Agostelgesch. 18,19-19,40

Ephesus

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Sie gelangten nach Ephesus. Dort trennte er sich von den beiden; er selbst ging in die Synagoge und redete zu den Juden. (Apg 18,19)

Bei seiner Abreise aus Korinth nimmt Paulus das Ehepaar Priska und Aquila mit nach Ephesus. Von einer Mission des Paulus in dieser Stadt erfahren wir zu diesem Zeitpunkt wenig. Lediglich in der Synagoge hat Paulus gepredigt, wollte aber nicht länger in Ephesus verweilen, denn er hatte es eilig, nach Jerusalem zu kommen, das er auf dem Seeweg über Cäsarea erreichte. Lukas berichtet nicht weiter über den Jerusalemaufenthalt des Paulus. So schnell wie er dort angekommen ist, scheint er nach dem Bericht des Lukas die Stadt auch wieder verlassen zu haben. Nun wandert Paulus auf dem bereits vertrauten Weg von Antiochia durch das galatische Land und auf der alten Königsstraße weiter nach Ephesus.

Sie baten ihn, noch länger zu bleiben; aber er wollte nicht, sondern verabschiedete sich und sagte: Ich werde wieder zu euch kommen, wenn Gott es will. So fuhr er von Ephesus ab, landete in Cäsarea, zog nach Jerusalem hinauf, begrüßte dort die Gemeinde und ging dann nach Antiochia hinab. Nachdem er dort einige Zeit geblieben war, zog er weiter, durchwanderte zuerst das galatische Land, dann Phrygien und stärkte alle Jünger. (Apg 18,20-23)

Während der Jerusalemreise des Paulus sind Priska und Aquila in Ephesus geblieben. Lukas berichtet nichts genaues, aber wahrscheinlich haben sie während der Abwesenheit des Paulus dort missioniert. Sie begegnen in Ephesus einem aus der ägyptischen Metropole Alexandria stammenden Juden namens Apollos. Dieser war ähnlich wie Paulus als Missionar tätig. Paulus erwähnt ihn in seinen Briefen und es wird deutlich, dass die beiden nicht immer einer Meinung waren und Paulus darum bemüht war, sein Missionsfeld von dem des Apollos klar abzugrenzen.
Zunächst aber benötigt Apollos noch eine tiefere Unterweisung im Glauben an Jesus Christus. Wir wissen nicht, von wem er zuerst die christliche Botschaft gehört hat. Jedenfalls kannte er zu diesem Zeitpunkt nur die Johannestaufe und nicht die Taufe auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Ein Jude namens Apollos kam nach Ephesus. Er stammte aus Alexandria, war redekundig und in der Schrift bewandert. Er war unterwiesen im Weg des Herrn. Er sprach mit glühendem Geist und trug die Lehre von Jesus genau vor; doch kannte er nur die Taufe des Johannes. Er begann, mit Freimut in der Synagoge zu sprechen. Priscilla und Aquila hörten ihn, nahmen ihn zu sich und legten ihm den Weg Gottes noch genauer dar. Als er nach Achaia gehen wollte, schrieben die Brüder den Jüngern und ermunterten sie, ihn aufzunehmen. Nach seiner Ankunft wurde er den Gläubigen durch die Gnade eine große Hilfe. Denn mit Nachdruck widerlegte er die Juden, indem er öffentlich aus der Schrift nachwies, dass Jesus der Christus sei. (Apg 18,24-28)

Priska und Aquila leisten einen bedeutenden Beitrag zur Vertiefung des Glaubens. Und es wird nicht nur Apollos gewesen sein, den sie unterrichtet haben, sondern auch viele andere. Ihre Spur verliert sich hier in der Apostelgeschichte. Für Paulus bleiben sie weiterhin wichtige Mitarbeiter bei seinem Missionswerk. Wahrscheinlich sind sie im Jahr 54 nach dem Tod des Kaisers Claudius, wie viele andere Juden wieder nach Rom zurückgekehrt. Als Paulus um das Jahr 56/57 von Korinth aus seinen Brief an die Römer schreibt, sind Priska und Aquila ein wichtiger Bezugspunkt zur Gemeinde dieser Stadt, in der das Ehepaar mittlerweile eine Schlüsselposition eingenommen hat. Paulus schreibt am Schluss dieses Briefes:

