Matthäus 24,1-51

Über die Endzeit

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Matthäus
Als Jesus den Tempel verlassen hatte, wandten sich seine Jünger an ihn und wiesen ihn auf die gewaltigen Bauten des Tempels hin. Er sagte zu ihnen: Seht ihr das alles? Amen, das sage ich euch: Kein Stein wird hier auf dem andern bleiben; alles wird niedergerissen werden. (Mt 24,1-2)

Jesus hat viele Streitgespräche im Tempel geführt. Die Fronten sind verhärtet, die religiösen Führer lehnen Jesus ab, sind entschlossen, ihn zu töten. Jesus verlässt den Tempel. Das ist mehr als eine Ortsveränderung. Wir müssen diesen Vers in engem Bezug sehen zu den vorangehenden Versen. Jesus nennt dort den Tempel "euer Haus", das Haus der Schriftgelehrten und Pharisäer, aber nicht mehr das Haus Gottes. Er sagt, dass dieses "euer Haus" von Gott verlassen wird. Dies wird nun Wirklichkeit. Jesus verlässt den Tempel und mit diesem Schritt hat der Tempel in Jerusalem ein für alle Mal seine Funktion verloren, Haus Gottes auf Erden zu sein.
Noch Staunen die Jünger Jesu über die gewaltige Größe des Tempels. Doch seine Zeit ist vorbei. Gott ist zu seinem Tempel gekommen, aber die Diener des Tempels haben ihn hinausgeworfen. Welchen Sinn hat ein Tempel, der seinen Gott hinauswirft? Jesus macht seinen Jüngern deutlich, dass alles, was sie hier sehen, zerstört werden wird. Es mag ihnen unglaublich erscheinen, die Leser des Evangeliums aber wissen, dass das Wort Jesu Wirklichkeit geworden ist.

Als er auf dem Ölberg saß, wandten sich die Jünger, die mit ihm allein waren, an ihn und fragten: Sag uns, wann wird das geschehen, und was ist das Zeichen für deine Ankunft und das Ende der Welt? (Mt 24,3)

Nun wechselt der Schauplatz. Jesus hat den Tempel verlassen und ist mit seinen Jüngern auf den Ölberg gegangen. Von dort hat man eine wunderbare Aussicht über die Stadt. Auf dem Weg vom Tempel zum Ölberg ist Jesu Jüngern das Wort von der Zerstörung des Tempels nicht mehr aus dem Sinn gegangen. Sie möchten mehr darüber erfahren, was Jesus ihnen damit sagen wollte.

Jesus antwortete: Gebt Acht, dass euch niemand irreführt!
Denn viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin der Messias!, und sie werden viele irreführen. Ihr werdet von Kriegen hören und Nachrichten über Kriege werden euch beunruhigen. Gebt Acht, lasst euch nicht erschrecken! Das muss geschehen. Es ist aber noch nicht das Ende. Denn ein Volk wird sich gegen das andere erheben und ein Reich gegen das andere und an vielen Orten wird es Hungersnöte und Erdbeben geben. Doch das alles ist erst der Anfang der Wehen.
Dann wird man euch in große Not bringen und euch töten und ihr werdet von allen Völkern um meines Namens willen gehasst. Dann werden viele zu Fall kommen und einander hassen und verraten. Viele falsche Propheten werden auftreten und sie werden viele irreführen.
Und weil die Missachtung von Gottes Gesetz überhandnimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten. Wer jedoch bis zum Ende standhaft bleibt, der wird gerettet. Aber dieses Evangelium vom Reich wird auf der ganzen Welt verkündet werden, damit alle Völker es hören; dann erst kommt das Ende. (Mt 24,4-14)
Wenn ihr dann am heiligen Ort den unheilvollen Gräuel stehen seht, der durch den Propheten Daniel vorhergesagt worden ist - der Leser begreife -, dann sollen die Bewohner von Judäa in die Berge fliehen; wer gerade auf dem Dach ist, soll nicht mehr ins Haus gehen, um seine Sachen mitzunehmen; wer auf dem Feld ist, soll nicht zurückkehren, um seinen Mantel zu holen. Weh aber den Frauen, die in jenen Tagen schwanger sind oder ein Kind stillen.
Betet darum, dass ihr nicht im Winter oder an einem Sabbat fliehen müsst. Denn es wird eine so große Not kommen, wie es noch nie eine gegeben hat, seit die Welt besteht, und wie es auch keine mehr geben wird. Und wenn jene Zeit nicht verkürzt würde, dann würde kein Mensch gerettet; doch um der Auserwählten willen wird jene Zeit verkürzt werden.
Wenn dann jemand zu euch sagt: Seht, hier ist der Messias!, oder: Da ist er!, so glaubt es nicht! Denn es wird mancher falsche Messias und mancher falsche Prophet auftreten und sie werden große Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich, auch die Auserwählten irrezuführen. Denkt daran: Ich habe es euch vorausgesagt.
Wenn sie also zu euch sagen: Seht, er ist draußen in der Wüste!, so geht nicht hinaus; und wenn sie sagen: Seht, er ist im Haus!, so glaubt es nicht. Denn wie der Blitz bis zum Westen hin leuchtet, wenn er im Osten aufflammt, so wird es bei der Ankunft des Menschensohnes sein. Überall wo ein Aas ist, da sammeln sich die Geier. (Mt 24,15-28)
Sofort nach den Tagen der großen Not wird sich die Sonne verfinstern und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Danach wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen; dann werden alle Völker der Erde jammern und klagen und sie werden den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen sehen. Er wird seine Engel unter lautem Posaunenschall aussenden und sie werden die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, von einem Ende des Himmels bis zum andern. (Mt 24,29-31)
Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr das alles seht, dass das Ende vor der Tür steht. Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft.
Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater. (Mt 24,32-36)
Denn wie es in den Tagen des Noach war, so wird es bei der Ankunft des Menschensohnes sein. Wie die Menschen in den Tagen vor der Flut aßen und tranken und heirateten, bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging, und nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte, so wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein. (Mt 24,37-39)

