Lukas 22,1-23,25

Leiden Jesu

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Judas Iskariot
Das Fest der Ungesäuerten Brote, das Pascha genannt wird, war nahe. Und die Hohenpriester und die Schriftgelehrten suchten nach einer Möglichkeit, Jesus (unauffällig) zu beseitigen; denn sie fürchteten sich vor dem Volk.
Der Satan aber ergriff Besitz von Judas, genannt Iskariot, der zu den Zwölf gehörte. Judas ging zu den Hohenpriestern und den Hauptleuten und beriet mit ihnen, wie er Jesus an sie ausliefern könnte. Da freuten sie sich und kamen mit ihm überein, ihm Geld dafür zu geben. Er sagte zu und suchte von da an nach einer Gelegenheit, ihn an sie auszuliefern, ohne dass das Volk es merkte. (Lk 22,1-6)

Ohne zu beschönigen beschreiben die Evangelien, dass es auch in nächster Nähe Jesu zu Verrat und Missgunst kommt. Selbst die vertraute Nähe des Herrn, das hautnahe Erleben seiner Wunder, das ständige Hören seines Wortes kann nicht verhindern, dass Menschen fallen. Petrus, den Jesus zum Felsen erwählt hat, wird schwach und verleugnet den Herrn. Jakobus und Johannes, die nach Petrus zu den führenden Köpfen des Apostelkollegiums zählen, gieren nach den ersten Plätzen im Himmelreich. Doch sie kommen zur Einsicht, lernen aus ihren Fehlern. Schwerer wiegt das, was Judas Iskariot dem Herrn antut:
Was war es, das Judas zu diesem Schritt getrieben hat? Früher unterstellte man ihm oft allein Geldgier, eine Vermutung, die die Evangelien dadurch stützen, dass sie erwähnen, dass Judas Geld für seinen Verrat erhalten hat und dass Judas die Kasse hatte und dabei auch Geld unterschlagen hat (vgl. Joh 12,6). Wir wissen selbst gut genug, wozu Menschen fähig sind, die von der Geldgier beherrscht werden, so dass dieses Motiv des Judas durchaus denkbar ist.
Eine andere Erklärung wäre, dass Judas von Jesu Sanftmut enttäuscht war. Sein Beiname Iskariot könnte darauf hinweisen, dass Judas zu einer Gruppe von Befreiungskämpfern, den Sikariern gehört hat (Iskariot kann aber auch nur auf seine Herkunft "Mann aus Kariot" hinweisen). Vielleicht hat er gehofft, dass Jesus nach dem Einzug in Jerusalem die Römer vertreiben und ein neues Israel aufbauen wird. Er konnte nicht verstehen, dass Gott nicht auf dem Weg der Gewalt, sondern durch die tiefste Selbsterniedrigung sein neues Reich errichtet.

Jesus wusste um die Gedanken seines Apostels. Sicher hat er das vertraute Gespräch mit ihm gesucht, um ihn zur Einsicht zu bringen. Johannes Chrysostomus schreibt dazu:

Diese Handlungsweise des Herrn wollen auch wir beherzigen und wollen nichts unversucht lassen, um die Sünder und Nachlässigen zu ermahnen, zu belehren, zu ermuntern, anzuspornen, ihnen zu raten, selbst wenn wir nichts ausrichten sollten. Auch Christus wusste ja voraus, dass der Verräter unverbesserlich war; aber gleichwohl hört er nicht auf, das Seinige zu tun; er mahnt, droht, spricht Wehe über ihn, aber niemals offen und vor anderen, sondern im Geheimen. Ja, im Augenblick des Verrats lässt er sich von ihm sogar küssen; allein auch das macht keinen Eindruck auf Judas.

Selbst nach seiner Tat wäre Judas der Weg zur Umkehr offen gestanden. Judas hat die Barmherzigkeit Jesu so oft erlebt. Warum wagt er es nicht, Jesus um Verzeihung zu bitten? Nicht der Verrat an Jesus ist das Unrecht, das Judas begangen hat, sondern dass er nicht an die Barmherzigkeit des Herrn geglaubt hat.
So wird Judas auch für uns ein mahnendes Beispiel. Wie oft bleiben wir in uns selbst gefangen, wenn wir einen Fehler begangen haben und wagen es nicht, diesen offen auszusprechen und um Verzeihung zu bitten. So bohrt sich das Versagen tief in uns ein und lähmt uns immer mehr.

