In Cäsarea lebte ein Mann namens Kornelius, Hauptmann in der sogenannten Italischen Kohorte. (Apg 10,1)
Cäsarea am Meer wurde zwischen 22 und 10 v. Chr. von Herodes dem Großen zu Ehren des römischen Kaisers Augustus errichtet und mit einer Vielzahl von Bauwerken luxuriös ausgestattet. Es wurde bald zu einer der bedeutendsten Städte östlichen Mittelmeerraum und auch sein Hafen war der bedeutendste in diesem Raum. Ab dem Jahr 6 n.Chr. war Cäsarea Sitz des römischen Statthalters und Standort einer römischen Garnison.
Dort lebte ein Hauptmann namens Kornelius. Er wird im Folgenden als fromm und gottesfürchtig beschrieben, was bedeutet, dass er Heide war und unbeschnitten, aber dem Judentum nahe stand und nach dem jüdischen Gesetz lebte. Er glaube an den Gott Israels und kannte die Schriften des Alten Testaments.
Er lebte mit seinem ganzen Haus fromm und gottesfürchtig, gab dem Volk reichlich Almosen und betete beständig zu Gott. (Apg 10,2)
Kornelius war ein Gottesfürchtiger, das bedeutet, dass er dem Glauben der Juden nahestand. Da aber das Judentum eine Religion ist, die zugleich an die Volkszugehörigkeit gebunden ist, kann man vollwertiger Jude nur durch Geburt werden. So fromm und gesetzestreu Kornelius also auch sein mochte, er konnte nie wirklich ein Jude werden. Es war ihm nicht möglich, das Ziel seiner Sehnsucht durch eigene Anstrengung zu erreichen.
Nun aber lebte er glücklicherweise in einer Zeit, zu welcher der Gott Israels einen neuen Weg aufgetan hat, um die Menschen in die Gemeinschaft mit sich zu rufen. Gott ist gerade dabei, sich ein neues Volk zu schaffen, ein Volk, zu dem man nicht mehr durch Geburt Zutritt hat, sondern allein durch den Glauben. Sichtbares Zeichen des Glaubens und zugleich das Eintrittstor in das neue Volk Gottes ist die Taufe.
Gott sieht die Sehnsucht des Kornelius. Er schickt ihm einen Engel, der ihm zeigt, dass er Petrus zu sich kommen lassen soll, der ihm den neuen Weg zu Gott zeigen wird. Bisher haben sich die ersten Christen nur an Juden gewandt. So wie Jesus waren auch die ersten Christen ausnahmslos Juden. "Gott hat das Wort zu den Israeliten gesandt", heißt es hier. Das Volk Israel war durch die Propheten auf das Kommen des Messias vorbereitet. Mit Jesus Christus wollte Gott ein neues Zeitalter in der Beziehung mit seinem Volk eröffnen.
Doch die Israeliten haben Jesus nicht als Sohn und Gesandten Gottes angenommen, sie haben ihn vielmehr als Gotteslästerer hinrichten lassen. Aber Gott hat ihn auferweckt und damit begann etwas ganz Neues. Aus den ersten Jüngern Jesu entsteht nach der Auferstehung Jesu ein neues Volk Gottes, das sich über die ganze Erde verbreitet hat. Doch zunächst einmal mussten die Jünger Jesu, die ja streng im jüdischen Glauben erzogen waren, ihre Scheu vor den Heiden verlieren.
Nach Gottes Gesetz galten die Heiden als unrein und den Juden war die Gemeinschaft mit ihnen auf göttliches Gebot hin untersagt. Gott selbst also musste zeigen, dass dieses Gebot keine Gültigkeit mehr hat. Jesus selbst hat zwar bereits immer wieder deutlich gemacht, dass er die strengen Reinheitsvorschriften der Juden als hinfällig ansieht, aber dennoch blieb sein Handeln auf das Land Israel und das Volk der Juden begrenzt.
Nun aber öffnet sich die Kirche, das neue Volk Gottes, zu den Heiden. Petrus selbst, den Jesus zum Anführer der Apostel berufen hat, bekommt von Gott den Auftrag zu den Heiden zu gehen. Nun steht allen Menschen, die an Jesus Christus glauben, der Weg zu Gott offen und die Taufe führt jeden Gläubigen in die Gemeinschaft mit Gott. Für Kornelius gibt es nun einen Weg, das Ziel seiner Sehnsucht zu erlangen und er steht stellvertretend für die vielen Menschen, die sich nach der Gemeinschaft mit Gott sehnen.
Folgen wir dem Bericht, der zeigt, wie wunderbar Gott alles fügt. Wie schon zu Zacharias, dem Vater Johannes des Täufers und zu Maria, der Mutter Jesu am Beginn des Lukasevangeliums schickt Gott auch hier einen Engel, um das in die Wege zu leiten, was er den Menschen schenken möchte:
Er sah um die neunte Tagesstunde in einer Vision deutlich, wie ein Engel Gottes bei ihm eintrat und zu ihm sagte: Kornelius! Kornelius blickte ihn an und fragte erschrocken: Was ist, Herr? Er sagte zu ihm: Deine Gebete und Almosen sind zu Gott gelangt und er hat ihrer gedacht. Schick jetzt einige Männer nach Joppe und lass einen gewissen Simon herbeiholen, der den Beinamen Petrus hat. Er ist zu Gast bei einem Gerber namens Simon, der ein Haus am Meer hat.
