2Samuel 7,1-29

Natan-Verheißung

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David
Als nun der König in seinem Haus wohnte und der Herr ihm Ruhe vor allen seinen Feinden ringsum verschafft hatte, sagte er zu dem Propheten Natan: Ich wohne in einem Haus aus Zedernholz, die Lade Gottes aber wohnt in einem Zelt. Natan antwortete dem König: Geh nur und tu alles, was du im Sinn hast; denn der Herr ist mit dir. (2Sam 7,1-3)

David hat sich als Feldherr bewährt. Er konnte sich als König von ganz Israel durchsetzen und die Nachfolge König Sauls antreten. Er hat Jerusalem erobert und zur Königsstadt erhoben. Dort ließ er für sich prachtvolle Bauten errichtet und hat schließlich auch die Bundeslade nach Jerusalem überführt. Seit dem Auszug aus Ägypten ist die Bundeslade das Heiligtum Israels, Zeichen für Gottes Gegenwart inmitten des Volkes.
Die Bundeslade war ein tragbarer Schrein. Dies weist deutlich auf den nomadischen Ursprung der Israeliten hin. Ein Volk, das ständig umherzog, brauchte auch ein transportables Heiligtum. Nun aber ist Israel seit längerer Zeit sesshaft. Spätestens durch die Errichtung des Königtums und die Erhebung Jerusalems zur Hauptstadt ist die Entwicklung zu einem Territorialstaat abgeschlossen. Die Zelte der einstigen Nomaden verwandeln sich in feste Häuser. Da ist es nicht verwunderlich, dass auch für Gott ein festes Haus entstehen soll.
David zeigt sich ganz als orientalischer Herrscher, der sich mit einem großen Hofstaat umgibt und prunkvoll regiert. Wie viele orientalische Herrscher will er sich nun auch als oberster Herr der Religion erweisen. Er will dem Gott Israels einen Tempel errichten, sicherlich zur Ehre Gottes, aber auch zur eigenen Ehre als Bauherr des Tempels.
Mit seinem Anliegen wendet er sich an den Propheten Natan. Er spielt am Hof Davids eine wichtige Rolle. Hier berichtet die Bibel zum ersten Mal von ihm. Er wird noch zu anderen entscheidenden Momenten auftreten: Als David sich an Batseba vergangen hat (David lässt daraufhin ihren Mann an die Front abkommandieren, damit er nicht lebend zurückkehrt und kann somit die begehrte Batseba heiraten) stellt Natan David deutlich seine Sünde vor Augen. Natan ist es aber auch, der dafür sorgt, dass Salomo, der Sohn von David und Batseba, die Nachfolge seines Vaters antreten kann.
Natan gibt zunächst David in Bezug auf seine Wünsche Recht. Dann aber erhält er eine Botschaft von Gott, die nicht ganz im Sinne der Sache des Königs ist, aber dennoch eine große Verheißung enthält.

Aber in jener Nacht erging das Wort des Herrn an Natan: Geh zu meinem Knecht David und sag zu ihm: So spricht der Herr: Du willst mir ein Haus bauen, damit ich darin wohne? Seit dem Tag, als ich die Israeliten aus Ägypten heraufgeführt habe, habe ich bis heute nie in einem Haus gewohnt, sondern bin in einer Zeltwohnung umhergezogen. Habe ich in der Zeit, als ich bei den Israeliten von Ort zu Ort zog, jemals zu einem der Richter Israels, die ich als Hirten über mein Volk Israel eingesetzt hatte, ein Wort gesagt und sie gefragt: Warum habt ihr mir kein Haus aus Zedernholz gebaut?
Sag also jetzt meinem Knecht David: So spricht der Herr der Heere: Ich habe dich von der Weide und von der Herde weggeholt, damit du Fürst über mein Volk Israel wirst, und ich bin überall mit dir gewesen, wohin du auch gegangen bist. Ich habe alle deine Feinde vor deinen Augen vernichtet und ich will dir einen großen Namen machen, der dem Namen der Großen auf der Erde gleich ist. Ich will meinem Volk Israel einen Platz zuweisen und es einpflanzen, damit es an seinem Ort (sicher) wohnen kann und sich nicht mehr ängstigen muss und schlechte Menschen es nicht mehr unterdrücken wie früher und auch von dem Tag an, an dem ich Richter in meinem Volk Israel eingesetzt habe. Ich verschaffe dir Ruhe vor allen deinen Feinden. Nun verkündet dir der Herr, dass der Herr dir ein Haus bauen wird.
Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern legst, werde ich deinen leiblichen Sohn als deinen Nachfolger einsetzen und seinem Königtum Bestand verleihen. Er wird für meinen Namen ein Haus bauen und ich werde seinem Königsthron ewigen Bestand verleihen. Ich will für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein. Wenn er sich verfehlt, werde ich ihn nach Menschenart mit Ruten und mit Schlägen züchtigen. Meine Huld aber soll nicht von ihm weichen, wie sie von Saul gewichen ist, den ich vor deinen Augen verstoßen habe. Dein Haus und dein Königtum sollen durch mich auf ewig bestehen bleiben; dein Thron soll auf ewig Bestand haben. (2Sam 7,4-16)