Herr, gib uns den Mut, zu unseren Fehlern zu stehen und um Verzeihung zu bitten. Lass uns stets auf deine Barmherzigkeit vertrauen.

Johannes Chrysostomus gibt noch eine andere Ursache für das Verhalten des Judas an:

Wie konnte er so weit sinken, fragst du, da er doch von Christus zum Apostel berufen worden war? ... Weil er nachlässig wurde. Aus dieser Quelle erklären sich alle Wandlungen dieser Art, gleichwie aus dem Eifer die umgekehrten. ... Die Berufung Gottes zwingt und nötigt keinen, wider Willen die Tugend zu wählen, sondern mahnt und rät nur, lässt nichts unversucht und tut alles, um dem Menschen die Tugendhaftigkeit nahe zu legen; wenn sich der ein oder andere nicht daran kehrt, so wird er nicht gezwungen.

Auch das ist eine Mahnung an uns. Geben wir uns Mühe, die Pflichten des Alltags treu zu erfüllen? Sind wir achtsam für das, was jeder Augenblick von uns fordert? Nehmen wir die Zeiten des Gebetes ernst und versuchen wir uns bewusst in die Nähe des Herrn zu versetzten?
Judas lebte in der Nähe zum Herrn, aber er ließ zu, dass sich etwas zwischen ihm und Jesus gestellt hat. Wir kennen das auch, dass sich zwischen Menschen eine unsichtbare Wand aufbaut, die immer höher wird und Menschen voneinander trennt, die einander nahe waren. Wir wissen um die Wand, die Menschen zwischen sich und Gott errichten.

Herr, lass uns wachsam sein, wenn Mauern um uns entstehen, die uns von dir und unseren Mitmenschen trennen. Gib uns den Mut und die Kraft, diese Mauern niederzureißen, bevor sie eine Beziehung ganz zerstören. Lass uns stets auf dich blicken und in deiner Gegenwart leben.
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Heilige Schrift
Dann kam der Tag der Ungesäuerten Brote, an dem das Paschalamm geschlachtet werden musste.
Jesus schickte Petrus und Johannes in die Stadt und sagte: Geht und bereitet das Paschamahl für uns vor, damit wir es gemeinsam essen können. Sie fragten ihn: Wo sollen wir es vorbereiten?
Er antwortete ihnen: Wenn ihr in die Stadt kommt, wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm in das Haus, in das er hineingeht, und sagt zu dem Herrn des Hauses: Der Meister lässt dich fragen: Wo ist der Raum, in dem ich mit meinen Jüngern das Paschalamm essen kann? Und der Hausherr wird euch einen großen Raum im Obergeschoss zeigen, der mit Polstern ausgestattet ist. Dort bereitet alles vor!
Sie gingen und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Paschamahl vor.
Als die Stunde gekommen war, begab er sich mit den Aposteln zu Tisch. Und er sagte zu ihnen: Ich habe mich sehr danach gesehnt, vor meinem Leiden dieses Paschamahl mit euch zu essen. Denn ich sage euch: Ich werde es nicht mehr essen, bis das Mahl seine Erfüllung findet im Reich Gottes. (Lk 22,7-16)

