Hebräerbrief 11,1-22

Glaube

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Heilige Schrift
Glaube ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht. (Hebr 11,1)

Was bedeutet Glaube? Das Verb "glauben" hat im Deutschen verschiedene Bedeutungen.
Wenn ich sage "ich glaube ..." so kann dies eine bloße Meinung wiedergeben, die man nicht begründen kann. "Ich glaube, morgen wird das Wetter schön." "Ich glaube, das könnte dir gefallen." ... Ob das dann auch so ist, sieht man erst, wenn es soweit ist. Etwas glauben, das kann auch bedeuten, dass man eine Vermutung hat, die man nicht beweisen kann. Man glaubt irgendwelchen Gerüchten.
Ist unser Glaube an Gott auch so? Glauben wir vielleicht nur auf Grund unserer Erziehung und unseres kulturellen Umfeldes an einen bestimmten Gott, den sich Menschen im Laufe der Geschichte so zurechtgelegt haben? Ist der Glaube austauschbar, weil wir ja sowieso nichts Genaues von Gott wissen und wir nur das übernehmen, was andere uns gelehrt haben?
Das 11. Kapitel des Hebräerbriefes bietet uns eine Definition dessen, was Glaube bedeutet, die wir wohl nie ganz auszuschöpfen vermögen und über die es sich immer wieder nachzudenken lohnt.

Glaube ist tragende Wirklichkeit von dem, was man erhofft,
ein Zutagetreten der Tatsachen, die man nicht sieht.

Glaube ist das, was hinter dem steckt, was man erhofft. Die Hoffnung des Glaubenden geht nicht in die Leere. Es gibt einen festen Grund für seine Hoffnung.
Glauben kann man vieles, aber ein wirklicher Glaube zeichnet sich dadurch aus, dass etwas dahintersteckt. Der Grund dieser Hoffnung bleibt den Augen verborgen und doch kann man erfahren, dass dieser Grund trägt.

Aufgrund dieses Glaubens haben die Alten ein ruhmvolles Zeugnis erhalten. Aufgrund des Glaubens erkennen wir, dass die Welt durch Gottes Wort erschaffen worden und dass so aus Unsichtbarem das Sichtbare entstanden ist. Aufgrund des Glaubens brachte Abel Gott ein besseres Opfer dar als Kain; durch diesen Glauben erhielt er das Zeugnis, dass er gerecht war, da Gott es bei seinen Opfergaben bezeugte, und durch den Glauben redet Abel noch, obwohl er tot ist. Aufgrund des Glaubens wurde Henoch entrückt und musste nicht sterben; er wurde nicht mehr gefunden, weil Gott ihn entrückt hatte; vor der Entrückung erhielt er das Zeugnis, dass er Gott gefiel. Ohne Glauben aber ist es unmöglich, (Gott) zu gefallen; denn wer zu Gott kommen will, muss glauben, dass er ist und dass er denen, die ihn suchen, ihren Lohn geben wird. Aufgrund des Glaubens wurde Noach das offenbart, was noch nicht sichtbar war, und er baute in frommem Gehorsam eine Arche zur Rettung seiner Familie; durch seinen Glauben sprach er der Welt das Urteil und wurde Erbe der Gerechtigkeit, die aus dem Glauben kommt.
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Heilige Schrift
Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde. Aufgrund des Glaubens hielt er sich als Fremder im verheißenen Land wie in einem fremden Land auf und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten; denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hat. Aufgrund des Glaubens empfing selbst Sara die Kraft, trotz ihres Alters noch Mutter zu werden; denn sie hielt den für treu, der die Verheißung gegeben hatte. So stammen denn auch von einem einzigen Menschen, dessen Kraft bereits erstorben war, viele ab: zahlreich wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meeresstrand, den man nicht zählen kann.
Voll Glauben sind diese alle gestorben, ohne das Verheißene erlangt zu haben; nur von fern haben sie es geschaut und gegrüßt und haben bekannt, dass sie Fremde und Gäste auf Erden sind. Mit diesen Worten geben sie zu erkennen, dass sie eine Heimat suchen. Hätten sie dabei an die Heimat gedacht, aus der sie weggezogen waren, so wäre ihnen Zeit geblieben zurückzukehren; nun aber streben sie nach einer besseren Heimat, nämlich der himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, er schämt sich nicht, ihr Gott genannt zu werden; denn er hat für sie eine Stadt vorbereitet.
Aufgrund des Glaubens brachte Abraham den Isaak dar, als er auf die Probe gestellt wurde, und gab den einzigen Sohn dahin, er, der die Verheißungen empfangen hatte und zu dem gesagt worden war: Durch Isaak wirst du Nachkommen haben. Er verließ sich darauf, dass Gott sogar die Macht hat, Tote zum Leben zu erwecken; darum erhielt er Isaak auch zurück. Das ist ein Sinnbild.
Aufgrund des Glaubens segnete Isaak Jakob und Esau im Hinblick auf das Kommende. Aufgrund des Glaubens segnete Jakob sterbend jeden der Söhne Josefs und neigte sich über das obere Ende seines Stabes. Aufgrund des Glaubens dachte Josef vor seinem Tod an den Auszug der Israeliten und traf Anordnungen wegen seiner Gebeine. (Hebr 11,2-22)

