen (Lev 20) und weitere Vorschriften für Priester (Lev 21), das Opfer (Lev 22), Feste und Feiern (Lev 23-24) und Sabbatjahr und Jubeljahr (Lev 25). Am Ende steht die Entscheidung zwischen Segen oder Fluch, die aus der Beachtung bzw. Nichtbeachtung der Gebote folgen (Lev 26). Kapitel 27 beschließt das Buch mit Bestimmungen über die Auslösung von Gelübden und Weihegaben.
Das Buch Levitikus erscheint in seiner Darstellung sehr geordnet. Das lässt darauf schließen, dass hier eine Redaktion priesterlicher Kreise vorliegt. Dadurch wurde eine Vielzahl einzelner Vorschriften, die im Volk eine lange Tradition hatten, in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht.
Neben den einzelnen Vorschriften für Priester und Opfer ist die Heiligkeit des gesamten Volkes ein zentrales Anliegen des Buches Levitikus.
Der Herr sprach zu Mose: Rede zur ganzen Gemeinde der Israeliten, und sag zu ihnen: Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig. (Lev 19,1-2)
Der heilige Gott hat Wohnung genommen inmitten seines Volkes Israel. Daher muss auch Israel ein heiliges und priesterliches Volk sein, damit eine kultische Gemeinschaft mit Gott möglich ist. Durch das Opfer werden Verfehlungen getilgt, wodurch eine Wiederherstellung der Heiligkeit möglich ist. Durch die Heiligung des Alltags wird die Lebensordnung, die in der Schöpfungsordnung (Gen 1) grundgelegt ist, bejaht und eingelöst. Aber es ist auch eine Tatsache, dass Störungen der Weltordnung durch menschliches Verschulden zur Realität der Schöpfung gehören, was die Wiederherstellung der Heiligkeit durch bestimmte Opfer oder Rituale stets nötig sein lässt.
Gottes Heiligkeit in der Welt sichtbar zu machen ist zunächst eine Aufforderung an den Menschen. Alle Gläubigen sind dazu berufen, Zeugnis zu geben von dem Gott, an den sie glauben. Mehr als das Zeugnis durch Worte überzeugt das Zeugnis durch das Leben. In einem heiligen, gerechten und liebenden Leben sollen die Gläubigen den Gott der Heiligkeit, des Lebens und der Liebe erfahrbar machen.
Dieses Zeugnis ist den Menschen aber nur möglich, weil Gott ihnen schon immer die Zusage gegeben hat:
Ihr seid heilig, weil ich, der Herr, euer Gott, heilig bin.
Die Würde des Menschen ist in Gott begründet, der den Menschen als sein Ebenbild geschaffen hat. Gott denkt groß vom Menschen, er hat ihm Würde verliehen und schenkt ihm seine Liebe. So hat der Mensch teil an der Heiligkeit Gottes.
Immer wieder muss Gott aber auch den Menschen sagen:
Ich bin heilig!
Die Menschen neigen immer wieder dazu, sich Gottes zu bemächtigen, in seinem Namen das zu tun, was nicht Gottes Wille ist, Gott in das enge Gebäude ihrer Gedanken einzusperren und an Gottes Heiligkeit zu zweifeln. Gott lässt sich aber nicht von den Menschen missbrauchen. Er wird seine Heiligkeit zeigen, auch gegenüber denen, die seinen Namen missbrauchen.
Heiligkeit zeigt sich ganz besonders auch darin, dass die Kinder ihre Eltern ehren. In den Zehn Geboten steht das Gebot, die Eltern zu ehren, gleich nach dem Gebot, Gott und seinen Namen zu ehren und den Sabbat zu halten und vor allen anderen Geboten, die das Zusammenleben der Menschen untereinander betreffen. Hier ist es noch weiter nach oben gerückt und steht vor dem Sabbatgebot und vor dem Verbot, anderen Göttern zu dienen.
Jeder von euch soll Mutter und Vater fürchten und auf meine Sabbate achten; ich bin der Herr, euer Gott. Ihr sollt euch nicht anderen Göttern zuwenden und euch nicht Götterbilder aus Metall gießen; ich bin der Herr, euer Gott. (Lev 19,3-4)
Der rechte Gottesdienst wird auch in der rechten Darbringung des Heilsopfers deutlich.
Wenn ihr für den Herrn ein Heilsopfer schlachtet, opfert es so, dass ihr Annahme findet. An dem Tag, an dem ihr es schlachtet, oder am folgenden Tag soll es gegessen werden; was davon am dritten Tag noch übrig ist, soll im Feuer verbrannt werden. Isst man davon am dritten Tag, so ist das Opfer untauglich und findet keine Annahme mehr. Wer davon isst, muss die Folgen seiner Schuld tragen; denn er hat die Heiligkeit des Herrn entweiht. Ein solcher Mensch soll aus seinen Stammesgenossen ausgemerzt werden. (Lev 19,6-8)
Es folgen weitere Gebote, die vor allem die Sorge um die weniger bemittelten Menschen betreffen. Gewinnmaximierung ist nicht das oberste Ziel. Der Bauer soll auf Feld und Weinberg am Rand etwas stehen lassen, an dem sich Bedürftige bedienen können.
Wenn ihr die Ernte eures Landes einbringt, sollt ihr das Feld nicht bis zum äußersten Rand abernten. Du sollst keine Nachlese von deiner Ernte halten. In deinem Weinberg sollst du keine Nachlese halten und die abgefallenen Beeren nicht einsammeln. Du sollst sie dem Armen und dem Fremden überlassen. Ich bin der Herr, euer Gott. (Lev 19,9-10)