Genesis 12,10-14,24

Abram im Gelobten Land

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Hl. Schrift
Es kam aber eine Hungersnot über das Land. Da zog Abram nach Ägypten hinab, um sich dort als Fremder niederzulassen; denn die Hungersnot lastete schwer auf dem Land. (Gen 12,10)

Abram ist dem Ruf Gottes gefolgt, er hat seine Heimat verlassen und ist in das Land Kanaan gezogen. Er kam von Norden und hat das Land einmal durchwandert, über Sichem, Bet-El, bis zum Negeb. Nun zwingt ihn eine Hungersnot, das Land wieder zu verlassen, diesmal in südlicher Richtung nach Ägypten. Dieses Land mit seinen wegen der Überflutung des Nil sicheren Ernten ist oft zum Zufluchtsort der Israeliten geworden.
Es folgt eine Geschichte, in der Abraham dort in Ägypten seine Frau Sarai als seine Schwester ausgibt, denn als Fremder war er nicht davor sicher, dass die Ägypter ihn töten würden, um sich seine Frau zu nehmen. Tatsächlich findet sie gefallen an höchster Stelle, der Pharao nimmt sie zur Frau. Doch durch von Gott gesandtes Unheil über das Haus des Pharao wird die List Abrams offensichtlich. Abram und seine Frau kommen aber noch einmal gut aus der brenzligen Situation heraus, indem sie einfach des Landes verwiesen werden. Diese Geschichte wird in ähnlicher Weise nochmals in Gen 20 erzählt, als sich Abraham und seine Frau im Land des Königs Abimelech aufhalten.

Als er sich Ägypten näherte, sagte er zu seiner Frau Sarai: Ich weiß, du bist eine Frau von großer Schönheit. Wenn dich die Ägypter sehen, werden sie sagen: Das ist seine Frau! Und sie werden mich töten, dich aber am Leben lassen. Sag doch, du seist meine Schwester, damit es mir deinetwegen gut geht und ich um deinetwillen am Leben bleibe.
Als Abram nach Ägypten kam, sahen die Ägypter, dass die Frau überaus schön war. Die Beamten des Pharao sahen sie und rühmten sie vor dem Pharao. Da wurde die Frau in das Haus des Pharao genommen. Er behandelte Abram ihretwegen gut: Er bekam Schafe und Ziegen, Rinder und Esel, Knechte und Mägde, Eselinnen und Kamele.
Doch der Herr schlug den Pharao und sein Haus wegen Sarai, der Frau Abrams, mit schweren Plagen. Da rief der Pharao Abram und sagte: Was hast du mir da angetan? Warum hast du mir nicht kundgetan, dass sie deine Frau ist? Warum hast du behauptet: Sie ist meine Schwester, sodass ich sie mir zur Frau nahm? Jetzt aber, siehe, da hast du deine Frau wieder, nimm sie und geh! Dann befahl der Pharao seinetwegen Männern, ihn, seine Frau und alles, was ihm gehörte, fortzuschaffen. (Gen 12,11-20)

Von Ägypten kehrt Abram mit Sara wieder in den Negeb, den südlichsten Teil des Landes Israel, zurück. Weil sich sein Besitz immer mehr vergrößert, kommt es zum Streit zwischen seinen Hirten und denen seines Verwandten Lot, die bisher zusammen gewandert sind. Sie trennen sich. Lot lässt sich in der Gegend von Sodom und Gomorra nieder, Abraham aber bekommt von Gott erneut die Verheißung, Erbe des Gelobten Landes zu sein.