Als der Engel, der mit ihm sprach, weggegangen war, rief Kornelius zwei seiner Haussklaven und einen frommen Soldaten von denen, die ihm treu ergeben waren. Er erzählte ihnen alles und schickte sie nach Joppe. (Apg 10,3-8)
Der Engel sagt Kornelius, dass seine Gebete erhört worden sind. Das, was Kornelius ersehnt, wird Wirklichkeit werden, die volle Aufnahme in das Volk Gottes. Kornelius bekommt vom Engel den Auftrag, einen gewissen Petrus kommen zu lassen und der Engel gibt eine detaillierte Beschreibung, wo dieser zu finden ist. Nach Kornelius hat auch Petrus eine Vision, die ihn auf das vorbereitet, was nun geschieht.
Am folgenden Tag, als jene unterwegs waren und sich der Stadt näherten, stieg Petrus auf das Dach, um zu beten; es war um die sechste Stunde. Da wurde er hungrig und wollte essen. Während man etwas zubereitete, kam eine Verzückung über ihn. Er sah den Himmel offen und eine Art Gefäß herabkommen, das aussah wie ein großes Leinentuch, das, an den vier Ecken gehalten, auf die Erde heruntergelassen wurde. Darin waren alle möglichen Vierfüßler, Kriechtiere der Erde und Vögel des Himmels.
Und eine Stimme rief ihm zu: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! Petrus aber antwortete: Niemals, Herr! Noch nie habe ich etwas Unheiliges und Unreines gegessen. Da erging die Stimme ein zweites Mal an ihn: Was Gott für rein erklärt hat, nenne du nicht unrein! Das geschah dreimal und sogleich wurde das Gefäß in den Himmel hinaufgenommen. (Apg 10,9-16)
Kornelius wurde gesagt, dass er Petrus kommen lassen soll, Petrus wird nun auf das Kommen der Gesandten des Kornelius vorbereitet. Die Geschichte ist sehr spannend. Petrus geht auf das Dach um zu beten. Das Dach war wohl der einzige ruhige Raum in den kleinen Häusern, in dem er ungestört beten konnte.
Dreimal ereignet sich die Vision, um die Wichtigkeit zu unterstreichen und auch um sicher zu gehen, dass es keine Sinnestäuschung, sondern eine echte Vision ist. Petrus bekommt auf einer Schale alle möglichen Tiere vorgesetzt, die bei den Juden als unrein galten. Es waren wohl keine ekelhaften Tiere, sondern bei manchen galten diese Speisen wahrscheinlich als Delikatessen. Die Juden durften diese aber aufgrund der Reinheitsvorschriften des Alten Testaments nicht anrühren.
Petrus soll von diesen unreinen Tieren essen, doch er weigert sich, weil es gegen seine Überzeugung ist. Doch Gott will ihn belehren, dass seine durch die Erziehung überlieferte und durch den jüdischen Glauben gefestigte Überzeugung nicht mehr den gegenwärtigen Erfordernissen entspricht. Durch den Glauben an Jesus Christus gelten neue Regeln. Es gilt, die alten Abgrenzungen, die das Judentum geschaffen hat, zu überwinden. Alles, was Gott geschaffen hat, ist rein und vor allem gibt es keine unreinen Menschen. Gott will, dass alle Menschen das Heil erlangen.
Petrus war noch ratlos und überlegte, was die Vision, die er gehabt hatte, wohl bedeutete; siehe, da standen die von Kornelius gesandten Männer, die sich zum Haus des Simon durchgefragt hatten, am Tor. Sie riefen und fragten, ob Simon mit dem Beinamen Petrus hier zu Gast sei.
Während Petrus noch über die Vision nachdachte, sagte der Geist zu ihm: Siehe, da sind drei Männer und suchen dich. Steh auf, geh hinunter und zieh ohne Bedenken mit ihnen; denn ich habe sie geschickt.
Petrus stieg zu den Männern hinab und sagte: Siehe, ich bin der, den ihr sucht. Aus welchem Grund seid ihr hier? Sie antworteten: Der Hauptmann Kornelius, ein gerechter und gottesfürchtiger Mann, der beim ganzen Volk der Juden in gutem Ruf steht, hat von einem heiligen Engel die Weisung erhalten, dich in sein Haus holen zu lassen und zu hören, was du ihm zu sagen hast. (Apg 10,17-22)
Petrus wird von den Ereignissen nahezu überwältigt. Zunächst die Vision, deren Bedeutung er nicht versteht, dann stehen plötzlich Fremde vor seiner Tür, Heiden. Noch nie hat Petrus sich mit Heiden eingelassen, sind sie nicht unrein und hat man sich als gläubiger Jude nicht von ihnen fernzuhalten, ebenso wie von unreinen Speisen? Doch Gott belehrt ihn eines besseren, auch die Heiden sollen Anteil erhalten an der Erlösung. So folgt Petrus den Abgesandten des Kornelius und scheut sich nicht, das Haus eines Heiden zu betreten und dessen Gastfreundschaft anzunehmen.