Psalm 31 (30)

Gott, sichere Zuflucht

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Psalmen
[Für den Chormeister. Ein Psalm Davids.]

Herr, ich suche Zuflucht bei dir.
Lass mich doch niemals scheitern; rette mich in deiner Gerechtigkeit!
Wende dein Ohr mir zu, erlöse mich bald!
Sei mir ein schützender Fels, eine feste Burg, die mich rettet.
Denn du bist mein Fels und meine Burg;
um deines Namens willen wirst du mich führen und leiten.
Du wirst mich befreien aus dem Netz, das sie mir heimlich legten;
denn du bist meine Zuflucht. (31,1-5)

Gott ist für den Beter des Psalms eine sichere Zuflucht. Er bittet Gott darum, ihm Schutz zu bieten und zugleich ist er sich dessen gewiss, von Gott Schutz zu erfahren. Er wird in Ewigkeit nicht wanken, weil er fest in Gott steht, dessen ist sich der Beter sicher. Ihm kann nichts passieren - garnichts. Gott wird ihn retten aus allem, was ihm im Leben auch zustoßen mag, aus allen Schlingen und Fallen, die ihm andere stellen.
Der Beter hat ein grenzenloses Vertrauen auf Gott. Er weiß sich bei ihm sicher und geborgen. Gott ist wie eine Burg, die Schutz bietet vor allen Feinden. Er vertraut sich ganz Gott an und überlässt ihm die Sorge um sein Leben:

In deine Hände lege ich voll Vertrauen meinen Geist;
du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott. (31,6)

Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. So hat Jesus am Kreuz gebetet. Wir können davon ausgehen, dass Jesus diesen Psalm auswendig kannte. Mit ihm hat er sein Vertrauen auf dem Vater bekundet. Jesus wusste: Der Vater wird ihn retten aus dem Tod, auch wenn seine Lage noch so aussichtslos war.
Wenn wir die Worte des Psalms beten, so beten wir mit Jesus. Sein Gebet und unser Gebet vereinen sich. Wir sind ganz eng mit Jesus verbunden. Er wird unser Vertrauen stärken. Mit ihm zusammen dürfen wir darauf vertrauen, dass der Vater auch uns aus jeder Not retten wird.
Dieser Vers wurde sehr schön in einem Taize-Lied vertont. In manus tuas Pater, commendo spiritum meum ... Wer die eingängliche Melodie dieses Liedes kennt, kann sie sich immer wieder in Erinnerung rufen und so das Vertrauen in Gottes liebende Nähe stärken.
Dieses Vertrauen zu stärken haben wir immer wieder nötig, auch der Beter des Psalms, der eingangs so siegessicher war. Es ist eine Realität im Leben, dass wir nicht immer auf Höhenflügen sind, es geht auch wieder abwärts. Es geht im Leben nicht ohne Schmerzen.

Dir sind alle verhasst, die nichtige Götzen verehren,
ich aber verlasse mich auf den Herrn.
Ich will jubeln und über deine Huld mich freuen;
denn du hast mein Elend angesehn, du bist mit meiner Not vertraut.
Du hast mich nicht preisgegeben der Gewalt meines Feindes,
hast meinen Füßen freien Raum geschenkt.
Herr, sei mir gnädig, denn mir ist angst;
vor Gram zerfallen mir Auge, Seele und Leib.
In Kummer schwindet mein Leben dahin, meine Jahre verrinnen im Seufzen.
Meine Kraft ist ermattet im Elend, meine Glieder sind zerfallen.
Zum Spott geworden bin ich all meinen Feinden, ein Hohn den Nachbarn, ein Schrecken den Freunden;
wer mich auf der Straße sieht, der flieht vor mir.
Ich bin dem Gedächtnis entschwunden wie ein Toter, bin geworden wie ein zerbrochenes Gefäß.
Ich höre das Zischeln der Menge - Grauen ringsum.
Sie tun sich gegen mich zusammen; sie sinnen darauf, mir das Leben zu rauben. (31,7-14)

Der Beter schreit zu Gott: Herr, sei mir gnädig, denn mir ist angst!
Er beginnt zu wanken, ist voller Leid und Kummer und hat keine Kraft mehr. Plötzlich stürzt er von seiner Höhe, auf der ich sich so sicher wähnte, und wird zum Spott der anderen. Doch sein Vertrauen auf Gott bewahrt er auch in der Not:

Ich aber, Herr, ich vertraue dir, ich sage: "Du bist mein Gott."
In deiner Hand liegt mein Geschick; entreiß mich der Hand meiner Feinde und Verfolger!
Lass dein Angesicht leuchten über deinem Knecht, hilf mir in deiner Güte!
Herr, lass mich nicht scheitern, denn ich rufe zu dir. Scheitern sollen die Frevler, verstummen und hinabfahren ins Reich der Toten.
Jeder Mund, der lügt, soll sich schließen, der Mund, der frech gegen den Gerechten redet, hochmütig und verächtlich.
Wie groß ist deine Güte, Herr, die du bereithältst für alle, die dich fürchten und ehren; du erweist sie allen, die sich vor den Menschen zu dir flüchten.
Du beschirmst sie im Schutz deines Angesichts vor dem Toben der Menschen. Wie unter einem Dach bewahrst du sie vor dem Gezänk der Zungen. (31,15-21)

Der Beter hat Gott seinen Geist übergeben, das heißt sein Leben. Jetzt, wo er nicht mehr ein noch aus weiß, liegt es an Gott, ihn aus der Not zu retten. Er selbst hat keine Kraft mehr, sich zu befreien. Gott enttäuscht sein Vertrauen nicht, er rettet ihn:

Gepriesen sei der Herr, der wunderbar an mir gehandelt und mir seine Güte erwiesen hat zur Zeit der Bedrängnis.
Ich aber dachte in meiner Angst: Ich bin aus deiner Nähe verstoßen. Doch du hast mein lautes Flehen gehört, als ich zu dir um Hilfe rief. (31,22-23)

Der Beter des Psalms ist durch alle Situationen gegangen, die auch uns im Leben treffen können - himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Und immer ist Gott da, in der Freude und im Schmerz. Mehr noch: Gott ist selbst durch all diese Stationen des Lebens gegangen. Jesus identifiziert sich mit dem Beter dieses Psalms. Er ist selbst in seinem Leben auf Erden durch alle Situationen des Menschseins gegangen, die auch wir erleben, durch alles Schöne, aber auch das Schwere des Menschseins. So kann er wirklich in allem bei uns sein und kann uns verstehen. Wenn wir Jesus zum Begleiter unseres Lebens wählen, dürfen wir immer zuversichtlich sein und nichts kann uns schaden, was auch passieren mag.
Auch wenn ich in meiner Angst denke: Ich bin aus deiner Nähe verstoßen, so darf ich doch immer zuversichtlich sein: Gott hört mein lautes Flehen, wenn ich zu ihm um Hilfe rufe. Mit dieser Zuversicht dürfen wir durchs Leben gehen. Auch wenn uns manchmal Steine in den Weg gelegt werden, auch wenn wir manchmal in Situationen kommen, in denen wir weder ein noch aus wissen:

Liebt den Herrn, all seine Frommen! Seine Getreuen behütet der Herr, doch den Hochmütigen vergilt er ihr Tun mit vollem Maß.
Euer Herz sei stark und unverzagt, ihr alle, die ihr wartet auf den Herrn. (31,24-25)