Und er zeigte mir einen Strom, das Wasser des Lebens, klar wie Kristall; er geht vom Thron Gottes und des Lammes aus. Zwischen der Straße der Stadt und dem Strom, hüben und drüben, stehen Bäume des Lebens. Zwölfmal tragen sie Früchte, jeden Monat einmal; und die Blätter der Bäume dienen zur Heilung der Völker. Es wird nichts mehr geben, was der Fluch Gottes trifft. Der Thron Gottes und des Lammes wird in der Stadt stehen und seine Knechte werden ihm dienen. Sie werden sein Angesicht schauen und sein Name ist auf ihre Stirn geschrieben. Es wird keine Nacht mehr geben und sie brauchen weder das Licht einer Lampe noch das Licht der Sonne. Denn der Herr, ihr Gott, wird über ihnen leuchten und sie werden herrschen in alle Ewigkeit. (Offb 22,1-5)
Wasser ist lebensnotwendig. Wie einst die vier Ströme vom Paradies aus die ganze Erde bewässert haben, so war es später der Strom der Tempelquelle, der in der Vision des Ezechiel der Welt das Wasser des Lebens gebracht hat. Die Neue Welt Gottes zeichnet eine bisher nicht gekannte Gottesunmittelbarkeit aus. So geht auch das Wasser des Lebens unmittelbar von Gott aus. Es ist rein und klar. Es fließt durch die ganze Stadt und wohin es fließt, da erblüht das Leben.
Lebensbäume stehen in Hülle und Fülle am Ufer des Stroms und tragen überreich Früchte. Sie dienen zur Nahrung, nicht für ein vergängliches Leben, sondern für die Ewigkeit und ihre Blätter bringen Heilung. Dieses Bild macht deutlich, dass die neue Welt Gottes doch Ähnlichkeiten mit der bisherigen Welt aufweist. Die Menschen werden auch dort Wasser zu Leben und Nahrung brauchen, aber wie im Paradies wird alles wie von selbst da sein und muss nicht erst mühsam erarbeitet werden.
Hier finden wir auch eine Antwort auf die Frage, warum Gott in dieser Welt den Tod zulässt. Im Paradies gab es auch einen Lebensbaum. Seine Früchte hätten den Menschen schon damals Unsterblichkeit verliehen. Aber mit der Vertreibung aus dem Paradies, hat der Mensch auch den Zugang zu diesem Baum verloren. Nun gibt Gott den Menschen unbegrenzten Anteil am Baum des Lebens. Und wenn es doch eine Krankheit geben sollte, so schenken die Blätter des Lebensbaumes augenblicklich Heilung.
Nun wird es nichts mehr geben, was der Fluch Gottes trifft. Gott wird über die Stadt herrschen und alle werden ihm bereitwillig dienen. Es ist eine gerechte Herrschaft, die allen Bewohnern wahres Glück und unvergänglichen Wohlstand gewährt. Alle werden stehen im ewigen Licht Gottes, das auf alle segenspendend scheint ohne Nacht und Finsternis.
Und der Engel sagte zu mir: Diese Worte sind zuverlässig und wahr. Gott, der Herr über den Geist der Propheten, hat seinen Engel gesandt, um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muss. Siehe, ich komme bald. Selig, wer an den prophetischen Worten dieses Buches festhält. Ich, Johannes, habe dies gehört und gesehen. Und als ich es hörte und sah, fiel ich dem Engel, der mir dies gezeigt hatte, zu Füßen, um ihn anzubeten.
Da sagte er zu mir: Tu das nicht! Ich bin nur ein Knecht wie du und deine Brüder, die Propheten, und wie alle, die sich an die Worte dieses Buches halten. Gott bete an! Und er sagte zu mir: Versiegle dieses Buch mit seinen prophetischen Worten nicht! (Offb 22,6-10a)
Die Worte des Engels bekräftigen noch einmal die Zuverlässigkeit dessen, was Johannes geschaut hat. Es sind Bilder, die denen, die sich daran orientieren, Leben schenken. Darum soll das Buch auch nicht versiegelt werden, sondern allen zugänglich sein. Die Visionen weisen hin auf Gott. Er ist der Mittelpunkt des Buches. Johannes aber ist so ergriffen von dem, was hier geschieht, dass er vor dem Engel anbetend niederfällt. Dieser aber verweist auf Gott. Nur ihm gebührt Anbetung. Dieser Hinweis auf den Sendenden ist das Charakteristikum aller wahren Boten und Propheten. Sie stellen sich nicht selbst in den Mittelpunkt, sondern stehen da als Wegweiser und machen den Weg frei zu dem, der sie gesandt hat.
