Matthäus 1,2-17

Stammbaum Jesu

.
Stammbaum Jesu
Abraham war der Vater von Isaak, Isaak von Jakob, Jakob von Juda und seinen Brüdern.
Juda war der Vater von Perez und Serach; ihre Mutter war Tamar. Perez war der Vater von Hezron, Hezron von Aram, Aram von Amminadab, Amminadab von Nachschon, Nachschon von Salmon.
Salmon war der Vater von Boas; dessen Mutter war Rahab. Boas war der Vater von Obed; dessen Mutter war Rut. Obed war der Vater von Isai, Isai der Vater des Königs David. David war der Vater von Salomo, dessen Mutter die Frau des Urija war.
Salomo war der Vater von Rehabeam, Rehabeam von Abija, Abija von Asa, Asa von Joschafat, Joschafat von Joram, Joram von Usija. Usija war der Vater von Jotam, Jotam von Ahas, Ahas von Hiskija, Hiskija von Manasse, Manasse von Amos, Amos von Joschija.
Joschija war der Vater von Jojachin und seinen Brüdern; das war zur Zeit der Babylonischen Gefangenschaft.
Nach der Babylonischen Gefangenschaft war Jojachin der Vater von Schealtiël, Schealtiël von Serubbabel, Serubbabel von Abihud, Abihud von Eljakim, Eljakim von Azor. Azor war der Vater von Zadok, Zadok von Achim, Achim von Eliud, Eliud von Eleasar, Eleasar von Mattan, Mattan von Jakob.
Jakob war der Vater von Josef, dem Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus (der Messias) genannt wird.
Im ganzen sind es also von Abraham bis David vierzehn Generationen, von David bis zur Babylonischen Gefangenschaft vierzehn Generationen und von der Babylonischen Gefangenschaft bis zu Christus vierzehn Generationen. (Mt 1,2-17)

