Matthäus 10,5-42

Aussendungsrede

.
Mt 10
Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. (Mt 10,5-6)

Es muss unser größtes Anliegen sein, dass alle Menschen auf der Welt von Gottes Liebe erfahren. Es geht darum, allen Menschen auf der Erde die Botschaft zu bringen, dass es einen Gott gibt, der Liebe ist, einen Gott, der das Heil aller Menschen will. An erster Stelle steht der Auftrag Jesu zur Verkündigung und dann der Auftrag zur Heilung:

Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! (Mt 10,7-8a)

Gott und sein Reich müssen im Mittelpunkt der Verkündigung stehen. Die Kirche ist dazu bestimmt, von Gott Zeugnis zu geben und nicht nur eine Botschaft vom guten Menschen zu verkünden. Wenn aber Gott im Mittelpunkt der Verkündigung steht, dann steht auch der Mensch im Mittelpunkt. Das erkennt man an den Taten, die der Verkündigung folgen. Nur, wem es zuerst um Gott geht, der kann auch den Menschen helfen, denn die Menschen können all dies nicht aus eigener Kraft wirken. Gott allein ist es, der die Krankheiten der Menschen heilt, Tote auferweckt, Aussätzige rein macht, Dämonen austreibt. Er tut es aber durch Menschen, die in seinem Namen handeln.
Gott kümmert sich um sein Volk, Gott ist nahe in allen Nöten und Leiden. Gott nimmt sich seines Volkes an. Das ist der Trost, der in diesen Worten liegt. Wie wichtig ist es da, dass Gott Menschen beruft, die in seinem Namen den Menschen diesen Trost bringen, Menschen, denen Gott selbst Vollmacht und Kraft gibt für ihren Dienst. Bitten wird Gott, dass er uns solche Menschen schenkt.

Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben. Steckt nicht Gold, Silber und Kupfermünzen in euren Gürtel. Nehmt keine Vorratstasche mit auf den Weg, kein zweites Hemd, keine Schuhe, keinen Wanderstab; denn wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Unterhalt. (Mt 10,8b-10)

Jesus richtet sich mit seinen Worten an alle Verkünder seines Evangeliums zu allen Zeiten. Gleich nach dem Auftrag zur Verkündigung des Himmelreiches und der Erteilung der Vollmacht, Heilungen zu wirken, folgt die Mahnung, dies nicht für Geld zu tun. Gott wird für seine Boten sorgen. Sie dürfen auf keinen Fall Geld für ihre Dienste annehmen, wohl aber haben sie das Recht, das andere sie aufnehmen und mit dem Lebensnotwendigen versorgen. Wer als Missionar umherzieht, der soll unbesorgt sein. Gott wird dafür sorgen, dass er immer eine Bleibe findet und genug zum Essen hat. Ein Missionar braucht keine Vorratstasche und keine Kleidung zum Wechseln. Wohin er auch kommt wird er großzügige Menschen finden.
Es bedeutet viel, sich auf diese Fürsorge Gottes einzulassen. Kann man auch heute so leben? Mehr als je braucht Gott heute Boten, die mit dieser Zuversicht zu den Menschen gehen. Vielleicht kommt unsere Verkündigung deshalb nicht zu den Menschen, weil wir sie zu sehr auf menschliche Weisheit stützen und uns nach allen Seiten hin absichern, anstatt auf Gottes Wirken zu vertrauen?

Wenn ihr in eine Stadt oder in ein Dorf kommt, erkundigt euch, wer es wert ist, euch aufzunehmen; bei ihm bleibt, bis ihr den Ort wieder verlasst. Wenn ihr in ein Haus kommt, dann wünscht ihm Frieden. Wenn das Haus es wert ist, soll der Friede, den ihr ihm wünscht, bei ihm einkehren. Ist das Haus es aber nicht wert, dann soll der Friede zu euch zurückkehren. Wenn man euch aber in einem Haus oder in einer Stadt nicht aufnimmt und eure Worte nicht hören will, dann geht weg und schüttelt den Staub von euren Füßen. Amen, das sage ich euch: Dem Gebiet von Sodom und Gomorra wird es am Tag des Gerichts nicht so schlimm ergehen wie dieser Stadt. (Mt 10,11-15)

Die Verkünder des Evangeliums kommen nicht als Bittsteller zu den Menschen, sondern im Namen und Auftrag Gottes. Sie brauchen nicht um eine Bleibe zu betteln, sondern es ist eine Ehre, sie zu beherbergen. Sie bringen den Häusern, in denen sie aufgenommen werden, den Frieden. Wo sie aber abgelehnt werden, dort werden Hass und Zwietracht die Bleibe der Menschen zerstören.

Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; seid daher klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben! Nehmt euch aber vor den Menschen in Acht! Denn sie werden euch vor die Gerichte bringen und in ihren Synagogen auspeitschen. Ihr werdet um meinetwillen vor Statthalter und Könige geführt, damit ihr vor ihnen und den Heiden Zeugnis ablegt.
Wenn man euch vor Gericht stellt, macht euch keine Sorgen, wie und was ihr reden sollt; denn es wird euch in jener Stunde eingegeben, was ihr sagen sollt. Nicht ihr werdet dann reden, sondern der Geist eures Vaters wird durch euch reden.
Brüder werden einander dem Tod ausliefern und Väter ihre Kinder, und die Kinder werden sich gegen ihre Eltern auflehnen und sie in den Tod schicken. Und ihr werdet um meines Namens willen von allen gehasst werden; wer aber bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet. Wenn man euch in der einen Stadt verfolgt, so flieht in eine andere. Amen, ich sage euch: Ihr werdet nicht zu Ende kommen mit den Städten Israels, bis der Menschensohn kommt.
Ein Jünger steht nicht über seinem Meister und ein Sklave nicht über seinem Herrn. Der Jünger muss sich damit begnügen, dass es ihm geht wie seinem Meister, und der Sklave, dass es ihm geht wie seinem Herrn. Wenn man schon den Herrn des Hauses Beelzebul nennt, dann erst recht seine Hausgenossen. (Mt 10,16-25)

Fürchtet euch nicht! Diese Worte Jesu stehen im Zusammenhang der großen Aussendungsrede an die Jünger, die Matthäus uns im Anschluss an die Berufung der Zwölf überliefert. Furchtlos sollen die Jünger Jesus Christus in der Welt verkünden. Laut sollen sie es tun, so dass alle Menschen sie hören können. "Verkündet von den Dächern!" sagt Jesus. Dies wird nicht einfach werden, denn nicht alle Menschen wollen von Jesus Christus hören. In allen Widerständen dürfen die Gläubigen aber auf Gottes Beistand vertrauen. Sie haben sich auf die richtige Seite gestellt, auf die Seite der Sieger, auf die Seite des Siegers über Leben und Tod. Den Gläubigen können zwar auf Erden Hindernisse in den Weg gestellt werden, sie können Bedrängnis und Tod erfahren, doch sie dürfen sich dessen gewiss sein, dass der Weg in den Himmel für sie ohne Hindernisse frei steht, und das ewige Leben ihnen bereitet ist. Sie sind in Gottes Hand geborgen, der sogar die Zahl der Haare jedes einzelnen Menschen kennt. Auf Erden brauchen sie sich daher vor nichts und niemandem zu fürchten und im Himmel ist ihnen ein Ehrenplatz sicher.

Darum fürchtet euch nicht vor ihnen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird. Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet am hellen Tag, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet von den Dächern. Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann. (Mt 10,26-28)