Abram zog von Ägypten in den Negeb hinauf, er und seine Frau mit allem, was ihm gehörte, und mit ihm auch Lot. Abram hatte einen sehr ansehnlichen Besitz an Vieh, Silber und Gold. Er ging von einem Lagerplatz zum anderen weiter, vom Negeb bis nach Bet-El, bis zu der Stätte, an der anfangs sein Zelt gestanden hatte, zwischen Bet-El und Ai, der Stätte, an der er früher den Altar errichtet hatte. Dort rief Abram den Namen des Herrn an. Auch Lot, der mit Abram ging, besaß Schafe und Ziegen, Rinder und Zelte. Das Land reichte nicht hin, dass sich beide nebeneinander darin hätten ansiedeln können; denn ihr Besitz war zu groß und so konnten sie sich nicht miteinander niederlassen. So entstand Streit zwischen den Hirten der Herde Abrams und den Hirten der Herde Lots; auch siedelten damals noch die Kanaaniter und die Perisiter im Land.
Da sagte Abram zu Lot: Zwischen mir und dir, zwischen meinen und deinen Hirten soll es keinen Streit geben; wir sind doch Brüder. Liegt nicht das ganze Land vor dir? Trenn dich also von mir! Wenn du nach links willst, gehe ich nach rechts; wenn du nach rechts willst, gehe ich nach links. Lot erhob seine Augen und sah, dass die ganze Jordangegend überall bewässert war. Bevor der Herr Sodom und Gomorra vernichtete, war sie bis Zoar hin wie der Garten des Herrn, wie das Land Ägypten. Da wählte sich Lot die ganze Jordangegend aus. Lot brach nach Osten auf und sie trennten sich voneinander. Abram ließ sich im Land Kanaan nieder, während Lot sich in den Städten jener Gegend niederließ und seine Zelte bis Sodom hin aufschlug. Die Männer von Sodom aber waren sehr böse und sündigten vor dem Herrn.
Nachdem sich Lot von Abram getrennt hatte, sprach der Herr zu Abram: Erheb deine Augen und schau von der Stelle, an der du stehst, nach Norden und Süden, nach Osten und Westen! Das ganze Land nämlich, das du siehst, will ich dir und deinen Nachkommen für immer geben. Ich mache deine Nachkommen zahlreich wie den Staub auf der Erde. Nur wer den Staub auf der Erde zählen kann, wird auch deine Nachkommen zählen können. Mach dich auf, durchzieh das Land in seiner Länge und Breite; denn dir werde ich es geben. Da zog Abram mit seinen Zelten weiter und ließ sich bei den Eichen von Mamre in Hebron nieder. Dort baute er dem Herrn einen Altar. (Gen 13,1-18)

Das ganze Gelobte Land soll Abram durchziehen und sich genau ansehen, was bald schon der Besitz seiner Nachkommen sein wird. Auf seinem Weg gerät er mitten in das Getümmel eines Krieges zwischen mehreren Stadtkönigen.

In den Tagen Amrafels, des Königs von Schinar, Arjochs, des Königs von Ellasar, Kedor-Laomers, des Königs von Elam, und Tidals, des Königs der Völker, führten sie Krieg gegen Bera, den König von Sodom, gegen Birscha, den König von Gomorra, Schinab, den König von Adma, Schemeber, den König von Zebojim, und den König von Bela, das jetzt Zoar heißt. (Gen 14,1-2)

Vier Großkönige, Amrafel von Schinar, Arjoch von Ellasar, Kedor-Laomer von Elam und Tidal von Gojim, bilden eine Koalition gegen fünf abtrünnige Stadtkönige. Schinar meint sehr wahrscheinlich Babylon, Elam befindet sich östlich von Babylon, welches Land mit Ellasar gemeint ist, ist unklar, ebenso die Bezeichnung König von Gojim oder König der Völker. Die fünf Stadtkönigtümer sind allesamt untergegangene Städte der Gegend um den südlichen Jordangraben. Schauplatz des Krieges ist das Ostjordanland. Auf ihrem Weg zu den abtrünnigen Städten vernichten die Großkönige auch mehrere sagenhafte Urvölker des Ostjordanlandes. Auch dieses Gebiet gehört zum verheißenen Land Abrahams, aber anders als im westlichen Teil, der überwiegend von den Kanaanitern bewohnt wird, herrschen hier von Anfang an undurchsichtige, kriegerische Verhältnisse. Das muss Abram erkennen, als er diesen Teil des Gelobten Landes durch seine Wanderung geistig in Besitz nimmt und das wird Israel in seiner weiteren Geschichte leidvoll erfahren.

