Jesaja 63-66

Gericht und Heil

.
Jesaja 64
Wer ist jener, der aus Edom kommt, aus Bozra in rot gefärbten Gewändern? Er schreitet in prächtigen Kleidern daher in seiner gewaltigen Kraft. Ich bin es, ich verkünde Gerechtigkeit, ich bin der mächtige Helfer. Warum aber ist dein Gewand so rot, ist dein Kleid wie das eines Mannes, der die Kelter tritt? Ich allein trat die Kelter; von den Völkern war niemand dabei. Da zertrat ich sie voll Zorn, zerstampfte sie in meinem Grimm. Ihr Blut spritzte auf mein Gewand und befleckte meine Kleider. Denn ein Tag der Rache lag mir im Sinn und das Jahr der Erlösung war gekommen. Ich sah mich um, doch niemand wollte mir helfen; ich war bestürzt, weil keiner mir beistand. Da half mir mein eigener Arm, mein Zorn war meine Stütze. Ich zertrat die Völker in meinem Zorn, ich zerschmetterte sie in meinem Grimm und ihr Blut ließ ich zur Erde rinnen. (Jes 63,1-6)

Die letzten Kapitel des Jesajabuches tragen in der Einheitsübersetzung die Überschrift Völkergericht und endzeitliches Heil. Sie sprechen vom Gericht über die Völker und der Heilszeit, die Gott nach dem Gericht schenken wird. Kapitel 63 beginnt mit der Schilderung des "Keltertreters". Gemeint ist ein feindliches Reich, das Israel bedroht. Seit jeher werden die Feinde Israels als Vollstrecker des Zornes Gottes gesehen (aber auch des Heiles, wie z.B. der Perserkönig Kyros). Dem folgt das Gebet des Volkes um Gottes Erscheinen. Das Volk erinnert sich an Gottes Güte und bereut seine Schuld.

