Matthäus 11,1-24

Suchendes Fragen

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Mt
Als Jesus die Unterweisung der zwölf Jünger beendet hatte, zog er weiter, um in den Städten zu lehren und zu predigen. (Mt 11,1)

Jesus hat eine lange Rede an die Jünger gehalten. Nun ziehen sie weiter und Jesus verkündet Gottes Heil in Wort und Tat.

Johannes hörte im Gefängnis von den Taten Christi. Da schickte er seine Jünger zu ihm und ließ ihn fragen: Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten? (Mt 11,2-3)

Johannes wurde von vielen bewundert, viele gingen hinaus zu ihm in die Wüste, um ihn zu sehen und um ihn zu hören. Aber er hatte auch seine Feinde, er erfuhr Liebe und Bewunderung, aber auch Hass und Verachtung. Er war kein Schilfrohr im Wind. Er blieb sich selber treu und suchte nicht den Beifall der Menschen. Das Zeugnis des Johannes verpflichtet uns, wie auch das Zeugnis Christi.
Johannes der Täufer ist vorbildlich für uns in seiner Geradlinigkeit, in der Einfachheit und Anspruchslosigkeit seiner Lebensführung und in der Konsequenz, in der er seiner Berufung lebt, dem Messias den Weg in diese Welt zu bereiten. Er lebte, was er verkündete, und er verkündete, was er lebte. Dabei fürchtete er weder den Tod noch den Teufel. Er blieb sich selber treu bis in die Finsternis des Kerkers hinein.

Herr, wir wissen, dass unser Glaube, unser Leben immer wieder vor Erprobungen steht. Das ist unvermeidlich. Daran können wir auch wachsen. Aber führe uns nie in die Situation einer Versuchung, die unsere Kräfte überschreitet, in der wir die Treue zu dir und zu uns selbst verraten könnten.
Hilf uns, an unserer Berufung festzuhalten und dir Treue zu bleiben, damit wir das Ziel unseres Lebens erreichen. Rüste uns aus mit den Gaben deines Geistes, sende uns den Geist, der uns in die Freude der Vollendung führt! Amen.
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Mt
Jesus antwortete ihnen: Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündet. (Mt 11,4-5)

In Jesus Christus erfüllt sich die Verheißung des Propheten Jesaja: Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündet. Wenn das geschieht, gibt es da noch weitere Fragen?
Können Menschen auch heute diese befreiende Macht der Liebe Gottes erfahren? Die dritte Adventskerze, soll uns erinnern an die Freude, die aus der befreienden Kraft der Liebe Gottes kommt.

Halleluja, halleluja, halleluja.
Das ist das Evangelium der Armen,
die Befreiung der Gefangenen,
das Augenlicht der Blinden,
die Freiheit der Unterdrückten.
Halleluja, halleluja, halleluja.
Der Menschensohn
ist gekommen, um zu dienen,
wer groß sein will,
mache sich zum Diener aller.
Halleluja, halleluja, halleluja.
Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt. (Mt 11,6)

Hat Johannes der Täufer wirklich an Jesus gezweifelt? An verschiedenen Stellen in den Evangelien wird ein Unterschied deutlich zwischen der strengen Gerichtsankündigung, die Johannes mit dem Messias verbunden hat, und dem tatsächlichen Auftreten Jesu als Verkünder der Barmherzigkeit Gottes. Mag Johannes auch gezweifelt haben, Jesus zeigt ihm, dass die Art seines Auftretens ebenso durch die Propheten des Alten Bundes legitimiert ist wie dessen Gerichtsandrohung. Gericht und Rettung liegen näher beieinander, als wir oft vermuten.
Was Jesus uns von Gott offenbart, ist aber zugleich auch etwas ganz Neues. Jesus zeigt uns, dass das Wesen Gottes Liebe ist. Nicht nur Güte, die aus ihrer Fülle die Menschen beschenkt, sondern wirkliche Liebe, die sich hingibt und sich dadurch auch verletzbar macht. Dazu sagt Romano Guardini:

Wir kämen von uns aus nicht auf den Gedanken, dass Gottes Gesinnung Liebe sei, und zwar Liebe im Ernst. Also nicht bloß Wohlwollen, oder Fürsorge, oder spendender Reichtum, sondern jenes Ungeheure, von welchem der Glaube spricht: Er habe gewollt, die Welt solle Ihm selbst wichtig sein; so wichtig, dass Er "für sie seinen Sohn hingeben" (1 Joh 4,9) würde. Das ist aber die Herzenswahrheit der Guten Botschaft, die nicht verfehlt werden darf, weil sonst alles verfehlt wird. Sie wird uns erst aus Christi Reden und Tun und Schicksal deutlich.

