Dankt dem Vater mit Freude! Er hat euch fähig gemacht, Anteil zu haben am Los der Heiligen, die im Licht sind. (Kol 1,12)
Was ist die Mitte christlichen Glauben, der Anlass zu höchster Freude und überschwänglichem Dank? Es ist nichts Geringeres als die Tatsache, dass wir schon jetzt zusammen mit den Heiligen leben. Als Gläubige sind wir verbunden mit der Welt des Lichts, in der es keine Schatten gibt, in der Gottes Herrlichkeit sichtbar leuchtet und alles erfüllt, in der alle durchdrungen sind von Gottes Licht und in diesem Licht eins sind mit dem Vater und dem Sohn im Heiligen Geist.
Als Gläubige sind wir bereits hier auf der Erde, wo es neben dem Licht auch Finsternis und Schatten gibt, mit Gottes Reich verbunden. Christus hat das Himmelreich auf die Erde gebracht und spricht davon in seinen Reden und Gleichnissen, um das Kommen dieses Reiches beten wir täglich im Vater Unser. Für dieses Rech lohnt es sich, alles aufzugeben, weil es bedeutungslos ist im Vergleich zu der Fülle, die wir von Gott empfangen.
Er hat uns der Macht der Finsternis entrissen und aufgenommen in das Reich seines geliebten Sohnes. (Kol 1,13)
Der Vater hat uns in das Reich seines Sohnes aufgenommen. Drei für das Christsein wesentliche Tatsachen werden in diesen Versen ausgesprochen:
- Wir haben jetzt schon Teil an der Gemeinschaft der Heiligen, die im Licht sind.
- Gott hat uns der Macht der Finsternis entrissen.
- Wir leben schon jetzt in seinem Reich.
Die Finsternis hat keine Macht mehr über uns, weil das Licht stärker ist als die Finsternis. Auch wenn, solange wir noch auf der Erde leben, es neben Gottes Licht auch Schatten gibt, herrscht doch keine vollkommene Finsternis mehr. Es gibt hier auf der Erde keinen Ost, den die Strahlen von Gottes Licht nicht erreichen könnten. An jedem Ort, und mag er uns noch so finster erscheinen, ist auch ein Strahl von Gottes Liebe, der stärker ist als die Finsternis. Seien wir uns stets dessen bewusst, was Gott uns geschenkt hat und danken ihm stets dafür. Wir brauchen nicht weiter zu suchen, wir haben bereits die Fülle empfangen.
Danke, Vater,
dass du dich uns zugewandt hast in deinem Sohn.
Danke Herr Jesus Christus,
dass du für uns Mensch geworden bist
und das Reich deines Vaters
auf die Erde gebracht hast.
Es ist dein Reich,
das Reich des Lichtes und der Liebe,
in dem alle leben,
die bereits vollkommen sind,
zusammen mit denen,
die dir immer ähnlicher werden wollen.
Amen.
Gottes Licht ist stärker als alle Finsternis, sowohl im Himmel als auch auf Erden. Diese Gewissheit sollen wir stets in uns tragen, gerade dann, wenn wir in einer schwierigen und ausweglos scheinenden Situation befinden, oder wenn wir daran zweifeln, ob Gott wirklich existiert, ob der Gott der Christen wirklich der wahre Gott ist. Vertrauen wir der Kraft der lichtvollen Liebe Gottes, dass sie uns an wirklich jedem Ort erreichen kann. Gott hat uns aber noch weit mehr geschenkt, als nur die Befreiung aus der Finsternis.
"Er hat uns versetzt", fährt Paulus fort, "in das Reich des Sohnes seiner Liebe." Gott hat also seine Menschenfreundlichkeit nicht bloß auf die Befreiung aus der Finsternis beschränkt. Nun ist freilich auch schon die Befreiung aus der Finsternis etwas Großes, aber etwas weitaus Größeres noch ist die Zulassung zum Himmelreich. Betrachte also, als wie vielfältig sich das Gnadengeschenk erweist: dass er uns, die wir im tiefen Abgrund gefangen lagen, befreite, darüber hinaus aber, dass er uns nicht nur befreite, sondern sogar ins Himmelreich versetzte. (Johannes Chrysostomus)
Die alten, auf Martin Luther zurückgehenden, deutschen Übersetzungen, verwenden statt dem Wort "aufgenommen" das Wort "versetzt". Auch im alten Münsterschwarzacher Psalter, den ich früher oft gesungen habe, wurde diese Übersetzung verwendet und mir klingt noch die schöne Melodie des Verses im Ohr. Leider konnte ich diese alte Ausgabe nicht mehr finden.
