Matthäus 21,1-17

Einzug in Jerusalem

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Heilige Schrift
Als sich Jesus mit seinen Begleitern Jerusalem näherte ... (Mt 21,1a)

Über zwei Kapitel hinweg hat uns Matthäus vom Weg Jesu mit seinen Jüngern nach Jerusalem berichtet. Nun sind sie am Ziel angekommen, Jerusalem, dem Zentrum des jüdischen Glaubens mit dem imposanten Tempel des Herodes. Galiläa war Provinz, weit weg von den Schaltstellen der Macht. Dort war Jesus weitgehend sicher. In Jerusalem aber sitzen die religiösen Führer der Juden, denen Jesus schon lange verdächtig ist, und auch die römische Besatzungsmacht ist hier stark präsent.
Jesus hat den Weg nach Jerusalem bewusst gewählt. Hier will Jesus bewusst Aufmerksamkeit erregen. Er zieht nicht heimlich in die Stadt ein, vielmehr wird es ein Triumphzug werden. In Jerusalem zeigt sich Jesus offen als Messias und fordert so die Menschen zur Entscheidung - für ihn oder gegen ihn. Es ist alles vorbereitet, Jesus weiß, wohin er seine Jünger schicken muss, um das passende Reittier zu besorgen.

... und nach Betfage am Ölberg kam, schickte er zwei Jünger voraus und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los, und bringt sie zu mir! Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen.
Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist friedfertig, und er reitet auf einer Eselin und auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers. (Mt 21,1b-5)

Jesus erfüllt, was der Prophet Sacharja (Sach 9,9) verheißen hat. Er ist der neue König von Israel, in dessen Reich Frieden und Gerechtigkeit herrschen. Er kommt nicht stolz hoch zu Ross, sondern demütig auf einem Esel, wie es der Prophet angekündigt hat. Aber gerade durch die Erfüllung des Prophetenwortes lässt Jesus keinen Zweifel daran: er beansprucht die Herrschaft über die Stadt, er beansprucht die Herrschaft über die Herzen.

Er kommt zu dir, um dich, wenn du Einsicht hast, zu erlösen; wenn du nicht einsehen willst, kommt er gegen dich. Er kommt in Sanftmut, um nicht wegen seiner Stärke gefürchtet, sondern auf Grund seiner Freundlichkeit geliebt zu werden. Deswegen sitzt er nicht in einem goldenen Wagen, mit kostbarem Purpur prächtig bekleidet; er steigt auch nicht auf ein hitziges Ross, das Streit und Zwietracht liebt, sondern auf einen Esel, der ein Freund von Ruhe und Frieden ist. (Johannes Chrysostomus)
Die Jünger gingen und taten, was Jesus ihnen aufgetragen hatte. Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie, und er setzte sich darauf. Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf der Straße aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. (Mt 21,6-8)

Bisher war Jesus nicht darauf aus, die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zu ziehen. Er hat seine Wunder im Verborgenen gewirkt, wollte nicht, dass die Menschen davon sprechen. Ihm ging es vor allem darum, einem konkreten Menschen zu helfen oder ein Zeichen zu geben, auf keinen Fall aber, selbst vor den Menschen groß dazustehen. Jedes Mal, wenn nach einem Wunder die Menge begeistert war, hat Jesus sie auf ein tieferes Geheimnis hingewiesen, woraufhin die Menge meist ratlos war.
Jesus ist bisher auch noch nie geritten, immer war er zu Fuß unterwegs. Doch nun ist es anders. Er lässt sich von den Menschen feiern. Er lässt zu, dass die Menschen ihn König, Sohn Davids, nennen. Doch auch hier ist es anders als es bei Königen normalerweise ist. Es sind nicht Soldaten, die ihm zujubeln, sondern einfache Menschen. Sie haben keine großen Geschenke. Sie breiten ihre Kleider über den Weg und reißen sich Zweige von den Bäumen ab zur Huldigung. Jesus reitet auf einem kleinen Esel, er ist der Friedenskönig. Er will sein Reich des Friedens auf der Erde errichten, das nicht mit Waffengewalt die Herrschaft über die Menschen durchsetzt, sondern in Liebe die Herzen aller Menschen vereint.

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Heilige Schrift
Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!
Als er in Jerusalem einzog, geriet die ganze Stadt in Aufregung, und man fragte: Wer ist das? Die Leute sagten: Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa. (Mt 21,9-11)

Alles ist gut vorbereitet. Jesus weiß, was er tut. Die Leute wissen es auch. Sein Einzug in Jerusalem bleibt nicht verborgen. Die ganze Stadt gerät in Aufregung und die Menschen strömen zusammen, um dem neuen König zu huldigen. "Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!"