In den letzten Tagen vor seinem Tod gibt Jesus seinen Jüngern in Jerusalem eine lange Unterweisung darüber, was nach seinem Tod geschehen wird, und wie die Jünger leben sollen, um seine Zeugen in der Welt zu sein. Vor allem sollen sie sich der Wiederkunft des Herrn bewusst sein. Dies soll eine tröstliche Gewissheit sein angesichts der Nöte der Zeit, in der die Jünger leben. Den frühen Christen stand die baldige Wiederkunft des Herrn deutlich vor Augen, heute aber sind bereits fast 2000 Jahre seit Jesu Tod vergangen, ohne dass der Herr gekommen ist.
Waren Jesu Worte eine falsche Verheißung? Lohnt es sich überhaupt noch, an Jesus zu glauben? Sind das nicht alles Märchen aus fernen Zeiten? Jesus hat bewusst keine Aussage über die Zeit seines Kommens gemacht. Er ruft dazu auf, wachsam zu bleiben und nicht die Geduld zu verlieren. Die Worte Jesu sind keine falsche Prophetie, auch wenn sich seine Wiederkunft erst nach vielen weiteren Jahrhunderten ereignen würde.
Die Gewissheit der Wiederkunft des Herrn mahnt uns, so zu leben, als würde Jesus jeden Augenblick wiederkommen. Sie mahnt uns dazu, nicht aus Sorglosigkeit unsere täglichen Pflichten zu vernachlässigen, wie Jesus uns in den Gleichnissen vom klugen Knecht, den zehn Jungfrauen und den Talenten deutlich macht. Jede Stunde ist wertvoll und kann über unser Leben entscheiden. Ein Beispiel dafür ist auch die Erzählung von Noach. Er allein baute die Arche, während alle anderen sorglos weiterlebten. Nur er und seine Familie wurden gerettet.

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Matthäus

Der Advent ist die besondere Zeit im Jahr, um uns die Bedeutung der Wiederkunft des Herrn für unser Leben neu bewusst zu machen. Daher hat die Kirche auch für den ersten Adventssonntag des Lesejahres A, des Matthäusjahres, diese Verse als Evangelium gewählt. Mit dem Ersten Advent beginnt ein neues Kirchenjahr. Der Kreislauf der Jahre ist nicht eine Wiederholung des ewig Gleichen, sondern mit dem Kreislauf der Jahre kommen wir wie auf einer Spirale dem Ziel immer näher.
So will uns die Kirche darauf hinweisen, was es bedeutet, Christ zu sein: Wir leben in dieser Welt, sind aber nicht von dieser Welt. Unsere Heimat ist bei Christus im Himmel. Wir stehen als Christen von Anfang an in der Erwartung der Wiederkunft unseres Herrn. Wir sind dazu berufen, das Licht unseres Glaubens am Leuchten zu halten, wie eine Kerze, die immer in Gefahr ist, dass ein Windstoß sie auslöscht. Dieses unser Licht soll vor den Menschen leuchten und Zeugnis geben für den Herrn, der bei seiner Wiederkunft der ganzen Welt erscheinen wird.

