Diese sagten: Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen.
Da erzählten auch sie, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach. (Lk 24,34-35)
Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen.
Mit diesem freudigen Ruf empfangen die Apostel in Jerusalem die beiden Jünger, die auf ihrem Weg nach Emmaus dem Auferstandenen begegnet sind, und voller Freude zurückgeeilt sind, um von dieser Erfahrung zu berichten.
Das Sonderbare ist nur, dass das Lukasevangelium nicht von einer persönlichen Begegnung zwischen Simon Petrus und dem Auferstandenen berichtet. Wir erfahren nur, dass Petrus nach der Entdeckung des leeren Grabes durch die Frauen dorthin gelaufen ist, und alles so vorgefunden hat, wie die Frauen es gesagt hatten. Nur Johannes berichtet von der persönlichen Begegnung zwischen Jesus und Petrus am See von Tiberias in Galiläa.
Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Apostel nach dem Tod Jesu aus Jerusalem nach Galiläa geflohen sind. Dort ist er Auferstandene ihnen erschienen und hat sie nach Jerusalem zurückgerufen, denn in Jerusalem sollte am Pfingsttag mit der Sendung des Heiligen Geistes die Kirche als das neue Volk Gottes entstehen. Lukas hält sich in seinem Evangelium und in der Apostelgeschichte streng an das Schema: Von Galiläa nach Jerusalem - von Jerusalem in die Welt. Jesus hat sein Wirken in Galiläa begonnen und in Jerusalem vollendet und von Jerusalem breitet sich nach dem Pfingsttag die Kirche aus in die ganze Welt. Eine Erscheinung in Galiläa passt nicht in dieses Schema. Zugleich kann Lukas aber auch nicht einfach die Tatsachen fälschen und die Erscheinung von Galiläa nach Jerusalem verlegen. Daher erwähnt er sie nur indirekt und berichtet dann ausführlich von der Erscheinung Jesu vor den Aposteln in Jerusalem, die wahrscheinlich nach der relativ schnellen Rückkehr der Apostel von Galiläa nach Jerusalem stattgefunden hat.
Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen.
Wir können diesen Ausruf ergänzen: er ist wirklich dem Simon erschienen, den Frauen, allen voran Maria Magdalena und er erschien auch dem "Nachzügler" Thomas noch einmal extra, der wahrscheinlich erst nach den anderen Aposteln aus Galiläa zurückgekehrt ist. Eine etwas andere Reihenfolge nennt Paulus im Ersten Korintherbrief:
Er erschien dem Kephas, dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen. Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Aposteln. (1Kor 15,5-7)
Paulus spricht nicht von den Frauen, dafür von einer Erscheinung vor über 500 Gläubigen und einer weiteren Einzelerscheinung vor Jakobus, wobei hier nicht der Apostel Jakobus gemeint ist, sondern der Herrenbruder Jakobus, der in der Urgemeinde von Jerusalem eine bedeutende Stellung innehatte. Auch Paulus selbst hatte eine Begegnung mit dem Auferstandenen, die sein Leben entscheidend verändert hat.
Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen.
Der Auferstandene begegnet Menschen, um ihren Glauben zu stärken und sie in seine besondere Nachfolge zu rufen. Nicht das leere Grab ist die Grundlage des christlichen Glaubens an die Auferstehung, sondern die Begegnung mit dem Auferstandenen selber. Ein leeres Grab gibt keine Sicherheit und kann viele Ursachen haben, der Leichnam könnte heimlich entfernt worden sein. Bei der Begegnung mit dem Auferstandenen aber sind sich alle sicher: das ist Jesus, das ist keine Täuschung, kein Geist. So wie der Auferstandene den einzelnen begegnet, kann es nur Jesus selbst sein.
Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen.
Es gibt einen Unterschied zwischen den Erscheinungen vor Christi Himmelfahrt und denen danach. Vor seiner Himmelfahrt erscheint Jesus leiblich, greifbar. Nach seiner Himmelfahrt sind die Erscheinungen rein geistig. Paulus sieht ein Licht und hört eine Stimme, er fühlt sich persönlich angesprochen, seine Begleiter aber bekommen davon nichts mit.