David kommt es nicht zu, ein Haus für Gott zu errichten, sondern erst seinem Sohn und Nachfolger. Stattdessen wird Gott für David ein Haus errichten, eine Dynastie, die die Zeiten überdauert. Gott macht deutlich, dass er sich nicht in die Verfügbarkeit der Menschen begibt. Gott selbst ist es, der die Initiative ergreift. Er war es, der bisher das Geschick Israels gelenkt hat, von den Vätern über den Auszug aus Ägypten bis zu den Tagen Davids. Er wird auch weiterhin Herr der Geschichte bleiben. Er hat es nicht nötig, dass Menschen ihm ein Haus bauen, vielmehr haben es die Menschen nötig, dass Gott um ihr Haus Sorge trägt.
Die Verheißung Gottes an David bezieht sich zunächst auf die direkte Nachfolge im Königtum. Gott sichert David den Bestand seiner Dynastie zu. Über seinen leiblichen Sohn soll der Bestand des Hauses David gesichert sein. Doch wenn wir die Geschichte Israels weiter verfolgen, so erkennen wir, dass die Nachkommen Davids sich oft nicht an Gottes Weisungen gehalten haben. Gott bereut seine Zusage an David, doch er bleibt ihr treu bis zum Untergang Israels in der Verschleppung nach Babylon, mit der auch die davidische Dynastie erlischt.
Doch Gottes Verheißung bleibt bestehen. Bestärkt durch die Verkündigung der Propheten erwacht in Israel die Hoffnung auf eine Wiederherstellung der davidischen Dynastie. Das Volk erwartet einen König aus dem Hause David, der als gerechter Herrscher Israel wieder zu neuem Glanz verhelfen wird und durch den für alle Welt die Gerechtigkeit Gottes sichtbar werden soll. Dieser erhoffte König ist der Messias, der Gesalbte des Herrn.
Als Christen sehen wir diese Verheißung in Jesus Christus erfüllt. Er ist der Gesalbte des Herrn, auf den in ganz besonderer Weise die Worte Gottes an Natan zutreffen: "Ich will für ihn Vater sein, und er wird für mich Sohn sein." Jesus ist wirklich der Sohn Gottes und der König der Welt. Doch er herrscht nicht wie ein orientalischer Despot, er ist nicht König von einem Territorialstaat. Christus ist gekommen, um die Menschen aller Völker zum Glauben an den einen Gott zu führen und um in seinem Reich alle Völker der Erde zu vereinen.
Gott errichtet sich sein Haus unter den Menschen. Er wird selbst Mensch in dieser Welt. Die einstige Verheißung an David erfüllt sich auf eine für Menschen bisher unvorstellbare Weise. Gott hat sich einen Menschen erwählt, um als Mensch in diese Welt zu kommen. Der Schoß der Jungfrau Maria wird zum neuen Tempel Gottes.
Wir erkennen deutlich, wie sich hier die Verheißung an David und an ganz Israel erfüllt, die wir in der ersten Lesung gehört haben. Der Sohn Gottes, den Maria in ihrem Schoß empfangen und gebären soll, ist der Messias, der König aus dem Haus David, auf den das Volk schon so lange wartet.
Gott ist es, der die Initiative ergreift. Er wirkt in der Geschichte, wo Menschen sein Wirken zulassen. Er vermag auch das, was für Menschen unmöglich erscheint. Gott vermag es, im Schoß der Jungfrau Mensch zu werden. Maria spricht ihr Ja zu Gottes Plan: "Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast."
Maria ist so zum Vorbild für alle Menschen geworden - bis heute. Gott wirkt weiter in der Geschichte, immer da, wo Menschen Ja sagen zu seinem Plan. Das Christentum ist mehr als eine Lehre. Es ist die lebendige Begegnung mit Gott, der mitten unter uns Menschen ist.

Natan sprach zu David genauso, wie es (ihm) gesagt und offenbart worden war. Da ging König David hin und setzte sich vor dem Herrn nieder und sagte: Wer bin ich, mein Herr und Gott, und was ist mein Haus, dass du mich bis hierher geführt hast? Weil das in deinen Augen noch zu wenig war, mein Herr und Gott, hast du dem Haus deines Knechtes sogar Zusagen für die ferne Zukunft gemacht. Ist das eine Weisung, wie sie einem (schwachen) Menschen zukommt, mein Herr und Gott? Was soll David noch weiter zu dir sagen? Du kennst deinen Knecht, mein Herr und Gott. Um deines Wortes willen und nach der Absicht deines Herzens hast du alle diese großen Taten getan und deinem Knecht offenbart. Darum bist du groß, mein Herr und Gott. Ja, keiner ist dir gleich, und außer dir gibt es keinen Gott nach allem, was wir mit unseren Ohren gehört haben.
Welches andere Volk auf der Erde ist wie dein Volk Israel? Wo wäre ein Gott hingegangen, um ein Volk für sich als sein Volk freizukaufen und ihm einen Namen zu machen und für dieses Volk große und erstaunliche Taten zu vollbringen, so wie du ganze Völker und ihre Götter vertrieben hast vor den Augen deines Volkes, das du dir von den Ägyptern freigekauft hast? Du hast Israel auf ewig zu deinem Volk bestimmt und du, Herr, bist sein Gott geworden.
Doch nun, Herr und Gott, verleih dem Wort, das du über deinen Knecht und über sein Haus gesprochen hast, für immer Geltung und tu, was du gesagt hast. Dann wird dein Name groß sein für ewige Zeiten und man wird sagen: Der Herr der Heere ist Israels Gott!, und das Haus deines Knechtes David wird vor deinen Augen Bestand haben. Denn du, Herr der Heere, Gott Israels, hast deinem Knecht offenbart: Ich will dir ein Haus bauen. Darum fand dein Knecht den Mut, so zu dir zu beten: Ja, mein Herr und Gott, du bist der einzige Gott und deine Worte sind wahr. Du hast deinem Knecht ein solches Glück zugesagt. So segne jetzt gnädig das Haus deines Knechtes, damit es ewig vor deinen Augen Bestand hat. Denn du, mein Herr und Gott, hast es versprochen und mit deinem Segen wird das Haus deines Knechtes für immer gesegnet sein. (2Sam 7,17-29)