Matthäus 17,13-27

Jüngerbelehrung

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Als sie zurückkamen, begegneten sie einer großen Zahl von Menschen. Da trat ein Mann auf ihn zu, fiel vor ihm auf die Knie und sagte: Herr, hab Erbarmen mit meinem Sohn! Er ist mondsüchtig und hat schwer zu leiden. Immer wieder fällt er ins Feuer oder ins Wasser. Ich habe ihn schon zu deinen Jüngern gebracht, aber sie konnten ihn nicht heilen.
Da sagte Jesus: O du ungläubige und unbelehrbare Generation! Wie lange muss ich noch bei euch sein? Wie lange muss ich euch noch ertragen? Bringt ihn her zu mir! Dann drohte Jesus dem Dämon. Der Dämon verließ den Jungen, und der Junge war von diesem Augenblick an geheilt.
Als die Jünger mit Jesus allein waren, wandten sie sich an ihn und fragten: Warum konnten denn wir den Dämon nicht austreiben? Er antwortete: Weil euer Glaube so klein ist. Amen, das sage ich euch: Wenn euer Glaube auch nur so groß ist wie ein Senfkorn, dann werdet ihr zu diesem Berg sagen: Rück von hier nach dort!, und er wird wegrücken. Nichts wird euch unmöglich sein. (Mt 17,14-27)

Es ist ein himmelweiter Unterschied zwischen der Herrlichkeit des Gott-Seins Jesu und dem Mensch-Sein der Apostel. Vielleicht wollen uns die Synoptiker darauf aufmerksam machen, wenn sie alle nach der Verklärung des Herrn vom Scheitern der Jünger bei einer Dämonenaustreibung berichten. Schnell werden Jesus und die drei Jünger, die mit ihm auf dem Berg waren, von der Höhe der Gottesschau wieder in die Tiefen des Alltags heruntergerissen.
Von der Erhabenheit des Berges geht es in den Tumult der Menge. Jeder, der meditiert und betet hat sicher schon diese Erfahrung gemacht. Da ist man ganz im Gebet versunken, macht eine tiefe Erfahrung der Nähe Gottes und dann verlässt man den Raum der Stille und ist plötzlich vom Lärm der Welt umgeben. Der erfahrene Beter vermag aber etwas aus der erfüllten Stille seines Gebets mit in diesen Trubel hineinzunehmen.
Die Jünger sind während der Abwesenheit Jesu in arge Bedrängnis geraten. Sie wurden darum gebeten, einen Dämon auszutreiben, aber konnten es nicht. Versager, falsche Propheten, wer weiß, was das Volk ihnen alles nachgerufen hat. Da sieht man es doch, dass alles, was mit diesem Jesus zu tun hat, ein riesen Schwindel ist.
Die Evangelisten sind ehrlich, wenn sie auch vom Scheitern der Jünger berichten. Sie müssen lernen, müssen stark werden im Glauben. Das ist eine Lebensausgabe. Auch die Gemeinde des Matthäus machte sicher diese Erfahrung des Scheiterns. Die Christen späterer Zeiten konnten oft nicht mehr die Wunder vollbringen, die zur Zeit Jesu geschahen. Und doch geschehen diese Wunder zu allen Zeiten, dort, wo der Glaube groß ist, und sei er auch nur so groß wie ein winziges Senfkorn.

Als sie in Galiläa zusammen waren, sagte Jesus zu ihnen: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert werden, und sie werden ihn töten; aber am dritten Tag wird er auferstehen. Da wurden sie sehr traurig. (Mt 17,22-23)

Nach der Belehrung über ihren Unglauben müssen die Jünger noch eine schmerzhafte Erfahrung machen. Erneut kündigt ihnen Jesus an, dass er getötet werden wird. Beim ersten Mal hatte Petrus dagegen protestiert und wurde vom Herrn aufs Schärfste zurechtgewiesen. Nun nehmen die Jünger die Aussage Jesu schweigend zur Kenntnis. Jeder von ihnen wird sich seinen Teil denken, im Stillen hoffen, dass es nicht bald geschehen wird, wenn es denn geschehen muss. Aber verstanden hat diese Worte Jesu zu diesem Zeitpunkt wohl niemand und was Auferstehung bedeutet, dieses machtvolle Erscheinen des lebendig aus dem Grab Hervorgegangenen, das kann sich auch noch niemand vorstellen.

Als Jesus und die Jünger nach Kafarnaum kamen, gingen die Männer, die die Tempelsteuer einzogen, zu Petrus und fragten: Zahlt euer Meister die Doppeldrachme nicht? Er antwortete: Doch! Als er dann ins Haus hineinging, kam ihm Jesus mit der Frage zuvor: Was meinst du, Simon, von wem erheben die Könige dieser Welt Zölle und Steuern? Von ihren eigenen Söhnen oder von den anderen Leuten? Als Petrus antwortete: Von den anderen!, sagte Jesus zu ihm: Also sind die Söhne frei. Damit wir aber bei niemand Anstoß erregen, geh an den See und wirf die Angel aus; den ersten Fisch, den du heraufholst, nimm, öffne ihm das Maul und du wirst ein Vierdrachmenstück finden. Das gib den Männern als Steuer für mich und für dich. (Mt 17,24-27)

Nun ist Jesus mit seinen Jüngern wieder in Kafarnaum, dem Wohnort Jesu und einiger anderer Jünger. Hier in Kafarnaum findet auch die letzte Rede Jesu in Galiläa statt, die sogenannte Gemeinderede, in der er den Jüngern das Zusammenleben im neuen Volk Gottes darlegt. Davor aber gibt er ihnen noch eine Weisung für ihr Verhalten als Staatsbürger. Die Steuereintreiber kommen und verlangen die übliche Abgabe der Doppeldrachme. Sie wenden sich zunächst an Petrus, der antwortet etwas unsicher scheinbar, dass Jesus natürlich Steuern zahlt. Er hat wohl keine Lust auf eine Auseinandersetzung mit den Steuereintreibern und hätte wohl auch keine Chance gehabt, ihnen überzeugend darzulegen, dass Jesus und seiner Anhänger von der Steuer befreit sind. Auch Paulus wird später in seinen Briefen schreiben, dass der Christ der staatlichen Ordnung Folge zu leisten hat und seine Steuern zahlen muss.
Auch Jesus will keine Konfrontation mit den Staatsorganen. Zwar wäre er als Sohn Gottes von einer Steuer für den Tempel seines Vaters sicher befreit, aber gerade diesen Anspruch Jesu werden die staatlichen Obrigkeiten nicht akzeptieren. Für eine Steuer lohnt es sich aber nicht, einen Konflikt in Kauf zu nehmen. Anders ist das bei wichtigen Geboten wie etwa dem Sabbatgebot, bei dem Jesus für seine Auslegung des Gebotes bewusst auf Konfrontation zu den Obrigkeiten geht. Geld aber ist ersetzbar und so findet sich die für die Steuer nötige Doppeldrachme schließlich in einem Fisch, den Petrus im See fängt. Gott gibt allen, denen es zuerst um sein Reich geht, alles was zum Leben nötig ist, wie Jesus in der Bergpredigt gesagt hat.