"Mit Sehnsucht habe ich mich danach gesehnt, dieses Paschamahl mit euch zu essen." Dieser Satz gehört zum Eigengut des Evangelisten Lukas. Jesus hebt die Bedeutung dessen, was hier geschieht hervor. Er hat seine Jünger hingeführt und vorbereitet auf das, was nun geschieht, und doch werden wir sehen, dass es ihnen schwer fällt, zu begreifen.
Jesus feiert das letzte Paschamahl mit seinen Jüngern. So, wie er jetzt mit ihnen isst, wird er niemals wieder mit ihnen beisammen sein. Und doch setzt er in diesem Mahl ein bleibendes Zeichen seiner Gegenwart. In der Feier des eucharistischen Mahles bleibt Jesus zu allen Zeiten gegenwärtig.
Wie Jesus sich nach dieser Begegnung mit seinen Jüngern gesehnt hat, so sehnt er sich zu allen Zeiten danach, mit den Menschen dieses Paschamahl zu feiern. Jesus sehnt sich nach der Begegnung mit mir. Dieser Gedanke kann zur Grundstimmung meines Lebens werden. Ich darf mich immer wieder an diesen Satz Jesu erinnern.
Jesus will bei uns sein, will mit uns sein, hier auf Erden noch verborgen, dereinst im Himmel aber vollkommen. Und doch ist Jesu Gegenwart auch schon jetzt konkret. Das Wort von der Erfüllung des Mahls in der Königsherrschaft Gottes erinnert mich an Jesu Wort an den Schächer am Kreuz, der Jesus bittet, an ihn zu denken, wenn er in seiner Königsherrschaft kommt. Dieses Jesuswort gehört auch zum Eigengut des Lukas.
Jesus wird dann zum Schächer sagen: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein. Heute findet das Mahl bereits seine Erfüllung, weil Gottes Königsherrschaft bereits angebrochen ist. Nicht zeitlich steht die Erfüllung noch aus, die Gegenwart der Erfüllung ist vielmehr eine Frage der Dimension, unter der man sie betrachtet. Für uns Menschen, die wir an die Zeitlichkeit gebunden sind, steht die Erfüllung noch aus, in Gottes Gegenwart aber ist sie bereits konkret.
An dieser Erfüllung können wir jetzt schon Anteil erhalten. Darum ist Jesu Gegenwart in den Gestalten der Eucharistie nicht nur symbolisch zu sehen, sondern als konkrete Wirklichkeit. Brot und Wein werden im Vollzug der Wandlung in der Heiligen Messe zu Leib und Blut Jesu Christi. Er ist da, mitten unter uns. Knien wir hin und beten wir an und lassen wir uns erfüllen von der Gegenwart des Herrn.

Und er nahm den Kelch, sprach das Dankgebet und sagte: Nehmt den Wein und verteilt ihn untereinander! Denn ich sage euch: Von nun an werde ich nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt.
Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis!
Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.
Doch seht, der Mann, der mich verrät und ausliefert, sitzt mit mir am Tisch. Der Menschensohn muss zwar den Weg gehen, der ihm bestimmt ist. Aber weh dem Menschen, durch den er verraten wird.
Da fragte einer den andern, wer von ihnen das wohl sei, der so etwas tun werde. (Lk 22,17-23)
Es entstand unter ihnen ein Streit darüber, wer von ihnen wohl der Größte sei.
Da sagte Jesus: Die Könige herrschen über ihre Völker und die Mächtigen lassen sich Wohltäter nennen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern der Größte unter euch soll werden wie der Kleinste und der Führende soll werden wie der Dienende. Welcher von beiden ist größer: wer bei Tisch sitzt oder wer bedient? Natürlich der, der bei Tisch sitzt. Ich aber bin unter euch wie der, der bedient. In allen meinen Prüfungen habt ihr bei mir ausgeharrt. Darum vermache ich euch das Reich, wie es mein Vater mir vermacht hat: Ihr sollt in meinem Reich mit mir an meinem Tisch essen und trinken, und ihr sollt auf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten. (Lk 22,24-31)
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Petrus
Simon, Simon, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt. (Lk 22,31-32a)

Diese Worte Jesu an Petrus hat die Kirche am heutigen Fest Kathedra Petri als Eröffnungsvers der Messe gewählt.
Jesus hat Simon Petrus zum Fels berufen, auf den er die Kirche bauen möchte und ihm die Schlüssel des Himmelreiches übergeben. Jesus setzt auf Petrus, aber er weiß auch: Petrus ist ein Mensch, der Fehler macht.

Als denkbar festes Fundament der vom Messias Jesus zu erbauenden Heilsgemeinde soll Simon das sichernde Prinzip ihres Bestandes und ihrer Einheit sein. Und in dieser Funktion wird er mit heilsmittlerischer Vollmacht ausgestattet sein, wie das Bildwort von der Übergabe der Schlüssel zum Himmelreich und die Übertragung verbindlicher Binde- und Lösegewalt erläuternd hinzufügen.“ (Anton Vögtle)

In der Leidensstunde verlassen alle Jünger Jesus, auch Petrus versteckt sich, ja er leugnet dreimal, Jesus zu kennen. Hat sich Jesus in Petrus getäuscht? Nein. Petrus bereut, was er getan hat und geht aus seinem Fehltritt umso stärker hervor.

Und wenn du wieder zurückgefunden hast, dann stärke deine Brüder. (Lk 22,32b)

So geht Jesu Wort an Petrus weiter. Nach der Auferstehung Jesu verkündete Petrus unerschütterlich den Glauben an Jesus Christus. Er wurde zusammen mit den anderen Aposteln zum Fundament der Kirche, die sich über die ganze Erde ausgebreitet hat. Zunächst wirkte Petrus in Jerusalem. Am Pfingstfest trat er mit seiner Predigt zum ersten Mal in die Öffentlichkeit. In der Apostelgeschichte erfahren wir, dass es beim Apostelkonzil in Jerusalem die Leitung innehatte. Als König Herodes Agrippa den Jakobus hinrichten ließ, entkam Petrus nur knapp dem Tod und verließ Jerusalem, dann schweigt die Heilige Schrift über ihn.
Petrus wurde zum ersten Bischof von Antiochien, der damals drittgrößten Stadt des Römischen Reiches, wo Paulus die Mission begonnen hatte und die Jünger zum ersten Mal Christen genannt wurden. Später kam er nach Rom, dem Zentrum der damaligen Welt. Als erster Bischof von Rom hat er in der Kirche das Petrusamt begründet, das dem Bischof von Rom den Vorrang vor allen anderen Bischöfen zukommen lässt. Unter Kaiser Nero erlitt er zwischen 64 und 67 das Martyrium.
Wie Petrus waren auch die Päpste manchmal schwache Menschen und manche ihrer Fehler lasten bis heute auf der Kirche. Doch immer wieder gab es auch Kräfte der Erneuerung und wir dürfen dankbar sein, dass wir in unserer Zeit heiligmäßige Päpste haben, die den Dienst der Stärkung des Gottesvolkes treu erfüllen.

Die Kirche ist jederzeit angewiesen auf den Petrusdienst. Über alle Entstellungen der menschlichen Geschichte hinweg ist das Petrusamt gerade heute klar zu erkennen. Der Glaube, der durch diesen Dienst immer neu gestärkt wird, und die durch ihn gestiftete Einheit geben unserer Zeit eine große Hoffnung.“ (Franz Huber)

Beten wir darum, dass Gott seiner Kirche auch in Zukunft solch heiligmäßige Päpste schenkt, die den Dienst, den Jesus Petrus anvertraut hat, in Treue fortführen.

Darauf sagte Petrus zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir sogar ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.
Jesus erwiderte: Ich sage dir, Petrus, ehe heute der Hahn kräht, wirst du dreimal leugnen, mich zu kennen.

Dann sagte Jesus zu ihnen: Als ich euch ohne Geldbeutel aussandte, ohne Vorratstasche und ohne Schuhe, habt ihr da etwa Not gelitten? Sie antworteten: Nein.
Da sagte er: Jetzt aber soll der, der einen Geldbeutel hat, ihn mitnehmen und ebenso die Tasche. Wer aber kein Geld hat, soll seinen Mantel verkaufen und sich dafür ein Schwert kaufen. Ich sage euch: An mir muss sich das Schriftwort erfüllen: Er wurde zu den Verbrechern gerechnet. Denn alles, was über mich gesagt ist, geht in Erfüllung.
Da sagten sie: Herr, hier sind zwei Schwerter. Er erwiderte: Genug davon! (Lk 22,33-38)
Dann verließ Jesus die Stadt und ging, wie er es gewohnt war, zum Ölberg; seine Jünger folgten ihm. (Lk 22,39)