Die Huld des Herrn will ich preisen, die ruhmreichen Taten des Herrn, alles, was der Herr für uns tat, seine große Güte, die er dem Haus Israel erwies in seiner Barmherzigkeit und seiner großen Huld. Er sagte: Sie sind doch mein Volk, meine Söhne, die nicht enttäuschen. Er wurde ihr Retter in jeder Not. Nicht ein Bote oder ein Engel, sondern sein Angesicht hat sie gerettet. In seiner Liebe und seinem Mitleid hat er selbst sie erlöst. Er hat sie emporgehoben und sie getragen in all den Tagen der Vorzeit.
Sie aber lehnten sich gegen ihn auf und betrübten seinen heiligen Geist. Da wandelte er sich und wurde ihr Feind, ja, er führte Krieg gegen sie. Nun dachten sie an die Tage der Vorzeit, die Zeit seines Knechtes Mose: Wo ist der, der den Hirten seiner Schafe aus dem Meer herausgeführt hat? Wo ist der, der seinen heiligen Geist in ihn gelegt hat, der an der rechten Seite des Mose ging und ihm half mit mächtigem Arm, der das Wasser vor ihnen zerteilte, um sich ewigen Ruhm zu verschaffen, der sie durch die Fluten führte wie Pferde durch die Steppe, ohne dass sie strauchelten? Der Geist des Herrn ließ sie zur Ruhe kommen, wie das Vieh, das ins Tal hinabzieht. So führtest du einst dein Volk, um dir herrlichen Ruhm zu verschaffen.
Blick vom Himmel herab und sieh her von deiner heiligen, herrlichen Wohnung! Wo ist dein leidenschaftlicher Eifer und deine Macht, dein großes Mitleid und dein Erbarmen? Halte dich nicht von uns fern! Du bist doch unser Vater; denn Abraham weiß nichts von uns, Israel will uns nicht kennen. Du, Herr, bist unser Vater, «Unser Erlöser von jeher» wirst du genannt. Warum lässt du uns, Herr, von deinen Wegen abirren und machst unser Herz hart, sodass wir dich nicht mehr fürchten? Kehre zurück um deiner Knechte willen, um der Stämme willen, die dein Eigentum sind. Erst vor kurzem haben unsere Feinde dein heiliges Volk vertrieben; dein Heiligtum haben sie zertreten. Uns geht es, als wärest du nie unser Herrscher gewesen, als wären wir nicht nach deinem Namen benannt. Reiß doch den Himmel auf und komm herab, sodass die Berge zittern vor dir.
Komm wie ein Feuer, das Reisig entzündet, wie ein Feuer, das Wasser zum Sieden bringt. Mach deinen Feinden deinen Namen bekannt, sodass die Völker zittern vor dir, wenn du schreckliche und nie erwartete Taten vollbringst. [Komm herab, sodass die Berge zittern vor dir.] Seit Menschengedenken hat man noch nie vernommen, kein Ohr hat gehört, kein Auge gesehen, dass es einen Gott gibt außer dir, der denen Gutes tut, die auf ihn hoffen. Ach, kämst du doch denen entgegen, die tun, was recht ist, und nachdenken über deine Wege. Ja, du warst zornig; denn wir haben gegen dich gesündigt, von Urzeit an sind wir treulos geworden. Wie unreine (Menschen) sind wir alle geworden, unsere ganze Gerechtigkeit ist wie ein schmutziges Kleid. Wie Laub sind wir alle verwelkt, unsere Schuld trägt uns fort wie der Wind. Niemand ruft deinen Namen an, keiner rafft sich dazu auf, fest zu halten an dir. Denn du hast dein Angesicht vor uns verborgen und hast uns der Gewalt unserer Schuld überlassen.
Und doch bist du, Herr, unser Vater. Wir sind der Ton und du bist unser Töpfer, wir alle sind das Werk deiner Hände. Herr, zürne uns doch nicht allzu sehr, denk nicht für immer an unsere Schuld! Sieh doch her: Wir alle sind dein Volk. Deine heiligen Städte sind zur Wüste geworden. Zion ist eine Wüste, Jerusalem eine Öde. Unser heiliger, herrlicher Tempel, wo unsere Väter dich priesen, ist ein Raub der Flammen geworden; alles, was uns lieb war, liegt nun in Trümmern. Kannst du dich bei all dem zurückhalten, Herr, kannst du schweigen und uns so sehr erniedrigen? (Jes 63,7-64,11)

Das Volk erkennt seine Schuld. Oft kam es vor, dass in Zeiten des Wohlstandes Gott in Vergessenheit geriet. Man fühlte sich sicher, meinte Gott nicht mehr zu brauchen. So rückten auch seine Gebote in den Hintergrund, ein Zustand den Jesaja mit den Worten beschreibt: "wir haben gegen dich gesündigt, ... niemand ruft deinen Namen an."
Doch dann sind die guten Zeiten plötzlich vorbei. Das Land ist in höchster Gefahr, und droht von den Feinden verwüstet zu werden. Nun denkt das Volk wieder an die rettenden Taten Gottes, die es im Laufe der Geschichte erfahren durfte, besonders beim Auszug aus Ägypten, aber auch immer dann, wenn Feinde, in das Land eingefallen sind. Die Menschen erfahren, dass sie sich selbst nicht retten können. Nur wenn Gott eingreift, wird das Heil Wirklichkeit.
Immer wieder gibt es solche Unheilssituationen in der Menschheitsgeschichte, nicht nur in Israel. Die Lage erscheint aussichtslos, doch dann wendet sich das Schicksal. Plötzlich kommt Hilfe, wo man es nicht mehr für möglich gehalten hätte. Auch wenn Gott mit seinem Eingreifen zögert und das Volk sich verlassen fühlt, irgendwann ist der Moment da, in dem sich Gott ihm wieder zukehrt.

Kehre zurück um deiner Knechte willen ... Reiß den Himmel auf und komm herab!

