Darum, Brüder und Schwestern, haltet geduldig aus bis zur Ankunft des Herrn! Siehe, auch der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde, er wartet geduldig auf sie, bis Frühregen oder Spätregen fällt. (Jak 5,7)
Geduldiges Warten, das ist eines der Kennzeichen der Adventszeit. Als Symbole dieses Wartens haben wir heute den Adventskranz und den Adventskalender. Wir zählen die letzten Tage und Wochen bis zum Weihnachtsfest. Während draußen die Tage immer kürzer werden, entzünden wir in unseren Wohnungen und Straßen immer mehr Lichter. Unsere Lichter werden so zum Symbol für den, der kommen wird und der das wahre Licht ist, Jesus Christus.
Es gibt Wartezeiten die absehbar sind. Mag gerade für Kinder das Warten auf das Weihnachtsfest und die Geschenke schier endlos erscheinen, ist es doch eine relativ kurze Zeit. Meist sind die Ereignisse, die wir freudig erwarten, irgendwann einmal da. Aber wie sieht es aus mit dem Warten auf das Kommen des Herrn? Wir feiern jedes Jahr am Weihnachtsfest sein Kommen als Mensch in diese Welt. Aber am Ende seines irdischen Lebens hat Jesus gesagt, dass er einmal wiederkommen wird, am Ende der Tage. Auf dieses Kommen des Herrn warten die Christen nun schon seit etwa 2000 Jahren und wir wissen einfach nicht, wann dieses Kommen stattfinden wird.
Die frühen Christen haben noch täglich auf das Kommen des Herrn gewartet. Bald wird es sein, glaubten sie. Aber dann verging immer mehr Zeit. Wenn wir nicht wissen, wie lange wir warten müssen, werden wir leicht ungeduldig und wir wenden uns anderen Dingen zu. Doch auch wenn das Kommen des Herrn so lange auf sich warten lässt, besteht doch die Notwendigkeit, dass wir es nicht aus den Augen verlieren, weil es der entscheidende Moment in unserem Leben ist.
Darum müssen wir unser Leben so einrichten, dass wir stets bereit sind, wenn der Herr kommt. Jesus selbst hat uns gesagt, dass wir stets wachsam sein sollen. Ein gelungenes Leben ist ein Leben, das stets vor dem Anblick des Herrn bestand hat und sich nicht vor ihm verstecken muss. Gerade die späteren Texte des Neuen Testamens, zu denen auch der Jakobusbrief gehört, beschäftigen sich damit, wie christliches Leben im Alltag gelingen kann.
Wohl kein anderer Brief im Neuen Testament benennt die Schwächen der Menschen so unverhüllt wie der Jakobusbrief. Er weiß darum, dass viele Menschen immer wieder dazu neigen, mehr auf sich selbst zu schauen als auf andere. Zwei markante Beispiele dafür sind das Hervortun durch großes Gerede und durch Reichtum. Aber was steckt wirklich dahinter? Ist der große Redner oder der reiche Geschäftemacher ein besserer Mensch? Jakobus warnt davor, Menschen nur auf Grund von Äußerlichkeiten zu bewerten. Mag das in der Welt auch so sein, die christliche Gemeinde soll ein Ort sein, in der geschickte Redner und Reiche nicht automatisch mehr Ansehen haben als andere. Jakobus mahnt dazu, genau hinzusehen. Was steckt hinter den großen Reden? Folgen den Worten auch Taten?
Nur der gelebte Glaube ist wahrer Glaube. Es zählt nicht, nur davon zu reden, wie gläubig man ist. Der Glaube muss auch Werke hervorbringen. Wer seinem Glauben wortstark Ausdruck verleiht, soll diesen auch in seinem Umgang mit anderen zur Geltung bringen. Reichtum nützt nur, wenn er mit den Armen geteilt wird. Gerade die Fürsorge gegenüber den Schwachen und Benachteiligten liegt Jakobus am Herzen und wahrer Glaube bewährt sich vor allem in der Zuwendung zu diesen Menschen.
Das meint Jakobus mit dem "Darum" am Anfang des Satzes. Er weiß um die Ankunft des Herrn. Aber niemand weiß, wie lange es dauern wird, bis der Herr kommt. Je länger die Zeit ist, desto mehr Missstände schleichen sich in der Gemeinde ein. Wenn man wüsste, dass der Herr nächste Woche kommt, dann würde es nicht schwer fallen, alles zu verschenken, denn wozu wäre der Reichtum dann noch nützlich? Wenn es aber noch Jahrhunderte dauern kann, bis der Herr kommt, dann lohnt es sich schon, dass man es sich gut einrichtet in dieser Welt, oder etwa nicht?
Ich denke, viele Gläubige stehen in dieser Spannung, dass es notwendig ist, sich um die Dinge dieser Welt zu kümmern, und dennoch die Mahnungen der Heiligen Schrift, sich nicht zu sehr in die Dinge der Welt zu verstricken, nicht aus den Augen zu verlieren. Egal ob jemand Familie hat oder alleine lebt, wir brauchen eine relativ gesicherte materielle Grundlage zum Leben. Ich denke, dass Jakobus das auch so sieht. Denn gerade durch das Beispiel des Bauern führt er ja an, wie einer besonnen wirtschaftet, um seine Lebensgrundlage zu erhalten. Wir sollen uns aber vor allzu menschlichen Versuchungen in Acht nehmen und stets so leben, dass uns das Kommen des Herrn nicht unvorbereitet treffen kann.