Nach dem letzten Abendmahl mit dem Hinweis auf den Verräter und einem abschließenden Wort an Petrus und die anderen Jünger verlässt Jesus zusammen mit ihnen die Stadt. So hat er es auch bereits in den vergangenen Tagen, an denen er mit seinen Jüngern in Jerusalem war, gemacht. Sie haben ihr Übernachtungsquartier in Betanien, auf der anderen Seite des Ölbergs. Nun aber geht er nicht direkt dorthin, sondern macht bei einem Grundstück am Fuße des Ölbergs halt. Anders als Matthäus und Markus erwähnt Lukas den Namen Getsemani des Grundstücks nicht. Auch weist Jesus bei Lukas die Jünger nicht an, auf ihn zu warten, während er sich zum Gebet zurückzieht, sondern er fordert sie auf zum Gebet und geht dann selbst weg, um zu beten, allein, ohne Petrus, Jakobus und Johannes, wie es die anderen Evangelisten berichten.

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Heilige Schrift
Als er dort war, sagte er zu ihnen: Betet, dass ihr nicht in Versuchung geratet! Dann entfernte er sich von ihnen ungefähr einen Steinwurf weit, kniete nieder und betete. (Lk 22,40-41)

Lukas ist sehr präzise, wenn er die Entfernung mit der Weite eines Steinwurfs angibt. Wahrscheinlich war das die Distanz, die sich Jesus gewöhnlich von seinen Jüngern entfernte, um in das vertraute Gespräch mit seinen Vater einzutreten. Die Jünger wussten um das Besondere dieser Beziehung Jesu zum Vater, auch wenn Sie es wahrscheinlich nicht vollkommen verstehen konnten. Alle drei Synoptiker berichten den Inhalt des Gebetes Jesu:

Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.
Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und stärkte ihn. Und er betete in seiner Angst noch inständiger und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte. (Lk 22,42-44)

Jesus weiß um das, was ihm bevorsteht. Er hat Angst. Sein Schweiß tropft dick wie Blut auf den Boden. Aber er bekommt Kraft im Gebet. Vielleicht ist es nicht so sehr seine Angst um sein eigenes irdisches Leben, die ihn beschäftigt, sondern die Sorge um seine Jünger, die Sorge um das Reich Gottes. Wird das, was nun geschehen wird, den Aufbau des Reiches Gottes fördern? Sind die Jünger schon reif dafür, ohne seine irdische Anwesenheit das Reich Gottes aufzubauen, oder werden sie zerstreut und aufgerieben werden? Wie Jesus nach seinem Gebet die Jünger vorfindet, ist nicht gerade ermutigend.

Nach dem Gebet stand er auf, ging zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend; denn sie waren vor Kummer erschöpft. Da sagte er zu ihnen: Wie könnt ihr schlafen? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet! (Lk 22,44-46)