Fürchtet euch nicht! Wie oft sagt Jesus diese Worte zu seinen Jüngern und wie oft müssen wir uns diese Worte sagen lassen! Wie oft hindert uns Furcht daran, den Glauben zu verkünden, und für andere Menschen einzutreten. Wir wollen möglichst nicht auffallen, machen uns Gedanken darüber, was andere über uns reden könnten.
Fürchtet euch nicht! Nehmt keine falsche Rücksicht! Um aber furchtlos auftreten zu können, muss man selbst überzeugt sein von dem, was man tut, überzeugt von Gott, für den man Zeugnis gibt, von seiner Existenz und der Wahrheit seiner Offenbarung. Von allen Seiten hören wir, dass es mit Gott doch ganz anderes ist als wir glauben, wir können nicht sagen, dass es einen Gott gibt. Jesus Christus war einfach nur ein guter Mensch, der die Liebe verkündet hat. Darum sollen wird die Menschen doch einfach so lassen, wie sie sind, nicht versuchen, andere zu missionieren und von unserem Glauben zu überzeugen.
Doch wenn wir die Worte Jesu in den Evangelien lesen wird deutlich, dass er kein Freund von Beliebigkeit ist. Für ihn gibt es nur einen Gott, den Vater im Himmel, und dieser Vater liebt die Menschen. Und wer sich von Gottes Liebe überwältigen lässt, der wird das Heil erfahren. Von diesem Gott und seiner Liebe sollen wir anderen erzählen, ja mehr noch, wir sollen durch unser Leben die Existenz und die Liebe Gottes erfahrbar werden lassen.
Das erfordert Mut. Das bedeutet auch, dass wir anecken. Sobald wir ernsthaft von unserem Glauben an Jesus Christus reden, werden wir eine Großzahl unserer Zuhörer zu Gegnern haben. Wir können natürlich das Evangelium auch so verpacken, dass es seine Konturen verliert, dass wir einfach nur vom guten Menschen Jesus reden, dann wird sich kaum einer an unseren Worten stören. Wir werden so aber auch kaum jemand für Jesus Christus begeistern können. Das ist die Situation, in der wir heute stehen.
Was hindert uns daran, Mut zu haben, aufzustehen, und mit Begeisterung das Evangelium mit allen Ecken und Kanten zu verkünden? Die Botschaft, dass Jesus Christus nicht einfach nur ein guter Mensch war, sondern dass er Gott ist, dass er uns erlöst hat und dass er uns als seinen Jüngern den Auftrag gegeben hat, von ihm Zeugnis zu geben und andere Menschen zu ihm zu führen.

Allmächtiger Gott,
du berufst immer wieder Menschen, Zeugnis zu geben von deiner Liebe.
Stärke uns durch die Kraft des Heiligen Geistes, dass auch wir deinem Ruf folgen und erkennen, wozu du uns erwählt hast.
Gib uns Mut, ohne Menschenfurcht und falsche Rücksichtnahme für dich einzutreten, dich, die Wahrheit die uns Leben schenkt.
Amen.
.
Mt 10
Verkauft man nicht zwei Spatzen für ein paar Cent? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen.
Wer sich nun vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen. (Mt 10,29-33)