Voller Sehnsucht erschallt dieser Ruf in der tiefsten Not. Dahinter steht die Gewissheit:

Gott, du bist unser Vater.

Die Worte des Propheten Jesaja machen deutlich: Auch wenn wir Gott vergessen, auch wenn wir noch so viel sündigen, Gott bleibt unser Vater, er enterbt uns nicht als seine Kinder.
Ein neues geistliches Lied greift diesen Gedanken auf. Dort heißt es:

Solang es Menschen gibt auf Erden, solang die Erde Früchte trägt, solang bist du uns allen Vater, wir danken Dir für das, was lebt.
Du bist das Licht, schenkst uns das Leben. Du holst die Welt aus ihrem Tod, gibst Deinen Sohn in unsre Hände, Er ist das Brot, das uns vereint.

Gott ist der liebende Vater, den Jesus uns im Gleichnis schildert, und der stets bereit ist, den verlorenen Sohn aufzunehmen. Seine Arme sind allezeit für uns offen. Es sind die Menschen, die Gottes Liebe ignorieren, seine offenen Arme verschmähen. Doch Gott wartet, ja er selbst kommt den Menschen entgegen, um sie in seine liebenden Arme zu rufen. Gott findet immer wieder Wege, um zu uns zu kommen, um unser Herz anzurühren, um uns zurückzuführen in unsere wahre Heimat, wo wir Liebe, Glück und Geborgenheit finden. Gott bleibt unser Vater, egal was geschieht.

Dem Bußgebet des Volkes folgt die Antwort Gottes in Jes 65. Nicht Gott ist es, der sich von seinem Volk entfernt hat, das Volk hat sich von ihm entfernt.

Ich wäre zu erreichen gewesen für die, die nicht nach mir fragten, ich wäre zu finden gewesen für die, die nicht nach mir suchten. Ich sagte zu einem Volk, das meinen Namen nicht anrief: Hier bin ich, hier bin ich. Den ganzen Tag streckte ich meine Hände aus nach einem abtrünnigen Volk, das einen Weg ging, der nicht gut war, nach seinen eigenen Plänen. (Jes 65,1-2)

Daher wird Gott kommen zum Gericht, aber er wird sein Volk nicht vernichten. Er macht einen Neuanfang mit denen, die ihm treu sind. Dieser Neuanfang ist die Zeit, in die diese Worte gesprochen sind, die Zeit der Rückkehr aus dem Exil in Babylon. Für die Rückkehrer gibt es eine neue Chance, es besser zu machen als ihre Vorfahren. Für sie gilt Gottes Heilszusage und der Prophet zeichnet erneut das Bild von Gottes Reich des Friedens in aus Jes 11.

Denn schon erschaffe ich einen neuen Himmel und eine neue Erde. Man wird nicht mehr an das Frühere denken, es kommt niemand mehr in den Sinn. Nein, ihr sollt euch ohne Ende freuen und jubeln über das, was ich erschaffe. Denn ich mache aus Jerusalem Jubel und aus seinen Einwohnern Freude. Ich will über Jerusalem jubeln und mich freuen über mein Volk. Nie mehr hört man dort lautes Weinen und lautes Klagen. Dort gibt es keinen Säugling mehr, der nur wenige Tage lebt, und keinen Greis, der nicht das volle Alter erreicht; wer als Hundertjähriger stirbt, gilt noch als jung, und wer nicht hundert Jahre alt wird, gilt als verflucht. Sie werden Häuser bauen und selbst darin wohnen, sie werden Reben pflanzen und selbst ihre Früchte genießen. Sie bauen nicht, damit ein anderer in ihrem Haus wohnt, und sie pflanzen nicht, damit ein anderer die Früchte genießt. In meinem Volk werden die Menschen so alt wie die Bäume. Was meine Auserwählten mit eigenen Händen erarbeitet haben, werden sie selber verbrauchen. Sie arbeiten nicht mehr vergebens, sie bringen nicht Kinder zur Welt für einen jähen Tod. Denn sie sind die Nachkommen der vom Herrn Gesegneten und ihre Sprösslinge zusammen mit ihnen. Schon ehe sie rufen, gebe ich Antwort, während sie noch reden, erhöre ich sie. Wolf und Lamm weiden zusammen, der Löwe frisst Stroh wie das Rind [doch die Schlange nährt sich von Staub]. Man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg, spricht der Herr. (Jes 65,16-25)