Betet, dass ihr nicht in Versuchung geratet! Dieses Wort Jesu ist aus meiner Sicht der zentrale Punkt des Gebetes Jesu am Ölberg. Es geht Jesus nicht um sich, nicht um seine eigenen Ängste, es geht Jesus um uns. Er weiß was ihm bevorsteht, er weiß, dass der Wille des Vaters für ihn gut ist. Aber was wird mit den Jüngern geschehen, wenn sie das erleben? Wenn sie ihn am Kreuz sterben sehen? Noch kennen sie nicht die Kraft der Auferstehung, noch kennen sie nicht den Sieg des Lebens über den Tod. Werden sie beisammen bleiben, bis die Kraft des Heiligen Geistes, den Jesus senden wird, ihnen die Kraft zum Zeugnis geben wird?
Werden die Jünger in der Versuchung standhalten? Judas Iskariot ist ihr bereits erlegen und wird in der nächsten Szene die Truppen anführen, die Jesus gefangen nehmen. Jesus weiß, mit welch hinterlistigen Argumenten der Versucher an die Menschen herantritt, um sie zu täuschen. Er findet Argumente, um das Böse gut erscheinen zu lassen und das Gute böse. Es erfordert viel Kraft und Ausdauer, um seinen Einflüsterungen zu widerstehen. Die wichtigste Waffe gegen ihn ist das Gebet.
Wenn wir uns am Gründonnerstag zur Ölbergstunde zum Gebet zusammenfinden, wollen wir besonders daran denken, wie wichtig es für uns ist, zu beten, dass wir nicht in Versuchung geraten, dass wir in der Versuchung standhaft sind und uns nicht von den scheinbar so einleuchtenden Argumenten des Versuchers verführen lassen. Jesus steht uns bei im Kampf gegen das Böse. Seine größte Sorge galt seinen Jüngern und damit auch uns, dass wir standhaft bleiben in der Versuchung und so zu aufrichtigen Zeugen des Reiches Gottes werden. Wie viele sind dem Versucher zum Opfer gefallen und haben die Kirche in Verruf gebracht. Beten wir auch für sie, verurteilen wir sie nicht. Wir wissen, dass auch wir selbst anfällig sind für die Versuchung. Wenn uns der Versucher bedrängt, denken wir an die Ölbergstunde Jesu und seine Sorge um uns. Schöpfen wir die Kraft, dem Versucher zu widerstehen, aus dem festen Vertrauen darauf, dass Jesus uns allezeit nahe ist.

Während er noch redete, kam eine Schar Männer; Judas, einer der Zwölf, ging ihnen voran. Er näherte sich Jesus, um ihn zu küssen. Jesus aber sagte zu ihm: Judas, mit einem Kuss verrätst du den Menschensohn?
Als seine Begleiter merkten, was (ihm) drohte, fragten sie: Herr, sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen? Und einer von ihnen schlug auf den Diener des Hohenpriesters ein und hieb ihm das rechte Ohr ab. Jesus aber sagte: Hört auf damit! Und er berührte das Ohr und heilte den Mann.
Zu den Hohenpriestern aber, den Hauptleuten der Tempelwache und den Ältesten, die vor ihm standen, sagte Jesus: Wie gegen einen Räuber seid ihr mit Schwertern und Knüppeln ausgezogen. Tag für Tag war ich bei euch im Tempel und ihr habt nicht gewagt, gegen mich vorzugehen. Aber das ist eure Stunde, jetzt hat die Finsternis die Macht.

Darauf nahmen sie ihn fest, führten ihn ab und brachten ihn in das Haus des Hohenpriesters. Petrus folgte von weitem. Mitten im Hof hatte man ein Feuer angezündet und Petrus setzte sich zu den Leuten, die dort beieinandersaßen. Eine Magd sah ihn am Feuer sitzen, schaute ihn genau an und sagte: Der war auch mit ihm zusammen. Petrus aber leugnete es und sagte: Frau, ich kenne ihn nicht.
Kurz danach sah ihn ein anderer und bemerkte: Du gehörst auch zu ihnen. Petrus aber sagte: Nein, Mensch, ich nicht!
Etwa eine Stunde später behauptete wieder einer: Wahrhaftig, der war auch mit ihm zusammen; er ist doch auch ein Galiläer. Petrus aber erwiderte: Mensch, ich weiß nicht, wovon du sprichst. Im gleichen Augenblick, noch während er redete, krähte ein Hahn.
Da wandte sich der Herr um und blickte Petrus an. Und Petrus erinnerte sich an das, was der Herr zu ihm gesagt hatte: Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er ging hinaus und weinte bitterlich.

Die Wächter trieben ihren Spott mit Jesus. Sie schlugen ihn, verhüllten ihm das Gesicht und fragten ihn: Du bist doch ein Prophet! Sag uns: Wer hat dich geschlagen? Und noch mit vielen anderen Lästerungen verhöhnten sie ihn.

