1 Petrus 2,1-10

Lebendige Steine

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Heilige Schrift
Legt also alle Bosheit ab, alle Falschheit und Heuchelei, allen Neid und alle Verleumdung. Verlangt, gleichsam als neugeborene Kinder, nach der unverfälschten, geistigen Milch, damit ihr durch sie heranwachst und das Heil erlangt. Denn ihr habt erfahren, wie gütig der Herr ist.
Kommt zum Herrn, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist. Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen. Denn es heißt in der Schrift: Seht her, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen Eckstein, den ich in Ehren halte; wer an ihn glaubt, der geht nicht zugrunde.
Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre. Für jene aber, die nicht glauben, ist dieser Stein, den die Bauleute verworfen haben, zum Eckstein geworden, zum Stein, an den man anstößt, und zum Felsen, an dem man zu Fall kommt. Sie stoßen sich an ihm, weil sie dem Wort nicht gehorchen; doch dazu sind sie bestimmt.
Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat. Einst wart ihr nicht sein Volk, jetzt aber seid ihr Gottes Volk; einst gab es für euch kein Erbarmen, jetzt aber habt ihr Erbarmen gefunden. (1Petr 2,1-10)

Lebendige Steine - was bedeutet das? Wir sind heute gewohnt, in gemauerten Häusern zu wohnen. Lange Zeit waren Bauten aus Stein jedoch etwas Besonderes. Kathedralen und Paläste wurden aus Stein gebaut. Der Bau einer mittelalterlichen Kathedrale, die in ihrer Größe uns Standfestigkeit alle umliegenden Gebäude übertraf, galt als Wunderwerk und noch heute stehen wir staunend vor dieser großartigen Architektur. Denn auch wenn heute das Bauen mit festen Materialien die Regel ist, so gelingt es doch nur selten, Gebäude zu schaffen, die auch wirklich eine Raumwirkung ausstrahlen. Viele der heutigen Betonklötze wirken leer und nichtssagend.
Es hilft uns also, wenn wir uns eine mittelalterliche Kirche vorstellen, wenn wir erfassen wollen, was der Apostel Petrus mit lebendigen Steinen meint. Das geistige Haus, das ein Bild für die Gemeinde der Glaubenden ist, das ist kein Betonklotz. In dem geistigen Haus hat jeder Stein seinen Platz. Jeder Stein ist handverlesen und handbehauen. Er passt genau in die Stelle, in der er eingebaut wird und in keine sonst. Jeder Stein hat seine Funktion, jeder einzelne ist wertvoll. Fehlt ein Stein, so gerät die Statik durcheinander, das Bauwerk verliert seine Festigkeit. Nur wenn alle Steine an ihrem Platz sind, strahlt das geistige Haus die Schönheit des Himmels wider.
Was in dem Wort von den lebendigen Steinen uns vielleicht etwas ungewöhnlich erscheinen mag, das verwenden wir in unserer Alltagssprache ständig. Das Wort Kirche steht sowohl für den Kirchenbau als auch für die Kirche als Institution und Gemeinschaft. Kirche als Gemeinde der Gläubigen braucht einen festen Ort, um konkret zu werden. Doch noch mehr braucht der Kirchenbau lebendige Menschen, die diesen füllen und als Zeugen des Glaubens hinausgehen in die Welt.
Ein festes Bauwerk erwartet uns auch einst im Himmel. Jesus spricht von den Wohnungen im Haus seines Vaters. Auch dort wird jede und jeder seinen Platz haben. Im Reich Gottes gibt es keine Obdachlosen, die ohne ein festes Zuhause auskommen müssen.
Lebendige Steine, das ist ein Kontrast, über den es sich nachzudenken lohnt. Ein steinernes Haus ist ja zunächst einmal Bild für etwas Beständiges. Doch wenn es zugleich lebendig sein soll, so müssen die Räume dieses Hauses immer wieder mit neuem Leben gefüllt werden. Wir brauchen nicht ständig neue Häuser zu bauen. Das Haus der Kirche steht zu allen Zeiten fest. Aber wir müssen die Räume immer gut lüften, damit sich nicht Mief und Schimmel darin festsetzen, es braucht ab und zu Renovierungsarbeiten und einen neuen Anstrich, damit das Haus jederzeit einladend wirkt auf die Menschen, die daran vorübergehen.
Wir sind die Bewohner dieses Hauses. Uns ist sein Schicksal anvertraut. Wir sind die lebendige Fassade dieses Hauses, die entscheidend zu seiner Außenwirkung beiträgt. Seien wir lebendige Steine, fest eingefügt in den alten Bau und doch frisch und lebendig.