Auch der Tempelkult wird in der neuen Heilszeit andere Formen annehmen. Der Tempel in Jerusalem ist Gott nicht genug. Er lässt sich nicht von Menschen in ein Haus sperren und dort nach ihrem Willen manipulieren. Gott will keinen Tempelkult, der dem Kult anderer Götzen ähnlich ist, der nur äußerer Schein ist und dem keine innere Haltung der Gerechtigkeit entspricht.

.
Jesaja
So spricht der Herr: Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel für meine Füße. Was wäre das für ein Haus, das ihr mir bauen könntet? Was wäre das für ein Ort, an dem ich ausruhen könnte? Denn all das hat meine Hand gemacht; es gehört mir ja schon - Spruch des Herrn. Ich blicke auf den Armen und Zerknirschten und auf den, der zittert vor meinem Wort.
Man opfert Rinder - und erschlägt Menschen; man opfert Schafe - und erwürgt Hunde; man bringt Speiseopfer dar - und auch Schweineblut; man spendet Weihrauch - und preist einen Götzen. Wie diese Menschen ihre eigenen Wege wählen und an ihren Götterbildern Gefallen haben, so wähle ich für sie die Strafe aus und bringe über sie Schrecken. Denn sie gaben keine Antwort, als ich sie rief, als ich zu ihnen redete, hörten sie nicht; sondern sie haben getan, was mir missfällt, und haben sich für das entschieden, was ich nicht will.
Hört das Wort des Herrn, die ihr zittert vor seinem Wort! Eure Brüder, die euch hassen, die euch um meines Namens willen verstoßen, sie sagen: Der Herr soll doch seine Herrlichkeit zeigen, damit wir eure Freude miterleben. Aber sie werden beschämt. Horcht: Getöse dringt aus der Stadt, Getöse aus dem Tempel. Horcht: Der Herr vergilt seinen Feinden ihr Tun. Noch ehe die Frau ihre Wehen bekommt, hat sie schon geboren; ehe die Wehen über sie kamen, brachte sie einen Knaben zur Welt. Wer hat so etwas je gehört, wer hat je dergleichen gesehen? Wird ein Land an einem einzigen Tag geboren, kommt ein Volk auf einmal zur Welt? Doch Zion, kaum in den Wehen, hat schon ihre Kinder geboren. Hätte ich ihr etwa den Schoß öffnen sollen, ohne sie gebären zu lassen?, spricht der Herr. Sollte ich, der die Frauen gebären lässt, ihnen den Schoß verschließen?, spricht dein Gott. (Jes 66,1-9)

In denke, dass dieses Wort in die Situation der Rückkehr Israels hinein gesprochen ist. Wahrscheinlich haben die im Land ansässigen Völker die Heimkehrer verspottet. Sie haben keinen Tempel. Wo ist ihr Gott? Soll er sich doch zeigen. Sie haben gelacht über das zerstörte Jerusalem, das für die Heimkehrer Ziel ihrer Sehnsucht und Quelle der Freude war. Sie konnten nicht verstehen, was die Juden an dieser armseligen und zerstörten Stadt so Besonderes finden. Doch Gott wird die Lästerer beschämen. Sie werden staunen, was Gott vollbringen kann. In Windeseile wird die Stadt wachsen, das Volk in ihr gesegnet sein. Freude herrscht in Jerusalem und diese Freude ist ansteckend, bis heute:

