Lukas 24,13-33

Emmaus

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Emmaus
Am gleichen Tag waren zwei von den Jüngern auf dem Weg in ein Dorf namens Emmaus, das sechzig Stadien von Jerusalem entfernt ist. Sie sprachen miteinander über all das, was sich ereignet hatte. (Lk 24,13-14)

Zwei Jünger machen sich auf den Weg, irgendwann am Ostertag sind sie losgegangen. Wir wissen, wohin sie gehen, nach Emmaus. Was sie dort wollen, wissen wir nicht. Nur eines wird deutlich: sie haben es in Jerusalem nicht mehr ausgehalten. Sie sind verwirrt nach den Ereignissen um Jesu Tod. "Wir hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde." Nun ist er tot. Die Hoffnung auf den Falschen gesetzt? Enttäuschung macht sich breit - und Ratlosigkeit. War alles umsonst, wofür sie sich in den letzten Jahren angestrengt hatten? Zwar haben die Frauen etwas von einem leeren Grab erzählt, doch was bedeutet das? Dass Jesus von den Toten auferstanden ist, können sie noch nicht glauben.

Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen. Doch sie waren wie mit Blindheit geschlagen, so dass sie ihn nicht erkannten. Er fragte sie: Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet? Da blieben sie traurig stehen, und der eine von ihnen - er hieß Kleopas - antwortete ihm: Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als Einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Er fragte sie: Was denn?
Sie antworteten ihm: Das mit Jesus aus Nazaret. Er war ein Prophet, mächtig in Wort und Tat vor Gott und dem ganzen Volk. Doch unsere Hohenpriester und Führer haben ihn zum Tod verurteilen und ans Kreuz schlagen lassen. Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde. Und dazu ist heute schon der dritte Tag, seitdem das alles geschehen ist. Aber nicht nur das: Auch einige Frauen aus unserem Kreis haben uns in große Aufregung versetzt. Sie waren in der Frühe beim Grab, fanden aber seinen Leichnam nicht. Als sie zurückkamen, erzählten sie, es seien ihnen Engel erschienen und hätten gesagt, er lebe. Einige von uns gingen dann zum Grab und fanden alles so, wie die Frauen gesagt hatten; ihn selbst aber sahen sie nicht. (Lk 24,15-24)

Der Weg nach Emmaus ist auf den ersten Blick kein Hoffnungsweg. Traurigkeit und Niedergeschlagenheit quälen die beiden Jünger. Wir kennen das nur allzu gut. Plötzlich werden unsere Hoffnungen enttäuscht, es läuft nicht so, wie wir es erwartet haben und dann ist alles schlecht. Wir können nichts Gutes mehr an unserer Situation erkennen, so wie die beiden auch nicht erkannten, wer sich da ihrem Weg anschloss. Die Finsternis um uns schluckt alles Licht. Gibt es nicht genug Momente in unserem Leben, wo wir denken: "Wir hatten gehofft, dass er es sei ..."

Da sagte er zu ihnen: Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. Musste nicht der Messias all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen? Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht. (Lk 24,25-27)

Wie die beiden Jünger sind auch wir dann oft mit Blindheit geschlagen. Jesus tritt zu ihnen hinzu, geht mit ihnen, hört sich ihre Sorgen an, macht ihnen deutlich, dass sie nur die halbe Wirklichkeit sehen. "Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch zu glauben?" Doch sie erkennen in dem Fremden, der bei ihnen ist und mit ihnen redet, Jesus nicht. Er kann noch so viel aus der Schrift zitieren, über das, was mit Jesus geschehen musste. Tatsache ist, Jesus ist gestorben, egal, was die Schrift sagt.
Von Blindheit geschlagen, mit Zweifeln im Herzen, von Angst erfüllt. Sie erkennen Jesus nicht. Er ist bei ihnen, geht mit ihnen, redet ihnen zu, sie verstehen ihn nicht. Eigene Wege, eigene Gedanken, wir gehen nach Emmaus - und Jesus? - wir glauben, er ist tot. Aber ihr habt doch gesehen: Das Grab ist leer! Ach ja, ein leeres Grab, was hat das schon zu bedeuten...
Jesus hat seine Mühe mit uns Menschen. Wie schwer fällt es uns zu glauben, zu begreifen... Wie schwer fällt es uns zu glauben, dass Gott die Kraft hat, Tote zum Leben zu erwecken, zu glauben, dass der Sohn Gottes nicht im Grab bleibt, zu glauben, dass Gott uns so sehr liebt, dass er sein Leben für uns hingibt damit wir durch seinen Tod und seine Auferstehung das Leben haben?

