1 Korinther 12,1-11

Gnadengaben/Charismen

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Heilige Schrift
Auch über die Gaben des Geistes möchte ich euch nicht in Unkenntnis lassen, meine Brüder. Als ihr noch Heiden wart, zog es euch, wie ihr wisst, mit unwiderstehlicher Gewalt zu den stummen Götzen. Darum erkläre ich euch: Keiner, der aus dem Geist Gottes redet, sagt: Jesus sei verflucht! Und keiner kann sagen: Jesus ist der Herr!, wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet. (1Kor 12,1-3)

Die Thematik der Geistesgaben (Charismen) stellt einen wichtigen Abschnitt des Ersten Korintherbriefes dar und ist bis heute von größter Bedeutung. Paulus beantwortet hier zum einen diesbezügliche Anfragen aus der Gemeinde selbst, legt aber anderseits auch sehr ausführlich sein Verständnis von Gemeinde dar. Angesichts der im Brief geschilderten Missstände ist davon auszugehen, dass sich einige Gemeindemitglieder viel auf ihre besonderen Begabungen eingebildet haben und sich für etwas Besseres hielten. Paulus stellt demgegenüber dar, dass jeder einzelne eine wichtige Position in der Gemeinde einnimmt. Die Gemeinde als Ganze ist Leib Christi und jedes Gemeindemitglied ist ein Glied am Leib Christi. So hat jedes Glied, auch das unwichtig erscheinende, seine besondere Funktion, und der Leib kann nicht ohne alle seine Glieder funktionieren. Kennzeichen aller Begabung muss die Liebe sein, ohne die keine Gabe echt sein kann. Das zeigt Paulus im Hohenlied der Liebe, dem Höhepunkt dieses Abschnitts.

Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen. (1Kor 12,4-6)

Paulus macht deutlich, dass alle Befähigungen in ihrer Vielzahl einen gemeinsamen Ursprung haben: den dreifaltigen Gott. Gottes Kraft wirkt durch den Herrn Jesus Christus im heiligen Geist. Auf den ersten Blick unscheinbar, kommt in diesen drei Sätzen deutlich der trinitarische Charakter der Charismen zum Ausdruck.
Gottes Wirken setzt sich fort in der Zeit durch Menschen, die seinen Willen tun. Ob es sich aber bei dem, was Menschen tun, um eine Gabe Gottes oder allein um menschliches Profilierungsstreben handelt, lässt sich an einem Aspekt messen:

Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt. (1Kor 12,7)

Ist das, was ein Christ tut, förderlich zum Aufbau der Gemeinde, oder führt es zu Streit und Spaltung? Wenn einer sich selbst in den Mittelpunkt stellt, dann bringt er Spaltung in die Gemeinde, weil sie sich formiert in Anhänger und Gegner seiner Person. Wem es aber um den Aufbau der Gemeinde geht, der stellt sich selbst in den Hintergrund. Nicht sein Licht in den Schatten, das ist hier nicht gemeint. Jeder darf mutig seine Gabe zum Einsatz bringen. Die Geschichte der Heiligen zeigt jedoch, dass eine besondere Gabe oft zu einer Bürde wird. Sie bringt nichts Herausragendes im irdischen Sinn, sondern ist eher eine Herausforderung, die dem Begabten oft unter seiner Begabung leiden lässt.

Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt, Weisheit mitzuteilen, dem andern durch den gleichen Geist die Gabe, Erkenntnis zu vermitteln, dem dritten im gleichen Geist Glaubenskraft, einem andern - immer in dem einen Geist - die Gabe, Krankheiten zu heilen, einem andern Wunderkräfte, einem andern prophetisches Reden, einem andern die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden, wieder einem andern verschiedene Arten von Zungenrede, einem andern schließlich die Gabe, sie zu deuten. (1Kor 12,8-10)