.
Jesaja
Freut euch mit Jerusalem! Jubelt in der Stadt, alle, die ihr sie liebt. Seid fröhlich mit ihr, alle, die ihr über sie traurig wart. Saugt euch satt an ihrer tröstenden Brust, trinkt und labt euch an ihrem mütterlichen Reichtum! Denn so spricht der Herr: Seht her: Wie einen Strom leite ich den Frieden zu ihr und den Reichtum der Völker wie einen rauschenden Bach. Ihre Kinder wird man auf den Armen tragen und auf den Knien schaukeln. Wie eine Mutter ihren Sohn tröstet, so tröste ich euch; in Jerusalem findet ihr Trost. Wenn ihr das seht, wird euer Herz sich freuen, und ihr werdet aufblühen wie frisches Gras. So offenbart sich die Hand des Herrn an seinen Knechten, aber seine Feinde wird er bedrohen. (Jes 66,10-14)

Die Worte des Propheten sollen Mut machen. Das Jerusalem, das die Heimkehrer vorfanden, war alles andere als eine blühende Stadt. Das Land war zerrüttet von Krieg, Hunger und Krankheiten quälten die Menschen. Wie sollte es weitergehen? Das Leben war bestimmt vom nackten Kampf ums Überleben. Aber die Vision zählt. Wenn die Menschen mit Begeisterung ans Werk gehen, werden sie es schaffen, Jerusalem den alten Glanz, der in ihren Träumen noch lebendig ist, wiederzugeben.
Jerusalem im abgelegen Bergland Judäas soll nicht länger abgeschnitten sein von den großen Handelsströmen der weiten Welt, die Wohlstand und Macht versprechen. Die Stadt soll zu einem Zentrum werden, in dem sich Menschen aus allen Nationen versammeln. Doch was hat Jerusalem zu bieten? Nichts Geringeres als die Wohnung Gottes unter den Menschen, der im Allerheiligsten des Tempels gegenwärtig ist.
Gott wohnt unter den Menschen und erfüllt die Stadt, in der er wohnt, mit Segen. Bäche des Friedens und des Wohlstandes werden die Stadt tränken, die jetzt noch in der Trockenheit von Armut und Krieg dahinsiecht. Was vertrocknet ist, blüht auf, frisches Grün wächst. Wie Kinder auf dem Schoß der Mutter, so fühlen sich die Menschen in der Stadt Gottes geborgen. Es sind schöne Bilder von Glück und Frieden, die uns Gott durch den Propheten zeigt. Bilder, die auch für uns heute Realität werden können.
Verbunden sein, das hat in Zeiten des Internet eine ganz neue Bedeutung gewonnen. Nahezu an jedem Ort besteht die Möglichkeit, in Sekundenschnelle mit Menschen aus aller Welt in Kontakt zu treten. Viele können sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen. Wie war es bis vor wenigen Jahren überhaupt möglich, ohne Smartphone und Flatrate Kontakte zu pflegen? Doch fühlen wir uns nicht auch trotz Internet und Handy oftmals getrennt von den Menschen um uns? Wir haben Kontakte in die weite Welt, aber zum Menschen neben uns finden wir oft nicht den richtigen Draht. Und wie ist es mit unserem Kontakt nach oben, zu Gott?
Gott will den Kontakt zu uns herstellen, er will uns anbinden an den Strom des Lebens, will uns tränken mit den Wassern des Friedens und uns den Reichtum seiner Gnade schenken. Lassen wir Gott ein in unsere Herzen. Durchbrechen wir die Wälle des Hasses und der Gewalt, die uns vertrocknen lassen. Durchbrechen wir die Dämme unserer Ichsucht, dass Gottes Liebe in unsere Herzen fließen kann. Geben wir uns ganz in Gottes Arme. Er will uns umfangen, wie eine liebende Mutter ihr Kind.

