Markus 2,13-17

Berufung des Levi

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Und er ging wieder hinaus am Meer entlang. Und die gesamte Volksmenge kam zu ihm. Und er lehrte sie. Und im Vorübergehen sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen. Und er sagt zu ihm: Folge mir nach. Und er stand auf und folgte ihm nach. (Mk 2,13-14)

Wir sehen Jesus wieder am See Genesareth, den Markus "Meer" nennt. Beim letzten Mal sahen wir ihn allein, diemal folgt ihm eine große Menschenmenge, die seine Worte hören möchte. Hier am Meer hat Jesus seine ersten Jünger berufen. "Folgt mir nach!" hat Jesus zu ihnen gesagt. Sie waren Fischer und haben alles stehen und liegen gelassen. Nun ruft Jesus diese Worte im Vorübergehen Levi zu. Der ist Zöllner und wird hier am See den Zoll auf Fische und andere Waren abkasiert haben, die an seinem Zollstand vorbei auf der Handelsstraße am See transportiert wurden. Sicher war er bisher nicht der Freund der Fischer gewesen.
Auf Jesu Wort hin steht Levi auf und verlässt seine - sicher sehr einträgliche - Zollstelle. Er hat einiges an Pacht im voraus dafür zahlen müssen, um an diesen Posten zu kommen und vielleicht hat er noch nicht alles wieder einkassiert. Wenn er seinen Job jetzt aufgibt, kann das für ihn ein finanzielles Desaster bedeuten. Es bedeutet vor allem auch die Aufgabe seines bisher gewohnten luxuriösen Lebens. Das Bild von Paolo Veronese vermittelt einen - vielleicht doch etwas übertrieben - Eindruck, von dem Luxus, der in seinem Hause herrschte. Das Bild zeigt das Abschiedsmahl, zu dem Levi seine früheren Kollegen und Jesus und seine Jünger eingeladen hat.

Und es geschieht, dass er in seinem Haus zu Tisch liegt, und viele Zöllner und Sünder lagen zusammen mit Jesus und seinen Jüngern bei Tisch. Es waren nämlich viele. Und sie folgten ihm nach. (Mk 2,15)

Für Levi ist es ein Freudenmahl. Er hat seine Berufung gefunden. Das ist nicht die Karriere als Zöllner, die zwar finanziell einträglich war, ihn aber gesellschaftlich isoliert hat. Er hat den Sinn seines Lebens darin gefunden, in die Nachfolge dessen, einzutreten, der das wahre Leben schenkt. Obwohl dies unter heutigen Exegeten nicht ganz unstrittig ist, ist Levi in der Tradition identisch mit Matthäus und gehört somit fortan dem Zwölferkreis um Jesus an.

Und als die Schriftgelehrten der Pharisäer sahen, dass er mit den Sündern und Zöllnern isst, sagten sie zu seinen Jüngern: Mit Zöllnern und Sündern isst er? Und Jesus hört es und sagt ihnen: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder. (Mk 2,16-17)

Die Freude des Mahles wird getrübt durch den Unmut der Schriftgelehrten der Pharisäer, die mit Grauen die Situation von außen beobachten. Für sie war die Einhaltung der jüdischen Reinheitsvorschriften oberstes Gebot. Indem Jesus und seine Jünger in ein Haus voller Zöllner und Sünder - was aus ihrer Sicht identisch ist - einkehrt, machen sie sich mit diesen gemein und stellen sich so religiös ins Abseits. Erst seine Anmaßung der Sündenvergebung gegenüber dem Gelähmten, und nun das gemeinsame Mahl mit den Zöllnern. Der Widerstand gegen Jesus wächst.
Die Schriftgelehrten wenden sich an Jesu Jünger: "Mit Zöllnern und Sündern isst er?" Vielleicht wollen sie damit die Jünger abwerben, wollen sie zur Einsicht bringen und auf den "rechten Weg" zurückführen. Doch auch Jesus hört ihre Worte und gibt ihnen selbst Antwort auf ihre Frage. Wie ein Arzt für die Kranken da sein muss und unter ihnen sein muss, um sie zu heilen, so ist auch Jesus gekommen, nicht um unter denen zu sein, die Gerecht sind, sondern unter den Sündern, um sie gerecht zu machen. Sie bedürfen der Heilung. Wie sollen sie diese finden, wenn sich niemand ihrer annimmt? So wie aber der Arzt durch die Heilung der Krankheiten nicht selbst zu einem Kranken wird, so wird auch Jesus durch die Heilung der Sünder nicht selbst zu einem Sünder.