So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, aber sie drängten ihn und sagten: Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt. Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben. (Lk 24,28-29)

Reden tut gut, die beiden Jünger wollen den Fremden nicht ziehen lassen. Bleib doch noch etwas bei uns, sonst sind wir wieder allein in unserem Schmerz. Liebster Jesus, wie schwer hast du an unserem Unglauben zu tragen. Den ganzen Weg hast du den beiden zugeredet und sie haben nichts verstanden. So viele Zeugnisse haben wir von dir und verstehen doch nichts. Herr, bleibe bei uns, es wird Abend, es wird dunkel, wir sehen nichts, kennen nicht den Weg. Unser Leben - was hat es für einen Sinn?

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Emmaus
Und es geschah, als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach es und gab es ihnen. (Lk 24,30)

Nun geschieht etwas, das die Situation grundlegend verändert. Der Fremde, der ihnen mit seinen Worten Trost gab und den sie gebeten - ja regelrecht genötigt - haben, bei ihnen zu bleiben, setzt sich zu ihnen an den Tisch und bricht vor ihren Augen das Brot. Das Brotbrechen ist nach dem letzten Abendmahl ein unverkennbares Zeichen für Jesus Christus geworden.

Als er das tut, wissen sie plötzlich mit unerschütterlicher Gewissheit, dass dieser Fremde Jesus ist, der gleiche Jesus, der getötet und in ein Grab gelegt worden war. (Henri Nouwen)

Brotbrechen, Eucharistie - und sie erkannten ihn. Jesus lebt und er ist da - mitten unter uns. Die Augen gehen auf, Licht in der Finsternis. Er ist es! "Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete." Begreift ihr nun? Ja, Herr ich glaube dass du lebst und dass in dir das Leben ist!

Da wurden ihre Augen aufgetan und sie erkannten ihn; und er entschwand ihren Blicken. (Lk 24,31)

Nach diesem Zeichen seiner Gegenwart "gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr." Er ist nicht mehr da, doch das Zeichen des Brotbrechens hat den Jüngern deutlich gemacht, dass Jesus lebt. Es hat ihre Sichtweise geändert. Plötzlich bricht das Licht in ihre Dunkelheit hinein. Sie brauchen Jesu leibliche Gegenwart nicht mehr. Was sie erfahren haben, bedeutet für sie viel mehr, denn nun wissen sie, dass Jesus mitten unter ihnen ist, auch wenn sie ihn mit ihren leiblichen Augen nicht mehr sehen können.

Worauf es hier ankommt, ist, dass in dem Augenblick, als Kleopas und sein Freund Jesus am Brotbrechen erkannten, seine leibhaftige Gegenwart nicht mehr als Bedingung dafür notwendig war, dass sie mit einer neuen Hoffnung leben konnten. (Henri Nouwen)

Da gingen ihnen die Augen auf ... Irgendwoher kennen wir doch diesen Ausdruck. Ja genau. Ganz am Anfang der Bibel, bei der Geschichte von Adam und Eva. Als sie die verbotene Frucht aßen, da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren.
Haben die beiden Stellen wirklich etwas miteinander zu tun? Ich denke ja. Im Menschen liegt eine Sehnsucht nach dem Unerreichbaren, nach dem Unendlichen, nach Gott. Adam und Eva wollten diese Sehnsucht stillen, aber nicht so, wie es Gottes Wille war. Sie wollten sich selbst etwas nehmen, das ihnen nicht zustand. Das Ergebnis war bedauerlich. Anstatt großer Erkenntnis sahen sie nur ihre eigene Armseligkeit, sie erkannten, dass sie nackt waren.
In Jesus Christus will Gott den Menschen das schenken, was sie bisher vergeblich zu erlangen suchten. Durch seinen Tod und seine Auferstehung hat Jesus Christus den Weg zu Gott neu aufgetan, nun steht der Weg offen in das bisher Unerreichbare, in das Paradies. Dies erkannten die Emmausjünger, als Jesus das Brot brach. Die Eucharistie ist das Erkennungszeichen, dass Jesus mitten unter uns ist und dass wir durch ihn zum Leben kommen.