Grüßt Prisca und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus Jesus, die für mein Leben ihren eigenen Kopf hingehalten haben; nicht allein ich, sondern alle Gemeinden der Heiden sind ihnen dankbar. Grüßt auch die Gemeinde, die sich in ihrem Haus versammelt! Grüßt meinen lieben Epänetus, der die Erstlingsgabe der Provinz Asien für Christus ist! Grüßt Maria, die für euch viel Mühe auf sich genommen hat! Grüßt Andronikus und Junia, die zu meinem Volk gehören und mit mir zusammen im Gefängnis waren; sie ragen heraus unter den Aposteln und haben sich schon vor mir zu Christus bekannt. (Röm 16,3-7)

Priska und Aquila hatten in Rom eine Hausgemeinde, in der sich ein wichtiger Teil der Christen Roms versammelt hat. Sie konnten den Römern von Paulus berichten. Was sie genau für Paulus getan haben, als sie für sein Leben ihren Kopf hingehalten haben, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Aber allein schon die Tatsache, dass die beiden bereit waren, für den Völkerapostel ihr eigenes Leben hinzugeben, zeigt die enge Beziehung dieses Ehepaares zu Paulus. Interessant ist, dass Paulus mit Andronikus und Junia noch ein weiteres Ehepaar erwähnt, dass ihm sehr nahe steht und das gemeinsam für die Verkündigung des Glaubens eine so große Bedeutung hatte, dass Paulus sogar sagt, dass sie unter den Aposteln herausragen. Da sie bereits vor Paulus zu Christen geworden sind, müssen sie sich bald nach Jesu Tod in Jerusalem oder Judäa den ersten Christen angeschlossen haben. Möglicherweise gehören sie auch zu den ersten Christen, die nach Rom gekommen sind.
Eine weitere Erwähnung von Priska und Aquila findet sich im Ersten Korintherbrief, den Paulus um das Jahr 54/55 schrieb, als er sich zusammen mit Priska und Aquila in Ephesus aufgehalten hat. Priska und Aquila lassen durch diesen Brief ihre Grüße nach Korinth übermitteln. Hier sehen wir, dass die beiden in Ephesus ebenso wie später in Rom eine Hausgemeinde hatten und somit für die Mission in Ephesus eine entscheidende Bedeutung hatten.

Es grüßen euch die Gemeinden in der Provinz Asien. Aquila und Prisca und ihre Hausgemeinde senden euch viele Grüße im Herrn. Es grüßen euch alle Brüder. Grüßt einander mit dem heiligen Kuss! (1Kor 16,19-20)

Eine weitere Erwähnung finden Priska und Aquila im Zweiten Brief an Timotheus. Die Stelle ist sehr interessant, weil uns hier viele bekannte Namen begegnen:

Lukas ist als Einziger bei mir. Nimm Markus und bring ihn mit; denn er ist für mich nützlich zum Dienst. Tychikus habe ich nach Ephesus geschickt. Wenn du kommst, bring den Mantel mit, den ich in Troas bei Karpus gelassen habe, auch die Bücher, vor allem die Pergamente! Alexander, der Schmied, hat mir viel Böses getan; der Herr wird ihm vergelten, wie es seine Taten verdienen. Nimm auch du dich vor ihm in Acht, denn er hat sich unseren Worten heftig widersetzt!
Bei meiner ersten Verteidigung ist niemand für mich eingetreten; alle haben mich im Stich gelassen. Möge es ihnen nicht angerechnet werden. Aber der Herr stand mir zur Seite und gab mir Kraft, damit durch mich die Verkündigung vollendet wird und alle Völker sie hören; und so wurde ich dem Rachen des Löwen entrissen. Der Herr wird mich allem bösen Treiben entreißen und retten in sein himmlisches Reich. Ihm sei die Ehre in alle Ewigkeit. Amen.
Grüße Prisca und Aquila und das Haus des Onesiphorus! (2Tim 4,11-19)