So wie Paulus haben später viele Menschen Jesus erfahren. Er tritt in besonderer Weise in ihr Leben ein und sie wissen: es ist der Herr. Diese Begegnung gibt ihnen wie einst Petrus, Paulus und den ersten Jüngern die sichere Gewissheit: Jesus lebt. Der Glaube an den Auferstandenen stützt sich nicht nur auf das Zeugnis anderer, dieses Zeugnis bereitet den Glauben nur vor. Wirklich überzeugter Glaube erwächst erst aus der persönlichen Begegnung mit Jesus.
Solch eine persönliche Begegnung mit Jesus ist jedem Menschen möglich und sie geschieht immer wieder. Das erst macht christlichen Glauben aus. Christlich Leben heißt nicht, an überlieferten Verhaltensmustern und Traditionen festhalten, es heißt, das eigene Leben aus der persönlichen Begegnung heraus in Gemeinschaft mit anderen Gläubigen zu gestalten. Die Gemeinschaft ist wichtig, um die eigene Erfahrung kritisch zu prüfen und sie zu festigen. Diese kritische Prüfung soll und helfen, dass wir nicht eigene Hirngespinste für göttliche Offenbarungen halten. Wer Jesus wirklich begegnet ist, wird seinen Glauben in Einklang mit der kirchlichen Tradition leben. Aber um diesen Glauben wirklich verstehen und leben zu können, braucht es die persönliche Begegnung mit Jesus. Was das bedeutet, zeigt uns Paulus in einem Gebet. Beten wir diese Worte des Apostels im festen Vertrauen, dass der Herr auch jeden von uns erfahren lässt, dass er lebt und Leben schenkt.
Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden, indem ich seinem Tod gleich gestaltet werde. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen.
Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin. Brüder und Schwestern, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus. (Phil 3,10-14)
Während sie noch darüber redeten, trat er selbst in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! (Lk 24,36)
Lukas berichtet nicht von einer Begegnung der Frauen am Grab mit dem Auferstandenen. Sie sehen dort nur einen Engel. Simon Petrus ist nach Lk 24,34 der erste, dem der Auferstandene begegnet, aber diese Begegnung wird nur erwähnt, nicht näher geschildert. Stattdessen berichtet Lukas ausführlich die Begegnung des Auferstandenen mit den Emmausjüngern. Das Dorf Emmaus liegt nach seiner Schilderung nahe bei Jerusalem, konnte aber bis heute nicht eindeutig bestimmt werden.
Lukas lokalisiert die Ereignisse um die Auferstehung Jesu allein in Jerusalem. Wahrscheinlich aber spielte sich die Begegnung Jesu mit Simon Petrus in Galiläa ab. Das passt nicht in das Bild des Lukas, daher berichtet er nicht im Detail von ihr. Bei Matthäus erscheint Jesus den Jüngern in Galiläa. Dort findet auch das Ereignis der Himmelfahrt statt, von dem Matthäus aber nur ansatzweise berichtet. Bei Johannes finden wir beide Traditionslinien, Erscheinungen des Auferstandenen in Jerusalem und in Galiläa.
Nach der Erscheinung des Auferstandenen vor Simon Petrus und den Emmausjüngern zeigt sich Jesus nun allen, die in Jerusalem versammelt sind. Lukas nennt nicht die Zahl der versammelten Jünger und auch keine Namen. Es sind diejenigen, die Jesus nachgefolgt sind. In der Apostelgeschichte wird er die Namen der elf Apostel nennen zusammen mit Maria.
Das Wort des Auferstandenen an die Versammelten ist der Friedenswunsch. "Friede sei mit euch!" Dieser Gruß des Auferstandenen hallt durch die Jahrhunderte. Als Glaubende sind wir gerufen, diesen Friedenswunsch des Herrn in die Welt zu rufen, in allen Hass und alle Kriege hinein, in alles, was Menschen einander antun. Der Auferstandene ist da, um der Welt den Frieden zu bringen.