Jesus macht den Jüngern Mut zum furchtlosen Zeugnis. Sie brauchen sich nicht vor den Menschen zu fürchten. Egal, was geschieht, sie sind in Gottes Hand geborgen. Er kennt jeden Menschen, sogar die Haare auf den Kopf eines jeden hat Gott gezählt. Für ihn ist der Menschen nicht nur eine Nummer, sondern ein lebendiger Partner, mit dem Gott eine innige Beziehung eingehen möchte.
Jesus sagt uns immer wieder, wie wertvoll wir für Gott sind. Ihr seid mehr wert als viele Spatzen, ihr seid für Gott mehr wert als alles auf der Welt. Dies hat uns Gott konkret darin gezeigt, dass er in Jesus Christus selbst auf diese Erde gekommen und Mensch geworden ist, dass er sich für uns hingegeben hat am Kreuz.
Doch mit Christi Auferstehung und Himmelfahrt hat Gott uns nicht verlassen, er bleibt unter uns gegenwärtig durch die Kraft des Heiligen Geistes. Jesus Christus hat das Reich Gottes, das Himmelreich, wie Matthäus es nennt, auf die Erde gebracht. Somit hat der Mensch bereits hier auf Erden konkret Anteil am Himmel. Das Reich Gottes ist mitten unter uns. Durch die Taufe werden die Menschen zu Kindern Gottes und damit zu Mitbürgern dieses Himmelreiches. Die Christen sind also sozusagen mit einem Fuß schon im Himmel, obwohl sie weiterhin hier auf Erden leben.
Nun sollte man meinen, dass alle Menschen danach streben, in dieses Himmelreich zu kommen, denn Jesus sagt uns, dass der Mensch nur dort das wahre Glück findet. Doch viele Menschen wollen lieber in der Sklaverei der Sünde bleiben, als zur Freiheit der Kinder Gottes zu gelangen. Wir wissen auch, dass es einen gibt, der die Menschen davon abbringen möchte, in das Himmelreich zu kommen. Der Versucher stellt dem Menschen das niedere Gut für das Erstrebenswerte vor und schafft es so zu allen Zeiten, Menschen auf seine Seite zu ziehen. Somit haben die Bürger des Himmelreiches immer mit Widerstand und Anfechtungen zu kämpfen.
Jesus weiß, dass christliches Leben hier auf Erden vielen Gefahren ausgesetzt ist. Die Gefahren lauern im Innern eines jeden Menschen und sie kommen von außen. Jeder Mensch hat in seinem Innern mit seinen Schwächen zu kämpfen, mit seiner Bequemlichkeit, mit schlechten Gedanken, durch die der Versucher immer wieder die Gläubigen vom guten Weg abbringen möchte. Auch von außen kommt Widerstand. Menschen verführen einander durch schlechtes Beispiel, aber auch durch offene Gewalt. Dies kann durch Worte geschehen, wie wir es oft auch bei uns erleben, wenn das Christentum bewusst in ein schlechtes Licht gerückt wird oder gar heilige Namen und Dinge öffentlich gelästert werden. An manchen Orten der Erde erleben wir es auch heute, dass Menschen wegen ihres Glaubens verfolgt werden und körperlicher Gewalt ausgesetzt sind, ja ihres Glaubens an Jesus Christus wegen getötet werden.
All das weiß Jesus. Er hat den Hass der Menschen ja an seinem eigenen Leib erfahren. Jesus will uns Mut machen, und uns zeigen, dass wir uns vor all dem nicht zu fürchten brauchen. Gott hat alles unter Kontrolle und beschützt die Bewohner seines Reiches auf ganz besondere Weise. Zwar kann er nicht gegen die Freiheit des Menschen handeln, weil er selbst das so festgesetzt hat. Daher kann er die Gewalt gegen die Gläubigen nicht verhindern. Aber er hat die Macht, seine Treuen aus allen Gefahren zu retten. Gott sieht alles, was geschieht. Er ist in jeder Situation nahe.
Das ist der Trost, den uns dieses Evangelium gibt. Jeder Mensch ist wertvoll vor Gott. Jeder Mensch bedeutet Gott etwas und Gott hält jeden Menschen in seiner Hand geborgen. Wenn wir uns in unserem Leben auch oft fragen: Wo ist Gott? So dürfen wir dennoch nie verzweifeln. Gott ist immer nahe, auch wenn wir uns manchmal von ihm verlassen fühlen.

Guter Gott, lass uns zu jeder Zeit deine helfende Nähe und Gegenwart erfahren!

.
Mt 10
Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein.
Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig. (Mt 10,34-37)

Jesus zeigt den Ernst der Nachfolge. Wer Vater, Mutter, Sohn oder Tochter mehr liebt als ihn, ist seiner nicht würdig. Was kann mit diesem Wort gemeint sein? Will Jesus die Auflösung aller familiären Bande? Sicher nicht, denn an anderer Stelle kritisiert er das scheinheilige Verhalten, den für die Eltern bestimmten Lebensunterhalt dem Tempel zu opfern (vgl. Mk 7,9-13). Die Familie ist wichtig, Christus aber muss wichtiger sein.

