Matthäus 17,1-13

Verklärung Jesu

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Verklärung des Herrn
Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. (Mt 17,1)

Nur drei seiner Apostel nimmt Jesus mit auf den Berg. Nur ihnen wird es zuteil, Jesus in seiner himmlischen Herrlichkeit zu sehen. Der Berg, auf den sie steigen, wird in keinem der Evangelien genannt, die Tradition sieht aber den Berg Tabor als den Berg der Verklärung an. Wer schon einmal auf dem Tabor gewesen ist, wird verstehen, warum. Es ist ein beeindruckender Berg, der die umliegenden Hügel weit überragt. Man bekommt auf ihm ein Gefühl der Weite und ein Gespür für die Gegenwart Gottes.

Er führte sie auf den Berg, um ihnen zu zeigen, dass er Gottes Sohn ist, der vor aller Zeit vom Vater erzeugt wurde, am Ende der bestimmten Zeit aus der Jungfrau Fleisch annahm und, wie er selbst wusste, ohne Zeugung und auf unaussprechliche Weise geboren wurde, indem er die Jungfrauschaft seiner Mutter unversehrt bewahrte. ... Er führte sie auf den Berg, um ihnen die Herrlichkeit der Gottheit zu zeigen und ihnen kund zu tun, dass er der Erlöser Israels ist, wie er es durch die Propheten geoffenbart hatte, damit sie nicht an ihm Anstoß nehmen, wenn sie seine freiwilligen Leiden sehen, die er als Mensch für uns erduldet hat.
Sie kannten ihn nämlich nur als Menschen und wussten nicht, dass er Gott ist. Sie kannten ihn als den Sohn Mariens, als einen Menschen, der mit ihnen in der Welt umherwandelte, aber auf dem Berg tat er ihnen kund, dass er Gottes Sohn und Gott ist. Sie sahen ihn essen und trinken, müde werden und ausruhen, schläfrig werden und schlafen, sich fürchten und schwitzen. All dies entsprach nicht der Natur seiner Gottheit, sondern nur seiner Menschheit. Daher führte er sie auf den Berg, damit der Vater ihn den Sohn nennt und ihnen zeigt, dass er in Wahrheit sein Sohn und Gott ist.
Er führte sie auf den Berg und zeigte ihnen sein Reich vor seinem Leiden und seine Macht vor seinem Tod und seine Herrlichkeit vor seiner Beschimpfung und seine Ehre vor seiner Entehrung, damit sie, wenn er von den Juden gefangen und gekreuzigt wird, erkennen, dass er nicht aus Schwäche gekreuzigt worden ist, sondern aus freiem Willen, weil es ihm so gefiel, zum Heil der Welt. Er führte sie auf den Berg und zeigte ihnen vor der Auferstehung die Herrlichkeit seiner Gottheit, damit sie, wenn er in der Herrlichkeit seiner göttlichen Natur vom Tode erstanden ist, erkennen, dass er die Herrlichkeit nicht zur Belohnung seines Leidens erhalten hat, als ob er ihrer bedurft hätte, sondern dass sie schon vor aller Zeit mit dem Vater und bei dem Vater sein eigen gewesen ist. (Ephräm der Syrer)
Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht. Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus. (Mt 17,2-3)

Auf dem Berg geschieht dann etwas Außergewöhnliches, das die Jünger in Angst und Staunen versetzt. Das Aussehen Jesu verändert sich. Er strahlt in einer Klarheit, wie sie für uns Menschen unbeschreiblich ist. Göttliches Licht bricht mit seinem Glanz hinein in unsere Welt.

Zwei Sonnen erblickten dort die Jünger: eine am Himmel, wie gewöhnlich, und noch eine auf ungewöhnliche Weise, eine, die ihnen allein schien, nämlich das Angesicht des Herrn. Seine Kleider aber zeigte er weiß wie Licht, weil aus seinem ganzen Körper die Herrlichkeit seiner Gottheit hervorquoll und sein Licht allen seinen Gliedern entstrahlte; denn nicht wie bei Mose leuchtete nur äußerlich sein Fleisch in hellem Glanze, sondern die Herrlichkeit seiner Gottheit quoll aus ihm hervor. Sein Licht ging auf und blieb in ihm gesammelt, es ging nirgend anderswohin und verließ ihn nicht. Es kam ja auch nicht von anderswoher, um ihn zu verklären; es war ihm nicht etwa zu zeitweiligem Gebrauche geliehen. (Ephräm der Syrer)

Der himmlische Glanz, den drei Apostel sehen dürfen, soll sie darauf vorbereiten, dass sie nicht an Jesus zweifeln, wenn sie ihn am Kreuz in seiner Niedrigkeit sehen werden. Unmittelbar vor der Verklärung steht das Messiasbekenntnis des Petrus und der Ruf Jesu zur Kreuzesnachfolge. So ist die Verklärung Jesu ein Zeichen für seine Jünger und für uns. Jesus zeigt uns: Seht, ich bin es wirklich, ich bin wirklich der Messias, der Sohn Gottes.
Mose, der Mittler des Gesetzes und Elija, der Prophet, dessen Kommen vor dem Erscheinen des Messias erwartet wird, treten auf und reden mit Jesus. Vielleicht kann man sagen, dass die Verklärung Jesu nicht nur ein Zeichen für die Jünger war, sondern auch für Mose und Elija. Da ja die Auferstehung der Toten erst durch die Auferstehung Jesu möglich war, mussten alle, die vor Christus gestorben sind, an einem bestimmten Ort auf den Tag der Auferstehung warten. Wir hören, dass nach der Auferstehung Jesu viele Gerechte aus ihren Gräbern auferstanden sind und dass Jesus in die Unterwelt hinabstieg, um die dort Gefangenen zu befreien. Mose und Elija wird es zuteil, schon vor diesem Tag den zu sehen, auf den sie ihre Hoffnung gesetzt haben.

Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. (Mt 17,4)

Die drei Jünger werden bei diesem Geschehen eigentlich nicht gebraucht. Wahrscheinlich konnten sie dem Gespräch Jesu mit Mose und Elija nicht folgen. Petrus will zeigen, dass sie auch noch da sind, will sich nützlich machen, will drei Hütten bauen. Jesus antwortet ihm nicht. Petrus wird selber eingesehen haben, wie unpassend seine Frage war. Für die verklärten Gestalten bedarf es keiner irdischen Wohnungen. Sie warten auf die himmlische, die ihnen bald zukommen wird.

O Simon, was sagst du da? Wenn wir hier bleiben, wer erfüllt dann die Weissagung der Propheten? Wer besiegelt dann die Worte der Boten? Wer bringt dann die Geheimnisse der Gerechten zur Vollendung? ... Wenn wir hier bleiben, wer zerreißt dann die Handschrift Adams, und wer tilgt seine Schuld? Wer gibt ihm dann das Gewand der Herrlichkeit zurück? Wenn wir hier bleiben, wie soll dann geschehen, was ich dir gesagt habe? Wie soll dann die Kirche gebaut werden? Wie wirst du dann von mir die Schlüssel des Himmelreichs bekommen? Wen wirst du dann binden, wen lösen? Wenn wir hier bleiben, wird alles, was durch die Propheten gesagt wurde, ohne Erfüllung bleiben. (Ephräm der Syrer)
Noch während er redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, bekamen sie große Angst und warfen sich mit dem Gesicht zu Boden. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst! Und als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus. (Mt 17,5-8)

Dann spricht der Vater aus der Wolke, wie schon bei der Taufe Jesu. Er bezeugt den Sohn vor Mose und Elija und vor den drei Aposteln. Die Gegenwart Gottes wird erfahrbar. Was bleibt, ist nur die Anbetung. Die Jünger werfen sich auf den Boden. Angst erfüllt sie in diesem Augenblick. Plötzlich ist alles vorbei. Jesus ist wieder "ganz der alte". Er berührt seine Jünger und sagt ihnen, dass sie keine Angst zu haben brauchen. Gemeinsam steigen sie den Berg hinab.
Die Apostel haben Christus in seiner Herrlichkeit sehen dürfen. Sie haben einen Blick werfen dürfen in jene Welt, die unseren menschlichen Augen sonst verborgen ist, und doch haben sie noch nicht verstanden, was sie sahen. Sie sahen Jesus in seiner Herrlichkeit, doch als sie vom Berg hinab stiegen, war ihr Glaube wieder gefordert. Das Schauen ist ein Geschenk für den Augenblick, der Glaube ist die Aufgabe unseres Lebens. Erst nach Ostern haben die Jünger verstanden, erst im Heiligen Geist bekamen sie die Kraft zum unerschrockenen Bekenntnis.
Wir alle haben unsere Tabor-Erlebnisse in irgendeiner Weise. Manchmal erleben wir ganz intensiv die Nähe Gottes. Doch immer heißt es dann auch für uns, wieder in den Alltag hinabzusteigen. Wir können von solchen Erfahrungen zehren, aber doch bleiben die Mühen des Alltags. Auch wenn wir Gott so nah gesehen haben, ist das keine Garantie dafür, dass wir ihn nicht vergessen. Doch wir dürfen uns immer sicher sein, dass Gott uns nahe ist, dass er uns nie vergisst. Mit einem heiligen Ruf hat Gott uns gerufen. Diesem Ruf bleibt Gott treu.

Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist. (Mt 17,9)

Wie schon beim vorangegangenen Messiasbekenntnis des Petrus steht auch hier am Ende die Aufforderung an die Jünger, erst nach der Auferstehung Jesu das zu erzählen, was sie erlebt haben.
Die Erfahrung der Begegnung mit Elija lässt die Jünger danach fragen, was Jesus über dessen Wiederkunft denkt, die Israel vor dem Erscheinen des Messias erwartet.

Da fragten ihn die Jünger: Warum sagen denn die Schriftgelehrten, zuerst müsse Elija kommen? Er gab zur Antwort: Ja, Elija kommt und er wird alles wiederherstellen. Ich sage euch aber: Elija ist schon gekommen, doch sie haben ihn nicht erkannt, sondern mit ihm gemacht, was sie wollten. Ebenso wird auch der Menschensohn durch sie leiden müssen. Da verstanden die Jünger, dass er von Johannes dem Täufer sprach. (Mt 17,10-13)