Lukas 9,27-36

Verklärung Jesu

.
Heilige Schrift
Wahrhaftig, das sage ich euch: Von denen, die hier stehen, werden einige den Tod nicht erleiden, bis sie das Reich Gottes gesehen haben. (Lk 9,27)

Ich denke, dieser Satz muss als Einleitung zur Schilderung der Verklärung des Herrn gesehen werden, auch wenn die Einheitsübersetzung ihn in den vorausgehenden Abschnitt einreiht. Denn was bedeutet die Anschauung des verklärten Herrn anderes, als einen Blick in die jenseitige Welt Gottes zu werfen? Wenn der Herr leuchtet, so wird er "erleuchtet durch Teilhabe am göttlichen Licht" (Johannes von Damaskus).

Etwa acht Tage nach diesen Reden nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten. (Lk 9,28)

Berge gelten seit jeher als Orte besonderer Gottesbegegnung, man denke nur daran, was Mose auf dem Berg Sinai und was Elija auf dem Berg Horeb erfahren hat. Auch Jesus ist oft auf einen Berg gestiegen, um zu beten. Meist tat er dies allein, nun nimmt er drei seiner Jünger mit. Diese werden Zeugen eines außergewöhnlichen Ereignisses.
Nur drei seiner Apostel nimmt Jesus mit auf den Berg. Nur ihnen wird es zuteil, Jesus in seiner himmlischen Herrlichkeit zu sehen. Der Berg, auf den sie steigen, wird in keinem der Evangelien genannt, die Tradition sieht aber den Berg Tabor als den Berg der Verklärung an. Wer schon einmal auf dem Tabor gewesen ist, wird verstehen, warum. Es ist ein beeindruckender Berg, der die umliegenden Hügel weit überragt. Man bekommt auf ihm ein Gefühl der Weite und ein Gespür für die Gegenwart Gottes.
Warum Jesus gerade diese drei Jünger mit auf den Berg nimmt, erklärt Johannes von Damaskus folgendermaßen:

Jesus nimmt drei mit hinauf, denn jedes Wort muss von zwei oder drei Zeugen bestätigt werden. Den Petrus nimmt er mit, damit ihm das Zeugnis, das er von ihm ablegt hat, durch das Zeugnis des Vaters bestätigt wird (vgl. Lk 9,20). Auch im Hinblick auf seine künftige Aufgabe als Vorsteher der ganzen Kirche nimmt er ihn mit. Den Jakobus nimmt er mit, weil er als Erster von allen Aposteln für Christus sterben würde. Den Johannes aber nimmt er mit als reinstes Werkzeug der Theologie, dass er, wenn er die Herrlichkeit des Sohnes geschaut hat, die der Zeit nicht unterworfen ist, erklingen lässt: Im Anfang war das Wort.

Auf einem Berg bekommen wir eine ganz neue Perspektive. Was uns beengt, fällt von uns ab und unser Blick weitet sich.
Sehen wir diese Fastenzeit als eine Art Bergwanderung mit Jesus.
Lassen wir uns von ihm führen und seien wir gespannt, welche neuen Ausblicke er für uns öffnet.

Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes, und sein Gewand wurde leuchtend weiß.
Und plötzlich redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija; sie erschienen in strahlendem Licht und sprachen von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte.
Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen. (Lk 9,29-32)

Auf dem Berg geschieht dann etwas Außergewöhnliches, das die Jünger in Angst und Staunen versetzt. Das Aussehen Jesu verändert sich. Er strahlt in einer Klarheit, wie sie für uns Menschen unbeschreiblich ist. Göttliches Licht bricht mit seinem Glanz hinein in unsere Welt.
Mose, der Mittler des Gesetzes und Elija, der Prophet, dessen Kommen vor dem Erscheinen des Messias erwartet wird, treten auf und reden mit Jesus. Lukas präzisiert: Sie sprechen mit Jesus über sein Ende, das ihn in Jerusalem erwartet.
Der himmlische Glanz, den drei Apostel sehen dürfen, soll sie darauf vorbereiten, dass sie nicht an Jesus zweifeln, wenn sie ihn am Kreuz in seiner Niedrigkeit sehen werden. Jesus war vorbereitet auf das, was geschehen sollte. Die Jünger aber brauchten lange, um zu verstehen, warum der Messias leiden muss. Bis heute stehen viele mit Unverständnis vor dem Zeichen des Kreuzes. Und doch war es Gottes Wille, dass Gottes Sohn uns Menschen am Kreuz erlösen soll.