Es ist hier genauso wie beim dreifachen Liebesgebot: Als der Herr gefragt wurde, welches das erste und größte Gebot im Gesetze sei, erwiderte er: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele, aus deinem ganzen Gemüte und aus allen deinen Kräften. Das", fügte er hinzu, "ist das erste und größte Gebot." Und dann der merkwürdige Satz: "Das andere aber ist diesem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst." Wirklich merkwürdig! Wenn das zuerst genannte Gebot das erste und größte ist - wie kann dann ein zweites ihm gleich sein? Was bedeutet das? Offenbar, dass die beiden Gebote, Gott zu lieben mit allen Kräften, und den Nächsten, wie sich selbst, die zunächst verschiedenen Inhalt zu haben scheinen, in Wahrheit eines sind. Nicht das Gleiche, aber eine Einheit. Gott lieben kann ich nur, wenn ich bereit bin, auch wirklich zu sein, was ich von Ihm her bin. Er hat mich aber geschaffen und gewollt als Einen, der in der Gemeinsamkeit steht. Seine Liebe meint mich in meinem Eigensten, aber stehend unter den anderen Menschen. So ist die Liebe, die er von mir fordert, ein Geheimnis der Einheit zwischen Ihm und mir, aber eben darin auch zwischen mir und den Anderen, zwischen Ihm und Allen. die Liebe ist ein Strom, der von Ihm kommt; zu mir, aber durch mich hindurch weiter zu allen anderen. Es ist wie der Kreislauf des Blutes, der aus dem gleichen Herzen kommt, aber durch viele Glieder geht. (aus: Romano Guardini, Das Gebet des Herrn)

Wir sollen nicht uns selber finden und uns in unserem Beziehungsgeflecht einigeln, sondern wir sollen immer Raum für Christus schaffen. Er ist es, durch den menschliche Beziehungen erst gelingen können. Jeder Mensch hat seine Berufung von Gott. Wir müssen uns immer wieder öffnen für Gott und danach fragen, was er von uns will. Das ist das Kreuz, das jeder zu tragen hat.

Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig. Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen. (Mt 10,38-39)
"Kreuz" nennen wir das, was für uns schmerzvoll ist. Das Kreuz des Herrn tragen wie auf zweierlei Weise: Entweder, indem wir durch Enthaltsamkeit unseren Leib beherrschen lernen, oder, indem wir durch das Mitgefühl mit dem Nächsten seine Not zu der unseren machen. Man muss nämlich wissen, dass einige ihre leibliche Enthaltsamkeit zur Schau stellen, nicht um Gott die Ehre zu geben, sondern um selbst eitlen Ruhm einzuheimsen. Und es gibt auch einige, die das Mitleid mit dem Nächsten nicht auf geistliche, sondern auf fleischliche Weise üben, so dass sie bei dem Nächsten nicht die Tugend, sondern (durch falsches Erbarmen) die Schuld fördern. Diese tragen zwar scheinbar ein Kreuz, aber dem Herrn folgen sie nicht nach. Darum sagt er: "und mir nachfolgt." (Gregor der Große)

Wer Jesus nachfolgt, braucht sich keine Sorgen darum zu machen, wo er unterkommt. Das liegt zum einen an der im Orient herrschenden Gastfreundschaft, die es gebietet, jeden Gast aufzunehmen. Aber Jesus will den Jüngern mit den folgenden Worten noch mehr sagen:

Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf, und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat. Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, wird den Lohn eines Propheten erhalten. Wer einen Gerechten aufnimmt, weil es ein Gerechter ist, wird den Lohn eines Gerechten erhalten. Und wer einem von diesen Kleinen auch nur einen Becher frisches Wasser zu trinken gibt, weil es ein Jünger ist - amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen. (Mt 10,40-42)

Jesus Christus ist in seinen Jüngern gegenwärtig, durch seine Jünger kommt er selbst in das Haus, in das er aufgenommen wird. Ja selbst, wer einem der Jünger Jesu nur einen kleinen Dienst erweist, indem er ihm beispielsweise einen Becher frischen Wassers gibt - was gerade in heißen Ländern eine unbezahlbare Wohltat sein kann - wird nicht um seinen Lohn kommen.
Bereits im Alten Testament hören wir oft vom Lohn der Gastfreundschaft, beispielsweise in der Geschichte von Elischa und der Frau von Schunem, der Elischa als Lohn für ihre Gastfreundschaft die Geburt eines Sohnes verheißt. Doch all diese Vorausbilder sind nur ein schwacher Glanz von dem, was Jesus Christus als Lohn verheißt.