Wir begegnen hier Lukas und Markus, bei denen es sich wahrscheinlich um die beiden Evangelisten handelt und deren enge Verbindung zu Paulus hier deutlich wird. Der Brief spielt an die Situation der Mission in Ephesus an, die wir aus der Apostelgeschichte Kapitel 19 kennen. Unter Juden und Heiden kann Paulus in dieser Stadt viele Menschen für den Glauben an Jesus Christus gewinnen. Die christliche Gemeinde ist bereits so groß, dass die zahlreichen Silberschmiede, die ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Andenken der großen Artemis von Ephesus verdienen, um ihr Geschäft fürchten. Der Artemis-Tempel in Ephesus zählte zu den Weltwundern der Antike und wurde jedes Jahr von unzähligen Menschen besucht. Die Silberschmiede zetteln einen ungeheuren Tumult an, der die Stadtältesten sogar eine Intervention römischer Truppen fürchten lässt. Paulus kommt mit einem blauen Auge davon, macht sich aber schnell auf, die Stadt zu verlassen. Priska und Aquila setzen zusammen mit Timotheus, Onesiphorus und anderen die Mission in Ephesus fort.
Wenn wir die Anzahl der Nennungen von Priska und Aquila mit denen anderer Personen im Neuen Testament vergleichen, so wird deutlich, welch große Bedeutung diesem Ehepaar in der Verkündigung des Glaubens in der Frühzeit des Christentums zukommt. Zwar stehen sie stets im Schatten des Paulus, aber es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn wir sagen, dass sie in den Städten Korinth, Ephesus und Rom nachhaltiger für die Festigung des Glaubens gesorgt haben, als der Apostel Paulus selbst. Paulus hat die Menschen begeistert, hat mit seinen Briefen den Gemeinden eine ausführliche Darlegung des Glaubens und eine Anweisung zum christlichen Leben hinterlassen. Aber Glaube wird vor allem da lebendig, wo sich Menschen Sonntag für Sonntag im Namen Jesu versammeln.
Paulus war eine bedeutende Persönlichkeit und hat die Menschen beeindruckt. Aber er hatte kaum Zeit für den Einzelnen und war ständig unterwegs. Kaum hatte er in einer Stadt Fuß gefasst, musste er weiter ziehen. Priska und Aquila blieben. Zunächst in Ephesus und später in Rom haben sich die Christen in ihrem Haus versammelt. Hier hat man zusammen Eucharistie gefeiert und sich danach zur Agape getroffen, bei der sich die Einzelnen über ihre Erfahrungen mit dem Glauben ausgetauscht haben, und einander davon erzählten, welche Bedeutung Jesus Christus für ihr Leben hat, wo man auch über die Sorgen und Nöte des Alltags sprach und darüber, welche Lösungen man gemeinsam als Christen finden konnte.
Priska und Aquila sind Vorbilder dafür, wie Glauben lebendig wird. Auch in unseren Gemeinden brauchen wir solche Menschen. Gemeinde lebt davon, dass sich die Menschen neben der Eucharistie auch zum gegenseitigen Austausch treffen, dass die Christen wieder lernen, über ihren Glauben zu sprechen, dass jemand da ist, der von seinem Glauben an Jesus Christus erzählt, nicht nur der Priester in der Predigt, sondern Menschen, die einander davon erzählen, was Jesus Christus für sie und ihr Leben bedeutet.

Er ging in die Synagoge und lehrte drei Monate lang freimütig und suchte sie vom Reich Gottes zu überzeugen. Da aber einige verstockt waren, sich widersetzten und vor allen Leuten den Weg Jesu verspotteten, trennte er sich mit den Jüngern von ihnen und unterwies sie täglich im Lehrsaal des Tyrannus. Das geschah zwei Jahre lang; auf diese Weise hörten alle Bewohner der Provinz Asien, Juden wie Griechen, das Wort des Herrn. Auch ungewöhnliche Machttaten tat Gott durch die Hand des Paulus. (Apg 19,8-11)