In einem Gebet der Ostkirche heißt es:

Auf dem Berg wurdest du verklärt, Christus, unser Gott.
Staunend sahen deine Jünger die Herrlichkeit deiner Gottheit.
Wenn sie dich bald am Kreuz sehen werden,
dann werden sie verstehen, dass dein Leiden freiwillig war,
und sie werden der Welt verkünden,
dass du wahrhaft der Abglanz des Vaters bist.
Als die beiden sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte. (Lk 9,33)

Petrus und die anderen beiden Jünger wollen den Moment der Verklärung festhalten. Auch wenn sie vor Angst und Schrecken ganz benommen sind, spüren die drei Apostel auch den Segen, der von dem göttlichen Licht ausgeht. Doch dieser Moment kann hier auf Erden nicht ewig dauern. Johannes von Damaskus sagt:

Es ist nicht gut für dich, Petrus, dass Christus dort bleibt, denn wenn er bliebe, würde sich die Verheißung, die er dir gab, nie erfüllen. Du würdest nie die Schlüssel des Reiches erhalten, noch würde die Tyrannei des Todes zerstört werden. Erstrebe also nicht vor der Zeit die Glückseligkeit. Es wird eine Zeit kommen, in der du den Anblick der Herrlichkeit unaufhörlich wahrnimmst, und du wirst bei dem wohnen, der Licht und Leben ist.

Wir Menschen können hier auf Erden die schönen Augenblicke nicht festhalten. Wir müssen weitergehen. Auf Tage des Glücks folgen Tage der Schmerzen, doch auch diese werden wieder vergehen. Wir dürfen uns an unserem Glück freuen, aber wir sollten nie vergessen, dass es vergänglich ist. Genauso dürfen wir aber auch in schweren Tagen darauf vertrauen, dass sie vergehen und Tage der Freude kommen. Die Erinnerung an die schönen Momente kann uns hineinleuchten in die dunklen Tage und uns Kraft geben, sie zu überstehen.

In einem Gebet der Ostkirche heißt es:

Verklärt wurdest du auf dem Berge, Christus, unser Gott,
du zeigtest deinen Jüngern die Herrlichkeit deiner Gottheit
soweit sie es fassen konnten.
Lass auch über uns Sündern dein ewiges Licht erstrahlen
auf die Fürbitte der Gottesgebärerin,
Spender des Lichtes, Ehre sei Dir.
Während er noch redete, kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie. Sie gerieten in die Wolke hinein und bekamen Angst. Da rief eine Stimme aus der Wolke: Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.
Als aber die Stimme erklang, war Jesus wieder allein. Die Jünger schwiegen jedoch über das, was sie gesehen hatten, und erzählten in jenen Tagen niemand davon. (Lk 9,34-36)

Die Wolke kündigt eine Gotteserscheinung an. Sie bedeutet die "Überschattung des göttlichen Geistes, die dem Menschenherzen nicht dunkelt, sondern Verborgenes offenbart." (Ambrosius von Mailand) Es ist dieselbe Stimme, die Jesus schon bei der Taufe als Sohn Gottes offenbart hat. Wie die Taufe Jesu, so ist auch die Verklärung ein zutiefst trinitarisches Geschehen. Beda Venerabilis sagt dazu:

Beachte, dass sowohl bei der Taufe des Herrn im Jordan wie auch bei seiner Verklärung auf dem Berg das Geheimnis der gesamten Dreieinigkeit verkündet wird. Denn seine Herrlichkeit, die wir bei der Taufe bekennen, werden wir bei der Auferstehung sehen. Nicht umsonst erscheint der Heilige Geist hier in einer Wolke, dort in einer Taube; denn wer jetzt in der Einfachheit des Herzens den Glauben, den er dort empfangen hat, bewahrt, der wird dann im Licht der unverstellten Sicht schauen, was er vorher geglaubt hat.

Im Hören auf Jesu Wort bleibt Gottes Gegenwart unter uns lebendig. Überall, wo Menschen auf Jesu Wort hören und es erfüllen, bricht Gottes Licht in unsere Zeit. Das ist das Geheimnis der Verklärung des Herrn. Zwar ist es nur ein kurzer Augenblick, in dem Jesus sich den Aposteln in seiner Herrlichkeit zeigt, doch nach seiner Auferstehung kehrt Jesus zurück in die Herrlichkeit des Vaters und bleibt uns doch allezeit nahe.
Diese Fastenzeit soll uns helfen, unsere Ohren zu öffnen für das, was Gott uns sagen will und so zu Boten des Lichtes zu werden in dieser Welt.

Licht, unveränderlich, o Wort,
Licht des ungezeugten Vaters,
Licht, enthüllt im Lichte,
heute schauten wir auf dem Tabor
das Licht des Vaters,
und das Licht des Geistes,
der durch sein Licht die ganze Schöpfung leitet.
Gebet der Ostkirche