Jesus offenbart uns, dass Gott Liebe ist. Es gibt so viele Vorstellungen davon, wie Gott ist. Nicht nur in anderen Religionen, auch im Christentum gibt es hier große Unterschiede. Wir sehen auch heute Menschen, die Gottes Kommen wie Johannes der Täufer mit dem strengen Gericht verbinden. Auf der anderen Seite gibt es welche, die das Wort "Gericht Gottes" am liebsten ganz aus dem kirchlichen Sprachgebrauch streichen würden.
Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt. Dieses Wort Jesu gilt auch uns heute. Es mahnt uns, unser Gottesbild immer neu zu überprüfen und an der Heiligen Schrift und an der Verkündigung der Kirche auszurichten, immer neu im Gebet sich von Gott berühren zu lassen, um sein Wesen immer tiefer zu erfahren. Es geht darum, Gott eben Gott sein zu lassen und ihn nicht nach unseren eigenen Vorstellungen zurechtzuzimmern. Romano Guardini formuliert das als die Mahnung:

Hüte dich, dass du die Gestalt des Messias nicht dahin verstehst, wie es deiner Gemütsart gefällt, und dadurch für die hohe Wirklichkeit blind werdest, die sich nur durch sich selbst offenbart.

Es gilt, die vielen, aus menschlicher Sicht oft widersprüchlichen Bilder von Gott zusammen zu sehen, uns wie es in den Zehn Geboten heißt, kein Bild von Gott zu machen, das heißt kein endgültig feststehendes Bild. Unser Bild von Gott muss stets offen sein für die je größere Wirklichkeit Gottes, die wir mit unserem menschlichen Denken nie ganz einfangen können. Gott ist immer anders, als wir ihn uns vorstellen. Diese Erfahrung musste Johannes der Täufer machen und diese Erfahrung wird jeder Mensch machen, der sich ernsthaft auf die Suche nach Gott begibt.

Als sie gegangen waren, begann Jesus zu der Menge über Johannes zu reden; er sagte: Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt? Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Leute, die fein gekleidet sind, findet man in den Palästen der Könige. Oder wozu seid ihr hinausgegangen? Um einen Propheten zu sehen? Ja, ich sage euch: Ihr habt sogar mehr gesehen als einen Propheten. Er ist der, von dem es in der Schrift heißt: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen.
Amen, das sage ich euch: Unter allen Menschen hat es keinen größeren gegeben als Johannes den Täufer; doch der Kleinste im Himmelreich ist größer als er. Seit den Tagen Johannes des Täufers bis heute wird dem Himmelreich Gewalt angetan; die Gewalttätigen reißen es an sich. Denn bis hin zu Johannes haben alle Propheten und das Gesetz (über diese Dinge) geweissagt. Und wenn ihr es gelten lassen wollt: Ja, er ist Elija, der wiederkommen soll.
Wer Ohren hat, der höre!
Mit wem soll ich diese Generation vergleichen? Sie gleicht Kindern, die auf dem Marktplatz sitzen und anderen Kindern zurufen: Wir haben für euch auf der Flöte (Hochzeitslieder) gespielt, und ihr habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder gesungen und ihr habt euch nicht an die Brust geschlagen. Johannes ist gekommen, er isst nicht und trinkt nicht und sie sagen: Er ist von einem Dämon besessen. Der Menschensohn ist gekommen, er isst und trinkt; darauf sagen sie: Dieser Fresser und Säufer, dieser Freund der Zöllner und Sünder! Und doch hat die Weisheit durch die Taten, die sie bewirkt hat, recht bekommen. (Mt 11,8-19)
Dann begann er den Städten, in denen er die meisten Wunder getan hatte, Vorwürfe zu machen, weil sie sich nicht bekehrt hatten: Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wenn einst in Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, die bei euch geschehen sind - man hätte dort in Sack und Asche Buße getan. Ja, das sage ich euch: Tyrus und Sidon wird es am Tag des Gerichts nicht so schlimm ergehen wie euch. Und du, Kafarnaum, meinst du etwa, du wirst bis zum Himmel erhoben? Nein, in die Unterwelt wirst du hinabgeworfen. Wenn in Sodom die Wunder geschehen wären, die bei dir geschehen sind, dann stünde es noch heute. Ja, das sage ich euch: Dem Gebiet von Sodom wird es am Tag des Gerichts nicht so schlimm ergehen wie dir. (Mt 11,20-24)