Denn die Zeit ist nahe. Wer Unrecht tut, tue weiter Unrecht, der Unreine bleibe unrein, der Gerechte handle weiter gerecht und der Heilige strebe weiter nach Heiligkeit. Siehe, ich komme bald und mit mir bringe ich den Lohn und ich werde jedem geben, was seinem Werk entspricht. Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende. Selig, wer sein Gewand wäscht: Er hat Anteil am Baum des Lebens, und er wird durch die Tore in die Stadt eintreten können. Draußen bleiben die «Hunde» und die Zauberer, die Unzüchtigen und die Mörder, die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut. Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt als Zeugen für das, was die Gemeinden betrifft. Ich bin die Wurzel und der Stamm Davids, der strahlende Morgenstern. (Offb 22,10b-16)
Noch einmal der drängende Hinweis darauf, dass es keine Zeit zu verlieren gibt. Die Umkehr kennt keinen Aufschub. Wer nicht bereit ist, schnell umzukehren, der soll weiter so leben, wie bisher, aber er muss dann auch mit den Konsequenzen leben. Nur wer umkehrt, sein Gewand wäscht im Blut des Lammes, von Gott die Vergebung seiner Sünden erbittet und sie sich schenken lässt, wird Anteil bekommen am ewigen Leben und in die Stadt Gottes eingelassen werden. Nicht mehr der Engel als Mittler spricht hier, sondern Jesus Christus selbst, der alle Welt und Zeit umspannt und alles zu seiner Erfüllung führt.
Das Ziel eines jeden Menschen ist es, in diese Stadt, das himmlische Jerusalem, zu gelangen. Christus fordert die Reinheit als Bedingung für den Eintritt. Rein wird der Mensch in erster Linie durch die Taufe. In ihr schenkt Gott dem Menschen umsonst die Erlösung. Doch ist das Geschenk der Taufe Gabe und Aufgabe zugleich. Aus Liebe zu Christus ist der Mensch aufgefordert, in seinem Leben aus dieser Taufgnade heraus zu leben und sich so von dieser Welt zu unterscheiden. Schon in diesem Leben soll sichtbar werden, dass wir nun nicht mehr von dieser Welt sind, sondern dass unsere Heimat im Himmel ist.
Der Geist und die Braut aber sagen: Komm! Wer hört, der rufe: Komm! Wer durstig ist, der komme. Wer will, empfange unentgeltlich das Wasser des Lebens. (Offb 22,17)
Die Offenbarung des Johannes endet mit einem dialogischen Geschehen. Die Stimmen vermischen sich. Zunächst spricht ein Engel zu Johannes, dann Christus selbst, dann antwortet Johannes. Hier nun erweitert sich die Anzahl der Sprechenden und die Rede wird zu einem lauten Ruf.
Komm! Das ist der Ruf von Geist und Braut. Mit dem Kommen des Heiligen Geistes am Pfingsttag ist die Kirche entstanden. Christus ist zum Vater zurückgekehrt und hat vom Vater den Heiligen Geist gesandt. Der Geist ist der Beistand der Gläubigen, der durch seine Gaben die Kirche aufbaut. Durch die Kirche sollen alle Menschen auf der ganzen Welt von Jesus Christus hören, die frohe Botschaft von der Rettung und der Erlösung der Menschen.
Der Geist spricht durch die Kirche die Worte, die Jesus auf Erden gesprochen hat, der Geist führt durch die Kirche Christi Werk der Heilung fort. Durch die Kirche sollen die Menschen das Wort Jesu hören und Heil und Heilung empfangen. Heil und heilig sein bedeutet, an Geist und Seele gesund sein, jedoch nicht durch sportliche Übungen, nicht durch Meditation, sondern durch das Wasser der Taufe und den Glauben an Jesus Christus.
Wer sich nach dieser Heilung sehnt, soll kommen, soll zur Kirche kommen und sich taufen lassen und so die lebendige Begegnung mit Jesus Christus erfahren. Hier wird der Durst nach Leben gestillt, hier findet jeder Antwort auf seine Fragen. Hier geht es nicht um Geld und Macht. Heil und Heiligung in Jesus Christus sind nicht käuflich, aber sie haben doch ihren Preis. Sie erfordern die entschiedene Umkehr, die Abkehr von dem, was nicht gut ist, was nicht heilig ist im Leben.
Wer zu Christus kommt, darf ihm all sein Unheil hinhalten, Christus heilt es, alle Sünde, Christus verzeiht sie. Aber das erfordert Ehrlichkeit und die Entschlossenheit, fortan von schlechten Gewohnheiten zu lassen und die Bereitschaft, das neue Leben im Glauben zu leben. So kann jeder Mensch selbst zu einem Rufer werden, der wieder andere ermutigt, den Schritt zum Leben zu tun.
Die Offenbarung des Johannes hat gezeigt, wie schwer es sein kann, den Weg des Lebens zu gehen. Es gibt Hindernisse auf diesem Weg, Verfolgungen, Versuchungen. Hier gilt es, standhaft zu bleiben, um am Ende den Sieg davonzutragen. Immer wieder sind auch bedeutende Personen der Kirche den Versuchungen erlegen und haben das Bild der Kirche in der Welt verzerrt. Immer wieder streben Kirchenleute selbst nach Macht und Reichtum und erwecken so den Eindruck, dass das Heil doch nicht unentgeltlich zu haben ist. Beten wir für die Kirche, für die Verantwortlichen in ihr und für alle Gläubigen.
Heiliger Geist,
komm und heilige deine Kirche,
reinige sie von aller Unreinheit,
dass sie das Wort Jesu Christi
in Reinheit bewahrt und
in all seiner Heiligkeit verkündet.
Lass die Kirche
in all ihrer Heiligkeit strahlen
dass sie die Botschaft Christi
glaubwürdig verkünden kann
und alle Menschen den Ruf hören:
Komm!
Herr Jesus Christus,
führe alle Menschen zu dir
und dann komm
und dann lass uns bei dir sein
in deinem Reich
das kein Ende kennt.
Amen.