Als es Tag wurde, versammelten sich die Ältesten des Volkes, die Hohenpriester und die Schriftgelehrten, also der Hohe Rat, und sie ließen Jesus vorführen. Sie sagten zu ihm: Wenn du der Messias bist, dann sag es uns! Er antwortete ihnen: Auch wenn ich es euch sage - ihr glaubt mir ja doch nicht; und wenn ich euch etwas frage, antwortet ihr nicht. Von nun an wird der Menschensohn zur Rechten des allmächtigen Gottes sitzen.
Da sagten alle: Du bist also der Sohn Gottes. Er antwortete ihnen: Ihr sagt es - ich bin es. Da riefen sie: Was brauchen wir noch Zeugenaussagen? Wir haben es selbst aus seinem eigenen Mund gehört. (Lk 22,47-71)
Daraufhin erhob sich die ganze Versammlung und man führte Jesus zu Pilatus. Dort brachten sie ihre Anklage gegen ihn vor; sie sagten: Wir haben festgestellt, dass dieser Mensch unser Volk verführt, es davon abhält, dem Kaiser Steuer zu zahlen, und behauptet, er sei der Messias und König.
Pilatus fragte ihn: Bist du der König der Juden? Er antwortete ihm: Du sagst es.
Da sagte Pilatus zu den Hohenpriestern und zum Volk: Ich finde nicht, dass dieser Mensch eines Verbrechens schuldig ist. Sie aber blieben hartnäckig und sagten: Er wiegelt das Volk auf und verbreitet seine Lehre im ganzen jüdischen Land von Galiläa bis hierher.
Als Pilatus das hörte, fragte er, ob der Mann ein Galiläer sei. Und als er erfuhr, dass Jesus aus dem Gebiet des Herodes komme, ließ er ihn zu Herodes bringen, der in jenen Tagen ebenfalls in Jerusalem war. Herodes freute sich sehr, als er Jesus sah; schon lange hatte er sich gewünscht, mit ihm zusammenzutreffen, denn er hatte von ihm gehört. Nun hoffte er, ein Wunder von ihm zu sehen. Er stellte ihm viele Fragen, doch Jesus gab ihm keine Antwort.
Die Hohenpriester und die Schriftgelehrten, die dabeistanden, erhoben schwere Beschuldigungen gegen ihn. Herodes und seine Soldaten zeigten ihm offen ihre Verachtung. Er trieb seinen Spott mit Jesus, ließ ihm ein Prunkgewand umhängen und schickte ihn so zu Pilatus zurück. An diesem Tag wurden Herodes und Pilatus Freunde; vorher waren sie Feinde gewesen.
Pilatus rief die Hohenpriester und die anderen führenden Männer und das Volk zusammen und sagte zu ihnen: Ihr habt mir diesen Menschen hergebracht und behauptet, er wiegle das Volk auf. Ich selbst habe ihn in eurer Gegenwart verhört und habe keine der Anklagen, die ihr gegen diesen Menschen vorgebracht habt, bestätigt gefunden, auch Herodes nicht, denn er hat ihn zu uns zurückgeschickt. Ihr seht also: Er hat nichts getan, worauf die Todesstrafe steht. Daher will ich ihn nur auspeitschen lassen und dann werde ich ihn freilassen.[]
Da schrien sie alle miteinander: Weg mit ihm; lass den Barabbas frei! Dieser Mann war wegen eines Aufruhrs in der Stadt und wegen Mordes ins Gefängnis geworfen worden.
Pilatus aber redete wieder auf sie ein, denn er wollte Jesus freilassen. Doch sie schrien: Kreuzige ihn, kreuzige ihn!
Zum dritten Mal sagte er zu ihnen: Was für ein Verbrechen hat er denn begangen? Ich habe nichts feststellen können, wofür er den Tod verdient. Daher will ich ihn auspeitschen lassen und dann werde ich ihn freilassen. Sie aber schrien und forderten immer lauter, er solle Jesus kreuzigen lassen, und mit ihrem Geschrei setzten sie sich durch: Pilatus entschied, dass ihre Forderung erfüllt werden solle.
Er ließ den Mann frei, der wegen Aufruhr und Mord im Gefängnis saß und den sie gefordert hatten. Jesus aber lieferte er ihnen aus, wie sie es verlangten. (Lk 23,1-25)