Ja, seht, der Herr kommt wie das Feuer heran, wie der Sturm sind seine Wagen, um in glühendem Zorn Vergeltung zu üben, und er droht mit feurigen Flammen. Ja, mit Feuer und Schwert hält der Herr Gericht über alle Sterblichen und viele sind es, die der Herr erschlägt. Alle, die sich weihen und reinigen bei den Gärten für den einen, der in der Mitte steht, die Schweinefleisch, Würmer und Mäuse verzehren, sie alle nehmen ein Ende - Spruch des Herrn. (Jes 66,15-17)

Die Völker, die vorher noch gespottet haben: Der Herr soll doch seine Herrlichkeit zeigen, sie werden sehen, wie Gott sich offenbart. Gott wird die Feinde vernichten, die jetzt die Heimkehrer bedrohen und sie am Aufbau Jerusalems hindern. In Sturm und Feuer wird Gott für sein Volk eintreten. Man spürt hier die Wut der Heimkehrer über diejenigen, die ihnen das Leben schwer machen.

.
Jesaja
Ich kenne ihre Taten und ihre Gedanken und komme, um die Völker aller Sprachen zusammenzurufen, und sie werden kommen und meine Herrlichkeit sehen. Ich stelle bei ihnen ein Zeichen auf und schicke von ihnen einige, die entronnen sind, zu den übrigen Völkern: nach Tarschisch, Pul und Lud, Meschech und Rosch, Tubal und Jawan und zu den fernen Inseln, die noch nichts von mir gehört und meine Herrlichkeit noch nicht gesehen haben. Sie sollen meine Herrlichkeit unter den Völkern verkünden. Sie werden aus allen Völkern eure Brüder als Opfergabe für den Herrn herbeiholen auf Rossen und Wagen, in Sänften, auf Maultieren und Dromedaren, her zu meinem heiligen Berg nach Jerusalem, spricht der Herr, so wie die Söhne Israels ihr Opfer in reinen Gefäßen zum Haus des Herrn bringen. Und auch aus ihnen werde ich Männer als Priester und Leviten auswählen, spricht der Herr. (Jes 66,18-21)

Am Ende des Jesajabuches kommt noch einmal die Sehnsucht nach einem Heil für die ganze Welt zum Ausdruck, das von Jerusalem ausgeht. In der Zeit des Rückkehrs aus dem Exil in Babylon, in die hinein der Prophet diese Worte spricht, liegt Jerusalem noch darnieder. Die Stadt ist zerstört, der Wiederaufbau mühsam und von allen Seiten bedroht. Der Prophet will den Leuten Mut machen: Was ihr jetzt mühsam aus Trümmern aufbaut, wird wieder eine große Stadt werden, ein leuchtendes Zeichen unter den Völkern.
Gott hat sein Zeichen aufgestellt, die Worte des Propheten sind in Erfüllung gegangen. In Jerusalem hat Gott das Zeichen des Kreuzes aufgestellt, an dem Jesus Christus, Gottes Sohn, gestorben ist. Fortan leuchtet dieses Zeichen über die ganze Welt und ruft alle Völker in die Gemeinschaft des Heils mit Gott.
Gott wird Herrscher sein über die ganze Welt, Gottes neue Welt, die er sich erschafft und in der seine Getreuen leben und ihn ehren. Das letzte Wort des Buches aber zeigt, wie es denen ergeht, die sich gegen Gottes Heil stellen.

Wie der neue Himmel und die neue Erde, die ich erschaffe, vor mir stehen - Spruch des Herrn -, so wird euer Stamm und euer Name dastehen. An jedem Neumond und an jedem Sabbat wird alle Welt kommen, um mir zu huldigen, spricht der Herr. Dann wird man hinausgehen, um die Leichen derer zu sehen, die sich gegen mich aufgelehnt haben. Denn der Wurm in ihnen wird nicht sterben und das Feuer in ihnen wird niemals erlöschen; ein Ekel sind sie für alle Welt. (Jes 66,22-24)