Psalm 84 gehört zu den Wallfahrtspsalmen. An den großen Festtagen pilgern viele Juden nach Jerusalem, um dort im Tempel zu feiern. Der Beter des Psalms bringt seine Sehnsucht nach dem Haus Gottes zum Ausdruck. er freut sich, dort Gottes Nähe in besonderer Weise zu erfahren. Kein Ort auf der Welt ist ihm lieber.
Auch wir heute sind auf dem Weg. Nicht nach Jerusalem, aber unsere Sehnsucht treibt uns dahin, Gott immer tiefer zu begegnen. Während die Tiere in dieser Welt Orte finden, an denen sie zuhause sind, bleiben wir Menschen immer mehr oder weniger Fremde in dieser Welt, denn wir sind Wesen, in denen sich Himmel und Erde verbinden, Wesen, die zugleich ganz der Erde angehören und doch durch ihre Beziehung zu Gott dazu berufen sind, am Leben Gottes teilzuhaben. Wenn wir bei Gott wohnen, wenn unsere Kraft von ihm kommt und wir ihm vertrauen, dann sind wir seligzupreisen, sind wir glücklich.
Der Psalmist hat unsere Sehnsucht nach dem Vaterland ausgedrückt und gesagt, was wir dort besitzen werden. 'Glücklich, die in deinem Hause wohnen, Herr.' Er soll auch sagen, was wir tun werden. 'In alle Ewigkeit preisen sie dich.' Das wird unsere einzige Beschäftigung sein, unermüdlich Halleluja zu singen. Jetzt braucht ihr nicht meinen, Brüder, es gebe dort Langeweile. Ihr wisst ja: Wenn ihr hier lange singt, haltet ihr es nicht mehr aus. Die Notwendigkeit des Lebens bringt euch wieder von dieser Freude ab.
Dort aber wird keiner mehr sagen: Ich habe schon so lange gestanden. Keiner sagt: Ich habe schon so lange gefastet, so lange gewacht. Dort hat man unerschöpfliche Kraft, und sogar unser Leib erlangt die Unsterblichkeit durch die Anschauung Gottes. Wenn schon das Wort, das wir euch jetzt verkünden, unseren hinfälligen Leib so lange aufrecht hält, was wird dann diese Freude an uns bewirken! Wie wird sie uns verändern! Wir werden ihm ja ähnlich sein, weil wir ihn schauen werden, wie er ist (vgl.1 Joh 3,2). Wenn wir ihm dann wirklich ähnlich sind, wie sollten wir müde werden, wohin anders sollten wir uns wenden?
Lasst uns also ganz zuversichtlich sein, Brüder, das Lob Gottes und die Liebe Gottes werden uns immer mehr Freude machen und uns nie zum Überdruss werden. Wenn man aufhört zu lieben, kann man auch nicht mehr loben. Aber da die Liebe unendlich ist, weil Gottes Schönheit unendlich ist, darum fürchte nicht, du könntest nicht immer im Lob ausharren. Du kannst ihn ja immer lieben. 'Glücklich, also, die in Deinem Hause wohnen, Herr, sie werden dich preisen in alle Ewigkeit.' Nach diesem Leben sehnen wir uns.
(Augustinus)
Dieser Psalm gehört zu meinen Lieblingspsalmen. Es beschreibt das Glück des Beters, der im Haus Gottes weilen darf. War für die Juden der Tempel das Ziel dieser Sehnsucht, so dürfen wir heute Gott in jeder Kirche vor dem Allerheiligsten anbeten. Wohl dem, der dort seine Wohnung hat. Ein Tag im Haus Gottes übertrifft tausende anderer Tage an Wert.
Wer allein schon an der Schwelle des Hauses Gottes steht, ist selig zu preisen. Die lateinische Fassung formuliert es sehr drastisch, abjectus esse, was im Deutschen nur schwer wiedergegeben werden kann, etwa mit hingeworfen sein. Ich denke hier an den Heiligen Alexius von Edessa, der 17 Jahre unerkannt ein heiligmäßiges Leben an den Stufen einer Kirche geführt hat. Er wollte als Heiliger nicht im Vordergrund stehen, sondern demütig und unerkannt im Hause Gottes leben.