Zu Recht waren sie ergriffen, als sie das wunderbare Geschehnis erblickten. Ein Mensch wurde wie Gott gepriesen, aber gleichzeitig wurde Gott im Menschen gepriesen. Ich glaube jedoch, dass selbst diejenigen, die die Loblieder sangen, nicht wussten, was sie priesen; vielmehr trat plötzlich der Geist in sie ein und goss ihnen Worte der Wahrheit ein. (Johannes Chrysostomus)

Anders als bei weltlichen Königen, denen man den Segen Gottes wünscht und für die man Gott bittet, dass ihr Handeln segensreich sein möge, geht von Jesus selbst das Heil aus. Kein irdischer Herrscher kann sich anmaßen, den Menschen das Heil zu bringen. Er kann durch eine segensreiche Regierung die Rahmenbedingungen für ein gutes Leben der Menschen herstellen, aber nicht deren Heil wirken. Doch Jesus bringt das Heil für den ganzen Menschen und für alle. Dieses Heil erlangt, wer sich der Herrschaft Gottes unterstellt.
Die Menschen geben Zeugnis von Jesus, als viele nicht wissen, wer hier so machtvoll in die Stadt einzieht. Das ist Jesus aus Nazaret in Galiläa, ein Prophet. Doch Jesus ist mehr als ein Prophet. In den folgenden Tagen wird er in Jerusalem durch seine Worte und Taten den Menschen zeigen, was die nun anbrechende Gottesherrschaft bedeutet. Und dann wird er seinen Thron besteigen und nach seinem Tod am Kreuz den ihm gebührenden Platz zur Rechten Gottes einnehmen.

Jesus ging in den Tempel und trieb alle Händler und Käufer aus dem Tempel hinaus; er stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um und sagte: In der Schrift steht: Mein Haus soll ein Haus des Gebetes sein. Ihr aber macht daraus eine Räuberhöhle. Im Tempel kamen Lahme und Blinde zu ihm und er heilte sie.
Als nun die Hohenpriester und die Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er tat, und die Kinder im Tempel rufen hörten: Hosanna dem Sohn Davids!, da wurden sie ärgerlich und sagten zu ihm: Hörst du, was sie rufen? Jesus antwortete ihnen: Ja, ich höre es. Habt ihr nie gelesen: Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge schaffst du dir Lob? Und er ließ sie stehen und ging aus der Stadt hinaus nach Betanien; dort übernachtete er. (Mt 21,12-17)

Sein erster Weg führt Jesus in Jerusalem in den Tempel. Voll heiligem Zorn vertreibt er dort die Geldwechsler und Händler. Geld regiert die Welt und die Herrschaft des Geldes reicht bis in den heiligen Raum. Wenigstens hier soll aber deutlich werden, dass eben nicht das Geld das Wichtigste ist, sondern die Verehrung Gottes, die wahre Verehrung Gottes. Die kann man sich eben nicht durch irgendwelche Opfer erkaufen, sondern dazu muss der Mensch Gott sein eigenes Herz opfern. Das ist es, was Jesus all die Jahre gepredigt hatte. Nicht äußere Werke machen den Menschen gerecht vor Gott. Der Mensch muss in Beziehung treten zu Gott, muss eine Herzensfreundschaft mit Gott schließen. Dann kann der Mensch im Namen Gottes handeln und Gutes tun.
Lahme und Blinde sind die ersten, die im Tempel auf Jesus zukommen. Die Kranken, die von so vielen ausgestoßen werden, sind die, denen Jesus zuerst begegnet. Wie viele Menschen sind in unserer heutigen Zeit krank. Wie sehr brauchen wir Menschen, die ihnen im Namen Jesu begegnen, die sie heilen können, ganz, an Körper und Seele. Auch die Kinder jubeln Jesus zu. Sie brauchen besonderen Schutz. Sie brauchen besondere Hilfe, damit sie zu gesunden Menschen werden, sie brauchen Jesus, um das Heil zu erlangen. Wie vielen Kindern wird Jesus genommen.
Der umjubelte Einzug in Jerusalem, sein Handeln im Tempel, all das bleibt nicht unbeobachtet. Die Hohenpriester und Schriftgelehrten haben mitbekommen, dass Jesus da ist. Erster Widerstand regt sich gegen ihn. - Ist das nicht der, der den Sabbat nicht hält, der in der Provinz schon so viel Unruhe unter dem Volk gestiftet hat? Was maßt der sich an? Will er jetzt ganz Jerusalem in Aufruhr bringen?
Das Todesurteil über Jesus ist schnell gesprochen. Zunächst im Verborgenen. Doch die Gelegenheit, es auszuführen, wird kommen. Jesus bleiben noch vier Tage. In diesen Tagen wird einiges geschehen. Jesus wird noch deutlicher in seinen Aussagen. Er sagt den Hohenpriestern und Schriftgelehrten seine Meinung. Die Fronten klären sich. Das Netz um Jesus schnürt sich zu. Die Schriftgelehrten können als angesehene Autoritäten die Meinung der Menschen beeinflussen. Langsam kippt die Stimmung der Menge um, vom Hosanna zum Kreuzige ihn!