Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden. Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird. Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen. (Lk 2,33-35)
Ausgehend von diesem Wort kennt die fromme Tradition die sieben Schmerzen Mariens. Dieses Wort Simeons gilt selbst bereits als erster Schmerz. In weiteren sechs Ereignissen sehen wir diese Weissagung erfüllt:
in der Flucht nach Ägypten (Mt 2,13-15),
in dem Verlust des zwölfjährigen Jesus im Tempel (Lk 2,41-52),
in der Begegnung am Kreuzweg (nicht in der Bibel erwähnt, vgl. aber Lk 23,27),
im Stehen Mariens unter dem Kreuz (Joh 19,25),
in der Abnahme des Leichnams, der in den Schoß der Mutter gelegt wird und
in der Beiwohnung bei der Grablegung ihres Sohnes.
Die den letzten beiden Szenen werden in der Heiligen Schrift nicht explizit erwähnt, die fromme Überlieferung sieht aber Maria die ganze Zeit seines Leidens vom Kreuzweg bis zur Grablegung in der Nähe ihres Sohnes.
Doch lassen wir uns dadurch nicht entmutigen. Christus ist das Licht, das durch nichts und niemanden ausgelöscht werden kann. Keine Finsternis ist ihm zu finster, er leuchtet überall. Nehmen wir dieses Licht wie Simeon in unser Leben. Auch uns ist Christus ganz nahe, auch wir können zu Menschen des Lichtes werden. Führen wir, wie Simeon, ein Leben nach den Geboten Gottes, seinen wir gerecht und gottesfürchtig, öffnen wird uns für den Heiligen Geist durch unser Beten und Tun. Glauben wir fest daran, dass Christus in dieser Welt leuchtet und bitten wir immer wieder um sein Licht für uns und alle Menschen.
Beten wir hoffnungsvoll mit Ephräm dem Syrer:
Ein Licht ging den Gerechten auf und Freude denen, die rechtschaffenen Herzens sind. Unser Herr Jesus Christus ging uns aus dem Schoße seines Vaters auf. Er kam und entführte uns aus der Finsternis und erleuchtete uns durch sein herrliches Licht. Der Tag ging über die Menschen auf, und da entfloh die Macht der Finsternis.
Licht ging uns aus seinem Lichte auf und erleuchtete die finstern Augen. Seine Glorie ging im Erdkreis auf und ergoss Licht in die tiefsten Abgründe. Der Tod verlor seine Macht, und die Finsternis entschwand; die Pforten der Unterwelt wurden zertrümmert, und erleuchtet ward die ganze Schöpfung, welche zuvor in Dunkelheit gehüllt lag. Die im Staube liegenden Toten standen auf und priesen ihn, dass er ihnen Erlöser ward. Er gab uns das Leben und fuhr dann zu seinem erhabenen Vater hinauf; dann kommt er einst in seiner großen Herrlichkeit wieder.
Damals lebte auch eine Prophetin namens Hanna, eine Tochter Penuels, aus dem Stamm Ascher. Sie war schon hochbetagt. Als junges Mädchen hatte sie geheiratet und sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt; nun war sie eine Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten. In diesem Augenblick nun trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. (Lk 2,36-38)
Simeon, der das Jesuskind staunend in Händen hält und Hanna, sie geben uns ein Beispiel für das, was Kontemplation bedeutet. Wir betrachten zusammen mit ihnen das göttliche Kind, das fleischgewordene Wort, das zum Tempel gebracht wird: dem Tempel unseres Herzens.
Das kontemplative Leben beginnt hier, um in der himmlischen Heimat seine Vollendung zu finden; denn das Feuer der Liebe, das hier zu brennen beginnt, wird sich beim Anblick dessen, den man liebt, in noch größerer Liebe zu ihm entzünden. Darum endet das kontemplative Leben keinesfalls, denn wenn das Licht dieser Welt erlöschen wird, wird es seine Vollkommenheit erreichen. (Gregor der Große)
In dem heiligen Tempel trug ihn Simeon auf seinen Armen und sang ihm zu: "Du bist, o Erbarmer, gekommen und erbarmst dich über mein Greisenalter, indem Du meine Gebeine im Frieden in die Unterwelt einführest! Durch dich werde ich einst aus dem Grabe in das Paradies auferweckt." Hanna schloss ihn in ihre Arme und drückte ihren Mund auf seine Lippen. Da sank der Geist auf ihre Lippen herab, wie einst dem Jesaja, dessen Mund schwieg, die Kohle, welche seinen Lippen sich nahte, denselben eröffnete. Hanna erglühte im Geiste, dass auch ihr Mund ihm lieblich zu singen begann: "Sohn königlicher Macht und Sohn der Verachtung, der du hörst und stille bist, siehst und unsichtbar bist, weißt und verborgen bist, Gott und Menschensohn, Preis sei deinem Namen!" (Ephräm der Syrer)
Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück. Das Kind wuchs heran und wurde kräftig; Gott erfüllte es mit Weisheit, und seine Gnade ruhte auf ihm. (Lk 2,33-40)
Zu Weihnachten sehen wir oft romantische Bilder vor uns von der Heiligen Familie im Stall von Betlehem umgeben von Engeln, Hirten oder Königen. Doch wenn wir genauer hinsehen, dann war der Alltag der Heiligen Familie alles andere als romantisch.
Da war zunächst das Unverständnis über das Kind Mariens, das nicht der leibliche Sohn Josefs war. Die Geburt Jesu im Stall war sicher trotz Engel und Hirten eine sehr ungemütliche Angelegenheit. Die Flucht nach Ägypten hat Jesus zwar vor dem Tod durch die Soldaten des Herodes bewahrt, war aber mit Sicherheit sehr mühsam. Wer kann sich vorstellen wie es ist, mit einem Säugling zu Fuß mehrere Tage in unwirtlichem Gelände unterwegs zu sein?
Dann gibt es den Schmerz der Mutter, die so vorbehaltlos Ja zu Gott gesagt hat über das Nein so vieler Menschen zu ihrem Sohn, ihr Schmerz darüber, dass Gott so anders handelt, als wir es oft erwarten. Sicher werden viele den Schmerz der Eltern Jesu mitfühlen können, als ihr zwölfjähriger Sohn auf der Wallfahrt nach Jerusalem plötzlich verschwunden war.
Vielleicht ist die Heilige Familie aber gerade so ein Vorbild für die vielen Familien auf dieser Welt, in denen auch nicht alles so glatt läuft, deren Lebensplanung durchkreuzt wird und die mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Vielleicht wird Maria gerade so zur Schwester so vieler Mütter, die sich täglich um das Wohl ihrer Kinder kümmern und doch oft nicht verstehen können, warum ihre Kinder so sind wie sie sind.