Mit dem Stammbaum reiht Matthäus gleich zu Beginn seines Evangeliums Jesus Christus ein in die Tradition des Volkes Israel, dessen Stammväter Abraham, Isaak und Jakob sind. Zugleich weist er Jesus Christus als Nachkomme König Davids aus. Für den frommen Juden ist die Herkunft besonders wichtig. Aus welchem Stamm, aus welcher Sippe kommst du? Auch in unserer Gesellschaft kennen wir ja noch die Bedeutung gewisser Familien auf lokaler und auf Landesebene.
Der Stammbaum Jesu Christi ist ein auf den ersten Blick langweiliges Lesestück. So viele Namen und immer die gleiche Leier: A zeugte B, B zeugte C. Was soll man damit anfangen? Und doch hat Matthäus hier ein theologisches Meisterstück komponiert. Er teilt die Geschichte Israels ein in drei Reihen zu je vierzehn Generationen. Diese Geschichte beginnt mit Abraham, dem Vater des Glaubens. Ihren ersten Höhepunkt hat sie am Ende der ersten Reihe mit dem König David. Der Messias wird der Sohn Davids sein. So ist es Glaube in Israel. Gleich im ersten Vers seines Evangeliums bezeichnet Matthäus Jesus als Sohn Davids. Er will deutlich machen: seht her und lest: Jesus steht ganz klar in der Familienfolge Davids.
Am Ende der zweiten Reihe ist der Tiefpunkt der Geschichte Israels erreicht: die Verbannung nach Babylon. Doch Gott führt sein Volk zurück in das gelobte Land und am Ende der dritten Reihe vollendet Gott die Geschichte Israels mit der Geburt des verheißenen Messias.
Der Verheißung nach soll der Messias geboren werden im Stamm Juda. Schon im Jakobssegen kommt diesem Stamm eine besondere Bedeutung zu. Später wird er dann der Stamm, dem die Könige entspringen. David als der König des Volkes Israel schlechthin ist es, der auf dem Messias verweist. Deshalb hat Matthäus in seiner Überschrift Jesus Christus schon ganz klar als Nachkommen Davids deklariert.
König David dient auch als klares Gliederungsmerkmal des Stammbaumes Jesu Christi. Mit ihm endet die erste Reihe der drei Mal vierzehn Generationen. Das vierzehnte Glied zeigt immer ein besonderes Wirken Gottes. In der ersten Reihe ist es David, in der zweiten das Ende der Babylonischen Gefangenschaft und in der dritten ist es Jesus Christus.
Schon die Zahl vierzehn enthält den Namen David. Die hebräischen Buchstaben haben Zahlwerte und diese werden genutzt für eine umfangreiche Zahlensymbolik. David besteht aus den hebräischen Konsonanten d (=4), v (=6) und d. Diese ergeben als Zahlen addiert den Wert 14.
Der Stammbaum Jesu ist zunächst einmal ein Abrahams-Stammbaum. Abraham, der Vater vieler Völker, ist über Isaak und Jakob der Stammvater des Volkes Israel. In dieses Volk wird Jesus hineingeboren. In diesem Volk will Gott Mensch werden. Dieses Volk ist es, dem die Nähe Gottes als erstem in ganz besonderer Weise zu Teil wird. So haben es schon die Propheten verheißen und ihre Worte gehen nun in Erfüllung, wie Matthäus es uns in seinem Evangelium an vielen Stellen zeigen wird.
Abraham ist der Vater des Glaubens. Durch seine Erwähnung wird die Zahl derer, denen der Messias verheißen ist, vom Volk Israel geweitet hin zu allen Menschen, die Gottes Verheißung gläubig annehmen. Gott will allen Menschen nahe sein. Durch das Volk Israel soll die ganze Welt seine Gegenwart erfahren. Jesus ist zuerst zu Israel, dann aber zu allen Völkern gesandt. Das neue Volk Gottes ist die Kirche aus Juden und Heiden, die zu der Zeit, als Matthäus sein Evangelium schreibt, schon Wirklichkeit geworden ist. Im Stammbaum Jesu lässt Matthäus erkennen, dass bereits in der langen Geschichte von Abraham bis Jesus auch Heiden eine entscheidende Rolle gespielt haben.
Die Hure Rahab, die Israels Kundschafter in ihrem Haus versteckt hielt und somit einen kleinen aber entscheidenden Beitrag zur Eroberung des Heiligen Landes geleistet hat, war eine Heidin. Salmon nahm sie zur Frau und so wurde sie zur Ahnfrau des Hauses David. Gleich in der nächsten Generation bekam mit Rut eine weitere heidnische Frau eine zentrale Position in der Geschichte Israels. Sie war die Urgroßmutter von König David. Auch dieser brachte mit Batseba, der Frau des Hethiters Urija, eine Heidin in die Geschichte Israels, denn sicher war Batseba ebenso wie ihr Mann, den David auf grausame Weise aus dem Weg räumen ließ, eine heidnische Hethiterin.
Es wurde in der Exegese häufig kritisiert, dass Matthäus eigenmächtig in die Genealogie eingreift, um auf sein Schema von drei Mal vierzehn Generationen zu kommen. Wie schon angedeutet hat dieses Schema auch mehr eine theologische Funktion, als die genaue Genealogie wiederzugeben. Bewusst lässt Matthäus in der zweiten Reihe einige Könige aus. Diese sind wegen ihres Unglaubens es nicht wert, in die Verheißungslinie des Messias eingegliedert zu werden.
Der Stammbaum Jesu bei Matthäus ist ein königlicher Stammbaum. Er folgt anders als Lukas der direkten königlichen Linie nach David. Jesus ist aus königlichem Stamm. Doch auch hier sind es nicht die Juden, die das Messias-Königtum Jesu anerkennen, sondern die Heiden, als deren Repräsentanten die Weisen aus dem Orient kommen, um dem neugeborenen König der Juden zu huldigen. Die Weisen der Juden aber wissen zwar um den Ort der Geburt des Messias-Königs, werden sein Kommen aber nicht erkennen.
Beide Evangelisten, Matthäus und Lukas, gehen davon aus, dass Jesus über Josef zu einem Nachkommen Davids geworden ist. Durch die Ehe Josefs mit Maria wurde ihr Sohn Jesus rein rechtlich wie ein leiblicher Sohn Josefs gesehen. Bereits die frühe Kirche glaubte, dass Josef nicht der leibliche Vater Jesu war. Schon immer galt Jesus als der Sohn Gottes, und das bedeutet, dass er zwar aus einer Frau geboren ist, aber nicht von einem menschlichen Vater gezeugt wurde. Gott hat ihn auf wunderbare Weise im Leib Mariens entstehen lassen. Das versucht Matthäus durch das sogenannte Passivum Divinum zu erklären, einer Formulierung im Passiv, die deutlich macht, dass allein Gott der Handelnde sein kann. Er spricht von

Josef, dem Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus genannt wird. (Mt 1,16)

Nach Matthäus erfüllt Jesus die nach der Schrift notwendige Voraussetzung, dass der Messias ein Nachkomme Davids sein muss. Er sieht Jesus einerseits eingebunden in den Lauf der Geschichte - Jesus gehört über Josef zum Volk Israel -, nimmt ihn aber zugleich heraus aus dem gewohnten Lauf der Geschichte, weil Jesus eben nicht wie alle vorher genannten Glieder des Stammbaumes durch gewöhnliche Zeugung entstanden ist. Vielmehr ist er durch das Wirken Gottes auf einzigartige Weise in Maria Mensch geworden. Bei der Geburt Jesu durchbricht der Evangelist das gewohnte Schema des A zeugte B. Josef, der Mann Mariens, ist das zwölfte Glied der dritten Reihe. Zwischen ihm und dem vierzehnten Glied, Jesus, steht klar das Wirken Gottes. Josef, der Mann Mariens, ist nicht der, der Jesus gezeugt hat. So wird deutlich, von wem Jesus stammt: Jesus wurde von Gott gezeugt.
Schon vorher hat Matthäus mit Tamar, Rahab, Rut und der Frau des Urija vier Frauen im Stammbaum genannt, die dort auf ungewöhnliche Weise hineingekommen sind. Schon hier hat uns der Evangelist gezeigt, dass die Geschichte Israels nicht nur nach einem festen Schema abläuft, sondern dass Gott schon immer auf ungewöhnliche Weise in den Lauf der Geschichte eingegriffen hat. Mit Maria wird das noch überboten. Sie ist die auserwählte Jungfrau, durch die Gott selbst Mensch werden wollte.