Als sich Jesus wieder auf den Weg machte, lief ein Mann auf ihn zu, fiel vor ihm auf die Knie. (Mk 10,17a)
Da kommt einer mitten auf dem Weg auf Jesus zu. Er spricht Jesus an und Jesus bleibt stehen, um mit ihm zu reden. Was ist das für einer? Markus definiert ihn nicht näher. In der Parallele bei Matthäus ist von einem jungen Mann die Rede, weshalb man dieser Stelle oft die Überschrift "Jesus und der reiche Jüngling" gibt.
Es ist einer wie du und ich, einer, der sich redlich müht, ein gutes Leben zu führen, der sein Einkommen und seinen Platz in der Gesellschaft hat. Einer der "normalen" Bürger. Kein Außenseiter, auf diese geht Jesus meist aus eigner Initiative heraus zu, um ihnen zu zeigen, dass auch sie dazugehören. Auch keiner von denen, die Jesus skeptisch gegenüberstehen, denn er fällt vor Jesus nieder und zeigt somit seine Hochachtung vor ihm.
Sicher hat er schon vor einiger Zeit von Jesus gehört, war vielleicht sogar begeistert von dem, was man sich über Jesus erzählte. Sicher war er auf der Suche, auf der Suche nach dem Weg zum ewigen Leben, denn diese Frage beschäftigt ihn und auf diese wünscht er sich von Jesus eine Antwort:
Er fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?
Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer der eine Gott. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter!
Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt. (Mk 10,17b-20)
Zunächst geht Jesus auf das Wort "guter Meister" ein. Niemand ist gut, außer Gott, dem Einen. Ein Meister und Lehrer kann zwar ein guter Mensch sein, aber nie gut an sich. Das Gutsein kommt letztendlich allein Gott zu. Gott ist der vollkommen Gute, das höchste und wahre Gut. Es genügt nicht, zu Jesus zu kommen, weil er ein guter Mensch oder Lehrer ist, sondern weil er Gott ist.
Um ein gutes Leben zu führen, genügt die Orientierung an den Geboten, du sollst nicht töten, nicht die Ehe brechen, nicht stehlen, nicht falsch aussagen, keinen Raub begehen, Vater und Mutter ehren. Diese Gebote gehören zum moralischen Fundament vieler Gesellschaften und auch in unserer Zeit ist es den meisten Menschen einsichtig, sich daran zu halten, damit menschliches Zusammenleben gelingen kann. So verwundert es nicht, dass der junge Mann, wie sicher viele von uns auch, sagen kann, dass er sein Leben lang nach diesen Geboten gelebt hat.
Was muss ich tun ... Was wäre er nicht bereit, alles auf sich zu nehmen, um das ewige Leben zu gewinnen. Vielleicht würde er mit Begeisterung irgendwelche fernöstlichen Meditationstechniken lernen, wäre bereit, eine feste Anzahl von Gebeten täglich zu verrichten oder was auch immer es an religiös motivierten Höchstleistungen gibt.
Versuchen wir, mitzufühlen, was nun geschieht. Im Gespräch zwischen Jesus und dem jungen Mann entwickelt sich eine gewisse Dynamik:
Da sah ihn Jesus an, umarmte ihn und sagte: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Armen und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! (Mk 10,21)
Jesus schenkt dem Mann eine intime persönliche Begegnung, die ihn dazu ermutigen soll, den entscheidenden Schritt seines Lebens zu tun. Liebevoll, aus ganzem Herzen, sagt Jesus diese Worte. Jesus will wirklich, dass der Mensch das bekommt, wonach er verlangt: das ewige Leben. Jesus sagt zu ihm:
"Schau her, du hast jetzt die einmalige Chance deines Lebens, du kannst alles bekommen, wonach du dich sehnst. Ich warte hier auf dich, geh und verschenke schnell deinen ganzen Besitz und dann komm wieder hierher und dann lass uns gemeinsam weitergehen. Dein Reichtum wird so zu einem Schatz im Himmel - und im Himmel wirst du das ewige Leben haben und dann wird dieser Schatz dort schon auf dich warten. Wenn du deinen Reichtum hier verschenkst, kannst du ihn für die Ewigkeit retten.
Dann folge mir. Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Das ewige Leben hast du dann, wenn du mir folgst. Hast du mich nicht guter Meister genannt? Es gibt nur einen, dem es gebührt "der Gute" genannt zu werden, das ist Gott. Ja, ich bin "der Gute", ich bin Gottes Sohn und mein Vater im Himmel wird die in sein ewiges Reich holen, die hier auf Erden mir nachgefolgt sind."
Um ein gutes Leben zu führen, genügt die Orientierung an den Geboten, du sollst nicht töten, nicht die Ehe brechen, nicht stehlen, nicht falsch aussagen, keinen Raub begehen, Vater und Mutter ehren. Diese Gebote gehören zum moralischen Fundament vieler Gesellschaften und auch in unserer Zeit ist es den meisten Menschen einsichtig, sich daran zu halten, damit menschliches Zusammenleben gelingen kann. So verwundert es nicht, dass der reiche Mann, wie sicher viele von uns auch, sagen kann, dass er sein Leben lang nach diesen Geboten gelebt hat.
Sicher reicht es für ein gutes Leben aus, sich an diese Gebote zu halten. Doch Jesus möchte noch mehr. Er blickt den jungen Mann an, er blickt ihn an mit dem Blick der Liebe, mit dem Gott seine Welt betrachtet. Jesus will ihm die Möglichkeit geben, noch enger mit ihm verbunden zu sein. Der junge Mann soll alles aufgeben, was ihn an diese Welt bindet und dann Jesus ganz nachfolgen. Hier ist es der Reichtum, der diesen Menschen fesselt, wir können uns aber auch viele andere Dinge vorstellen, die uns wichtig sind und die aufzugeben uns schwer fällt, ja sogar gänzlich unmöglich scheint.
Es ist eine einmalige Chance, die Jesus hier anbietet. Was wird der Mann daraus machen?