Danach sah ich und siehe, eine Tür war geöffnet am Himmel; und die erste Stimme, die ich gleich einer Posaune mit mir reden gehört hatte, sagte: Komm herauf und ich werde dir zeigen, was dann geschehen muss. (Offb 4,1)
Der Seher Johannes wird in den Himmel entrückt. Dort wird ihm die Wahrheit über die Welt und ihre Geschichte offenbart. Er versucht das Gesehene in Bildern zu beschreiben. Hier sind nicht die Bilder das Entscheidende, sondern das Wesen, das sich dahinter auftut. Wir dürfen nicht bei den Bildern stehen bleiben, sondern müssen versuchen, den Sinn, der sich dahinter verbirgt, zu verstehen. Johannes verwendet hierbei Bilder, die er aus ähnlichen Visionen aus den Büchern Ezechiel oder Daniel kennt, aber er verändert sie zugleich. Auch die Seher vor ihm haben nur versucht, das Unbeschreibliche mit menschlichen Worten zu beschreiben.
Sogleich wurde ich vom Geist ergriffen. Und siehe, ein Thron stand im Himmel; auf dem Thron saß einer, der wie ein Jaspis und ein Karneol aussah. Und über dem Thron wölbte sich ein Regenbogen, der wie ein Smaragd aussah. Und rings um den Thron standen vierundzwanzig Throne und auf den Thronen saßen vierundzwanzig Älteste, in weiße Gewänder gekleidet und mit goldenen Kränzen auf dem Haupt. Von dem Thron gingen Blitze, Stimmen und Donner aus. Und sieben lodernde Fackeln brannten vor dem Thron; das sind die sieben Geister Gottes. (Offb 4,2-5)
Johannes versucht, die göttliche Welt, die ihm gezeigt wurde, zu beschreiben. Gott ist Herr der ganzen Welt und ein solcher Herr benötigt einen Thron. Wo der Thron steht, da ist die Macht, das galt durch viele Jahrhunderte. Heute sitzen die Präsidenten und Kanzlerinnen moderner Demokratien nicht mehr auf Thronen, aber es gibt dennoch Orte, die symbolisch für die Macht der Personen stehen, die darin regieren, zum Beispiel das Weiße Haus oder das Kanzleramt. Diese Gebäude fallen mehr oder weniger prächtig aus, früher versuchten die Herrscher sich in der Pracht ihrer Residenzen zu überbieten, unüberbietbar ist der Glanz des göttlichen Thronsaals, der wertvoller ist als die kostbarsten Edelsteine.
Herrscher sind immer umgeben von einem Stab von Beratern und Ministern, so umgeben Gottes Thron auch 24 Älteste. Das Gottesvolk des Alten Bundes bestand aus den zwölf Stämmen Israels. In Analogie dazu hat Christus die Zwölf Apostel um sich versammelt als geistige Stammväter des neuen Gottesvolkes. Beide Gruppen sind in den 24 Ältesten vertreten. Kirche und Synagoge, die auf Erden oft in Feindschaft leben, bilden das eine Gottesvolk im Himmel.
Blitze, Stimmen und Donner sind Symbol für Gottes Worte, die für einen gewöhnlichen Menschen unverständlich klingen. Um Gott zu verstehen, benötigen wir einen Dolmetscher, und das ist der Heilige Geist. Mit seinen sieben Gaben macht er uns fähig, als Kinder Gottes auf Erden zu leben. Die sieben lodernden Fackeln des einen Heiligen Geistes, der sich auf vielfältige Weise zeigt, sind das Verbindungsglied zwischen Himmel und Erde. Am Pfingsttag kamen die Feuerflammen dieser Fackeln zum ersten Mal auf die Menschen und brennen seither in allen Menschen, die zu Gott gehören.
Und vor dem Thron war etwas wie ein gläsernes Meer, gleich Kristall. Und in der Mitte des Thrones und rings um den Thron waren vier Lebewesen voller Augen, vorn und hinten. Das erste Lebewesen glich einem Löwen, das zweite einem Stier, das dritte sah aus wie ein Mensch, das vierte glich einem fliegenden Adler. Und jedes der vier Lebewesen hatte sechs Flügel, außen und innen voller Augen. Sie ruhen nicht, bei Tag und Nacht, und rufen: Heilig, heilig, heilig ist der Herr, der Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung; er war und er ist und er kommt. (Offb 4,6-8)
Vier Lebewesen umgeben Gottes Thron. Der Thron Gottes besteht nicht aus "leblosem" Material wie Holz oder Gold. Gottes Thron selbst lebt und lässt Gottes Macht lebendig werden. Löwe, Stier, Mensch und Adler wurden zum Symbol für die vier Evangelisten. Sie haben das Wort des Lebens, das von Gottes Thron ausgeht, in menschliche Worte gefasst. Aber nicht die vier Evangelisten sind der Thron Gottes, vielmehr haben sie auf einzigartige und unüberbietbare Weise Gottes Wesen, das sich in den vier Lebendigen seines Thrones zeigt, offenbart.
Und wenn die Lebewesen dem, der auf dem Thron sitzt und in alle Ewigkeit lebt, Herrlichkeit und Ehre und Dank erweisen, dann werfen sich die vierundzwanzig Ältesten vor dem, der auf dem Thron sitzt, nieder und beten ihn an, der in alle Ewigkeit lebt. Und sie legen ihre goldenen Kränze vor seinem Thron nieder und sprechen: Würdig bist du, Herr, unser Gott, Herrlichkeit zu empfangen und Ehre und Macht. Denn du bist es, der die Welt erschaffen hat, durch deinen Willen war sie und wurde sie erschaffen. (Offb 4,9-11)
Die vier Lebendigen des Thrones Gottes stimmen den Lobgesang an, in ihnen eröffnet Gott selbst die himmlische Liturgie. Die 24 Ältesten stimmen lobend und anbetend ein und im nächsten Kapitel werden wir sehen, wie dieser Lobgesang über die Engel auf die ganze Schöpfung übergeht, auf alles, was lebt.