Matthäus 18,1-11

Klein wie ein Kind

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Mt 18
In jener Stunde kamen die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist im Himmelreich der Größte? Da rief er ein Kind herbei, stellte es in ihre Mitte und sagte: Amen, das sage ich euch: Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen. Wer so klein sein kann wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte. Und wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf. (Mt 18,1-5)

Nach dem Abschnitt über die Steuer, die auch die Jünger Jesu für die weltliche Obrigkeit zahlen müssen, geht es nun um das Himmelreich, das einerseits die jenseitige Welt Gottes bedeutet, das aber zugleich in der Gemeinde der Heiligen hier auf Erden schon konkrete Gestalt annimmt. Wer ist nun in diesem Reich der Größte? Die Jünger meinen damit wohl den, der schon hier auf Erden unter den Jüngern groß herauskommt und dafür dann auch im Himmel von Gott eine Sonderstellung bekommt.
Jesus sagt nicht, dass es keine solchen Großen im Himmelreich geben wird. Aber sie sind gewiss anders, als menschliche Logik sie sieht. Die Großen im Himmelreich sind nicht Menschen, die Karriere machen, die im irdischen Sinn mächtig sind, hohe Ämter bekleiden, Reichtum sammeln und in großen Palästen leben. Auch solche gibt es im Himmelreich, aber sie gehören nicht zu den Großen.
Wer im Himmelreich groß sein will, muss klein sein können wie ein Kind, muss demütig sein und es ertragen können, dass man ihn an den letzten Platz stellt. Nicht, weil er zu ungeschickt wäre zu allem. Das ist keine Demut. Kinder sind in vielem geschickter als Erwachsene, haben oft geniale Ideen und sehen die Welt mit ganz anderen Augen und kommen so zu ganz anderen Lösungen als Erwachsene. Aber niemand interessiert sich dafür. Das ist doch Kinderkram, die sollen erstmal erwachsen werden. Und so machen sich die Erwachsenen ihre Welt zurecht mit all ihrem kriegerischen Kampfgeist und ihrer unbezwingbaren Gier nach Reichtum und zertrampeln die schöne Welt, die in den Augen der Kinder ein Paradies war, in dem alle friedlich zusammenleben können.
Wer die Welt mit den Augen eines Kindes sehen kann, wer geniale Ideen hat wie Kinder, aber diese nicht mit Macht durchsetzt, sondern es auch ertragen kann, dass man ihn einfach ignoriert und wer mit kindlichem Glauben und tiefer Frömmigkeit sein Herz an Gott festmacht, der wird groß sein im Himmelreich. Und wer einen solchen Menschen, der um Gottes Willen in den Augen der Welt zu einem Kind geworden ist, aufnimmt, der nimmt Christus auf.

Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde. Wehe der Welt mit ihrer Verführung! Es muss zwar Verführung geben; doch wehe dem Menschen, der sie verschuldet. Wenn dich deine Hand oder dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg! Es ist besser für dich, verstümmelt oder lahm in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen und zwei Füßen in das ewige Feuer geworfen zu werden. Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Es ist besser für dich, einäugig in das Leben zu gelangen, als mit zwei Augen in das Feuer der Hölle geworfen zu werden. (Mt 18,6-9)

Schlimmer noch als der Rangstreit um den ersten Platz ist es aber, einem anderen Anlass zum Ärgernis zu geben, einen, der ein reines Herz hat, zu verführen. Besser würde er mit einem Mühlstein im Meer versenkt. Ein hartes Wort. Besser ein solcher Mensch wäre tot, als wenn er einen Menschen mit reinem Herzen auf den Weg des Bösen führt und ihm so letztlich des Tod bringt.
Verführungen sind die härtesten Herausforderungen des Menschen, der auf dem Weg des Guten gehen will. Wir müssen bis aus Äußerste gegen die Versuchungen kämpfen. Wie har dieser Kampf ist, zeigt Jesus mit den Worten, dass es besser wäre, sich selbst zu verstümmeln, als mit seinen Gliedern zu sündigen. Sicher ein Wort, das nicht wörtlich genommen werden darf, das uns aber mit seiner Dringlichkeit immer wieder neu erschüttern muss.
Wie können aber die Kleinen überleben, wenn sie von allen verachtet werden, wenn sie ständig in Gefahr sind, dass jemand die verführt oder gar mit Gewalt bedroht? Gott sorgt für die Seinen.

Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters. (Mt 18,10)

Dieses Wort Jesu ist zur biblischen Begründung für den Glauben an den Schutzengel geworden. Gott sendet jedem seiner Jünger einen Engel, der ihn behütet, der ihm beisteht in Gefahr, der ihn in Schutz nimmt vor den Anfeindungen der Menschen, der ihm in der Versuchung Kraft gibt. Umso kleiner sich ein Mensch um Gottes Willen vor den Augen der Menschen macht, desto größer wird er vor Gott sein.