Herr Jesus, lass auch unsere Herzen brennen und öffne unsere Augen, dass wir dich erkennen und mit dir zum Leben gelangen. Amen.

Nun hält sie nichts mehr. So schnell wie möglich kehren sie nach Jerusalem zurück, um auch den anderen von dem zu berichten, was sie erlebt haben und um auch in ihnen das Feuer der Hoffnung neu zu entzünden.

Und sie sagten zueinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schriften eröffnete?
Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück und sie fanden die Elf und die mit ihnen versammelt waren. (Lk 24,32-33)

Die Begegnung mit dem Auferstandenen hat das Leben der beiden Jünger verändert. Sie haben erkannt und glauben, dass Jesus lebt, auch wenn sie ihn jetzt nicht mehr sehen. Nichts hält sie mehr. Auf nach Jerusalem! Wir haben den Herrn gesehen! Er lebt! Er ist bei uns, er ist immer bei uns, zu allen Zeiten, auch wenn wir ihn nicht sehen. Aus den Worten werden Taten. Jetzt brauchen wir niemand mehr, der uns zuredet, und den wir doch nicht verstehen. Wir glauben, dass Jesus lebt! Er gibt unserem Leben Sinn! Er leuchtet uns in der Dunkelheit und zeigt uns den Weg!
Immer wieder haben Menschen diese Gegenwart Jesu erfahren. Jesus will auch uns begegnen, er will, dass wir ihr erkennen am Brechen des Brotes, er will, dass bis in die letzten Winkel unseres Herzens der Strahl der Ostersonne scheint und wir in der Zuversicht leben, dass Jesus immer und überall bei uns ist.

Das Dorf Emmaus ist nicht mit Sicherheit identifiziert worden. Es gibt verschiedene Hypothesen, und dieser Tatbestand ist gewiss interessant, da er uns erkennen lässt, dass Emmaus in Wirklichkeit jeden Ort verkörpert: Die Straße, die dorthin führt, ist der Weg jedes Christen - ja, mehr noch: jedes Menschen! Auf unseren Straßen wird der auferstandene Jesus zum Reisegefährten, um in unseren Herzen die Wärme des Glaubens und der Hoffnung neu brennen zu lassen und das Brot des ewigen Lebens zu brechen. ...
Durch die Fürsprache der allerseligsten Maria bitten wir darum, dass jeder Christ und jede Gemeinschaft von neuem die Erfahrung der Emmausjünger mache und so die Gnade der verwandelnden Begegnung mit dem auferstandenen Herrn wiederentdecke. (Benedikt XVI.)
Zwei geh'n
den Weg nach Emmaus,
einsam und betrübt,
und einer der geht mit.

Zwei wissen
nicht mehr weiter,
wollen einfach weg,
und einer der geht mit.

Zwei reden
ohne Hoffnung, geh'n
mit müdem Schritt,
und einer der geht mit.

Sie bitten
ihn zu bleiben,
suchen bei ihm Trost,
und der Fremde bleibt.

Er bricht für sie
das Brot,
nimmt sie ins Gebet,
es strahlen ihre Augen.

Ja, es ist der Herr,
er ist da, er lebt,
ist mitten unter uns.

Schnell eilen sie weiter,
nach Jerusalem zurück,
und einer der geht mit.

Nun sind sie
voller Hoffnung,
sind nicht mehr betrübt,
der Herr ist da, er lebt!