
Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch! Eure Güte werde allen Menschen bekannt. Der Herr ist nahe. (Phil 4,4-5)
Noch einmal ruft Paulus zur Freude auf, es ist ein durch Verdoppelung gesteigerter Aufruf. Die Freude, die Paulus meint, geht tiefer als „nur“ ein friedliches Miteinander unter Menschen, das er natürlich auch der Gemeinde wünscht und das an sich sehr viel wert ist. Freude soll zu einer Grundhaltung werden, die aus unserem Ruhen in Gottes Herz heraus entspringt. Jesus Christus ist die Mitte unseres Glaubens. Er hat uns durch seinen Tod und seine Auferstehung gerecht gemacht vor Gott. Durch ihn sind wir hinein genommen in Gottes liebendes Herz. Aus dieser Liebe heraus sollen wir leben in der Freiheit der Kinder Gottes, die sich stets von Gottes Fülle beschenkt wissen.
Im Eröffnungsvers der Messe am dritten Adventssonntag findet dieser Text eine herrliche Vertonung. Dies zeigt, dass die Worte der Heiligen Schrift nicht nur trockene Buchstaben sind, die wir lesen. Es sind Worte der Freude, die wir singen und zu denen wir auch tanzen können. Und wenn gregorianischer Choral für die meisten nicht Ausdruck eines freudigen Gesanges ist, warum es dann nicht mit einem neuen Lied für unsere Zeit versuchen?
Ein Freudentanz über die Worte des Glaubens - warum nicht? Dann verschwindet auch der Befehlston, den wir vielleicht aus den Worten des Paulus heraus hören. Der Aufruf „Freut euch!“ wird zu einer Ermunterung, aus uns heraus zu gehen und die Freude in die Welt zu tragen, durch Singen und Tanzen und das absichtslose Schenken von Liebe. Denn was sonst meint Güte, als das wir schenken ohne Absicht, selbst etwas dafür zurück zu bekommen.
Die nach oben geöffneten Hände können vieles zeigen. Sie sind lebendiger Ausdruck unserer Hingabe an den Herrn im Freudentanz. Zugleich zeigen sie unsere Offenheit, von Gott das Geschenk seiner übergroßen Liebe zu empfangen. Diese Liebe aber lässt unsere geöffneten Hände zu einer Schale werden, in der Köstlichkeiten bereit liegen, die wir anderen schenken möchten.
Christliche Freude kann nicht verordnet werden. Mit seinem Aufruf zur Freude will Paulus nicht an die organisierten Massenveranstaltungen anknüpfen, in denen das Volk seine Freude am Herrscher zum Ausdruck bringt, wie wir es von Jubelaufmärschen zu Ehren von Diktatoren kennen, die es auch zu Ehren der Kaiser im alten Rom gab. Die Freude, die Paulus meint, ist auch keine aufgesetzte Freundlichkeit, wie wir sie von manchen Verkäufern kennen und die oft nur so lange anhält, wie eine gewisse Kaufbereitschaft des Kunden zu erwarten ist.
Paulus will, dass die Philipper sich freuen, weil sie allen Grund zur Freude haben. Nun gibt es viele Gründe, sich zu freuen, die meisten sind vergänglich und nach einer gewissen Zeit ist dann auch die Freude wieder verflogen. Aber den Grund, den Paulus zur Freude sieht, ist ein unvergänglicher. Es ist die Freude im Herrn, der immer da ist, der den Menschen nahe ist.
Jesus Christus ist den Menschen nahe gekommen, indem er als Mensch auf Erden gelebt hat zu unserem Heil. Das feiern wir an Weihnachten. Der Advent ist die Vorbereitungszeit auf dieses Fest. Aber wir bereiten uns nicht nur darauf vor, die Ankunft des Herrn, die sich einmal in der Geschichte ereignet hat, als etwas Vergangenes zu feiern. Wir schauen auch nicht allein auf die Wiederkunft des Herrn am Ende der Zeiten, die man in der Anfangszeit des Christentums als nahe bevorstehend gesehen hat, heute aber meist nicht mehr so konkret vor Augen hat. Advent ist vor allem eine Zeit der Einübung darin, dass der Herr uns nahe IST. Er ist nicht nur einmal gekommen und wird einmal wieder kommen, sondern der Herr ist immer bei uns. Durch die Taufe sind wir zu einem Glied am Leib Christi geworden. Wir gehören zu ihm. Wir stehen ihm nicht gegenüber, sondern sind lebendig mit ihm verbunden.
Die Nähe Jesu Christi ist der tiefste Grund unserer Freude. Und dieser Grund ist unvergänglich. Das bedeutet zwar nicht, dass diese Freude in jedem Augenblick spürbar wäre, aber sie kann immer wieder aufflammen als dieselbe Freude und sie wechselt sich nicht einfach ab mit unerfreulichen Erlebnissen. Sie hat vielmehr die Kraft, sich gegen Widerwärtigkeiten aller Art durchzusetzen und sie zu verwandeln, indem sie Glück ermöglicht, auch wenn wir, was einzelne Glückserlebnisse betrifft, zu kurz kommen. Sie kann unserem ganzen Leben und Lebensgefühl eine positive Grundstimmung geben, weil sie unsere Freude nicht von vergänglichen Glückserfahrungen abhängig macht, sondern sie auf einen unvergänglichen Grund stellt. Nicht mehr die Sorgen des Alltags sollen im Mittelpunkt stehen, sondern die rettende Gegenwart des Herrn. Deshalb schreibt Paulus weiter: