1Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr.
In den beiden letzten Kapiteln der Offenbarung wird dem Seher Johannes die Schau der neuen Welt Gottes zuteil. Bisher waren seine Visionen geprägt vom Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Gott und seinen Getreuen und dem Tier und seinen Verbündeten. Die Gläubigen hatten vieles zu leiden. Doch immer wieder ist die Herrlichkeit Gottes zum Durchbruch gekommen, bis schließlich Gericht gehalten wurde über die gottfeindlichen Mächte.
Nun kommt etwas ganz Neues. Die alte Erde mit ihren Schauplätzen von Krieg, Gewalt und Katastrophen ist endgültig Vergangenheit. Es braucht sich keiner mehr an diese Zeit zu erinnern. Es wird kein Trauma bleiben. Alle Wunden werden geheilt, alle Tränen abgewischt. Auch das Meer als bedrohende Macht, aus dem das gotteslästerliche Tier hervorgegangen ist, als Wohnung von Seeungeheuern, wie es uns das Alte Testament vorstellt, ist nicht mehr.
2Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. 3Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein.
Die Stadt Gottes ist geschmückt wie eine Braut, die ihren Bräutigam empfängt. Kein Bild kann die neue innige Beziehung zwischen Gott und den Menschen besser zum Ausdruck bringen, als das Bild der Ehe. Im Alten Testament zeigten die Propheten Gott als Bräutigam, der um seine Braut wirbt, die ihm untreu wurde und anderen Göttern nachlief, die er aber mit unendlicher Liebe liebt. Nun erfüllt sich diese Liebe. Nun wird Gottes Liebe offenbar und kein Mensch wird sich je nach einer anderen Liebe sehnen, weil Gottes Liebe höchste und unendliche Erfüllung schenkt.
Gott wird mitten unter den Menschen wohnen. Schon im Judentum war die Einwohnung Gottes in seiner Schöpfung, die Schekhina, von großer Bedeutung. Zunächst hat Mose beim Auszug aus Ägypten auf Anordnung Gottes das Bundeszelt errichtet, als Ort der Begegnung mit Gott. Als die Israeliten im Heiligen Land sesshaft wurden, entstanden mehrere Heiligtümer. Zentrale Bedeutung hat der Tempel in Jerusalem erlangt. Das Allerheiligste im Tempel war aus Sicht der Juden der Ort der Einwohnung Gottes in dieser Welt.
Mit Christus ist Gott selbst in diese Welt gekommen. Christus ist der Beginn von etwas ganz Neuem. Nun ist das Reich Gottes gekommen, die Endzeit ist angebrochen und wir warten auf die Wiederkunft Christi. Christus hat nach seinem Tod und seiner Auferstehung die Welt nicht einfach wieder verlassen, sondern hat den Heiligen Geist gesandt und der Kirche die Sakramente geschenkt als Zeichen seiner Gegenwart. So bleibt Gott uns nahe in dieser Welt. Ganz besonders wird dies in der Eucharistie deutlich.
In der Offenbarung heißt es: Seht das Zelt Gottes unter den Menschen. Hier steht im lateinischen Text das Wort tabernaculum. Wenn es auch viele Orte der Gegenwart Gottes in dieser Welt gibt, so ist doch seine Gegenwart in den Tabernakeln unserer Kirchen ein ganz besonderes Zeichen dieses Wohnen Gottes mit den Menschen in seiner Schöpfung. Es zeigt uns, dass die Verheißung der Offenbarung sich nicht nur auf die Zukunft bezieht, sondern jetzt schon Wirklichkeit ist.
Liebe und Eucharistie gehören untrennbar zusammen, wie uns Jesus beim letzten Abendmahl deutlich gemacht hat. So wird das Wohnen Gottes in seiner Schöpfung da in ganz besonderer Weise Wirklichkeit, wo Menschen in Liebe vereint sind. Das ist geschieht, wenn die christliche Gemeinde zum Gottesdienst zusammenkommt, aber auch überall dort, wo sich Menschen im Alltag in Liebe begegnen. Durch unser christliches Dasein und Tun können wir überall Zeichen der Gegenwart Gottes setzen.
4Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. 5aEr, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.
Gottes Liebe ist stärker als der Tod, alles wird heil im Blick der Liebe Gottes. Gebrochene Herzen werden gesund. Es wird keine Qual und Mühsal mehr geben, keinen Krieg und kein Elend. Die Sehnsucht aller Herzen wird gestillt. Keiner wird mehr seinen eigenen Vorteil suchen und andere unterdrücken. Die Schau Gottes wird alle einen, denn Gott hat gesprochen: Alles wird neu. Nun zeigt die Schöpfung in ihrer Vollendung, wozu Gott sie geschaffen hat.
Ist das alles nur ein frommes Wunschdenken? Warum hat Gott nicht gleich diese neue Welt erschaffen? Warum brauchte es die alte Welt mit all ihrer Mühsal? Und: Wenn Gott die erste Welt sehr gut geschaffen hat, in ihr dann aber doch all das Böse entstanden ist, was gibt uns die Gewissheit, dass dies nicht auch in der neuen Welt geschieht? Wird es nicht wieder Aufruhr gegen Gott geben und Gott den Menschen aus dem Paradies vertreiben, wie es einst geschehen ist? Wird dem Menschen Gottes Anblick genug sein und ewig genügen?
Die Offenbarung hat uns dafür eine Begründung gegeben: den Satan, der vom Himmel auf die Erde gestürzt wurde und die Menschen verführt hat, bis er schließlich am Ende der Zeiten für ewig gerichtet wurde. Es wird keine solche gottfeindliche Macht mehr unter den Engeln entstehen, weil sie auf ewig gefestigt sind in der Liebe zu Gott. Da keiner sie verführt, werden auch die Menschen ihrer tiefsten inneren Anlage gemäß Gott ewig lieben.
Wie schön wäre es, wenn schon hier auf Erden die Menschen so auf Gott blicken würden, dass ihre Herzen geheilt werden von allem Hass und aller Gier, aber auch vom Schmerz, der dazu treibt, anderen Schmerzen zuzufügen. Der Blick auf Gott, der kein weltfremd verklärter Blick ist, sondern ein tiefer und erfüllter Blick, der die Mitte des Herzens trifft.
Zeigen wir den Menschen diesen Gott, der Liebe ist und nichts als Liebe, der die Menschen in Liebe eint und sie mit seinen Gaben beschenkt, der keinen hungrig und durstig gehen lässt, der zu ihm bittend seinen Blick richtet. Jesus hat uns diesen Gott gezeigt. In ihm ist Gottes Liebe offenbar geworden. Jesus ruft uns, ihm ähnlich zu werden. Folgen wir seinem Ruf und Beispiel.