Die Tragfähigkeit des Glaubens zeigt der Hebräerbrief darin auf, dass er eine lange Reihe von Glaubenszeugen aus dem Alten Testament anführt. Wir können diese Liste fortführen mit den vielen Glaubenszeugen bis in unsere Tage hinein, Heilige, Selige und unzählbar viele, an die heute kein Mensch mehr denkt. Von Gott haben uns zunächst andere erzählt, unsere Eltern, Priester, Freunde. Sie haben die Grundlage unseres Glaubens gelegt.
Jeder einzelne aber ist dazu bestimmt, selbst in seinem Leben die Erfahrung zu machen, dass der Glaube trägt, dass es diese verborgene Wirklichkeit Gottes gibt, die unsichtbar aber erfahrbar in unsere Welt hineinragt. Es liegt an jedem einzelnen, den Schritt zu tun in die verborgene Welt Gottes hinüber, und zu erfahren, dass der Grund unseres Glaubens auch mich trägt, dass Gott existiert. Dann treten wir selbst ein in die Reihe der Glaubenszeugen. Wagen wir diesen Schritt und bitten wir Gott darum, dass er uns die Erfahrung seiner Nähe schenkt.

Edith Stein sagt:

"Ein überzeugter Atheist wird in einem religiösen Erlebnis der Existenz Gottes inne. Dem Glauben kann er sich nicht entziehen, aber er stellt sich nicht auf seinen Boden, er lässt ihn nicht in sich wirksam werden, er bleibt unbeirrbar bei seiner wissenschaftlichen Weltanschauung, die durch den Glauben über den Haufen geworfen würde."

Sind nicht auch wir oft solche Menschen, die zwar immer wieder religiöse Erlebnisse haben, aber sich nicht ehrlich den Konsequenzen stellen, die diese fordern? Leben wir nicht lieber unser bequemes Leben weiter, als uns von Jesu Wort aufrütteln zu lassen? Bleiben wir nicht lieber bei dem, was wir sicher haben, als uns auf den verborgenen Grund des Glaubens zu stellen, der nur dem offenbar wird, der den entscheidenden Schritt in die sichere Ungewissheit hinein wagt im Vertrauen auf Gottes Wort?

"Wir können weder Gott noch uns selbst treu sein, wenn wir die Erfahrung, die wir mit Gott machen, nicht mit unserem ganzen Wesen erwidern. Gott ruft uns nicht, damit wir schlafen, sondern damit wir - vom Ewigen Wort als sprechende Wesen erschaffen - wach werden und Ant-Wort geben." (Waltraud Herbstrith)