Sie alle zogen als Verbündete in das Siddimtal, das jetzt Salzmeer heißt. Zwölf Jahre waren sie Kedor-Laomer untertan gewesen, im dreizehnten Jahr fielen sie von ihm ab. Im vierzehnten Jahr kamen Kedor-Laomer und die mit ihm verbündeten Könige. Sie schlugen die Rafaiter in Aschterot-Karnajim, die Susiter in Ham, die Emiter in der Ebene von Kirjatajim und die Horiter in ihrem Gebirge Seir bis nach El-Paran, das am Rande der Wüste liegt. Auf dem Rückweg kamen sie nach En-Mischpat, das jetzt Kadesch heißt, und schlugen das ganze Gebiet der Amalekiter sowie das der Amoriter, die in Hazezon-Tamar wohnten.
Der König von Sodom, der König von Gomorra, der König von Adma, der König von Zebojim und der König von Bela, das jetzt Zoar heißt, zogen aus und stellten sich ihnen im Siddimtal zum Kampf, nämlich Kedor-Laomer, dem König von Elam, Tidal, dem König der Völker, Amrafel, dem König von Schinar, und Arjoch, dem König von Ellasar: vier Könige gegen fünf.
Das Tal von Siddim war voller Erdpechgruben. Der König von Sodom und der von Gomorra mussten fliehen und fielen dort hinein. Die Übrigen flohen ins Gebirge. Die Feinde nahmen die ganze Habe von Sodom und Gomorra sowie alle ihre Nahrungsvorräte mit und zogen ab. Als sie abzogen, nahmen sie auch Lot, den Neffen Abrams, und seine Habe mit; Lot wohnte damals in Sodom. (Gen 14,3-12)

Als die fünf Großkönige nach ihrem Sieg auch Lot, der sich in Sodom niedergelassen hatte, als Beute mit sich führten und Abram davon erfuhr, veranlasste ihn das zum Eingreifen. Er verfolgt die abziehenden Könige bis in den Norden des Gelobten Landes, holt sie dort ein und befreit seinen Bruder Lot. Außerdem fällt ihm noch einiges von der Kriegsbeute in die Hände.

Ein Flüchtling kam und berichtete es dem Hebräer Abram; Abram wohnte bei den Eichen des Amoriters Mamre, des Bruders Eschkols und Aners. Sie waren Abrams Bundesgenossen. Als Abram hörte, sein Bruder sei gefangen, führte er seine ausgebildete Mannschaft, dreihundertachtzehn Mann, die in seinem Haus geboren waren, heraus und nahm die Verfolgung auf bis nach Dan. In der Nacht teilten sie sich in Gruppen, er und seine Knechte. Er schlug sie und verfolgte sie bis Hoba, nördlich von Damaskus. Er brachte die ganze Habe zurück, auch seinen Bruder Lot und dessen Habe brachte er zurück sowie die Frauen und das Kriegsvolk.
Als er nach dem Sieg über Kedor-Laomer und die mit ihm verbündeten Könige zurückkam, zog ihm der König von Sodom ins Schawetal entgegen, das jetzt Tal des Königs heißt. (Gen 14,13-17)

Abram ist als Fremder in das Gelobte Land gekommen, mit seiner Frau Sara, mit Knechten und Mägden und einer stattlichen Anzahl Vieh. Mit seinen Herden zog er durch das Land, von dem Gott ihm gesagt hat, dass er es seinen Nachkommen zum Besitz geben wird - dabei hatte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal einen Sohn. Dann kommt es zu einem Krieg. Vier Großkönige ziehen gegen fünf Stadtkönige im südlichen Jordangraben in den Krieg, vernichten dabei auf ihrem Weg auch die im Ostjordanland ansässigen Völker und kehren siegreich zurück. Zu ihrer Beute gehört auch Abrahams Bruder Lot. Doch Abram schafft es, mit einer kleinen Streitmacht seiner Knechte, Lot aus den Händen der Großkönige zu befreien und dabei auch einiges von der Kriegsbeute für sich zu gewinnen. Schwer beladen kehrt er aus dem Norden des Gelobten Landes, wo er den Sieg errungen hat, an den Ort zurück, an dem er sich niedergelassen hat, den Eichen von Mamre in der Nähe von Hebron, südlich von Jerusalem.
Der Weg führt Abram an jenem Ort vorbei, der einmal die Königsstadt des Gelobten Landes sein wird und die Stadt des Tempels des Gottes Israels, der Abram seine Verheißungen gegeben hat. Hier kommt es zu einer denkwürdigen Begegnung. die zum Sinnbild geworden ist für die Geschichte Gottes mit seinem Volk, mit dem Volk des Alten Bundes aber auch dem des Neuen Bundes.

