Hebräerbrief 12,1-5

Glaubenszeugen

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Heilige Schrift
Da uns eine solche Wolke von Zeugen umgibt, wollen auch wir alle Last und die Fesseln der Sünde abwerfen. Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der uns aufgetragen ist, und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens; er hat angesichts der vor ihm liegenden Freude das Kreuz auf sich genommen, ohne auf die Schande zu achten, und sich zur Rechten von Gottes Thron gesetzt. Denkt an den, der von den Sündern solchen Widerstand gegen sich erduldet hat; dann werdet ihr nicht ermatten und den Mut nicht verlieren. (Hebr 12,1-3)

Der Hebräerbrief hat im vorangegangenen Kapitel eine lange Liste von Glaubenszeugen aufgeführt. Dass der Glaube trägt, das zeigt uns am eindrücklichsten das Zeugnis von Menschen, die selbst diesen Glauben gelebt haben. All diese sind nach ihrem irdischen Leben nicht im Nichts versunken, sondern sie stehen uns zur Seite, um mit uns den Weg des Glaubens zu gehen.
Die Heiligen, die auf den hohen Podesten in den Kirchen stehen, sind nicht nur zum Anschauen da, sie sind auch mehr als moralische Vorbilder, die mahnend auf uns niederblicken, um uns zu einem guten Leben anzuspornen. Sie stehen da, weil sie uns zeigen wollen, dass sie mitten unter uns sind, nicht als Statuen, sondern lebendig, nicht als eine Art Geister, aber doch unsichtbar. Sie sind uns Vorbild und zugleich auch Führer. In der ewigen Gegenwart Gottes lebend, vermögen sie auch unser Leben zu begleiten.
Im Glauben geht es um mehr als um das "gute Leben", es geht um ein Leben in Gottes Gegenwart. Es ist unsere Bestimmung, vor Gottes Angesicht zu leben gemäß der Würde, die Gott uns geschenkt hat. Und es gilt zu meiden, was dieser Würde widerspricht und uns den Blick auf Gott verstellt, weil es eine Last ist, die uns niederzieht und uns erniedrigt.
Daher lasst uns alle Last und die uns umstrickende Sünde abwerfen und mit Ausdauer den uns bestimmten Wettkampf laufen.
Der Hebräerbrief stellt uns ein Bild aus dem Bereich des Sports vor Augen. Wir sind die Läufer im Stadion, auf den Rängen sitzen die uns vorangegangenen Zeugen des Glaubens als Zuschauer und feuern uns an, dass auch wir das Ziel erreichen. Wer schnell laufen will, wirft allen unnötigen Ballast von sich. Ein solcher ist auch die Sünde, sie drückt uns nieder und schwächt uns und lenkt vor allem unserem Blick weg vom Ziel, sie führt uns auf Irrwege und so verlieren wir wertvolle Zeit.
Wir finden den Weg zum Ziel, wenn wir auf Christus blicken. Er ist uns vorangegangen auf dem Weg, er steht am Ziel und erwartet uns mit dem Siegeskranz des ewigen Lebens. Hier ist Freude und Erfüllung. Auch wenn der Weg dahin anstrengend sein mag, wer sich der Bequemlichkeit hingegeben hat, hat noch nie das wahre Glück gefunden, sondern versinkt immer mehr im Sumpf vergänglicher Genüsse.
Lassen wir uns jeden Tag neu von dieser Stelle aufrütteln. Es ist nie zu spät, mit dem Training zu beginnen. Wir brauchen nicht aufzugeben, wenn wir andere sehen, die schneller laufen als wir. Der Hebräerbrief spricht nicht davon, dass wir unter den ersten sein müssen. Was zählt ist das Durchhalten, dass wir das Ziel erreichen, und jeder, der es erreicht, gehört zu den Siegern.

Ihr habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet und ihr habt die Mahnung vergessen, die euch als Söhne anredet: Mein Sohn, verachte nicht die Zucht des Herrn, verzage nicht, wenn er dich zurechtweist.
Darum macht die erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie wieder fest und ebnet die Wege für eure Füße, damit die lahmen Glieder nicht ausgerenkt, sondern geheilt werden. (Hebr 12,4-5.12-13)
Diejenigen, welche bittere Arzneien einnehmen, haben anfangs eine gewisse Abneigung dagegen, dann aber merken sie deren Zuträglichkeit. Ähnlich verhält es sich mit der Tugend, und ebenso mit dem Laster. Hier ist zuerst Wonne, dann Trauer, dort zuerst Unbehagen, dann Freude. Aber es besteht keine volle Gleichheit, denn es ist ein Unterschied, zuerst Leid und dann Freude, oder zuerst Freude und dann Leid zu haben. Wieso? Hier verringert die Furcht vor der zukünftigen Trauer das gegenwärtige Vergnügen, dort aber mildert die Hoffnung auf die künftige Freude die Heftigkeit des gegenwärtigen Schmerzes, so dass in dem einen Fall niemals Vergnügen, in dem andern niemals Schmerz stattfindet. Allein nicht nur in dieser, sondern auch in einer andern Beziehung zeigt sich ein Unterschied. Wie denn? Auch in Betreff der Zeit besteht keine Gleichheit, denn die geistigen Freuden sind nicht nur größer, sondern auch andauernder. ...
Er spricht zu ihnen wie zu Wettrennern und Faustkämpfern und Streitern. Siehst du, wie er sie bewaffnet, wie er sie emporhebt? Er spricht diese Worte in Bezug auf ihre Gesinnungen, denn wenn die Züchtigung aus der Liebe stammt, wenn sie aus der Fürsorge ihr Entstehen hat, warum erschlafft ihr dann? Denn so machen es diejenigen, welche verzweifeln und durch keine Hoffnung auf die zukünftigen Güter gestärkt werden. Macht, sagt er, gerade Tritte, damit die Lahmheit nicht fortbesteht, sondern der frühere Zustand wieder eintritt; denn wer mit einer Lähmung läuft, macht das Übel noch ärger. Siehst du, dass die volle Heilung in unserer Macht liegt? (Johannes Chrysostomus)