Paulus gibt hier einen kurzen Überblick über die verschiedenen Gnadengaben. Wir verstehen das, was hier gemeint ist, leichter, wenn wir auf Christus blicken. In ihm wirkte Gottes Kraft in ihrer ganzen Fülle und er hat alle Gnadengaben in ihrer Fülle in sich vereinigt. Er besaß Gottes Weisheit und hat diese den Menschen verkündet. Er besaß die Kraft, Krankheiten zu heilen, ja sogar Tote zum Leben zu erwecken. Kein Geheimnis war ihm fremd, alles war ihm offenbar und davon hat er Kunde gebracht. Schließlich hat er sein Leben gering geachtet und sich für uns alle hingegeben.
Die Menschen, die in der Nachfolge Christi leben, teilen sich diese Kräfte. Der Geist teilt jedem seine Gabe zu, so wie es Gott gefällt. Kein einzelner Mensch kann in seiner Fülle das wirken, was Christus getan hat, aber die Gemeinde in ihrer Ganzheit, die Christi Leib in seiner bleibenden Gegenwart darstellt, kann durch die Summe ihrer Glieder, der einzelnen Christen, das Wirken Christi durch die Zeiten fortführen.
Die Gemeinde als Ganzes tut das, was Christus getan hat. Da gib es Christen, die in besonderer Weise Einblick in die Geheimnisse Gottes haben und den Menschen Weisheit vermitteln können. Andere verstehen die Zusammenhänge dieser Welt in besonderer Weise und können Erkenntnis vermitteln. Andere besitzen Glaubenskraft, die Berge versetzen kann. Mit ihrem Gebet können sie Großes bewirken. Andere können wie Christus Kranke heilen, können Menschen befreien von den Leiden und Zwängen, in denen sie lieben.
Wieder anderen ist die Gabe der Prophetie geschenkt. Sie erkennen tiefe Zusammenhänge und sehen voraus, was geschehen wird. Eine wichtige Gabe ist die Unterscheidung der Geister. Wenn es viele Stimmen in der Gemeinde gibt, welche ist die Stimme Gottes? Woran kann man sich orientieren? Anderen ist die Gabe der Zungenrede gegeben. Diese ist nicht unumstritten. Für manche ist es ein unverständliches Lallen, andere aber sehen darin eine Schau unergründlicher Geheimnisse, die andere zu deuten wissen.

Das alles bewirkt ein und derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will. (1Kor 12,11)

Noch einmal macht Paulus deutlich, dass alle diese Gnadengaben ihren Ursprung haben in dem einen Geist, der diese schenkt. Alle diese Gnadengaben sind wichtig für die Gemeinde und eine Gemeinde kann nur leben, wenn sie diese Gaben in sich vereinigt. Nur so stellt sie den Leib Christi dar, dessen Bild auf Erden sie ist. Dieses Bild von der Gemeinde als Leib Christi führt Paulus im folgenden Abschnitt noch deutlicher aus.
Beten wir darum, dass auch heute in unseren Gemeinden die Gnadengaben wirksam sind. Nur so können wir Gottes Wirken auf Erden fortsetzen in einer Zeit, die dieser Hilfe so sehr bedarf.

Gott. Du hast uns verschiedene Gaben geschenkt.
Keinem gabst du alles - und keinem nichts.
Jedem gibst du einen Teil.
Hilf uns, dass wir uns nicht zerstreiten,
sondern einander dienen mit dem,
was du einem jeden zum Nutzen aller gibst.

Folgendes Gebet habe ich gefunden. Es zeigt, was die Aufgabe von uns Christen heute ist:

Was keiner wagt, das sollt ihr wagen.
Was keiner sagt, das sagt heraus.
Was keiner denkt, das wagt zu denken.
Was keiner anfängt, das führt aus.
Wenn keiner ja sagt, sollt ihrs sagen.
Wenn keiner nein sagt, sagt doch nein.
Wenn alle zweifeln, wagt zu glauben.
Wenn alle mittun, steht allein.
Wo alle loben, habt Bedenken.
Wo alle spotten, spottet nicht.
Wo alle geizen, wagt zu schenken.
Wo alles dunkel ist, macht Licht.