Melchisedek, der König von Salem, brachte Brot und Wein heraus. Er war Priester des Höchsten Gottes. Er segnete Abram und sagte: Gesegnet sei Abram vom Höchsten Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde und gepriesen sei der Höchste Gott, der deine Feinde an dich ausgeliefert hat. Darauf gab ihm Abram den Zehnten von allem. (Gen 14,18-20)

Melchisedek ist König und Priester von Salem, womit Jerusalem gemeint ist. Die Verbindung von Königtum und Priestertum in einer Person ist nichts Ungewöhnliches im Alten Orient. Er wird vorgestellt als Priester des Höchsten Gottes. Bis jetzt ist im Buch Genesis der Eindruck entstanden, dass nur Abram den Glauben an den Höchsten Gott kannte. Bei den anderen Menschen war dieser Glaube verloren gegangen, sie wissen nicht mehr, woher sie stammen, haben sich andere Götter gemacht. Doch Abram hat die Offenbarung des Höchsten Gottes erhalten, des Gottes, der die Welt erschaffen hat und alles, was in ihr ist. Er wird von Gott in das Land gerufen, in dem er sich in besonderer Weise zeigt, das ihm gehört und das er Abraham und seinen Nachkommen schenken möchte, damit sie den Glauben an ihn darin bewahren.
Nun zeigt sich, dass es in diesem Land in Jerusalem einen König und Priester gibt, der wie Abram diesen Höchsten Gott kennt und die beiden großen Verehrer dieses einen Gottes begegnen einander. Melchisedek bringt Brot und Wein. Brot und Wein gehören zum Opfer, das dem Gott Israels dargebracht wird. Zwölf Brote liegen als Schaubrote auf dem Tisch des Herrn als Opfer für Gott und zur Nahrung für die Priester. Wein wird als Trankopfer für Gott ausgegossen. Brot und Wein gehören zur Feier des Pessach, Jesus feiert mit Brot und Wein das Letzte Abendmahl mit seinen Jüngern und fortan bleibt er selbst in Brot und Wein gegenwärtig, die in der Feier der Eucharistie in seinen Leib und sein Blut verwandelt werden.
Melchisedek segnet Abram und Abram gibt ihm den Zehnten von allem, was er hat. Später werden die Nachkommen Abrams an den Tempel den Zehnten geben. Abram selbst wird so zum Vorbild für diese Tradition, die die Ausübung des Gottesdienstes und den Unterhalt der Priester finanziert. Nun wird uns auch verständlich, was Psalm 110,4 meint, wenn es dort heißt: "Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks." Letztlich ist das Priestertum in Israel nicht erst durch Mose entstanden, sondern Gott hatte seit Urzeiten in Israel und an der Heiligen Stätte von Jerusalem seine Priester, wovon die Begegnung Abrams mit Melchisedek Zeugnis gibt.
Der Hebräerbrief beruft sich auf Melchisedek und das Zitat aus Psalm 110, um die priesterliche Würde Jesu aus der Schrift zu beweisen. Für fromme Juden galt Jesus nicht als Priester, sondern als Gotteslästerer, der sich eigenmächtig den Messias-Titel angeeignet hat. Die Christen versuchen aber von Anfang an zu beweisen, dass Jesus der ist, an dem sich das Wort der Schrift erfüllt.