Dann wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen. Und von zwei Frauen, die mit derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt. (Mt 24,40-42)

Seid wachsam! Diese Aufforderung gibt uns den Schlüssel zur Deutung der beiden vorangehenden Bilder von den zwei Männern auf dem Feld den zwei Frauen an der Mühle. Die Männer arbeiten auf dem gleichen Feld, die Frauen mahlen mit derselben Mühle. Feld und Mühle sind ein Bild für diese Welt. Wir alle haben mit den Aufgaben zu ringen, die diese Welt an uns stellt, im Beruf, im Alltag, in Freude und Leiden. Wir sagen ja auch bisweilen, dass wir von den Mühen dieser Welt zermahlen werden.
Der Mann und die Frau, die zurückgelassen werden, stehen für die Menschen, die nur das Irdische sehen. Erfolg im Beruf, Reichtum, Gesundheit, Ansehen, das allein sind ihre Ziele. Sie suchen ihr Heil allein in dieser Welt, doch sie werden vom Getriebe dieser Welt aufgerieben und können das wahre Glück nicht finden. Vielleicht stehen sie auf den ersten Blick besser da als ihre Kolleginnen und Kollegen, haben mehr Erfolg, mehr Geld. Doch am entscheidenden Tag ihres Lebens bleiben sie zurück und verpassen das, wozu sie geschaffen wurden.
Der Mann und die Frau aber, die mitgenommen werden, stehen für die Menschen, für die diese Welt nicht alles ist. Sie erkennen in der Welt ihren Schöpfer und wollen nicht der Welt gefallen, sondern Gott allein. Im Alltag blicken sie auf zu Christus. Sie versuchen, nach der Weisung Jesu zu leben, auch wenn ihnen das auf Erden Nachteile bringt. Am entscheidenden Tag aber werden sie getragen zur Erfüllung ihres Lebens.

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Servus Fidelis

Das ewige Heil ist nichts, das wir selbst machen können. Es ereignet sich an uns. Es ist ganz Gottes Tun. Aber wir sind dazu berufen, uns dafür bereit zu machen. Es ist nicht egal, wie wir leben. Jede unserer Taten bringt uns entweder näher ans Ziel oder führt uns davon weg. Das Gute daran ist, dass wir auch jeden Augenblick neu anfangen können. Jeder Moment unseres Lebens gibt uns die Möglichkeit, unser Denken zu ändern und eine gute Tat zu vollbringen.

Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass man in sein Haus einbricht. Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet. (Mt 24,43-44)

Solange noch kein Dieb ins Haus eingestiegen ist, können wir uns immer wieder neue Möglichkeiten ausdenken, wie wir das Haus noch besser bewachen können. Wenn wir aber zur falschen Stunde unachtsam waren, kann das unser ganzes Leben verändern. Solange dies in der irdischen Zeit geschieht, gibt es immer wieder die Möglichkeit, umzukehren. Unrecht kann verziehen, Fehler wieder gutgemacht werden. Doch sollten wird das nicht auf die lange Bank schieben. Wir wissen nicht, wann die Zeit vorbei ist, die uns die Möglichkeit dazu lässt.

Es wacht, wer die Augen offen hält für den Anblick des wahren Lichtes. Es wacht, wer dient indem er ausführt, was er glaubt. Es wacht, wer die Finsternis der Trägheit und Nachlässigkeit von sich weist. (Gregor der Große)
Wer ist nun der treue und kluge Knecht, den der Herr eingesetzt hat, damit er dem Gesinde zur rechten Zeit gibt, was sie zu essen brauchen? Selig der Knecht, den der Herr damit beschäftigt findet, wenn er kommt! Amen, das sage ich euch: Er wird ihn zum Verwalter seines ganzen Vermögens machen.
Wenn aber der Knecht schlecht ist und denkt: Mein Herr kommt noch lange nicht!, und anfängt, seine Mitknechte zu schlagen, wenn er mit Trinkern Gelage feiert, dann wird der Herr an einem Tag kommen, an dem der Knecht es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt; und der Herr wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Platz unter den Heuchlern zuweisen. Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen. (Mt 24,45-51)