Und er sagte zu ihnen: Amen, ich sage euch: Unter denen, die hier stehen, gibt es einige, die werden bestimmt den Tod nicht schmecken, bis sie gesehen haben, dass das Reich Gottes in Macht gekommen ist. (Mk 9,1)
Die Einleitung mit "Amen, ich sage euch" macht deutlich, dass Jesus hier etwas Gewichtiges zu sagen hat, etwas, das bestimmt eintrifft. Man hat versucht, diesen Satz auf die damalige Naherwartung der Wiederkunft Christi zu beziehen. Einige würden die Wiederkunft des Menschensohnes zum Gericht noch erleben. Aber das ist eben nicht eingetroffen und somit wäre es sicher falsch, diesen gewichtigen Satz Jesu auf eine unerfüllte Erwartung zu beziehen.
Bei Markus steht der Satz direkt zwischen der Jüngerbelehrung und der Verklärung Jesu. Somit ist es nicht abwegig, diesen Satz darauf zu beziehen, dass einige bei der Verklärung Jesu das sehen dürfen, was anderen Menschen auf Erden verborgen bleibt.
Und nach sechs Tagen nahm er Petrus und Jakobus und Johannes und führt sie hinauf auf einen hohen Berg, sie ganz allein. (Mk 9,2a)
Die Zeitangabe nach sechs Tagen bezieht sich auf das Messiasbekenntnis des Petrus. Die Verklärung Jesu steht also in einem engen Bezug zu diesem Ereignis. Die Zeitspanne nach sechs Tagen weist hin auf den siebten Tag, an dem Gott etwas Bedeutsames wirkt. Zudem steht der Bericht von der Verklärung Jesu in engem Zusammenhang zum Bundesschluss am Sinai. Wie Mose so nimmt auch Jesus seine wichtigsten Anhänger mit auf den Berg. Auf dem Sinai sprach Gott nach sechs Tagen, also am siebten Tag zu Mose. Jesus gewährt seinen drei bedeutendsten Jüngern, Petrus, Jakobus und Johannes, die sich allesamt dadurch auszeichnen, dass Jesus ihnen einen Beinamen (Petrus und die Donnersöhne) verliehen hat, am siebten Tag einen Blick auf seine himmlische Herrlichkeit, die den Menschen sonst verborgen, für Jesus aber genau so real ist wie sein irdisches Dasein.
Und er wurde vor ihren Augen verwandelt. Und seine Gewänder wurden glänzend weiß, wie sie kein Tuchwalker auf Erden so weiß machen kann. (Mk 9,2b-3)
Am Sinai straht das Antlitz des Mose den Glanz Gottes wider, so dass er sein Gesicht verhüllen muss, als er wieder unter die Menschen geht. Jesus strahlt von sich aus. Hier wird die bildliche Aussage, dass Jesus das Licht der Welt ist, real. Dem Evangelisten fehlen die Worte, den Glanz dieses Lichtes zu beschreiben, denn es ist ein Licht, das nicht von dieser Welt ist, das himmlische Licht, dessen Glanz alles irdische Leuchten überstrahlt. So dürfen die drei Apostel Jesus sehen, wie er ist. Diese Schau Gottes ist das Verlangen und Ziel der Menschen, wie es auch im Ersten Johannesbrief heißt (1Joh 3,2). Sie zu erlangen ist mehr wert als aller irdische Besitz. Seinen Getreuen wird Christus sie dereinst gewähren wenn er wiederkommt auf Erden in diesem Glanz und nicht mehr in irdischer Gestalt.
Dieser Glanz Jesu ist unwandelbar und ewig und doch hat er durch sein Erdenleben eine Veränderung erfahren. Bislang ist Jesus noch nicht durch das Leiden und den Tod hindurch gegangen. Nach seiner Auferstehung werden die Wundmale untrennbar zu diesem himmlischen Glanz gehören. Sie nimmt er von der Erde mit in seine himmlische Herrlichkeit als Zeichen unserer Erlösung.
Und es erschien ihnen Elija mit Mose, und sie redeten mit Jesus. (Mk 9,4)
Lukas wird hinzufügen, dass sie mit Jesus über seinen Leidensweg geredet haben. Mose und Elija sind die beiden großen Repräsentanten des Jüdischen Volkes. Über Mose, den Mittler des Gesetzes, sagt Jesus selbst, dass er mehr ist als Mose. Zwar wird er von dem Gesetz des Mose keinen Strich wegstreichen, aber dennoch lehrt Jesus, wie das Gesetz des Mose in Wahrheit zu erfüllen ist. Dass Mose hier vor Jesus erscheint, zeigt, dass Jesus zurecht der wahre Ausleger der Tora ist. Elija ist der große Prophet, der in den Himmel entrückt wurde und dessen Wiederkunft vor dem Auftreten des Messias erwartet wurde. Was es damit auf sich hat, darüber werden die drei mit Jesus beim Abstieg vom Berg reden.
Die Jünger sind durch die Erscheinung verwirrt und ihr Verhalten zeigt, dass sie immer noch nicht verstanden haben. Diese Vorstellung hatte Petrus nicht, als er sechs Tage zuvor sein Bekenntnis zu Christus abgelegt hat.