So hat auch Christus sich nicht selbst die Würde verliehen, Hohepriester zu werden, sondern der zu ihm gesprochen hat: Mein Sohn bist du. Ich habe dich heute gezeugt, wie er auch an anderer Stelle sagt: Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks. (Hebr 5,5-6)

In einem späteren Kapitel geht der Hebräerbrief nochmals ausführlich auf Melchisedek ein:

Melchisedek, König von Salem und Priester des höchsten Gottes; er, der dem Abraham, als dieser nach der Unterwerfung der Könige zurückkam, entgegenging und ihn segnete und welchem Abraham den Zehnten von allem gab; er, dessen Name König der Gerechtigkeit bedeutet und der auch König von Salem ist, das heißt König des Friedens; er, der vaterlos, mutterlos und ohne Stammbaum ist, ohne Anfang seiner Tage und ohne Ende seines Lebens, ähnlich geworden dem Sohn Gottes: Dieser Melchisedek bleibt Priester für immer. (Hebr 7,1-3)

In jener mystischen (oder doch historischen?) Figur des Melchisedek vereint sich die Verehrung des einen und höchsten Gottes vom Beginn der Schöpfung an über den Gottesdienst Israels im Tempel bis hin zur Feier der Heiligen Messe. Auch dort hat Melchisedek im Ersten Hochgebet seinen Platz. Dieses basiert auf dem alten römischen Messkanon, der für das 5. Jahrhundert bezeugt ist und noch in frühere Zeiten zurückreicht. Dort heißt es:

So bringen wir aus den Gaben, die du uns geschenkt hast, dir, dem erhabenen Gott, die reine, heilige und makellose Opfergabe dar: das Brot des Lebens und den Kelch des ewigen Heiles.
Blicke versöhnt darauf nieder und nimm sie an wie einst die Gaben deines gerechten Dieners Abel, wie das Opfer unseres Vaters Abraham, wie die heilige Gabe, das reine Opfer deines Hohenpriesters Melchisedek.

Bereits zu Urzeiten bestand das Opfer Melchisedeks aus Brot und Wein. Er tritt als Zeuge auf für den Höchsten Gott und zeigt uns, wie die Verehrung dieses Gottes vom ersten Menschen bis in unsere Zeit hinein reicht. Wenn wir den einen und höchsten Gott verehren, folgen wir nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten, nicht der Lehre irgendeines Religionsstifters, sondern wir folgen dem, was Gott von Anfang an im Menschen grundgelegt hat. In Jesus Christus ist dieser Gott selbst Mensch geworden und ist in den gewandelten Gaben von Brot und Wein gegenwärtig. Ihn wollen wir preisen und ehren wie im Anfang (der Schöpfung) so auch jetzt in allezeit und in Ewigkeit. Amen.

Am Ende des Kapitels taucht erneut der König von Sodom auf, der Abram bereits in Vers 17 begegnet ist, dann aber bei der Begegnung mit Melchisedek zurücktreten musste. Es ist daher anzunehmen, dass die Begegnung Abrams mit Melchisedeks ein späterer Einschub ist, der zwischen den Bericht vom Sieg Abrams über die Könige gestellt wurde. Wenn wir genau lesen sehen wir im Folgenden, dass Abram dem König von Sodom alles zurückgibt, was er aus der Kriegsbeute von dessen Besitz gewonnen hatte. Jedoch hat Abram bereits Melchisedek den Zehnten gegeben. Die Geschichte von Melchisedek und die vom König von Sodom haben wahrscheinlich ursprünglich nichts miteinander zu tun. Abram macht hier deutlich, dass er sich nicht an fremdem Gut bereichern will.

Der König von Sodom sagte zu Abram: Gib mir die Leute zurück, die Habe aber nimm für dich! Abram entgegnete dem König von Sodom: Ich erhebe meine Hand zum Herrn, dem Höchsten Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde: Keinen Faden und keinen Schuhriemen, nichts von allem, was dir gehört, werde ich nehmen. Du sollst nicht behaupten können: Ich habe Abram reich gemacht. Nur was meine Leute verzehrt haben und was auf die Männer entfällt, die mit mir gezogen sind, auf Aner, Eschkol und Mamre, das sollen sie als ihren Anteil behalten. (Gen 14,21-24)

Falls sich jemand wundert, warum hier immer von Abram und nicht von Abraham die Rede ist, der im Buch Genesis weiterlesen, denn erst im Kapitel 18 bekommt Abram von Gott den Namen Abraham ("Vater einer Menge von Völkern") verliehen.