Jesus betete einmal in der Einsamkeit, und die Jünger waren bei ihm. (Lk 9,18a)
Das Gebet Jesu
Das heutige Evangelium beginnt mit einer kurzen Bemerkung dazu, dass Jesus, bevor er den Jüngern gegenübertritt, in der Einsamkeit gebetet hat. Immer wieder zieht sich Jesus zum vertrauten Gespräch mit seinem Vater zurück. Die Jünger wundern sich über diese Form des Betens. Als sie ihn bitten, ihnen zu zeigen, wie beten geht, lehrt er sie das Vater Unser. Wir dürfen mit den gleichen Worten zum Vater beten wie Jesus.
"Welch reiche Fülle der Gnade und Güte Gottes gegen uns zeigt sich darin, dass der Herr nicht nur wünschte, wir sollten unser Gebet im Angesicht Gottes in der Weise verrichten, dass wir Gott unseren Vater nennen, sondern dass auch wir ebenso gut Söhne Gottes heißen, wie Christus Gottes Sohn ist! Diese Bezeichnung würde keiner von uns beim Gebet in den Mund zu nehmen wagen, hätte nicht er selbst uns gestattet, so zu beten. Darum sollen wir stets daran denken und uns dessen bewusst bleiben: wenn wir Gott unseren Vater nennen, dann müssen wir auch als Söhne Gottes leben, damit ebenso, wie wir uns darin gefallen, Gott zum Vater zu haben, auch er an uns sein Gefallen hat. Lasst uns wandeln als Tempel Gottes, damit man sieht, dass Gott in uns wohnt! Lasst uns in unserem ganzen Handeln den Geist nicht verleugnen, und wollen wir, die wir geistlich und himmlisch geworden sind, auch nur Geistliches und Himmlisches denken und tun!"
So lehrt Cyprian von Karthago. Blicken wir noch einmal auf das Beten Jesu. Es ist ein unvorstellbares Geheimnis, wenn Gottes Sohn mit Gottvater in menschlichen Worten Zwiesprache hält! Gott spricht in menschlicher Sprache, er ist uns so nahe, dass wir mit ihm in unserer Sprache sprechen können! Wir dürfen zu Gott mit unseren Worten beten, und er versteht uns. Doch zugleich sollen wir uns dessen bewusst sein, dass wir vor Gott stehen. Es sind die Worte unserer Sprache, aber sie richten sich an Gott, der Herr ist im Himmel und auf Erden. Cyprian von Karthago sagt weiter:
"Ein willkommenes und trautes Gebet ist es, wenn man zu Gott in seinen eigenen Worten flehen kann! ... Wenn wir aber beten, so sollen unsere Worte und unser Flehen in aller Zucht Ruhe und Ehrerbietung vereinigen. Wir müssen bedenken, dass wir vor Gottes Angesicht stehen. Zu gefallen gilt es da den Augen Gottes nicht nur in der Haltung unseres Körpers, sondern auch durch den Ton unserer Stimme. Denn während es die Art eines Unverschämten ist, laut zu schreien und zu lärmen, ziemt es hingegen dem Ehrerbietigen, mit aller Bescheidenheit zu bitten und zu beten. ...
Denn Gott horcht nicht auf die Stimme, sondern auf das Herz, und es ist nicht nötig, ihn, der die Gedanken sieht, erst durch lautes Geschrei zu mahnen. Wir sollen wissen, dass Gott überall gegenwärtig ist, dass er alle Menschen hört und sieht und kraft der Fülle seiner Majestät auch in die geheimste Verborgenheit eindringt. ...
Wenn wir aber dastehen und beten, so müssen wir wachsam und mit ganzem Herzen auf das Gebet bedacht sein. Jeder fleischliche und weltliche Gedanke sei dann fern, und der Geist denke an nichts als allein an das, um was er betet!"
Versuchen wir uns dessen immer bewusst zu sein, wenn wir beten und treten wir oft und gern vor das Angesicht Gottes!