"Er hat uns versetzt in das Reich, des Sohnes seiner Liebe." Jesus Christus ist der geliebte Sohn des Vaters, Gottes menschgewordene Liebe, durch den wir hineingenommen werden in das Licht und die Liebe Gottes, von der sein Reich erfüllt ist. Das alte Wort "versetzt" passt hier meiner Meinung nach sehr gut, weil es das Zusammenspiel von Gottes Gnade und unserem eigenen Zutun zum Ausdruck bringt.
"Versetzt" werden Schüler von einer Jahrgangsstufe in die nächste, wenn sie während des Schuljahres mit geringerem oder größerem Erfolg am Unterricht teilgenommen haben. Nur sehr wenige Schüler schaffen die Versetzung nicht, aber meistens schaffen sie es nach einer "Ehrenrunde" dann im nächsten Jahr. Die Schüler haben während des Schuljahres die Aufgabe zu lernen, nicht nur für die Schule und die guten Noten, sondern auch für sich selbst und das Leben, wie man so sagt. Dann erfolgt die Versetzung wie von selbst, auch wenn es am Ende des Schuljahres bei manchen noch bange Momente gibt.
Es zeigt sich also, dass es nicht lediglich Gottes Werk, sondern auch Sache unserer Mitwirkung ist. Dadurch aber, dass er nicht einfach in das Himmelreich sagt, sondern "in das Reich des Sohnes seiner Liebe", wählt eine feierlichere Bezeichnung. Dies nämlich ist die größte Lobeserhebung, die es geben kann. ... Gott hat uns derselben Herrlichkeit gewürdigt wie seinen Sohn, und nicht nur das, sondern mit Nachdruck: wie seinen geliebten Sohn. Seine Feinde, die in Finsternis gefangen waren, hat er wie mit einem Schlag dorthin versetzt, wo sich der Sohn befindet, an denselben Ehrenplatz wie diesen. (Johannes Chrysostomus)
Die Ähnlichkeit mit Christus ist immer wieder Thema der neutestamentlichen Schriften. Die Evangelien schildern uns ein Bild Jesu Christi, sie geben uns eine Richtschnur, an der wir unser Handeln ausrichten können. Am Anfang steht Gottes Entschluss, uns zu retten, dann folgt unsere Entscheidung, an Jesus Christus zu glauben. Dann kommt es in der Taufe zur Überkleidung mit dem Gewand Jesu Christi, zu unserer Aufnahme in sein Reich. Von nun an haben wir Anteil an seinem Reich und sollen Jesus Christus immer ähnlicher werden, sollen uns des Ehrenplatzes als würdig erweisen, den wir erhalten haben.
Durch ihn haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden. (Kol 1,14)
Hier wird deutlich, wodurch diese Versetzung in das Reich des Sohnes möglich wurde, nämlich durch die Vergebung der Sünden. Die Sünde ist es, die den Menschen an die Macht der Finsternis gefesselt hat. Der Mensch kann sich nicht selbst die Sünden vergeben. Er benötigt jemanden, der diese Vergebung wirkt. Gott selbst ist es, der die Vergebung schenkt, indem er seinen geliebten Sohn in die Welt gesandt hat. Der Sohn aber kann die Vergebung der Sünden wirken, weil alle Schöpfung in ihm und durch ihn und auf ihn hin geschaffen ist. Der geliebte Sohn ist der Schöpfungsmittler und kann daher auch zum Erlöser der Schöpfung werden. Was dies bedeutet, führen die folgenden Verse des Hymnus aus.